Das Drachenauge - Der Schatten von Julia Amrein

Es war spät in der Nacht. Die Wächter an der Tormauern kämpften entweder mit dem Schlaf, oder hatten etwas zu viel getrunken, schließlich gab es in den letzten Tagen nichts zu befürchten. Weder Kobolde noch sonst irgendwelche Kreaturen waren in den letzten Wochen gesehen worden. Niemand dachte daran, daß etwas passieren könnte. Man war sogar so weit, daß man schon daran dachte, die seltsamen Kreaturen hätten sich seit dem Besuch eines gewissen Helden aus dem Staub gemacht. „Die haben doch Schiß vor so einem Typen wie unserem Tanak! So einen Helden wie ihn hatten wir seit Ewigkeiten nicht mehr. Den hätten wir schon längst früher gebraucht!„, murrte der Hauptmann. Er saß mit einigen seiner Soldaten am Südteil der großen Tormauer und unterhielt sich mit ihnen über die letzten großen Ereignisse. Gerade waren sie bei Tanak, einem neuen großen Helden aus dem Westen, über den sie schon einiges gehört hatten. „Ich habe gehört, daß Tanak schon mindestens eine ganze Armee von großen Bergtrollen überrascht haben soll!„, erzählte einer der Soldaten und die anderen sahen ihn überrascht an. „Wirklich?„, fragten sie ihn, „woher weißt du das?„ Auch der Hauptmann wurde neugierig. „Nun sag schon Will, von wem erfährst du immer diese Neuigkeiten?„ Will stand auf und stellte sich vor seine neugierigen Zuhörer. „Ich weiß es, wie sollte es anders sein, natürlich von unserem liebenswürdigen Wirt Grizek, der mir schon gestern abend alles von unserem Besucher erzählte, was es an Gerüchten so gab. Er sagte mir, daß man sich schon Jahre vor Tanak`s Besuch hier, viele Gerüchte und Geschichten über ihn weitererzählte, so daß auch er von Tanak hörte. Große Heldentaten die er vollbracht haben soll, wie zum Beispiel, die Rettung einer Siedlung in den Himmelsbergen vor den Bergtrollen, wie auch die wagemutige Reise zu den Blauen Inseln, die wie ihr alle sicherlich wißt, in der kältesten Region unserer Welt liegen. Was er dort tat, weiß ich allerdings nicht genau, doch es gibt Gerüchte, daß er von dort einen riesigen Schatz mitnahm und einen Teil an die ärmsten  Dörfer spendete und mit dem Rest, den er besaß, ließ er sich neue Waffe schmieden und brach zu einem weiterem Abenteurer auf. Nun allerdings weiß niemand genau, was nun seine nächste Aufgabe war, denn er verschwand für einige Zeit und man machte sich große Sorgen um unseren neuen Helden. Doch wie wir heute alle wissen, kam er wohlbehalten wieder in sein Heimatdorf und nun zu uns..„, damit schloß Will seinen Bericht über Tanak. „Und dann kam er zu uns, um uns gegen die Kreaturen der Dunkelheit zu schützen, doch schon bevor der tapfere Held hier ankam, mußte er feststellen, daß es hier nichts mehr für ihn zu tun gab. Deshalb verließ er diesen Ort und wandte sich wichtigeren Aufgaben zu..„, fügte der Hauptmann hinzu. „Ich bin mir ziemlich sicher, daß er bald diesen Ort verlassen wird. Es gibt für ihn einfach nichts mehr zu tun. Für ihn wäre es besser wenn er wieder gehen würde, vielleicht gibt es dann wenigstens für uns Arbeit„, brummte der Hauptmann vor sich hin. Die anderen Soldaten nickten mit den Köpfen und gingen leise, gedankenverloren wieder an ihre Posten. Nur Will setzte sich wieder auf seinen Schemel und der Hauptmann kam zu ihm. „Was hast du? Falls dir irgendwie langweilig ist, kannst du diese mit uns teilen und dich wieder auf deinen Posten begeben!„ Will jedoch sah ihn nicht an. Er schaute nachdenklich in den tiefschwarzen Himmel und dann nickte er mit dem Kopf: „Wahrscheinlich haben sie recht Hauptmann. Ich werde dann mal wieder an den Posten gehen. Aber was ich sie noch fragen wollte...„ Der Hauptmann blickte ihn genervt an: „Was noch Will?„ Will schluckte und dann fing er an: „ Es geht um meine Familie. Ich würde gerne, da hier sowieso im Moment nichts zu tun ist, gerne wieder für ein paar Tage zu ihnen. Ich mache mir Sorgen...„
Doch der Hauptmann unterbrach ihn: „Ist schon gut Will, ich verstehe dich gut. Von mir aus kannst du dir ein paar Tage frei nehmen. Aber ich mache nur eine Ausnahme bei dir, verstehst du?„ Will lächelte den Hauptmann erleichtert an und verschwand blitzschnell an seinem Posten, doch vorher flüsterte er noch „Danke„ an den Hauptmann. 

Tanak seufzte. Er saß am unteren Ende einer riesigen Tafel und ihm gegenüber der König. Tanak war diesmal allein beim König, nicht einmal einer seiner Diener war bei ihm. Das konnte nur eins bedeuten. Der König bemerkte Tanak`s beunruhigten Gesichtsausdruck: 
„Nun wie ich sehe, hast du es bereits selbst gemerkt. Dies ist eine sehr wichtiges Treffen für mich, mein alter Freund. Und diesmal habe ich eine sehr schwierige Aufgabe für dich..„ Tanak ahnte es schon und wurde nervös. Doch der König schien darauf zu bestehen, es ihm selbst noch einmal vorzutragen. „Ahh mein alter Freund, ich spüre deine Ungeduld. Es ist genauso wie früher. Du hast dich nicht verändert.„ Tanak`s Ungeduld wuchs, doch er wartete höflich bis der König ausgesprochen hatte. „Also mein Freund, du sollst dich um diese seltsame Ruhe kümmern. Mir gefällt das alles nicht besonders, warum verschwinden alle dunklen Kreaturen von einem Tag auf den anderen von hier? Irgend etwas haben sie vor, ich bin mir ziemlich sicher. Was hältst du davon?„ Tanak überlegte kurz: „Nun, ich habe schon in vielen großen Schlachten gekämpft und auch in vielen Kriegen, in denen auch die dunklen Kreaturen gekämpft haben mit vielen Fallen und Tricks wußten sie wie man ihren Feind bekämpft, doch weiß ich allerdings nicht, warum sie sich gerade hier eine Falle ausdenken würden! Es gibt hier kaum etwas, was sich zu stehlen lohnen würde, schließlich gibt es hier außerdem noch sehr viele Soldaten, Krieger und Magier. Keiner dieser Wesen könnte hier leicht eindringen, aber sie könnten es höchstens auf die Waffen in eurem Lager und die Nahrungsmittel abgesehen haben. Elgath ist schließlich eine Festung und kein normales Dorf...„ „Genau das habe ich mir auch gedacht. Aber im Moment gibt es nur Krieg weit entfernt von hier, weit weg im Westen. Ich habe sogar schon Söldner angefordert, die sich die gesamte Gegend anschauen sollten, doch niemand von ihnen fand auch nur eine Spur eines Kobolds... Langsam wird mir die Sache unheimlich.„  „Wie steht es mit den anderen angrenzenden Ländern?„, Tanak blickte den König an. „Nun ich habe gestern Boten zu allen angrenzenden Ländern geschickt und zur Sicherheit zu dem  Schatzbunker. Morgen abend müßten sie wieder hier sein.„ „Nun gut. Dann werden wir Morgen hoffentlich mehr wissen...„ Der König schaute Tanak fragend an: „An was denkst du Tanak? Du hast doch bestimmt schon eine Ahnung was los ist...„ Tanak wich aus: „Nein ich habe nur ein ungutes Gefühl, aber da ich meinen Gefühl nicht traue, kann ich euch nicht mit solchen Hirngespinsten belästigen, eure Majestät.„ Der König lächelte: „Es ist wirklich noch genauso wie früher.„ Damit war die Besprechung beendet und Tanak ging erleichtert in das Gästezimmer. Bevor er gegangen war, hatte der König ihn noch gefragt, was er bis morgen abend noch unternehmen wolle. „Ich würde mir gerne, mit eurer Erlaubnis natürlich, eure Festung gerne ansehen.„ „Nun gut Tanak. Ich werde morgen jemanden zu dir schicken. Wir werden uns morgen vielleicht erst am späten Nachmittag wiedersehen, du weißt doch jemand in meiner Stellung hat viel zu tun..„ Tanak hatte darauf nur gelächelt, er kannte den König schließlich schon als er selbst noch ein kleiner Junge war. Der König von Elgath war ein netter, aber auch mutiger Mann, der ihm seit seiner Kindheit immer ein angenehmer Mensch war. Dann als er zum Ritter geschlagen wurde, wollte er nicht mit „Sir„ angesprochen werden, sondern nur mit seinem Namen. Sein Vater war des Königs Vetter und er war dem König wie ein Sohn. Der König hatte selbst keine Kinder und keine Verwandten mehr, deshalb behandelte er Tanak wie seinen eigenen Sohn.  Der König hatte ihm sogar einmal den Thron angeboten, aber er wies ihn höflich, aber bestimmt ab. Für Tanak war der König zwar wie ein Vater, aber er wollte den Thron nicht. Tanak war ein Mensch, der einfach das machen wollte, was er am besten konnte und das war zweifellos der Kampf. 

