Teil 2: Die erste Frage
Nur einen Wimpernschlag später befanden
sie sich in der Mitte eines prachtvollen Gewölbes. Der Boden unter
ihnen bestand aus mächtigen Marmorplatten, die kunstfertig aneinander
gefügt waren. Die Decke spannte sich wie der Himmelsdom über
ihren Köpfen. Sie war aus leuchtendem Kristall gefertigt, in dem sich
das flackernde Licht mächtiger Kandelaber in Myriaden von Strahlen
und Lichtblitzen brach. Der Dom wurde durch zwei Reihen mächtiger
Säulen gestützt, die aus massivem Granit gehauen waren. Kunstvoll
waren Verzierungen in die Säulen gemeißelt worden, die dank
ihrer verspielten Muster die überwältigende Wucht der Kuppel
mäßigten. An einem Ende befand sich ein massives Doppelportal.
Die beiden goldenen Torflügel waren so mächtig, dass Sturmriesen
hätten hindurch schreiten können ohne ihre Häupter beugen
zu müssen. Abgesehen von den Säulen war die Halle bis auf Ansalion
und Shelassia leer. Lediglich am anderen Ende befand sich ein schmuckloser
Brunnen.
Ansalion deutete auf den Brunnen. "Komm!"
Shelassia folgte ihrem Führer. Sie war
nicht zum ersten Mal in diesem Gewölbe und wusste, dass dieser Dom
nur eine von vielen Hallen in der mächtigen Heimstatt ihres Gefährten
war. Allerdings konnte sie sich nicht erinnern, wann sie zum letzten Mal
im Saal der Wahrheit gewesen war.
"Ja, es ist schon eine Weile her, dass wir
zusammen die Tiefen des Brunnens ergründet haben", sagte Ansalion.
Shelassia nickte grimmig. "In der Tat. Du
neigst dazu, ihn vor den Blicken anderer zu verbergen." Ihre wohlklingende
Stimme hatte ihren natürlichen Glanz wiedergefunden. In der Weite
des Gewölbes hallten die Echos wie die Glocken der Sonnenelfen und
die perfekte Akustik gab ihren Worten die Form himmlischen Gesangs.
"Vernehme ich da einen Hauch von Tadel?" fragte
Ansalion mit gespielter Empörung.
Shelassia winkte ab. "Mitnichten. Ich weiß,
dass die Geheimnisse des Seelenbrunnens zweischneidiger Natur sind und
jenes verborgen bleiben sollte, was verborgen sein will."
"Du hast dir meine Worte gut gemerkt."
"Du warst stets ein guter Lehrmeister." Shelassia
sagte dies ohne jeglichen Pathos. "Umso erstaunlicher ist, dass du uns
hierher gebracht hast. Was hast du vor?"
Ansalion hatte inzwischen den Brunnenrand
erreicht. Halb zum Brunnen geneigt, halb noch in Shelassias Richtung gewandt
forderte er sie auf: "Siehe selbst."
Shelassia zögerte keinen Wimpernschlag.
Festen Schrittes gesellte sie sich zu dem Gelehrten, der sie mit unergründlichen
Augen betrachtete.
"Du erinnerst dich daran, dass du deine
Seele dem Wasser öffnen musst?" Ansalion hatte seine Lippen nicht
bewegt und doch klangen seine Worte mit der gleichen Leidenschaft, die
sonst seine Stimme begleitete, in Shelassias Kopf.
"Ja", entgegnete die flammenhaarige
Frau auf die gleiche lautlose Art und Weise. "Und du hättest mich
nicht erinnern müssen, dass die Wogen unserer Stimmen die Zeichen
des Brunnens verfälschen können."
Ansalion ließ nicht erkennen, ob er
ihren Tadel als solchen auffasste. "So lass uns beginnen."
Shelassia beugte sich über den Brunnen.
Seine Umgrenzung war aus granitenen Felsstücken aufgeschichtet worden:
Jeder Stein und jede Fuge passten so perfekt zueinander, dass sie ein makelloses
Netzwerk von Flächen und Kanten ergaben, die jeden Steinmetz vor Ehrfurcht
in Verzückung versetzt hätten. Das Wasser des Brunnens war kristallklar
- so klar, wie das jungfräuliche Wasser einer hohen Gebirgsquelle
- und doch war es unmöglich den Boden zu erkennen. Im Augenblick schlummerte
der Brunnen ruhig vor sich hin. Keine wogende Bewegung, keine noch so zarte
Welle verunstaltete die farblose, glatte Wasseroberfläche.
