Langsam öffne ich meine Augenlider, die
sich jedoch gegen meinen Willen wieder schliessen.
Nach einigen Minuten öffnen sie sich
ohne jeglichen Befehl.
Was ist jetzt mit mir los? frage ich
mich.
Im gleichen Moment verlässt der Satz "Jetzt
höre ich schon Stimmen in meinem Kopf." meine Lippen.
Ich wollte doch überhaupt nichts sagen,
es ist, als hätte ich meinen Körper nicht unter Kontrolle.
Danach steht mein Körper auf und spaziert
leichtfüßig durch das Gemäuer in dem ich mich befinde...
wo immer das ist.
Es ist ja schon einiges Unerwartetes passiert,
aber das stellt ja alles bisherige in den Schatten.
Vor einem reichlich verzierten mannshohen
Spiegel mache ich... naja, mein Körper... halt.
Plötzlich blendet kurzzeitig ein Licht
meine Augen.
In diesem Moment zuckt mein gesammter Körper
reflexartig zusammen und reibt sich die Augen.
Die Augen reiben? Als Drache? Irgendetwas
stimmt nicht...
Aber durch dieses Licht scheine ich meinen
Körper wieder unter Kontrolle zu haben.
Entschlossen starre ich in den Spiegel...
und fühle mich wie versteinert.
Es ist kein schuppiges Haupt, das der Spiegel
reflektierte, sondern eine zarte, fast bleiche Haut und ich berühre
diese.
Was ist mit meiner Hand los? hallt
es im Kopf meines neuen Körpers.
Davon lasse ich mich aber nicht beunruhigen,
sondern betrachte weiters noch die spitzen Ohren, das kastanienbraue, schulterlange
Haar und einen sanft geschwungenen Körper.
Ich befinde mich also in einen eindeutig weiblichen
Körper... das gesamte Aussehen gleicht einer Elbe aus modernen Fantasy-Büchern.
Dasselbe Licht wie vorhin streift meine Augen
und schon habe ich meinen Körper nicht unter Kontrolle... es ist wie
verhext.
Das ist sicher das Werk von Bromtram,
ertönt wieder dieselbe Stimme in meinem Kopf.
Sekunden danach entferne ich mich vom Spiegel
und eile in das Zimmer, wo ich erwacht bin.
Der Elbenkörper kleidet sich mit ledernen
Gewändern, die aber eher eine Lederrüstung gleichen, hier und
da mit kleinen, leichten Eisenplatten.
Als ein Köcher voller Pfeile umgeschnallt
und ein gewaltiger Langbogen in die Hand genommen wurde, vernehme ich...
oder dieser Körper jedenfalls... hinter mir ein leichtes Scheppern.
Mit einer blitzschnellen Reaktion, wendet
sich der Körper in die Richtung von wo das Geräusch kommt, bereits
einen Pfeil an der Sehne angelegt, gespannt und bereit das Ziel zu durchbohren.
"Ah, Lenwye... ihr seit schon wach. Nun gut,
es ist sowieso schon an der Zeit das durchzuführen wozu man euch beordert
hat."
Am Pfeil entlang blickend steht dieser Fürst,
allerdings nur mit einem gewöhnlichen Kettenhemd ausgerüstet.
Langsam lässt die Elbe die Pfeilspitze
nach unten zeigen, entspannte die Sehne, den Pfeil aber noch angelegt.
"Seid ihr bereit, euch eurem Befehl zuzuwenden?"
fügt der Fürst hinzu.
Lenwye verstaut den Pfeil in ihrem Köcher,
schnallt den Bogen an ihrem Rücken an der Rüstung fest, welche
wie gemacht für die Verstauung ihre Waffen ist.
"Was ist? Seit ihr bereit...antwortet gefälligst."
Der Fürst mag es wohl nicht, wenn man ihm keine Antwort gibt.
Sie greift nach einem Schwert, dessen Klinge
Überreste von vertrocknetem Blut aufweist, und steckt dieses in die
Scheide auf der rechten Seite ihrer Lederrüstung.
Als der Fürst wieder etwas sagen will,
schneidet Lenwye dem Fürst das Wort ab. "Ich verlange 3000 Goldstücke
nach der Beendigung dieser Aufgabe..." in ihrer leicht rauhen Stimme liegt
absolute Gleichgültigkeit "...wenn euch das zu hoch erscheint dann
müsst ihr euch wohl jemanden anderen suchen."