Will hatte sich bereits auf seine baldige Abreise vorbereitet, er wollte so schnell wie möglich bei seiner Familie sein. Sein ungutes Gefühl und seine Alpträume ließen ihm keine Ruhe. Schon früh am Morgen sollte seine Abreise beginnen. Ungern verließ er aber auch seine neue Heimat, zu dem die Festung für ihn geworden war. Aber wenigstens konnten die sich auch ohne ihn wehren... Seine Sachen hatte er bereits gut verstaut und das Pferd für morgen vorbereitet. Die anderen Soldaten hatten ihn um seinen „Sonderurlaub„ beneidet, denn sie wären auch gerne dieser Ruhe entflohen. Für die Soldaten aus Elgath gab es schließlich kaum noch Möglichkeiten, sich im Kampf zu bewähren und das harte Training sollte sich doch lohnen. Einer der Soldaten, Sedrick ein guter Freund von Will, kam noch im Morgengrauen zu ihm. „Paß gut auf dich auf!„ „Mir passiert schon nichts.„ Will war zuversichtlich, daß er keinem dunklem Wesen begegnen würde. „Trotzdem solltest du lieber aufpassen, daß du wenigstens auf dem Weg bleibst. Ich würde dieser Ruhe nicht trauen..„ „Du machst dir also auch deswegen Sorgen?„ „Hmm. Ich weiß nicht so recht. Kobolde sind hinterhältige Wesen und du wirst spätestens an der Grenze ärger mit ihnen bekommen. Sie sind zwar nicht hier, aber woanders.„ Will nickte. „Aber eigentlich doch gut für uns. Falls ihr ohne mich nicht aufhört mit dem Training!„ Sedrick blickte ihn herausfordernd an. „Wir werden ja sehen, wer stärker von uns ist, wenn du wieder zurück kommst! Ich werde dich auf jeden Fall herausfordern!„ Will lachte. „Du wirst keine Chance gegen mich haben, denn ich werde richtig kämpfen, nicht bloß üben!„ „Alter Angeber. Aber eins verspreche ich dir, ich werde dich schlagen! Und nun reit‘ lieber los sonst kommst du nie an!„ „Dann mach’s gut Sed! Ich kann es jetzt schon kaum erwarten, gegen dich zu kämpfen!„ Er stieg auf und ritt los. „Mach’s gut alter Kumpel und komm ja in allen Stücken wieder!„, rief Sedrick ihm nach. Will war froh nun doch endlich fort zu sein. Er ritt zügig voran, denn er wollte so schnell wie möglich bei seiner Familie sein. Er war schneller aus dem Wald, als er dachte und die weiten Felder rauschten an ihm vorüber. Es war wirklich ruhiger als sonst. Zwar hörte und sah er viele Tiere, doch von üblen Kobolden und anderen Gestalten kreuzte niemand seinen Weg. Er war sogar am Abend schon im hügeligen Tal von Salbreth, einer kleinen Stadt im Norden von Elgath. Dort suchte er sich ein Wirtshaus, stellte sein Pferd dort im Stall unter und ließ es sich gut gehen. Er aß und trank soviel er konnte, denn am nächsten Tag würde er wieder nur reiten und kurze Pausen machen. Im Wirtshaus erfuhr er jedoch nichts neues von dem plötzlichen Verschwinden aller dunklen Kreaturen. Er hörte nur die alten Gerüchte und Vermutungen der Einwohner und sonst nichts. Das einzige was ihm aufgefallen war, daß niemand etwas von den anderen Länder rund um Elgath erzählte. Niemand schien von außen nach Salbreth gekommen zu sein, kein Besuch von woanders her. Nur Einheimische die auch auf Neuigkeiten von Außerhalb warteten. Zuerst hatten sie auch ihn belagert, doch als sie merkten, daß auch er nichts neues wußte, gaben sie am Ende doch auf, ihn weiter auszufragen. Nun machte er sich fertig für seine Abreise. Er ging zu seinem Pferd, packte seinen Rucksack auf den Sattel und gerade als er sein Pferd aus dem Hof rausführen wollte, hörte er wie jemand rief: „Diebe! Diebe! Jemand hat mich bestohlen!„ Will schaute sich um und dann sah er wie sich am Marktplatz vor dem Wirtshaus eine Menge versammelt hatte. Er brachte schnell sein Pferd zurück, band es an und neugierig ging er auf den Platz. Er fragte jemanden, der in der Nähe stand, was hier los sei und dieser fing gleich an zu erzählen: 
„Jemand hat die Verkäuferin am Obststand bestohlen! Niemand weiß genau, wer es war, aber einige Leute haben einen Jungen in Verdacht, der verdächtig nahe am Stand gewesen sein soll! Er wird gerade von den Wächtern verfolgt!„ „Und was soll der Junge genau gestohlen haben?„ „Soweit ich weiß nur ein wenig Obst, aber das ist schon schlimm genug! Wir haben schon genug Bettler hier, die Obst klauen, aber der Junge soll nicht nach einem ausgesehen haben.„ Will drängte sich sachte durch die Menge und sah sich um. Die Verkäuferin stand wütend vor ein paar Wachen und versuchte ihnen wahrscheinlich schon zum dritten Mal den Vorfall zu erzählen. Will ging wieder. Diese Menschen brauchten seine Hilfe nicht. Schließlich würde sich sicher alles bald aufklären und deshalb entschied er sich, keine Zeit zu verschwenden und machte sich wieder auf den Weg. Er war gut in der Zeit. Bald würde er wieder daheim sein und sich sicher sein können, daß nichts schlimmeres passiert sein würde. Es mußte alles in Ordnung sein, sonst hätte er längst etwas davon gehört. Also blieb er guter Dinge und ritt beruhigt weiter. Es fing an zu dämmern und Will legte eine Rast ein. Er war mittlerweile wieder in einem der vielen kleinen Wälder, nahe an der Grenze. Er wärmte sich am Feuer auf und ahnte nichts von dem was sich in den Gebüschen hinter ihm tat. Bis er es plötzlich hinter sich rascheln hörte. Erschrocken drehte er sich um und packte blitzschnell sein Schwert. Er stand vorsichtig auf und ging langsam auf das dichte Gebüsch zu. Es raschelte wieder und er blieb stehen. „Wer ist da? Zeig dich!„, rief er zum Gebüsch. „War ich so auffällig?„, hörte er aus dem Gebüsch. 
„Wer bist du? Komm sofort raus!„ „Ja, ja ich komm ja schon.„ Will blickte erstaunt zum Busch. Ein Junge, ungefähr 13 Jahre alt, kam zum Vorschein, seiner Kleidung nach zu urteilen, schien er schon längere Zeit unterwegs gewesen zu sein. Er hatte dunkelbraune Haare, die schon etwas mitgenommen aussahen und schien auf aufgeweckter Mensch zu sein, was seine auffallend strahlend blauen Augen zeigten. „Entschuldigung! Ist ja schon gut! Es tut mir leid sie gestört zu haben, aber ich wollte nur wissen, ob sie wirklich einer sind.„ Will schaute ihn verwirrt an. „Ob ich wirklich was bin?„ „Na einer von diesen Soldaten aus der Festung Elgath!„ „Warum wolltest du das wissen? Du hättest mich ja auch fragen können!„ „Ich rede nicht gern mit Fremden und wenn sie jemand anders gewesen wären, hätte ich sie nur unnötig belästigt. Aber auf jeden Fall mußte ich es einfach wissen! Wie fühlt man sich denn als Soldat aus Elgath?„ „Wie wäre es wenn du mir erst einmal deinen Namen sagst, Junge?„ „Oh, Entschuldigung ich vergaß es vor lauter Aufregung.„ Will verstand die Welt nicht mehr. Warum interessierte sich ein Junge für die Soldaten aus Elgath? Schließlich waren die Soldaten aus Elgath nun auch wieder nichts besonderes. „Ich heiße Rick„, fuhr der Junge fort, „und ich bin stolz darauf einen Soldaten aus der Festung Elgath getroffen zu haben.„ Er verbeugte sich vornehm vor Will. „Was soll das ganze? Vor Soldaten verbeugt man sich eigentlich nicht.„ „Nun vor Soldaten aus Elgath ist das etwas ganz anderes. Ihr seid die Meister des Schwerts und eure Kampftechniken sind weltberühmt.„ Will fühlte sich geschmeichelt, doch irgend etwas war hier faul. „Sag willst du dich nur beliebt bei mir machen oder was gibt es noch für Gründe?„ „Nun„, Rick wurde langsam nervös, „eigentlich wollte ich euch höflich fragen ob ihr mich mitnehmt.„ „Aha. Woher willst du wissen, wo ich allerdings hinwill? Vielleicht muß ich ja genau in die andere Richtung als du.„ „Ich habe bemerkt, daß ihr aus Salbreth kommt, deshalb glaube ich wollt ihr rüber nach Esgoth.„ „Also rück raus wohin willst du nun genau?„ Rick lächelte ihn an: „ Ich möchte nur bis nach Esgoth mit, ihr könnt mich gleich hinter der Grenze absetzen.„ „Ich weiß nicht so recht.„ Rick sah ihn flehend an. Will drehte sich weg von ihm und überlegte. Rick betete, daß ihn Will mitnehmen würde, er war seine einzige Hoffnung hier weg zu kommen. Will wandte sich Rick zu. „Also gut du kannst mit bis Esgoth kommen. Aber während wir dorthin reisen, solltest du mir auch etwas über dich erzählen und mir auch helfen.„ Rick war überglücklich. 