Seelenbrunnen...
Ehrfürchtig bedachte Shelassia das steinummauerte
Gewässer mit einem andächtigen Gruß und schob die Myriaden
von Gedanken und Erinnerungen, die sich in ihrem Kopf tummelten, in den
Hintergrund. Nachdem sie dem magischen Brunnen seinen angemessenen Tribut
gezollt hatte, mäßigte sie ihren Atem und lockerte ihre Muskeln
und Glieder. In wenigen Augenblicken schüttelte die hochgewachsene
Gestalt mit dem Flammenhaar das Wissen von Jahrtausenden ab. Ihr Körper
und ihre Gedanken verschmolzen zu einer Einheit mit ihrer Umgebung. Mit
scharfem Blick und der Geschwindigkeit eines Blitzes durchmaß sie
die kristallene Tiefe des Brunnens. Doch so schnell ihre Wahrnehmung auch
durch das klare Gewässer schoss - der Brunnen blieb zunächst
unergründlich.
Nach und nach öffnete Shelassia ihre
Sinne. Sie erstreckte ihre Wahrnehmung bis in die entferntesten Winkel
des Brunnens, doch je tiefer sie vordrang, umso mehr zerstoben ihre Gedanken.
Wie eine Suchende, die sich in dichtestem Nebel hinaus auf das Meer begibt,
irrte sie umher. Trotzig stieß sie weiter vor, doch all ihre Bemühungen
verpufften ergebnislos in der Gleichgültigkeit des stillen Wassers.
Unerschütterlich trotzte es ihren Versuchen seine Geheimnisse zu ergründen.
Immer weiter und immer tiefer glitt Shelassias Bewusstsein in den Brunnen
hinab, bis sie sich in den unergründlichen Tiefen des stillen Gewässers
verlor. Wie ein lauernder Schlund hatte der Brunnen Shelassias Gedanken
und Erinnerungen aufgesogen - nun schwebte sie ankerlos durch die Ewigkeit.
Ihr Schicksal schien unvermeidlich und sie ergab sich ihrer Orientierungslosigkeit.
Mit einem Schlag waren Jahrtausende ihres Daseins in dieser Welt belanglos
geworden - genauso wie ihre gesamte Existenz.
Shelassia wäre womöglich bis in
alle Ewigkeit in diesem Zustand geistiger Haltlosigkeit verblieben - geistig
entrückt und ihre fleischliche Hülle leer zurücklassend
- wenn nicht am entferntesten Horizont ihres dahinschwebenden Bewusstseins
ein winziges Licht in den Dunstkreis der Unendlichkeit eingedrungen wäre.
Mit der verzweifelten Kraft eines Ertrinkenden griff Shelassias Geist nach
diesem Funken. Anfangs weit entfernt und kaum wahrnehmbar, bildete er den
einzigen Anker inmitten des gemächlich dahinfließenden, nie
enden wollenden Flusses der Entrücktheit. Mit jedem Atemzug und mit
der aufflackernden Erinnerung an das Licht der Sonne, das Glitzern von
Gold und dem Lodern von gleißendem Feuer wuchs der Funken. Zunächst
war er bloß ein winziger Stern am Firmament, dann ein leuchtender
Punkt und später eine strahlende Nova. Wie ein Phönix, der in
den Himmel schießt, die Atmosphäre durchdringt und sich in die
Sonne stürzt, flog Shelassia in das immer schneller wachsende Leuchten.
Als sie schon das Gefühl hatte in dem Lichtfeuer wie eine Motte zu
verglühen, veränderte sich plötzlich die Gestalt des allumgebenden
Lichts. Aus einem einzigen Lichtfeuer wurden binnen Bruchteilen von Sekunden
Myriaden von Schattierungen, die sich in wirbelnden Gestalten und Geometrien
um Shelassia wanden. Wie ein berauschendes Kaleidoskop von Farben und Formen
stürzten diese neuen Eindrücke auf sie ein. Mal als eine sich
windende Schlange, mal als verzehrender Strudel, dann wieder ein komplexes,
geometrisches Gebilde und schließlich eine sich öffnende Blüte.
