Die Schattenstadt von Hyphistos
2: Kinder mit Bärten?

Arargh sah mit besorgtem Blick vom Wachturm hinab. Er wendete sich zu Tarka und meinte sorgenvoll: "Sieh, wie sie alle kommen, die letzten paar Kämpfer und welche die es gerne wären. Sie wollen uns helfen, sie wollen von uns geführt werden, wir haben wieder Hoffnung in ihnen geweckt. Doch können wir sie wirklich führen? Können wir für sie das tun, was sie sich versprechen? Gut, wir haben eine kleine Stadt befreit, ein Dutzend Wachen besiegt, doch das ist ein Tropfen auf dem heißen Stein wie man bei euch Menschen so schön sagt. Bisher waren wir unbekannt, hatten den Vorteil, aus dem Nichts angreifen zu können. Aber jetzt - sieh dir diesen Menschenauflauf an. Jeder im Umkreis von 1000 Kilometer kennt uns." 

Er deutete auf die Massen die sich um den Turm gesammelt hatte und mit hoffnungsvollen Blicken zu Ihren vermeintlichen Führern gegen das Böse hinaufsahen. Viele davon waren einfache Bauern, ein paar waren mehr schlecht als recht bewaffnet. 
"Wenn Hyphistos erst Wind von uns bekommt, wird er seine Armeen hier her schicken und uns alle zerquetschen", antwortete der stets pessimistische Tarka. Mit zugekniffenen Augen sah er hinab.

"Tarka, Tarka, Tarka, warum denn immer so optimistisch? Tot sind wir sowieso alle, ob wir im Kampfe sterben oder einfach nur verhungern", vernahmen sie eine süße weibliche Stimme. Erschrocken drehten sich die beiden wie vom Blitz getroffen um, und blickten in das schmunzelnde Gesicht von Pyra. Tarka nickte. "Ja... du hast wohl Recht, aber bisher haben wir nicht das Leben von so vielen gefährdet."

Sie zuckte gelassen die Schultern. "Diese Leute sind freiwillig hier, und wir können jede Unterstützung brauchen. Also mach dir nicht so viele Sorgen."
Langsam schritt sie auf ihn zu und fuhr mit ihrer Hand zärtlich und verführerisch über seine Wange. "Unser tapferer Krieger wird doch wohl keine Angst haben", flüsterte sie zischend in sein Ohr und entfernte sich dann wieder ein paar Schritte. Verwundert sah er ihr hinterher.

Arargh betrachtete die Beiden mit verhaltenem Grinsen, und seufzte dann. "Nun denn!"
Er stellte sich zum Rand des Turmes und erhob seine Stimme: "Mitbrüder, die ihr hierher gekommen seid, um uns zu helfen!" Ein Raunen ging durch die Masse von Hunderten von Leuten. "Ich danke euch, dass ihr gekommen seid, wir brauchen jeden einzelnen Mann! Wir müssen den Moment der Überraschung für uns nützen, deshalb werden wir morgen in der Früh aufbrechen, um die umliegenden Orte zu befreien und uns Freiheit, Unabhängigkeit und Platz zu verschaffen! Morgen ziehen wir nach Kalas! Also ruht euch aus und bereitet euch vor!" 
Die Leute jubelten und grölten und es schien Hektik unter ihnen auszubrechen. Jeder wollte ideal gewappnet sein für den nächsten Tag.

Nur sehr unruhig schliefen die Mitglieder der Roten Hand, hinzu kam, dass sie sich im Wachdienst im Dreistunden-Takt abwechselten.

Am nächsten Morgen ging alles sehr schnell. Schon zu früher Stunde zog die Rote Hand mit ihrem Heer aus Bauern und einfachen Leuten gen Kalas. Der Marsch dauerte einige Stunden, doch von Erschöpfung war nichts zu spüren, zu motiviert waren die Leute.
Kalas war schon etwas größer als Cleos, einige tausend Leute lebten hier.

Die noch halbschlafenden Orken auf den Wachtürmen trauten Ihren Augen nicht, als sie die Menge schnurstracks auf sich zukommen sahen. Es entstand ein wildes Treiben und aufgeregtes Grunzen war zu vernehmen.
Doch die Schlacht war entschieden bevor sie anfing.
Im Nu war das Stadttor zerstört, die Mauern überwunden und Schützen auf den Türmen ausgeschaltet. Für jede Wache waren zehn Bauern da, die wild auf sie eindroschen mit allem was sie hatten, vom Knüppel bis zur Heugabel. So geschah das Wunder, dass keiner der Leute sein Leben lassen musste, da die Orkenwachen noch nicht mal zum Schlag kamen. Um die wenigen Verletzten kümmerte sich Lydia im Lazarett. 

Spät am Abend gab es ein Festessen, als plötzlich ein junger Bursche keuchend und verschwitzt auf Arargh zulief. "Ein riesen Haufen Kinder! Sie kommen direkt auf uns zu! Es sind mindestens hundert! Und sie sind alle mit Äxten bewaffnet und haben Bärte!" Arargh lachte. "Kinder mit Bärten? Ich denke, ich weiß, wer uns da besucht, doch wusste ich nicht, dass es sie noch gibt...."
Mit schnellem Schritte stapfte er Richtung Stadttor und befahl den Wächtern, sofort das Tor zu öffnen. "Willkommen, meine Zwergenfreunde!", begrüßte er die Neulinge mit offenen Armen. "Ihr lebt noch?"
Einer der Zwerge trat hervor. "Ein Zwerg stirbt nicht so einfach." Er lachte brummend und umarmte Arargh. "Wir konnten uns in unsren Minen verstecken und als wir von euren Taten hörten, dachten wir, ihr könnt unsre Hilfe sicher gut gebrauchen! Mein Name ist Istvan, ich bin Oberhaupt des Steinreißer-Clans, und Ihr müsst Arargh sein, nicht wahr?"
"Allerdings. Und ja, wir können eure Hilfe sicherlich gebrauchen. Schon morgen werden wir weiterziehen!"

Istvan nickte. "Ihr könnt natürlich mit uns rechnen! Und jetzt entschuldigt mich, es duftet hier gar köstlich nach Braten und wir haben Hunger."

Auch die anderen staunten nicht schlecht, als sie die Zwerge sahen, und sie hoben die Stimmung deutlich.
 

© Hyphistos
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Sicher geht's hier bald weiter zum 3. Kapitel...

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