Die Boten kamen erschöpft am späten Abend an. Tanak wurde sofort zum König gerufen und er hoffte, daß sich sein Verdacht nicht bestätigte. Der König saß ruhig auf seinem Thron, als Tanak in die Halle kam. Seine Diener standen rechts und links an seiner Seite. Tanak ging zum Thron und kniete sich nieder: „Eure Majestät, ich bin gekommen wie ihr es wünscht.„ Der König sah ihn noch nicht einmal an: „Tanak ich bin froh, daß ihr so schnell gekommen seid. Wie es aussieht geht es in den anderen Königreichen genauso zu wie hier. Allerdings sind noch nicht alle dunklen Wesen abgezogen, aber es sieht so aus, als ob sie vor etwas flüchten, oder sich irgendwo versammeln. Auf jeden Fall ziehen sie alle von hier weg. Das beruhigt nicht nur die anderen Regenten, sondern allmählich auch die Bevölkerung. Der Krieg im Westen, scheint allerdings nichts damit zu tun haben. Im Moment wissen wir nur eines, etwas großes steht bevor und ich, aber auch die anderen Herrscher wollen wissen was genau! Deshalb beauftrage ich dich damit, mit einem Suchtrupp noch einmal die gesamte Gegend zu durchsuchen. 
Unsere Magier und Gelehrten werden weiterhin nachforschen, aber bis jetzt ist es sehr schwer, ohne irgendwelche Hinweise nach etwas zu suchen. Deshalb bitte ich dich Tanak, finde so schnell wie möglich etwas Auffälliges, bringe mir alles Verdächtige mit was du finden kannst, oder wir werden wahrscheinlich bald eine böse Überraschung erleben..„ „Ja, eure Majestät. Ich werde alles durchsuchen, jeden noch so kleinen Winkel und ich werde euch jeden einzelnen verdächtigen Hinweis liefern!„ Tanak wollte selber diesem Spuk ebenfalls beenden und das schlechte Gefühl endlich verlieren. Noch am Abend verließ er mit einer großen Suchtruppe die Festung und man hörte tagelang nichts mehr von ihnen. 

Die Nacht war eiskalt und der Himmel klar, die Sterne funkelten und die Eulen ließen ihre Rufe ertönen. In Zandrus lebten vor allem im Wald nahe dem Übergang nach Elgath noch sehr viele Wölfe. Man hörte ihr Jaulen noch meilenweit in die dunkle Nacht hinaus und man war eigentlich froh sie zu hören, denn das bedeutete, daß keine Kobolde oder Goblins sich in der Nähe befanden. Wölfe verabscheuten diese dunklen Geschöpfe und vertrieben sie immer wieder wütend aus ihren Revieren. Alexis und ihr Gefährte rasteten jedoch trotzdem nicht. Sie wollten so schnell wie möglich nach Elgath. Ihrem Begleiter war dies nach der langen Wanderungen jedoch egal: „Es wäre besser wenn wir jetzt endlich rasten würden! Die Pferde sind auch langsam erschöpft, gönnen wir ihnen lieber jetzt eine Pause und reiten dann aus dem Wald. Die Wölfe machen sie nervös.„ Alexis blieb stehen und ihr Begleiter ebenfalls. „Okay, du hast recht. Wir haben schon seit einer Ewigkeit keine Pause mehr gemacht, aber wir müssen spätestens wenn wir an den Wolfsrevieren vorbei kommen, wieder zügig vorankommen, ansonsten werden wir nie vor Tagesanbruch nach Elgath kommen.„ Alexis und ihr Gefährte waren schon längere Zeit von den Pferden abgestiegen, um sie für den nächsten Tag zu schonen, denn bis nach Elgath mußten sie noch einiges durchhalten. Alexis und ihr Begleiter versorgten die Pferde und machten ein kleines Feuer, setzten sich und aßen eine Kleinigkeit. „Es ist nicht mehr weit. Ich hoffe wir kommen noch rechtzeitig an.„ „Sicher kommen wir rechtzeitig an. Wozu sind wir gleich aufgebrochen?„ Alexis holte eine Karte und setzte sich wieder. „Hoffentlich werden wir nicht an der Grenze aufgehalten. Aber soweit ich weiß, gibt es in Elgath keine strengen Kontrollen in letzter Zeit.„ „Warum nur? Wir wissen zu wenig über die letzten Ereignisse aus Elgath. Es soll hier zwar ruhig sein, aber mir gefällt das alles nicht. Wir hätten lieber doch ein paar Söldner mitnehmen sollen!„ Ihr Gefährte schaute nachdenklich und besorgt ins Feuer. Alexis ging es genauso. „Ja, das hätten wir doch lieber machen sollen. Aber hättest du genug Gold für diese Halsabschneider gehabt?„ Er schüttelte den Kopf. „Wahrscheinlich nicht. Für das was wir mitgenommen haben, würden die uns noch nicht mal beachten.„ Es war schon mehrere Wochen her, seit sie aufgebrochen waren. Jedoch gab es hier und dort immer wieder Ablenkungen, an welche sie aber schon vorher gedacht hatten. Deshalb waren sie so früh aufgebrochen und hatten somit einen großen Teil ihrer Lehrzeit verschwendet. Alexis ärgerte sich darüber, aber seit sie diesen Alptraum hatte und die Visionen, denen sie allerdings nicht glaubte, mußte sie einfach nach dem Rechten sehen. Ob noch alles in Ordnung war, oder ob sie wirklich eine „echte„ Vision hatte. Sie mußte es einfach wissen. Vielleicht hingen sehr viele Menschenleben davon ab. „Hast du immer noch diese Alpträume?„, fragte ihr Begleiter sie. „Ja, aber die Vision ist mir nur zweimal bis jetzt erschienen. Ich frage mich ob sie irgendeinen Zusammenhang haben.„ „Ich bin sicher, daß irgendwas hier faul ist. Es war schon zu lange hier ruhig. Ich glaube es ist die Ruhe vor dem Sturm.„ Seine Stimme klang auf einmal sehr bedrückt und man konnte ihm ansehen, daß er etwas Schlimmes erwartete. 