Doch im Gegensatz zu der lähmenden Unendlichkeit des Brunnens, empfand
Shelassias Geist diese Flut an Ereignissen wie eine Offenbarung. Mit einem
Schlag war Shelassia Zeuge der Geburt aller Dinge, der Entstehung von Welten
und der Erschaffung all der mannigfaltigen Möglichkeiten, die sich
dem wachen Geist eröffneten. Shelassias Bewusstsein jubilierte und
griff um sich, bis sie mit einem Mal tatsächlich eine konkrete und
vertraute Präsenz spürte.
Diese Präsenz war stark und mächtig.
Beinahe wäre sie vor Ehrfurcht erstarrt und der leuchtende Strang,
der zu ihrem Rettungsseil geworden war, wäre ihr entglitten, bis sie
sich daran erinnerte, dass sie über ähnliche Kräfte gebot.
Dankbar griff Shelassia zu, vereinte ihre
Gedanken mit jener mächtigen Präsenz und nutzte ihre gemeinsame
Magie um endlich das Buch der unendlichen Erinnerungen, die nun förmlich
auf sie warteten, aufzuschlagen.
Bevor sie sich allerdings mit ihrem neugeborenen
Bewusstsein, voller Begeisterung und Neugierde, auf das angesammelte Wissen
stürzen konnte, wurde ihr sanft Einhalt geboten. Aus einem fernen
Winkel ihres Bewusstseins wurde sie wieder Ansalions Präsenz gewahr.
Noch immer ging von ihm das leuchtende Strahlen aus, das ihr Wegweiser
und Retter gewesen war. Inzwischen umhüllte es sie beide und Shelassia
spürte, dass sie noch immer auf seine Führung angewiesen war.
So mächtig Shelassia auch selber war, wenn es um Wissen, Weisheit
und Visionen ging, war ihr Gefährte stets einen Schritt voraus. Also
überließ sie es Ansalion den nächsten Schritt zu wagen
und seine Stimme füllte ihrer beider Bewusstsein:
"Auf der Zinne stelltest du drei Fragen,
die ich dir nicht beantworten konnte. Sieh nach, ob der Brunnen der Wahrheit
die Antworten kennt."
Gestützt auf Ansalions Präsenz bediente
Shelassia sich der Gabe des Brunnens. Hatte sie sich vor wenigen Augenblicken
noch in der Tiefe des Brunnens verloren, so schien ihr mit einem Mal alles
einfach und klar. Mit ihren Sinnen erweiterte sie die leuchtende Aura,
die ihrer beider Bewusstsein umfing; zunächst noch etwas vorsichtig,
dann mit wachsender Zuversicht. Schließlich stieß sie selbstbewusst
mitten in die wirbelnden Bilder und Geräusche hinein. Wie man ein
Glühwürmchen im Flug erhascht, so griff Shelassia nach der jüngsten
Vergangenheit.
Im nächsten Moment stand Shelassia wieder
auf der hohen Klippe über dem Ammaratal, ihren Blick den Geschehnissen
weit unter ihr zugewendet. Ansalion war soeben erst hinter ihr aufgetaucht
und hatte ihre Aufmerksamkeit mit einer Frage auf sich gezogen. Sie erinnerte
sich - nein, sie spürte förmlich - wie sie ausweichend reagiert
hatte, denn ihre ehrliche Antwort hätte eine Kette von Aufgaben und
Verpflichtungen nach sich gezogen. Sie sah, wie Ansalion lächelte.
Er kannte sie seit Anbeginn aller Tage und wusste um ihren Stolz und ihren
Zorn. Er wusste auch, dass sie sich niemals nach den Geschicken anderer
richten würde. Dann sah sie das Lächeln wieder verschwinden,
als sie ihre Gegenfrage stellte: "Müssen wir deshalb einschreiten,
um die jungen Völker zu retten?"
Shelassia öffnete ihren Geist dem Brunnen
und sprach die Worte lautlos mit. Urplötzlich stürzte ein ganzer
Schwarm neuer Bilder und Ereignisse auf sie ein. Eine Unzahl visueller
Reize brachte ihr Wahrnehmungsvermögen an die Grenzen der Belastbarkeit.
Aber das fluoreszierende Rund der leuchtenden Aura, welches ihr und Ansalions
Bewusstsein umgab, schirmte sie vor den heftigsten Wellen der Sinnesflut
ab. Woge um Woge brach an dem leuchtenden Oval, doch allmählich begannen
sich einzelne Bilder deutlich abzusetzen und von der restlichen Bilderflut
zu unterscheiden.
Es waren Bilder von Schrecken und Zerstörung.