"Nein, nein... ihr seit für diese Aufgabe
unentbehrlich... ich komme natürlich eurer Forderung nach", gibt der
Fürst grummelnd von sich.
Na, toll ich befinde mich im Körper
einer Kopfgeldjägerin.
"Gut. Dann möchte ich erfahren wo sich
mein nächstes Opfer befindet."
Der Fürst schmunzelt "Ihr wisst es doch
bereits... aber das soll euch Bromtram näher erklären, folgt
mir."
"In Ordnung, ich habe sowieso vor ihn zu fragen,
was es mit den Stimmen auf sich hat", murrt die Elbe.
"Welche Stimmen?" fragt der Edelmann verwundert,
aber Lenwye interessiert es nicht, das Thema näher mit dem Fürst
zu erläutern.
Dieser erkennt dies und unterlässt es
weiter nachzufragen.
So gehen die beiden schweigend eine Treppe
dieses Gemäuers hinunter und nähern sich Bromtram, der in einer
Art Festsaal auf die Elbe wartet.
Bromtram heißt also der Magier der
mich gefoltert hat. Ze´kulhan hat ihn ja schon mal erwähnt
spreche ich in Gedanken zu mir.
Als sie drei Schritte vom Magier enfernt waren,
wendet der Fürst mit einem Scheppern und ermahnt Lenwye: "Ihr habt
jetzt bereits zugesagt, ich erwarte also keine Rückzieher, verstanden?"
Sie nickt ohne den Blick des Fürstes zu erwidern, kurz danach verlässt
er den Raum.
Für welch eine einfältige Person
hält er mich überhaupt... meint wohl, ich kann keinen Befehl
ausführen ist ihre gedankliche Antwort.
Der Magier entgegnet auf ihre Gedanken mit
einem kurzen lächeln "Fürwahr, aber der Fürst und ich wollen
in dieser Sache keinen Fehler erleben."
Er bittet sie sich zu setzen und deutet zu
einem länglichen Tisch auf dessen Enden sich zwei Kerzenleuchter befinden.
Lenwye folgt der Bitte, aber hat nicht vor
noch länger als nötig zu bleiben. Von ihrem Sitzplatz aus kann
man im Nebenraum durch ein offenes Tor ein paar an der Wand hängende
Banner und Wandteppiche entdecken.
Bromtram nähert sich ihrem Sitzplatz,
schaut sie kurz an und fängt an zu erklären.
"Ich kenne die Fragen welche in eurem Kopf
umherspuken und beide kann man zu einer Antwort zusammenfassen." nach einer
kurzen Pause spicht er wieder "Ihr wisst doch noch von dem Männlichen,
oder?"
"Der gefangene Drache im Stall, ja natürlich...
aber was hat das mit mir zu tun?" Lenwye will nur eine kurze, schlichte
Antwort und dann nichts wie weg aus dieser kalten Umgebung.
"Ich gebe eine Atwort wie ich sie für
richtig halte also seid still und hört zu, dann könnt ihr die
Burg verlassen und mit der Jagd anfangen."
Die Elbe schweigt.
"Gut, weiter im Text. Der Männliche,
der für Ze´kulhan in die Schlacht gezogen ist, also ihr Gemahl,
wurde zwar nach der Schlacht gefangengenommen, aber er weigert sich, selbst
nach Folter, zu kooperieren."
"Warum so sicher, dass es ihr Gemahl ist?"
unterbricht sie.
Der Magier blickt sie streng an, aber antwortet:
"Kein Drache würde freiwillig in ein Schlacht ziehen. Also kann der
Männliche nur einen Grund für das Mitwirken der Schlacht gehabt
haben - den Schutz Ze´kulhan´s und vielleicht dessen Nachkommen.
Jedenfalls entschloß ich mich für
eine Alternative, die vielleicht etwas seltsam ist, aber dafür auch
effektiv. Nachdem der Drache nach einer Folter aus Schwäche ohnmächtig
wurde, handelte ich und habe einen Schlafzauber ausgesprochen.
In der Nacht, wie ihr schon geschlummert habt,
habe ich ein bestimmtes Ritual ausgeführt... und so die Seele des
Drachen mit eurem Körper vereint. Der Männliche ist somit Seelenlos
und schläft solange bis seine Seele wieder zu ihm zurückkehrt...
dauert dies zu lange, wird der Körper die Seele nicht mehr empfangen
können und somit sterben.