An der Grenze herrschte eine einheitliche Stille. Nur ein gelegentliches Vogelzwitschern erinnerte an das Leben in dieser längst ausgestorbenen Gegend. Genau hier kämpften vor vielen Jahren, die Armeen von Esgoth gegen die Truppen eines Totenmagiers. Damals wurde Elgath für kurze Zeit von den Toten beherrscht, doch die Armeen von Esgoth besiegten, mit Hilfe der mächtigen Magiergilde von Turent, ihre Feinde und befreiten Elgath. Bis heute wuchsen zwar wieder Pflanzen auf der öden Landschaft, aber schienen sie gerade zu winzig, gegenüber der großen Wüste, die sich langsam in den Wald fraß. Aber wenn man sich die Bäume ansah, glaubte man fast sie würden sich gegen ihr Schicksal zu zerfallen wehren, denn sie leuchteten strahlend in ihrem Grün. 
Rick und Will hatten sich während ihrer Reise zur Grenze fast Tag und Nacht unterhalten und der Junge zeigte sich immer sehr hilfsbereit, schließlich brauchte er Will dringend. Aber ob es nur das war, konnte Will nicht sagen. 
Rick erzählte ihm immer mehr und mehr von sich. Er wurde in Moonhaven geboren, einer Stadt an der Küste von Turent. Er reiste zunächst mit ein paar Zauberkünstlern und Artisten quer durch die Welt, bis er schließlich aus dem Wanderzirkus ausstieg und sich mit kleinen Nebenarbeiten seine Goldmünzen verdiente. In Salbreth blieb er nur für kurze Zeit, er arbeitete dort bei einem Schmied und half ihm ein wenig bei der Arbeit. Nun wolle er versuchen in Esgoth bessere Arbeit zu finden. Er wolle dort vielleicht versuchen, bei einem Schmied unterzukommen, denn am allerliebsten reparierte oder schmiedete er Waffen. Seit seiner Kindheit war es sein größter Traum ein Schmied zu werden und viele Helden zu treffen, denen er dann seine Meisterwerke verkaufen konnte. Dann hatte er Will einen kleinen Dolch gezeigt, den er selbst bei einem Schmied einmal anfertigen durfte, jedoch mißfiel dem Schmied dies, da er selbst keine guten Waffen schmiedete und bei den Reparaturen betrog. Er schmiß ihn raus, doch Rick versuchte es immer wieder, aber niemand hatte noch Platz für einen Lehrling, der nicht genug Goldstücke hatte, um sich selbst um seine Unterkunft zu kümmern. Rick habe sich meistens auf die Gastfreundlichkeit der Einwohner verlassen müssen, aber nie wollte er seinen Traum aufgeben. 
Will betrachtete den Dolch, der perfekt gemacht worden war. Alles schien wunderbar zum Dolch zu passen, die Verzierungen und die kunstvoll eingearbeitete Klinge. Er lobte Rick für seine sehr gute Arbeit und wunderte sich über die Habgier mancher Leute. „Ich habe gehört in Areth gibt es die allerbesten Schmieden der Welt und deshalb werde ich dort hingehen und ihnen zeigen was ich kann!„, erklärte Rick. Auch Will erzählte ihm von sich, aber nur soviel wie er für nötig hielt. Will wuchs in Nalidia, einer kleinen Stadt westlich von Areth auf, er war schon seit seiner Kindheit besessen darauf ein Krieger zu werden und deshalb ging er nach Elgath und lernte dort die Kampfkunst. Er wurde zum Soldaten und trainierte bis heute um einmal ein mächtiger Krieger zu werden. „Vielleicht wirst du ja auch einmal ein Held!„, munterte ihn Rick auf. „Ich bin sicher du würdest es schaffen, du wirst ein Held und ich werde der allerbeste Schmied überhaupt!„ Beide fingen an zu lachen. 
Rick munterte Will immer wieder auf, er hatte ihn sogar von seinen schlechten Gefühlen befreit. Als sie an der Grenze ankamen wurden sie einfach hindurchgelassen, schließlich erkannte man Will an seiner Uniform und nach dem er mit ihnen ein wenig über die letzten Tage geredet hatte, machte er sich wieder mit Rick auf den Weg.
In Areth waren die Märkte überfüllt und die Händler verdienten mehr denn je. Dadurch, daß die Kobolde und anderes Gesinnte verschwunden waren, wurden die Ernten verschont und es gab genügend Nahrungsmittel. 
Viele Mütter mit ihren Kindern waren unterwegs und feilschten mit den Händlern um die Preise. Die Wachen blickten gelassen über das Marktszenario und hofften, daß es weiter so ruhig blieb. Auch viele Zwerge, Elben  und noch viele andere verschiedensten Wesen konnte man sehen. Besonders bei den Schmieden waren Zwerge öfters anzutreffen und als Will und Rick sich bei einer Schmiede umsahen, fiel ihnen dies besonders auf. Es war zu erwarten, daß sich viele Zwerge hier nun blicken lassen, dachte Will. Rick jedoch sprach sofort den Schmied an und zeigte ihm den Dolch. Dieser schaute sich ihn erstaunt an und beglückwünschte Rick zu diesem Meisterwerk. „Sehr gut gemacht mein Junge. Besonders die Verzierungen am Schaft sind sehr gut gelungen. Du könntest sofort bei mir anfangen. Jedoch kann ich dir am Anfang noch nicht soviel zahlen. Ich muß dich erst eine längere Zeit bei mir prüfen, um zu sehen, ob das mit dem Dolch nicht ein Zufall war. Du könntest bei mir einziehen, ich habe noch ein Zimmer frei.„ „Würde das wirklich gehen? Ich könnten ihnen ja nicht nur bei der Arbeit helfen, sondern ich werde selbstverständlich auch bei allen anderen Aufgaben helfen wenn ich kann.„ „Du bist ein guter Junge! So jemanden wie dich könnte ich gut gebrauchen. Ich lebe alleine, deshalb würde es mir nichts ausmachen wenn du bei mir wohnst, ich nämlich schon seit Jahren jemanden gesucht der mir hilft, schließlich werde ich auch langsam alt.„ Rick konnte es kaum fassen. Endlich hatte er es geschafft! Sein Herz trommelte wie verrückt und er sagte dem Schmied zu. „Will komm her!„, rief er ihm zu. Will kam sofort. „Ich habe es geschafft, ich habe eine Stelle!„, brüllte er ihm entgegen und umarmte ihn überglücklich. „Freut mich, daß du es endlich geschafft hast!„ Doch die Freudenfeier wurde von einem Zwerg unterbrochen der sich ebenfalls den Dolch ansah. „Hmm. Wirklich sehr gut. Man könnte glauben der Junge wäre ein waschechter Zwerg! Woher hast du nur so etwas gelernt, Junge?„ Rick löste seine Umarmung und erklärte dem Zwerg: „Ich habe es von niemanden gelernt, ich habe es mir selbst beigebracht.„ Der Zwerg betrachtete sich den Dolch immer noch. „Ich würde ihn dir gerne abkaufen, was verlangst du für dieses Prachtstück?„ Rick zögerte. „Ich verkaufe ihn nicht. Wenn sie noch so einen Dolch haben wollen, werde ich ihnen einen anderen machen, aber dieser ist unverkäuflich! Er ist mein erstes Werk und deshalb möchte ich ihn als Andenken behalten.„ „Nun gut Junge, dann werde ich eben warten bis du einen anderen gemacht hast. Ich würde nur gerne eines deiner Werke Freunden von mir zeigen. Schaffst du es bis morgen einen neuen zu machen?„ „Ja Herr, morgen haben sie einen genauso guten, vielleicht sogar besseren Dolch in ihren Händen.„
„Also wirst du nun hierbleiben?„ „Ja, es fällt mir zwar schwer mich von dir zu trennen, aber..„, Rick stockte. Für ihn war Will in der kurzen Zeit wie ein großer Bruder gewesen und er würde ihm sehr fehlen. „Ist schon gut, ich komme dich besuchen wenn ich wieder zurück komme! Einverstanden?„ Rick schluckte: „Einverstanden.„
Als Will gegangen war, fing Rick sofort mit seiner neuen Arbeit an. Für ihn war ein Traum wahr geworden. 

Will kam noch am selben Tag in Nalidia an. Er besuchte seine Familie und sein ungutes Gefühl war nicht falsch gewesen. Devan war noch am selben Tag an seiner Krankheit gestorben. Seine Mutter fiel ihm gleich tränenüberströmt in die Arme und er versuchte sie zu trösten. Sein Vater hatte schon am Tag zuvor sehr starke Schmerzen gehabt und auch der Heiler konnte nichts mehr tun. Will war zu spät gekommen. Er hatte in zwei Tagen einen neuen Freund gewonnen und einen alten verloren. „Weiß Alexis schon davon?„, fragte er seine Mutter. Diese schüttelte niedergeschlagen den Kopf. „Nein sie hat noch keine Ahnung davon. Wir haben jemanden zu ihr geschickt, aber offensichtlich hat sie die Nachricht nicht erhalten, sonst wäre sie schon längst hier.„ Will’s Schwester Alexis war zur Zeit in MountainHigh, einer Akademie für Magier und Krieger, in Zandrus. Dort wollte sie soviel lernen wie es nur möglich war, denn sie war als einziges Familienmitglied magisch sowie auch kämpferisch begabt. Will wunderte sich damals über ihre Entscheidung, weil es sehr hart werden würde, schließlich war MountainHigh eine der besten Akademien die es gab. „Ich hab keine Ahnung wo sie sein könnte, aber ich werde versuchen sie zu finden.„ Seine Mutter nickte stumm. Will  blieb bis zur Bestattung und wollte eigentlich noch ein paar Tage bleiben, doch es kam anders. 

Tanak und seine Suchtruppe hatten nichts entdeckt. Aufgeben wollte Tanak jedoch nicht. Es mußte doch irgendeinen Hinweis oder eine Spur geben. Nichts. Seit Tagen nur wilde Tiere, die ihnen über den Weg liefen, aber sonst nichts. Dann eines Tages hatten sie diesen Schrei gehört. Niemand machte sich darüber sorgen, jeder hatte geglaubt, daß es ein Tier war und suchten einfach weiter. Aber als die nächsten Tage immer unheimlichere Schreie ertönten, war es Tanak nicht mehr geheuer. Er schickte zwei seiner Leute zurück zur Festung, aber keiner kam noch am selben Tag zurück. Als Tanak sich schließlich mit einer kleinen Gruppe selbst auf den Weg machen wollte, hörten sie wie ein Reiter sich zu nähern schien. Tanak befahl seinen Männern ruhig zu bleiben in Stellung zu bleiben. Doch als das Pferd in Sichtweite konnte Tanak nur etwas am Sattel baumeln sehn. Als es immer näher kam, konnten es alle genau sehen: der Sattel war blutüberströmt, ein lebloser Arm hing daran und der abgetrennte Kopf des Reiters. Das Pferd blutete ebenfalls stark. Dann bemerkte Tanak, daß eines der Augen nicht mehr da war. „Wer auch immer das getan hat wird dafür büßen!„, brüllte einer der Soldaten. Alle waren entsetzt und dunkle Vorahnungen erfüllten sie. Doch Tanak befahl seinem Trupp zum Schatzbunker zu reiten, da es von dort einen geheimen Weg zur Festung gab, der nun sicherer wäre, als sofort die Festung zu stürmen. Die Soldaten jedoch waren geteilter Meinung. Tanak konnte nichts dagegen tun, als die Hälfte der Gruppe direkt zur Festung ritt, aber er verstand ihren Schmerz. Alles was sie gehabt hatten, war diese Festung. Für sie war es ein fester Teil ihres Lebens und jetzt plötzlich hatten sie gar nichts mehr. Der größte Teil der Familien eines jeden Soldaten lebte dort und niemand konnte glauben, daß sie auf einmal alle tot seien. Wären wir doch dort geblieben, dachten vielen von ihnen. Aber wenn noch nicht einmal die Magier den Feind bekämpfen konnten, was sollten sie dann erst machen?