Von gestürzten Mauern und verbrannten Feldern. Von gebrochenen Leibern
und abgeschlagenen Köpfen. Von angstverzerrten Gesichtern ohne Namen
und namenlosen Grauen - Gestalt gegeben in der Form verzerrter Fratzen
und gnadenloser Bestien.
All diesen Horrorvisionen zum Trotz, erkannte
Shelassia dennoch den Ort, von dem die Schreckensbilder stammten. Noch
vor wenigen Minuten hatte sie selber von einer hohen Zinne auf das Ammaratal
herabgeblickt. Nun erblickte sie das gesamte Ausmaß an Zerstörung,
welches von den mordenden Horden des Nachtkönigs angerichtet wurde
- oder in absehbarer Zeit angerichtet werden würde. Sie erkannte auch
die rußgeschwärzten Überreste der einstmals wehrhaften
Festung von Machabar, die nun in Trümmern lag. Wie erwartet hatten
sich die finsteren Horden auch von diesen Mauern nicht Einhalt gebieten
lassen. Nun ergossen sie sich in das Land jenseits der Felsenge um Tod
und Vernichtung in das Königreich von Aldarnia zu tragen.
Aus einem anderen Blickwinkel beobachtete
Shelassia wie verzweifelt kämpfende Elfen von einer endlosen Flut
anstürmender Feinde immer weiter zurückgedrängt wurden,
bis sie schließlich an der Pforte von Daragis ihren Widerstand aufgeben
und in das dahinter liegende Land der sanften Winde ausweichen mussten.
In kürzester Zeit strömten nun zwei Heere des Nachtkönigs
in die fruchtbaren Länder des Westens - den beiden Zungenspitzen einer
gefährlichen Giftschlange gleich. Allerdings ungleich der Zunge einer
Schlange, die zwar bedrohlich hervorzuckt, aber nie über das Ziel
hinausschießt, hielten sich die beiden Heere der Finsternis nicht
zurück. Stattdessen bildeten sie die Speerspitze einer gewaltigen,
schwarzen Masse, die sich einer Springflut gleich über das Land und
schließlich den ganzen Kontinent ergoss - und deren Begleiter keine
geringeren als Tod, Zerstörung und Verzweiflung waren.
Kontinent auf Kontinent wurde von den mörderischen
Horden der Finsternis überrannt. Keine Streitmacht oder Zauberkraft
der Völker des Lichts konnte der Nacht widerstehen - selbst die blauen
Weiten der Ozeane konnten ihnen kein Einhalt bieten. Und mit jedem Leib,
der dem finsteren Fährmann seinen Tribut zollen musste, und jeder
Seele, die alle Hoffnung fahren ließ, wuchs die Macht des Nachtkönigs.
All dies sah Shelassia und ihre Miene verfinsterte
sich in dem Maß wie das Leid Überhand nahm und die Nacht dunkler
und finsterer wurde. Schon bald würde sich die Herrschaft des Nachtkönigs
sich über alle Ozeane, Kontinente und gar die unermesslichen Weiten
der Lüfte erstrecken, wenn nicht...
"... wenn nicht Einhalt geboten würde."
Ansalions erhabene Stimme, die sanft zwischen ihre eigenen Gedanken glitt,
lenkte ihre Aufmerksamkeit für einen Moment von den vorbeiflutenden
Bildern ab.
Shelassia war noch nicht von dieser Notwendigkeit
überzeugt und hob zu einer verärgerten Entgegnung an: "Es
steht dir nicht zu, die Zeugnisse des Seelenbrunnens deuten zu wollen.
Ist das nicht...?"
Welche Worte sie auch immer mit ihren Gedanken
formen wollte, die nun folgenden Bilder zogen sie unwiderstehlich in ihren
Bann.
Ein letztes Aufgebot an Edlen und Mächtigen
der Völker des Lichts stellte sich der dunklen Übermacht zum
Kampf. Der Ausgang der Schlacht schien vorherbestimmt. Nun wo die Dunkelheit
ihren Schleier über die Welt geworfen hatte, stand die Macht des Nachtkönigs
kurz vor ihrem Höhepunkt. Sein langer Arm reichte bis zu seinen wichtigsten
Hauptleuten und verlieh ihnen somit Kräfte, die sie zu Ebenbildern
seiner selbst werden ließen. Welche Bedrohung für seine Herrschaft
bot da das letzte Häuflein Aufrechter, wo doch viel gewaltigere Heere
vergeblich seinen Scharen getrotzt hatten.
