Der
König der Drachen |
- 15 -
Kalter Stahl in warmes Fleisch |
Die Horden rannten los. Beide Seiten stürmten aufeinander zu, die Waffen hoch erhoben. Schreiend liefen sie über das Feld und als die vordersten Linien aufeinander prallten, ertönten die Klänge der Schwerter, die gegeneinander geschlagen wurden. Die Elfen waren zahlenmäßig überlegen, doch die Murahn waren die besseren Kämpfer. Melda stürmte auf eine Gruppe Feinde zu. Seine Klinge wehrte blitzschnell die Attacken der anderen ab und er führte sie durch die Leiber seiner Feinde, die leblos zu Boden fielen. Ein Axtträger griff ihn von hinten an. Cecil war da und hieb dem Elf den Kopf ab. Sofort strich das Schwert weiter und erschlug das Reittier eines Elfenkriegers. Der Dunkelelf stürzte und fiel direkt in Cecils Klinge. Mit einer lockeren Bewegung ließ er den Toten abgleiten, drehte sich, und wehrte einen Schlag ab, der auf seinen Kopf gezielt war. Auch dieser Elf fand seinen Tod. Die Schlacht tobte, Pfeile schossen durch die Gegend. Die Dunkelelfen wurden zurück gedrängt, doch sie kämpften weiter. Nicht einer von ihnen dachte ans Aufgeben. Marlin stand Rücken an Rücken mit
Dilahn auf dem Hügel, auf dem sie auch von dem ersten Elf angegriffen
wurden. Diesen hatte Marlin schon von seinem Ross geholt und erschlagen.
Plötzlich senkte sich ein Schatten über sie. Marlin blickte auf.
Er stieß Dilahn weg und rettete sich selbst mit einem Sprung in die
andere Richtung. Gerade rechtzeitig, denn die Krallen eines Drachen schlugen
auf den Boden, auf dem sie zuvor standen. Die Erde riss auf. Steine kamen
an den Seiten hoch und wurden durch die Luft geschleudert. Sofort machte
sich der Drache über Dilahn her. Der alte Mann würde nicht sehr
lange aushalten. Marlin wusste das und ohne lange nachzudenken rannte er
los. Neben den Drachen, das Schwert in den Händen. Ein Tritt. Der
Drache hatte ihn schon bemerkt. Der Hinterlauf traf Marlin in den Magen
und er wurde von der Wucht des Trittes zurück den Hügel runtergeschleudert.
Nur langsam konnte er wieder aufstehen. Es zog in der Brust und im Bauch.
Ein Elf griff ihn von rechts an. Marlin schrie auf. Er wirbelte herum,
schlug mit dem Schwert die Klinge des Elfen in zwei Teile und schlitzte
ihm mit demselben Schlag die Brust auf. Marlin rannte wieder den Berg hoch.
Er sprang auf den Rücken des Tieres, entdeckte den Reiter und schlug
ihn beiseite. Das Schwert war positioniert und Marlin schlug es mit Wucht
senkrecht in den Schädel des Drachen. Das Tier brüllte auf und
schleuderte seinen Kopf wild hin und her. Marlin konnte sich nur schwer
oben halten. Doch dann donnerte der mächtige Schädel auf den
Boden. Marlin zog seine Waffe wieder raus und rannte rüber zu Dilahn,
der reglos auf dem Boden lag.
Cecil, Seth und Tala hatten sich an Nirgar
und seine Leute gehängt. Zusammen bildeten sie eine Linie, die sich
durch das Feld bewegte. Nebeneinander rannten sie einen Hügel hoch,
schlugen alle Feinde zu Boden, die ihnen entgegen kamen, und erreichten
die Spitze. Ein Schlag und alle fielen zurück. Auf dem Hügel
stand Netanor. Der Paladin blickte auf die Krieger herab. Zwei von Nirgars
Leuten waren gestorben. Tala war dem Schlag ausgewichen und griff nun an.
Der Paladin war schneller. Mit der bloßen Hand wehrte er den Schlag
ab und warf das Mädchen zu Boden. Er hob seine Klinge.
Marlin war wie im Blutrausch. Mit beiden Klingen
bewaffnet stürzte er sich auf die Gegner.