Sie waren nicht weit gekommen. Eines der beiden Pferde wurde auf einmal krank und sie kamen nur schleppend voran. Sie waren jetzt gerade erst an die Grenze gekommen. Dort hätten sie vor Tagen ankommen müssen. Alexis hatte sich den ganzen Tag über darüber geärgert und ihr Gefährte meinte nur: „Vielleicht will es das Schicksal, daß wir zu spät kommen. Vielleicht war es schon so geplant.„ „So schnell gebe ich nicht auf! Wir müssen trotz des Pferdes so schnell wie möglich da sein. Auch wenn es zu spät ist. Wir könnten dann wenigstens die anderen warnen, oder versuchen alles aufzuhalten...„ „Sag von was genau hast du die Visionen? Es ist seltsam, daß ich noch keine Einzige habe, obwohl ich besser ausgebildet bin.„ „Ich habe eine völlig zerstörte Festung gesehen und alle Menschen dort auf der Burg lagen in blutigen Lachen auf den Boden. Viele von ihnen hatten wahrscheinlich einen harten Kampf hinter sich und ihn nicht überlebt. Den einem fehlte der Kopf, von den anderen konnte man nicht mal erkennen, daß sie einmal Menschen waren, so zerfetzt waren sie. Ich konnte keines ihrer Gesichter erkennen und ich spürte etwas sehr mächtiges und unheimlich Böses in der Nähe. Es kam mir fast so vor, als würde dieses Wesen direkt neben mir stehen. Ich schaute in den Himmel und dieser war schwarz wie die Nacht. Dann hörte ich diesen seltsamen Schrei und in dem Moment sehe ich es für einen kurzen Augenblick und ...„ Er sah ihr den Schmerz und die Überwindung an, an die es ihr kostete, ihm von all dem zu erzählen. „Und„, fügte er leise hinzu, „ dann wachst du wieder auf und fühlst dich erlöst.„ Sie lächelte ihn gequält an: „Ja so ist es. Aber in meinen Träumen ist es nicht so intensiv, bei dir?„ Er stand auf und meinte: 
„Nein wahrscheinlich nicht, aber ich hatte noch nie das Glück eine so lebhafte Vision zu haben!„ Er grinste. 
„Und ich bin froh darüber! Aber jetzt müssen wir uns auf den Weg machen, sonst wird deine Vision noch wirklich passieren!„ 

Will hörte davon, als seine Mutter es ihm erzählte. Sie kam gerade vom Markt zurück und ihr Gesicht verriet es.
Er machte sich sofort auf den Weg und in seinem Inneren war er aufgewühlt. Warum? Warum geschieht das alles während ich weg bin? Als ich auf der Festung war, starb mein Vater bevor ich ihn noch einmal sehen konnte. Und jetzt? Kaum bin ich weg, passiert es. Mich scheint ein Unglück zu verfolgen, dem ich nicht entrinnen kann! Was hat es für einen Sinn ein Krieger zu sein, wenn man nie rechtzeitig am richtigen Ort ist?
Er ritt sofort zur Grenze, doch dort warnte man ihn: „Es wäre jetzt eine schlechte Idee dorthin zugehen und auch noch alleine!„ „Was wißt ihr genau?„ „Nur soviel: plötzlich tauchte dieser Reiter auf, doch als er näher kam, bemerkten wir, daß er keinen Kopf zu haben schien und die Uniform der Soldaten von Elgoth trug. Und was dann kam wißt ihr sicherlich bereits.„ „Heißt das, alles was ihr wißt, ist nur eine Vermutung? Niemand von euch weiß was wirklich passiert ist?„ „Nein. Kein Bote oder jemand anderes kam über die Grenze. Aber es scheint doch klar zu sein, was dort geschehen ist!„ „Und der König von Esgoth? Wißt ihr was er tun wird?„ „Nun unser König wird bald einen kleinen Trupp dorthin schicken, ihr solltet warten bis es soweit ist.„ „Warten? Wir haben keine Zeit mehr! Falls euer Trupp nicht in wenigen Stunden aufbricht, wird wahrscheinlich nichts mehr von der Festung übrig sein!„ Mit diesem Worten galoppierte er an den Wächtern vorbei, diese sprangen erschrocken zur Seite. 
Er durfte nicht zu spät kommen! Der Wind pfiff ihm widerstrebend entgegen und ihm kam es vor, als würden ihm die Bäume absichtlich Äste in den Weg stellen, aber er mußte unbedingt zur Festung. Er ritt bis spät in die Nacht und kam schon bald in Salbreth an. Sein Pferd war am Ende völlig erschöpft, doch er mußte weiter. Er ging in das Wirtshaus, ließ sein Pferd versorgen und schon wurde er von einem der Bewohner angesprochen: „Ihr seit doch sicher auf den Weg zur Festung?„ „ Ja das bin ich und ich bin in Eile. Was wißt ihr über den Vorfall?„ Der Mann schüttelte langsam den Kopf: „Nicht viel. Nur den Reiter ohne Kopf haben wir vorüber reiten sehen und uns wurde sofort klar, daß es Ärger gibt.„ „Warum seit ihr noch alle hier?„ „Nun wir haben uns entschlossen nicht voreilig abzureisen. Schließlich weiß noch niemand genau was passiert ist, aber schon morgen werden zur Sicherheit alle Frauen und Kinder zuerst weggebracht. Die Wachen wollen hier solange bleiben, bis sie näheres erfahren. Sie werden diesen Ort beschützen, bis sie ehrenhaft im Kampfe sterben.„ „Glaubt ihr, ich könnte einige von ihnen anheuern? Ich werde zur Festung reiten, aber alleine ist es zu gefährlich fürchte ich.„ „Ja ich glaube ein oder zwei Männer könnten sie entbehren, aber dann müßt ihr selbst mit ihnen reden. Dort hinten am Tisch sitzen einige von ihnen. Sie haben gerade Pause, also beeilt euch.„ 

Tanak seufzte. Endlich waren sie zum Schatzbunker gekommen. Sie schlugen hier ihr Lager auf und Tanak ließ den Geheimgang streng bewachen. Er hatte zwar nur noch wenige Männer, aber auch mit ihnen und dem Geheimgang könnten sie es schaffen, den Feind zu überraschen. Er hoffte, daß die Soldaten die direkt auf den Weg zur Festung waren, nichts passiert war. Doch sein Verstand sagte ihm, daß sie längst tot sein müßten. Sie hatten keine Ahnung wer ihr Feind war und das beschäftigte Tanak. Wie hatten es die Feinde geschafft unbemerkt sich im Wald zu verstecken? Durch den Geheimgang konnten sie nicht gekommen sein, die Wachen waren auch bei ihrer Ankunft unversehrt gewesen und hatten niemanden in der Nähe des Bunkers gesehen. Wer auch immer die Festung angegriffen hatte, mußte entweder schon in der Festung gewesen sein, oder kam irgendwie heimlich hinein. Auf jeden Fall war ihm klar, daß der Feind jetzt eine Menge Waffen besaß, aber keine Ahnung von den Geheimgängen hatte. Aber auch, daß der König diesen Angriff nicht überlebt hatte, obwohl er von den geheimen Zufluchten gewußt hatte. Auch das war sehr merkwürdig. Der König hätte von überall her fliehen können, egal ob er gerade in der Bibliothek oder im Speisesaal gewesen war. Überall gab es versteckte Geheimgänge von denen nur die Soldaten, Magier  und der König wußten. Alles war ein einziges Rätsel. Ihr Feind mußte über magische Kräfte verfügen, sonst hätte er die Zauberer nicht überwinden können. Wer war also ihr Feind?

Die Festung war überall zerstört. Die Türme, die einst majestätisch über den Wipfeln der Bäume ragten, waren jetzt nur noch Ruinen. Absolute Stille, nicht einmal Vögel waren zu hören. Die Mauern waren eingerissen und drohten vom Berg zu stürzen. Die einstmals mächtigste Festung von Elgath war nur noch eine dunkle Erinnerung, an die frühere mächtige Burg. Niemand der sie schon einmal gesehen hätte, würde sie wiedererkennen. Der Himmel war tiefschwarz und nicht ein einziger Windstoß rührte sich. Es war als ob jemand die Zeit angehalten hätte. Alexis konnte schon von weitem nicht glauben was sie sah. „Und ein dunkler Schatten legte sich auf das Land.„, murmelte ihr Begleiter. Er und Alexis hatten mittlerweile die Festung erreicht, doch keiner konnte glauben, was er sah. Vor Jahren war Alexis hier einmal gewesen, als sie Will besucht hatte und ihr Herz pochte wenn sie nur daran denken mußte, daß er nun vielleicht tot irgendwo in einer Ecke lag. Aber sie wollte es nicht eher glauben, bis sie sich selbst vergewissern konnte. Ihr Gefährte sah sich immer noch ruhig die zerstörte Festung an und sagte dann: „Wir sollten hier vorsichtig sein. Noch wissen wir nicht genau wer das angerichtet hat, aber wir werden es herausfinden.„ Doch Alexis zögerte: „Meine Vision stimmte also doch. Es muß so sein.„ „Nun wie ich schon sagte, wir wissen noch nicht wer das hier getan hat, deshalb warte noch bis du deiner Vision trauen kannst.„ Aber Alexis blieb stur: „Ich weiß, daß meine Vision recht hatte, ich wollte es nur nicht vorher glauben. Ich spüre dieses Wesen sogar von hier.„ Der Begleiter sah sich um und suchte ebenfalls mit seiner Magie. „Mhmm. Seltsam ich spüre nichts. Mag sein, daß ich nicht so empfindsam bin wie du, aber wenn es eine starke Kraft war, die hier alles zerstört hat, müßte ich sie eigentlich fühlen.„ „Nun ist es aber auch egal. Wir sind endlich hier und sollten uns die Festung genauer ansehen. Falls es zum Kampf kommt, sollte einer versuchen zu fliehen, du weißt schon das gleiche wie immer...„, sprach Alexis.
 „Ja es ist fast wie immer.„, flüsterte er, „Nun laß uns gehen.„ Langsam näherten sie sich den steilen Weg zur Festung und plötzlich kamen Reiter aus dem Norden. Doch als sie die Festung erreichten, waren Alexis und ihr Begleiter längst oben in der Burg angelangt. Einer der Reiter trug die Rüstung von Elgath, es war Will. Aber von weitem hatte er die Wanderer nicht gesehen und ahnte nicht, daß kurz zuvor Alexis hier gewesen war. Trotzdem hatte er immer noch dieses seltsame beunruhigende Gefühl. Die drei Soldaten die mit ihm gekommen waren, versuchten ruhig zu bleiben. Auch sie und Will konnten nicht fassen was hier geschehen war und vor allem in kürzester Zeit. Es war eben einfacher etwas zu zerstören, als zu erbauen. „Also„, sprach er zu den Soldaten, „wir sollten so schnell wie möglich und vorsichtig hier alles durchsuchen. Ich weiß, daß es ein Schock für uns alle sein wird, was wir möglicherweise dort sehen, aber wir können das Geschehene nicht wieder rückgängig machen. Deshalb müssen wir die anderen warnen. Einer von euch muß sofort zurück ins Dorf und die Einwohner von dort evakuieren. Ich gehe nicht das Risiko ein, noch mehr Menschen dem Tod zu überlassen.„ Einer der Soldaten meldete sich und Will gab ihm die letzten Anweisungen. Der Soldat machte sich sofort auf den Weg, nach Salbreth. 