Galgoroth, der Verdammte, führte des
Nachtkönigs Heer an - und schon sein Erscheinen auf der Walstatt ließ
jegliche Hoffnung der Völker, die sich nicht widerstandslos der Finsternis
unterwerfen wollten, schwinden. Als aber das letzte Licht des Tages zu
versinken drohte und die Heere der Finsternis zu ihrem letzten Schlag ausholten,
erfasste eine seltsame Stimmung all jene, die empfindsamer gegenüber
den tiefen Mysterien der Magie waren. Eine gewaltige Macht erhob sich -
ungezügelt und unbezwungen. Die Schergen Galgoroths wurden unruhig,
sie spürten das Zögern ihrer Heerführer. Auf der anderen
Seite der Walstatt wandten sich die Zaubermeister der Menschen und Elfen
beunruhigt zu den Mächtigsten ihres Standes: Welch neues Hexenwerk
drohte ihnen in dieser letzten Stunde?
Selbst Shelassia bemerkte die Veränderung.
Doch ihre Verwirrung entsprach nicht der furchtsamen Verunsicherung der
niederen Rassen. Viel mehr war ihr das Wesen dieser erwachenden Urmacht
nur allzu vertraut.
Direkt aus dem rotgefärbten Kranz der
untergehenden Sonne zogen drei gewaltige Drachen durch die Luft. Stolz,
erhaben, mächtig. Seit Menschengedenken rankten sich die Legenden
um jene Kreaturen der ersten Schöpfung. Feuerzauberer riefen sie an,
wenn sie ihre Magie wirkten, und Kriegerorden, wie der samarische Drachenorden,
gedachten ihrer. Und nun hatten sie sich erhoben, um dem Triumph der Finsternis
Einhalt zu gebieten.
Nach und nach gewannen die drei Großdrachen
an Höhe, bis sie majestätisch über dem Schlachtfeld thronten.
Ein roter, ein schwarzer und ein goldener Drache mit Schwingen so weit
wie Galeeren und einem Körper so beeindruckend wie der eines Steinriesen.
Shelassia beobachtete die Szene mit leuchtenden Augen. Für einen kurzen
Moment zögerten die Flugechsen. Dann reckten die drei Drachen ihre
schlanken Hälse und brüllten ihre Herausforderung der Nacht entgegen.
Unmittelbar danach stießen sie auf die Spitze der finsteren Streitmacht
hinab.
Wie ein Orkan fegten die drei Flugechsen über
das schwarze Heer. Glühendheißer Odem versengte Trollhaut und
Bermanenschuppen. Diamantscharfe Krallen zerfetzten die Häupter von
Bergtrollen und Hanubs. Sie glitten sogar durch die übernatürlichen
Panzerhäute dämonenartiger Kreaturen des Chaos. Schnell hatten
die drei Drachen eine Bresche in die Reihen von Galgoroths Heer geschlagen
und ermutigt durch den Angriff der Drachen griffen nun auch die verbliebenen
Streiter des Tages die Horden des Nachtkönigs an. Shelassia bezweifelte
nicht, dass der schwarze Herrscher hier seit langer Zeit wieder eine bittere
Niederlage würde erleiden müssen - denn welche Macht vermochte
den drei Drachen der Legenden zu widerstehen?
Doch Galgoroth und seine Schergen widerstanden
dem Ansturm der Drachen. Die Macht des Nachtkönigs war inzwischen
so gewaltig, dass sie selbst in die entlegensten Winkel der Welt reichte.
Die Masse des schwarzen Heeres hielt stand
und verfiel nicht der legendären Drachenangst. Der fürchterliche
Gegenschlag überraschte die Drachen der Legenden. Gewaltige Feuersäulen,
gleißende Blitze und ein endloser Schwarm von Geschossen schlugen
den Drachen entgegen. Der Arm des Nachtkönigs hatte die finsteren
Herzen seiner Schreckensboten mit Grausamkeit gehärtet und mit Blutgier
erfüllt. Für einen Moment spürte jede Seele wie die Grundfesten
der Schöpfung selbst erbebten, als die drei Drachen in einer Wolke
der Zerstörung verschwanden. Doch so einfach waren die Drachen der
Legenden nicht zu vernichten und kurz darauf erhoben sie sich mühselig
wieder in sichere Gefilde. Ihre glänzenden Schuppen waren zerschrammt
und verbrannt, aber sie waren noch immer am Leben. Und ihr Stolz war tief
verletzt...
© Elfenfeuer
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