Da sich seine Seele jetzt neben eurer eigenen
in eurem Körper befindet, könnt ihr in seinem Geist stöbern
und somit den Standort Ze´kulhan´s herausfinden.
Aber dem Drachen bleibt der Zugriff in eurer
Seele verwehrt, da ihr in diesem Körper geboren wurdet.
Eine kleinen Nachteil gibt es allerdings.
Ihr habt Stimmen gehört, ja... jedoch nicht irgendeine, sondern die
Stimme des Drachen. Beachtet die Stimme besser nicht, sie könnte euch
verändern.
Der wirkliche Nachteil ist folgender... wenn
ihr geistig zu schwach werdet und der Geist des Drachen zu entschossen
ist, kann er euren Körper übernehmen und eure Seele bleibt im
Hintergrund. Ihr könnt zwar in Gedanken mit ihm reden, jedoch müsst
ihr hilflos mitansehen wie er euren Körper missbraucht.
Noch etwas... bedenkt wenn euer Körper
stirbt werden beiderseits die Seelen verschwinden, weil zwei Seelen in
einem Körper unnatürlich sind und somit vom Kreislauf von Leben
und Wiedergeburt abgestoßen werden."
Was ich vernehme, gefällt mir gar nicht...
meine Gedanken kreisen wie wild, ich kann mich kaum auf einen wirklich
konzentrieren.
Wieso das alles? Was ist mit Ze´kulhan?
Was hat sie getan, um gejagt und getötet zu werden?
"Um aus dem Geist des Drachen das nötige
zu erfahren, müsst ihr Besitz über euren Körper haben und
bevor ihr schlaft euch auf das gewünschte konzentieren... in dem Fall
den Namen Ze´kulhan... und in euren Träumen werdet ihr alles
erfahren."
Bromtram zupft ein wenig an dem Ärmel
seine Robe und fährt fort "Übrigens, noch etwas zum Schluss...
auch wenn der Drache nicht die Kontrolle über euren Körper hat,
die Sinne eures Körper stehen ihm zu Verfügung... er hat sicher
alles mitbekommen was gesagt wurde... also lasst seine Geist nicht die
Überhand gewinnen." Er dreht sich um und verschwindet durch die nächstliegenden
Tür. Lenwye ist entlassen.
Nichts hält sie mehr in diesem steinerne
Gebäude und verlässt es so schnell wie möglich.
Als sie sich einen Weg hinaus zur natürlichen
Landschaft verschaft hat, wirft sie noch einen Blick auf einen bewachten
Stall, etwa fünfhundert Fuß von der Burg entfernt.
"So, Drache, wenn du dich ruhig verhältst,
wird sich deine Seele wieder in deinem Körper befinden. Ich hab keine
Lust dazu meinen Körper zu teilen, weder Privat noch öffentlich."
Wir werden sehen... ist alles was ich
ihr als Antwort gebe... schließlich muß ich mir irgendeinen
Ausweg aus dieser Situation überlegen.
Sie schmunzelt bei dieser Antwort, nimmt ihren
Bogen zur Hand, legt einen Pfeil an, dessen Spitze mit einem Stoffetzen
umwickelt ist, legt die Hand auf den Fetzen und lässt ihn mittels
Magie entflammen. "So, Ze´kulhan, mach dich bereit... die Jagd beginnt!"
Danach richtet sie ihren Bogen gen Himmel,
spannt die Sehne mit aller Kraft und lässt los. Dem davonschnellenden
Pfeil kurz nachblickend rennt sie mit leisem Lachen in den naheliegenen
Wald. Sie hat offenbar Spaß an ihrer Arbeit.
Ze´kulhan erwacht unerwartet aus ihrem
Schlaf... irgendwas stimmt nicht... sie spürt etwas Gefährliches
kommen.
Sie verlässt möglichst leise ihre
Höhle um Victor nicht zu wecken, bleibt am Eingang stehen und schnuppert...
Der Geruch von Gefahr ist zwar noch weit
enfernt doch ich werde bereit sein...
Mit diesem Gedanken gibt sie ein lautes Brüllen
von sich, das als Antwort gelten soll.
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