Tanak schien der Augenblick der Rache gekommen. Er versammelte sich mit einigen seiner Männer und besprach mit ihnen die Taktik. „Wir werden zunächst durch den großen Tunnel bis zur Festung gehen, dieser wird von ein paar von euch gesichert und dann verteilen wir uns in der Festung. Zur Orientierung zeige ich euch auf dieser Karte die genaue Lage aller Geheimgänge..„, er holte eine riesige Karte aus einer der vielen großen Kisten und breitete sie auf dem Tisch aus. Der Raum war nur winzig klein und in der Mitte gab es einen großen Tisch, ansonsten gab es hier nur große Truhen, in denen sich der ein oder andere kleine Schatz verbarg. Während Tanak den Soldaten erklärte wo die es Geheimgänge gab, wurde es langsam Nacht. Der Himmel wurde noch dunkler, so daß die Wächter draußen am Bunker kaum etwas, trotz der vielen Fackeln sehen konnten. Ihnen lief eine Gänsehaut den Rücken hinunter, wenn sie nur daran dachten, was sie in der Dunkelheit erwarten konnte. Nervös liefen sie hin und her. Dann heulte auf einmal eine Eule. Ein Wächter zuckte augenblicklich zusammen. Ein anderer ging sofort in Deckung und brüllte: „Wer da? Ich warne euch ich bin bewaffnet!„ Als ein anderer Soldat das mitbekam, konnte er mit dem Lachen nicht mehr aufhören: „Hahaha! Was seid ihr nur für Angsthasen! Habt Angst vor einer kleinen Eule!„ Wütend sah ihn der andere an. „Bleib du doch die ganze Nacht hier draußen! Du bist erst vor kurzem hierhergekommen und hast noch keine Ahnung was es bedeutet hier Wache zu halten!„ Doch er lachte weiter und hörte dem anderen gar nicht zu. Die Wächter waren lauter als sie seien sollten und deshalb hörte niemand wie sich etwas langsam durch die Gebüsche auf sie zu kroch. Immer und immer näher kam es und dann an der Mauer, kroch es hoch. Langsam aber unbemerkt. Der Soldat lachte weiter und lehnte sich gelassen an die Mauer. Es nutzte seine Chance und kroch, so klein war es, vorsichtig in seine Rüstung. 
„Ich kann nicht mehr!„, grölte der Soldat, „ich gehe besser wieder sonst muß ich mich gleich übergeben!„ Er ging immer noch lachend, schnell die Treppenstufen hinunter. „Was ist denn mit dem los?„, fragte einer der Soldaten den anderen. „Ich hab keine Ahnung!„, sagte dieser. 

Tanak war nun mittlerweile mit seinem Trupp in dem geheimen Tunnel und der Weg bis zur Festung schien schier unendlich lange zu sein. Zur Sicherheit hatte er sich die Karte abgezeichnet und hoffte nur, daß es keine weiteren Überraschungen gab. Immer noch grübelte er darüber nach, mit wem sie es zu tun hatten und warum er ausgerechnet die Festung überfallen hatte. Gab es etwas in der Festung von dem er nicht wußte? Etwas das ihm der König verschwiegen hatte? 

Alexis ging leise und vorsichtig voran, ihr Begleiter gab ihr Rückendeckung. Manchmal blieb sie kurz stehen und schaute sich mit dem „inneren Auge„ um. Während sie das machte, legte ihr Gefährte ein Schutzschild um sie. Alexis spürte wie sie der Quelle immer näher kamen. Auch Will war nicht weit von ihnen, mit seiner Gruppe, entfernt. Sie gingen schneller, aber mit der gleichen Vorsicht durchsuchten sie jeden einzelnen Winkel. 
Will war sich aber im Gegensatz zu Alexis nicht sicher, daß „es„ hier war. Er hoffte nur, daß die Feinde diesen Ort schon verlassen hatten; sich hier auf dem zerstörten Hof auf einen Kampf einzulassen, könnte selbst für eine ganze Gruppe gefährlich werden, da die Mauer überall rissig und zur Hälfte überhaupt nicht mehr da war. Von dort aus ging es nur steil hinab. Aber auch der Boden zeigte überall Tücken: die Steine waren fast überall gelockert und man mußte aufpassen wohin man seinen Fuß setzte. Will war schockiert von der Zerstörungskraft die hier gewirkt haben mußte. Ihm war klar, daß dies hier nicht das Werk von Kobolden oder anderen Zwiegestalten war. Etwa sehr mächtiges hatte hier seine Kraft spielen lassen und auch die Häuser wie Papier zerfetzt. Hatte er mit den anderen überhaupt eine Chance gegen ein solches Wesen? Oder gar gegen mehrere solcher Wesen? 

Tanak war indessen am Ausgang des Tunnels angelangt. Gespannt warteten die Soldaten auf sein Signal. Würde es zu einem Kampf kommen? Und wer war ihr Gegner? Tanak spürte die wachsende Ungeduld und dann machte er das Tor mit einem Ruck auf. Die Soldaten stürmten in den nächsten Raum, aber zum Glück schien dieser leer zu sein. Erleichtert atmete Tanak auf und postierte am Ausgang des Tunnels ein paar Soldaten. Diesen war es nicht geheuer hier auf die anderen zu warten, aber wenigstens waren sie hier sicher. Er bereitete nun die anderen Soldaten auf ihre Einsätze vor. Jede Gruppe ging zu ihrem vorher bestimmten Platz und machte sich an die Arbeit. Tanak selbst ging mit einer Gruppe mit, aber in seinem Herzen schwante ihm nichts gutes. 

Dann plötzlich waren sie diesem Mann begegnet. Er saß in einer dunklen Ecke und zunächst hatten sie etwas anderes erwartet, denn er schien die Quelle dieser Kraft zu sein. Aber als sie ihn näher betrachteten, erkannten sie, daß er aus einer Wunde am Bauch sehr stark blutete. Seine Kleidung war vollkommen zerissen und er brach in Panik aus, als sie sich ihm sich näherten. „Nein! Nein! Laßt mich in Ruhe, ich kann nichts dafür! Warum darf ich nicht einfach in Ruhe sterben? Nein, nein!„, rief er immer wieder, umfaßte seinen Kopf mit den Händen und schaute sie verwirrt an. Doch schien er sich nicht fortbewegen zu können und Alexis sah, daß eines seiner Beine in den Trümmern eingeklemmt war. „Geht es ihnen gut? Sie sehen schwer verletzt aus, kann ich ihnen nicht irgendwie helfen?„, sprach Alexis ruhig zu ihm. „Nein, niemand kann mir helfen! Ich will nur in Ruhe gelassen werden! Lassen sie mich in Ruhe sterben!„ Alexis wandte sich zu ihrem Begleiter. Dieser musterte den Mann mit seinen Blicken und sagte schließlich: „Wir können ihm nicht mehr helfen. Was immer er auch hat, es ist zu spät. Ich kann höchstens versuchen, seine Gedanken zu lesen, aber mehr kann ich nicht tun.„ Alexis nickte. Ihr Gefährte schloß die Augen und konzentrierte sich auf den Mann. Er versuchte behutsam sich heranzutasten und der Mann schien nichts davon zu bemerken. Er war zwar immer noch durcheinander, aber er spürte nichts. Als er endlich an den richtigen Punkt gelangte, sah er wie der Mann seinen schlimmsten Tag noch einmal durchlebte: er war zu Besuch hiergewesen. Er wollte seine Familie hier besuchen. Alexis’s Begleiter spürte jedes Gefühl des Mannes, als wäre er derjenige. Dieser freute sich sehr darauf seine Verwandten wieder zu sehen und als er endlich hier angekommen war, kannte sein Glück keine Grenzen. Doch eines Abends spürte er einen stechenden Schmerz überall am Körper. Vor lauter Schmerzen krümmte er sich im Bett zusammen und dachte, er habe nur etwas schlechtes gegessen. Aber die Schmerzen hörten selbst nach Tagen nicht mehr auf und dann auf einmal erinnerte er sich an eine seltsame Katze, die er vor seiner Abreise gestreichelt hatte. Diese Katze kannte er seit dem er in seinem Dorf lebte, doch an diesem Tag hatte sie diesen mitleidigen Blick. Sie hatte ebenfalls diese Schmerzen wie er jetzt. Als sie vor Schmerzen schrie, brachte er sie zu ihrer Besitzerin. Er hatte keine Ahnung was aus ihr geworden war. Aber jetzt hatte auch er diese Schmerzen. Alexis hielt ihren Begleiter fest, denn er schien die Schmerzen des Mannes tatsächlich zu fühlen. Als er wieder die Augen aufschlug erzählte er ihr alles und dann wurde Alexis klar, daß etwas noch in diesem Mann war. Sie blickte zu ihm herüber, denn auf einmal war es sehr still geworden, der Mann redete nicht mehr. Leblos war er zusammengesackt, aber dann spürten sie, wie die Macht immer stärker um den Mann herum wuchs und wuchs. Sie zogen sich zurück, denn beide ahnten, daß etwas versuchte sich vom Körper oder Geist des Mannes zu trennen. Der Gefährte errichtete sofort ein Schutzschild um sie und dann machten sich beide kampfbereit. Plötzlich schien etwas mit dem Körper des Mannes zu passieren. Etwas schien sich aus der menschlichen Hülle befreien zu wollen. Zuerst platzte die Haut auf, dann folgte die Muskeln und das Fett, welche nun den Platz mit ihren blutigen Fetzen bedeckten. Und dann sahen sie es. Es sah zunächst aus wie Kokon, der sich im Brustkorb befand, aber es schimmerte in einem hellen blauen Licht. Dann krachte es und der Brustkorb brach auseinander. In diesem Moment war das ganze Umfeld um den Kokon mit Energie geladen und die beiden spürten die ungeheure Kraft, die von diesem ungeborenen Wesen ausging.  Aber sie konnten es nicht angreifen. Wie versteinert schauten sie weiter diesem ungeheuren Schauspiel zu. 

Tanak’s Trupp stieß währenddessen auf Will, der seine Freude über das Leben des Heldens kaum im Zaum halten konnte. „Ihr lebt! Ein Wunder ist geschehen!„, sprach er ihn an. Doch Tanak war weniger erfreut: „Wir kamen zu spät. Es ist allein meine Schuld. Aber nun müssen wir den Übeltäter finden, falls er noch hier ist.„ So schloß sich Will’s Gruppe der von Tanak an. Will redete kaum mit Tanak, denn dieser wollte so schnell wie möglich das Ungeheuer finden, das für all dies verantwortlich war. Will verstand ihn aber nur allzu gut. Er konnte es ihm nachfühlen mit dem Gefühl nie zur rechten Zeit an einem Ort zu sein. Auch er gab sich die Schuld an diesem Vorfall. „Da vorne ist es!„, brüllt Tanak plötzlich und rannte sofort darauf zu. 
Aus dem Kokon entwickelte sich langsam ein riesiges Wesen, das ein wenig aussah wie ein Dämon, aber eine seltsam leuchtende Haut hatte, keine Hörner und eine unheimliche blau leuchtende Aura, so daß man könnte glauben es käme aus einer anderen ganz anderen Welt. Seine Arme waren lang und kräftig, genauso wie seine Beine. Urplötzlich schlug es die Augen auf. Seine Augen schimmerten in einem dunkelblau, welches die beiden noch nicht gesehen hatten. Dann tauchten auf einmal seltsame Lichter hinter ihm auf, die wie Flügel aussahen. Jedoch waren sie fast unsichtbar. Alexis konnte nicht fassen was sie dort sah und ihr Begleiter ebensowenig. 
Dieses Wesen kam ihnen wunderbar vor, es strahlte eine Schönheit aus und wirkte perfekt. Einen Moment lang konnte man nicht glauben, daß dieses Wesen etwas mit Gewalt und Tod  zu tun habe. Für einen Augenblick waren sie wie geblendet. Und in diesem Moment stürzte sich Tanak auf das Wesen. Er hielt sein Schwert hoch und wollte zuschlagen, doch das Wesen schien viel schneller als er zu sein. Als Tanak sein Schwert hoch erhobene hatte, griff es direkt in sein Herz. Jedoch hinterließ es dabei keine Wunde. Es schien mit seinem Geist ihn anzugreifen und nach seiner Seele zu packen. Es hob Tanak hoch und dieser ließ augenblicklich das Schwert fallen. Will rannte Tanak hinterher. Doch er war nicht schnell genug gewesen und bald war er aus seiner Sichtweite. Als er dann endlich Tanak erreichte war es schon zu spät. Er sah dieses seltsame Wesen, wie es ihn hoch hielt und spürte die besondere Aura die dieses Wesen umgab. Er war ebenfalls wie gelähmt und hatte nur Augen für diese Gestalt. 
Es war wie in einem Traum: die seltsame Kreatur und die Macht, die sie umgab. Es kam ihnen unwirklich vor. 
Doch der Bann wurde gebrochen, als es Tanak fallen ließ. Er fiel leblos zu Boden und prallte wie ein nasser Sack auf die Steine. Augenblicklich formierten sich die Soldaten, die unter Tanak’s Befehl standen und griffen es an. 
Sie umzingelten es und dann folgte ihr vergeblicher Angriff. Das Wesen schien sie gar nicht war zu nehmen, sondern wandte sich Alexis und ihrem Begleiter zu. Es schien deren magische Aura zu spüren. Die Soldaten schlugen auf es ein, aber ihre Schwerte prallten nur ab. Es spürte noch nicht einmal die Schwerthiebe. Alexis bereitete sich auf einen Angriff vor und plötzlich zuckte ein grelles Licht, das von dem fremden Wesen auzugehen schien und die Soldaten sanken alle tot zu Boden. Alexis schluckte. So einen harten Gegner war sie noch nie begegnet. 
Will schaute seine Schwester erstaunt an. Was tat sie hier? Seine Soldaten hatten das Schauspiel verfolgt und blieben wie angewurzelt stehen. Keiner von ihnen traute sich auch nur einen Schritt vor. Will jedoch ahnte, was das unheimliche Wesen vorhatte und rannte zu Alexis. „Was machst du hier?„, brüllte er ihr entgegen. „Paß auf! Halt dich lieber zurück, wir erledigen das schon!„, antwortete ihr Gefährte, den Will zunächst gar nicht bemerkt hatte. Alexis aber blickte nicht einmal in seine Richtung, sondern wartete gespannt auf einen Angriff. „Wer bist du?„, fragte er den unbekannten Mann in Alexis’s Nähe. „Dafür haben wir jetzt keine Zeit, verschwinde lieber so schnell du kannst, dies ist nicht der richtige Ort für Fragen.„, schrie er Will genervt an. Will blieb stehen. Er konnte doch nicht zulassen, daß Alexis etwas passierte, gerade wo er es schon bei so vielen Menschen versäumt hatte! Und wer war dieser geheimnisvolle Fremde mit dem Alexis hier war? Also rief er seine Soldaten zu sich und diese kamen nur widerstrebend näher an das Wesen heran. Dieses jedoch hatte sich bis jetzt noch nicht gerührt, aber der Alexis’s Begleiter spürte wie es seine Energien sammelte – aber nicht nur das. Irgend etwas zwischen Alexis und ihm passierte, während er hier stand und es beobachtete. 
Alexis hörte immer wieder diese Stimme. „Wieso kämpfst du gegen mich? Wir sind doch von gleicher Art.„ Sie verstand es nicht. Was wollte diese Kreatur von ihr? „Wer bist du?„, fragte sie im Geiste, denn es war ihr klar, daß es telepathischen Kontakt mit ihr aufgenommen hatte. Niemand außer ihr schien es zu hören. Sie hatte zwar Will rufen hören, aber es war nur schwach im Gegensatz zu jetzt. Eine weile blieb es still und sie merkte wie nervös alle anderen waren. „Du weißt wer ich bin.„, war seine knappe Antwort und Alexis wurde dieser Gedankenaustausch langsam zu unheimlich. „Warum hast du sie getötet?„ „Ich habe mich nur verteidigt. Vergiß nicht sie griffen mich an.„ „Aber warum bist du hier und hast du das hier alles angerichtet?„ Das Wesen blickte sie direkt mit seinen unergründlichen dunklen Augen an. „Du weißt warum ich es getan habe.„ „Ich weiß weder wer du bist, noch woher du kommst und was du willst!„ „Du kennst mich und ich kenne dich.„ Ein eiskalter Schauder durchzuckte sie. Was sollte dieses ganze Theater? Warum noch Zeit mit einem Wesen verbringen, das wahrscheinlich nur versuchte sie abzulenken? „Komm mit mir und du wirst alles verstehen!„ Die Kreatur streckte ihr langsam und ruhig seine Hand zu. „Komm zu mir, ich werde dir nichts tun!„ Das war Will genug. Dieses Wesen schien angreifen zu wollen und Alexis stand nur ruhig da! Selbst ihr Begleiter fuhr erschrocken zusammen, als das Wesen seine riesige Hand ausstreckte. Jetzt war die Zeit für den Angriff! Egal was mit ihm passieren würde, er wollte nicht noch jemanden verlieren! Er gab den Soldaten ein Zeichen und sofort stürmte er mit ihnen auf die Kreatur zu. Auch Alexis’s Begleiter griff an. Er feuerte einen großen Feuerball dem Wesen entgegen und diesmal bemerkte es den magischen Angriff. Als der Feuerball auf es zukam zog es blitzschnell seine Hand zurück und konzentrierte sich. Der Feuerball erlosch bevor er sein Ziel erreichte. Erstaunt feuerte der Gefährte noch weitere ab, doch alle waren in nur wenigen Sekunden wieder verschwunden. Die Soldaten währenddessen erwischte es genauso wie die vorherigen. Nur Will war übriggeblieben, denn er hatte sich rechtzeitig zurückgezogen. Als Alexis ihren Bruder sah, kannte sie keine Gnade mehr. Das Wesen schien dies zu merken. „Du wirst noch wieder zurückkommen, wir wissen es!„, sprach es in Gedanken zu ihr, bevor sie angriff. „Darauf kannst du noch lange warten!„, konterte sie und machte sich kampfbereit. Plötzlich schien von ihr ebenfalls eine große Energie von ihr auszugehen und sie verwandelte ihre bisherige Kleidung um. Dann auf einmal stand sie in ihrer Kampfausrüstung dort und hielt ein mächtiges Schwert in den Händen. Ab dann passierte alles blitzschnell und Will bekam nichts mit. Alexis war auf einmal nahe vor dem Wesen und hieb ihm mit dem magischen Schwert. Will sah, wie das Wesen plötzlich wankte, aber nicht ernsthaft getroffen worden war. Darauf folgte nun sein Angriff, der ebenfalls sehr schnell war, denn es schien kurz verschwunden zu sein, tauchte dann aber wieder hinter Alexis auf. Als Will das beobachtete brüllte er: „Vorsicht hinter dir!„ Gerade als Alexis sich umsehen wollte, sah sie nur noch dieses Licht. Auch ihr Gefährte schnappte nach Luft, als er die starke Macht fühlte, die immer stärker zu werden schien. Es konzentrierte sich nur noch auf Alexis. Ein gleißendes Licht verbarg die Sicht, doch Will ahnte was passiert war. Und seine Ahnung schien sich zu bestätigen, als er nur das Wesen, aber Alexis nicht mehr sah.  Fassungslos und vor lauter Wut stürmte er auf das Monster zu und schlug so fest zu wie er konnte. Das Wesen schien er tatsächlich verletzt zu haben, aber das war ein Irrtum, denn es schlug ihn mit aller Wucht gegen eine Mauer. Das einzige was er noch fühlte war die heftige Wucht des Aufpralls und eine warme Flüssigkeit, die ihm aus dem Mund tropfte und er an seinem ganzen Körper spürte. Als er wieder aufstehen wollte, konnte er weder seine Beine, noch die Arme bewegen, noch spüren. Er schlug langsam die Augen auf, konnte aber nur verschwommen seine Umgebung wahrnehmen. Dann wurde er bewußtlos.  Der Begleiter war geschockt und sein Herz raste wild. Das Wesen jedoch blieb ruhig und schaute sich um. Scheinbar spürte es etwas. Und genau in diesem Moment kam etwas blitzschnell aus einer dunklen Ecke und rammte dem Wesen etwas direkt durch seinen Körper. Der Gefährte bemerkte, daß es Alexis war, die dem letzten Angriff ausgewichen war und sich kurz zurückgezogen hatte. Alexis zog dem Wesen ihr Energieschwert aus dem Leib und hoffte nun endlich den Alptraum beendet zu haben. Doch das Wesen hatte nur für einen kurzen Augenblick gezuckt, war dann aber wieder in seiner vollen Kraft, als die Wunde sich kurz nach dem Angriff verschlossen hatte. In diesem Moment fielen Alexis die drei seltsamen Verformungen am Körper des Wesens auf, die wie Opale aussahen und schimmerten. Sie lagen ungefähr auf der Brust des Wesens und sie mußten seine Energiezufuhr sein, denn jedesmal wenn sie angriff, leuchteten sie und danach erholte sich das Wesen rasch. Nur ein gezielter Angriff auf diese Stellen würde sie weiterbringen. Ihr Begleiter bemerkte das ebenfalls und er schoß ein Energiebündel auf das Wesen. Es war nun abgelenkt und Alexis griff an. Sie stach auf eins nach dem anderen ein und in diesem Moment drehte sich das Wesen zu ihr und schaute sie mitleidig an. Alexis konnte seinen Schmerz fühlen und wandte sich rasch ab. Es, aber ließ einen lauten qualvollen Schrei los und brach dann zusammen. Es löste sich langsam in seine Bestandteile auf und dann sahen sie wie sein Geist sich zu lösen schien. Er war in leuchtendes Blau gehüllt und hatte die Form eines Drachen. Er schwebte noch kurz über seinem Körper bevor er sich dem Himmel entgegen schwang und sich langsam auflöste. 

Alexis blieb die ganze Zeit bei Will. Dieser lag auf einem Haufen Stroh, der sorgsam wie ein Bett gehäuft war und sogar eine Decke hatte Alexis für ihn finden können. Doch all das war nur kümmerlich im Vergleich zu dem Haus eines Heilers, aber mehr konnte sie und ihr Begleiter nicht für ihn tun. Als sie beide versucht hatten ihn zu heilen, scheiterte dies allerdings an den äußerst starken Wunden, die einfach nicht heilen wollten. Es schien ein Fluch auf ihnen zu liegen, da es keine Spuren von Vergiftungen gab und es ihnen trotzdem nicht gelang sie zu schließen. Alexis war zunächst verzweifelt, wollte aber nicht die Hoffnung aufgeben, daß Will es noch schaffen würde gesund zu werden. Sie wich nicht von seiner Seite und wünschte sich nicht sehnlicheres, als daß er seine Augen öffnen und mit ihr sprechen würde. Für einen Moment schien ihr Wunsch Wirklichkeit zu werden, als Will seine Augenlider langsam hob. Hoffnungsvoll umfaßte sie seine Hände und für einen winzigen Augenblick schien die Welt wieder in Ordnung zu sein. Aber es kam anders. So langsam wie er die Augen geöffnet hatte, schloß er sie wieder und Alexis spürte wie er erleichtert seufzte, dann verließ er diese Welt. Alexis Begleiter hatte all dies beobachtet, er fragte sich immer noch was das für eine Kreatur gewesen war und was sie hier wollte. Besonders aber interessierte er sich dafür, was zwischen Alexis und dem Wesen vorgefallen war. Er hatte zwar versucht sich bei ihnen „einzuklinken„, doch er scheiterte an der psychischen Stärke des Wesens. Urplötzlich fuhr im ein eiskalter Schauder über den Rücken und auch Alexis schien ihn wahrzunehmen, denn sie zuckte wie er kurz zusammen und auch bei ihr hinterließ er diese Kälte.....

Die zurückgebliebenen Soldaten warteten ungeduldig auf die Rückkehr von Tanak. Aber auch sie ahnten nichts gutes. Der Soldat, der sich über die anderen lustig gemacht hatte, war ebenfalls sehr besorgt. Er saß mit einigen Kollegen in genau dem Raum, wo zuvor Tanak seine Besprechung geführt hatte. Sie hatten versucht sich mit anderen Dingen abzulenken, doch niemand konnte an etwas anderes denken. Schließlich ging der Soldat wieder nach draußen, er mußte sich anderweitig beschäftigen. Doch auf einmal überkam ihn eine plötzliche Übelkeit und er rannte so schnell er konnte, mit der Hand vor dem Mund, auf die Mauer zu. „Na wieder mal zuviel getrunken?„, fragte ihn einer der Wächter mit einem fiesen Grinsen, als er ihn sah. Doch er beachtete ihn nicht. Als er an der Mauer kam bückte er sich leicht nach vorne und fragte sich was er wohl falsches gegessen hatte. 
Der andere Soldat beobachtete ihn argwöhnisch, als er sich auch noch vor lauter Schmerzen, die ihn noch dazu quälten, immer weiter nach vorne hinunter beugte. „Paß lieber auf, daß du nicht herunterfällst!„, mahnte er ihn, doch es war bereits zu spät. Selbst die Soldaten in den Räumen hörten den Aufprall. Entsetzt eilten sie auf die Mauer und dann hörten sie nur noch die Schmerzensschreie ihres Kollegen. Dieser hatte den Sprung überlebt und rannte vor lauter Schmerzen mitten in die Dunkelheit hinein und schien seltsam verändert...

Niemand ahnte, daß sich auch etwas in der Festung tat. Irgendwo innerhalb der Burg, in einem riesigen Raum befand es sich. Es war dort seit Ewigkeiten versteckt und schien seit Jahrtausenden sicher gewesen, doch auch es hatte die Ankunft der fremden Kreatur gespürt. 
Deshalb hatte es sich wieder aktiviert und einen Schutzschild um sich erstellt. Es hatte als einziges seiner Art, eine „Seele„ und konnte sich so der Gefahr bewußt sein, die ihm bevorstand. Es wußte, daß ES wiederkommen würde, um sich das zu holen, was es dringend brauchte, um seine Ziele zu erreichen....
 

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