Nirgar und Cecil wurden von der Wucht der Schläge des Paladin immer wieder weggestoßen. Diesmal reichte ein Hieb und beide fielen rückwärts ins Gras. Netanor ahnte den nächsten Zug schon im Voraus. So drehte er sich um und sah rechtzeitig beide Klingen, die von oben gleichzeitig auf ihn zukamen. Er machte einen Sprung nach hinten und die Schwerter schnitten in den Boden. Doch Melda war schon da. Er rannte an Marlin vorbei und schlug zu. Ein Schlag des Paladin in seine Richtung brachte ihn aus dem Gleichgewicht und er stürzte zu Boden. Sofort kam Seth von rechts und seine Klinge verfehlte nur um ein Haar Netanors Kopf. Der Paladin schlug nach, doch auch er traf nicht. Die Sekunde der Abwesenheit hätte er fast bereut, denn Marlin war schon wieder auf den Beinen und seine Schläge konnten nur in letzter Sekunde abgewehrt werden. Er drehte sich aus dem letzten Schlag heraus und machte aus der Drehung raus sofort den nächsten Angriff mit der zweiten Klinge. Sie schlug ins Leere und ehe Marlin etwas anderes versuchen konnte, rammte ihm der Paladin das Knie in den Magen und er wurde wieder zurückgeschleudert. Melda und Seth griffen nun gemeinsam an. Einer rechts, einer links. Netanor drehte sich und zog das Schwert hinter sich her. Seth fiel. Melda wurde von der Klinge am Arm verletzt. Blut spritzte hervor und die Schmerzen ließen ihn aufschreien. Der Paladin richtete seine Klinge auf, um die am Boden liegenden zu richten. In diesem Moment sprang Nirgar vor. Er schmiss sich gegen den mächtigen Oberkörper und Netanor stürzte. Cecil sprang über ihn und ließ sein Schwert nach unten schnellen, doch wieder trafen sich die Klingen und Cecil wurde weggeschleudert. Alle richteten sich wieder auf. Cecil, Marlin, Nirgar, Seth und Melda. Sie standen einem übermächtigen Gegner gegenüber. Die Schlacht um sie herum war ruhiger geworden.
Die einst so starken Heere waren auf wenige 100 Mann geschrumpft, die immer
noch bis auf den Tod gegeneinander kämpften. Doch schnell waren die
letzten Elfen besiegt. Die überlebenden Murahn näherten sich
nun dem Hügel, auf dem der Paladin sich immer noch gegen die fünf
Kämpfer zur Wehr setzte. Die ersten Murahn rannten hoch, um ihren
Gefährten zu helfen. Zwei waren mit dem ersten Schlag tot. Der Rest
blieb zurück. Netanor sah sich um. Der Hügel war umstellt, unten
lauerten die Murahn und noch ein paar Mann aus der Garde der Menschen.
Direkt bei ihm waren die anderen. Marlin hatte die Schwerter im Anschlag
und war zum Kampf bereit. Auf der anderen Seite hatten sich Nirgar und
Seth schützend vor Melda gestellt, der auf dem Boden kauerte. Er hatte
schon viel Blut verloren und war sehr schwach. Cecil kümmerte sich
um ihn.
Was wird das? Marlin war verwirrt. Hatte der
etwa was vor? Plötzlich hörte er Flügel schlagen. Er sah
nach oben und bemerkte gerade noch den Drachen, der auf ihn herab stürzte.
Er sprang nach hinten den Hügel hinunter. Der Drache landete vor ihm,
und stieß ihn mit einem Flügel weg. Netanor sprang auf das schwarze
Ungetüm auf und es stieg mit kräftigen Flügelschlägen
wieder in die Höhe. Die anderen waren auch vom Hügel geflohen.
Nur Cecil und Seth waren dort stehen geblieben, um im Notfall Tala zu schützen,
die nicht rechtzeitig wieder aufstehen konnte. Der Paladin war weg. Die
Schlacht war gewonnen.
Der Angriff riss ihn aus seinen Gedanken. Sie
kamen von oben. Die Drachen trieben die Überlebenden auseinander.
Die Bogenschützen schossen sofort. Und ein paar Viecher erwischten
sie auch, doch die Zeit des Nachladens wurde ihnen zum Verhängnis.
Die, die es noch schafften, flüchteten zu den Enden des Tals und versteckten
sich hinter Felsen. Cecil nahm Tala und trug sie in Sicherheit. Dann drehte
er sich um und sah Seth auf die Felsspalte zu rennen, in die Tala und er
geflüchtet waren. Ein Ruf. Seth schmiss sich auf den Boden und der
Drache fegte über ihn hinweg. Dann drehte sich Seth um und sah Melda,
der um Hilfe schrie. Nirgar war bei ihm, doch der war in einen Kampf verwickelt.
Seth rannte zu ihm rüber und half ihm auf. Als er sich umsah waren
sie umstellt von Drachen. Alles schien vorbei, doch mit einem Mal erklang
ein Ruf, der sich wie der eines Hornes anhörte. Die Drachen brüllten
und erhoben sich wieder. Ein paar Minuten später waren sie nicht mehr
in Sicht. Die Soldaten kamen wieder aus ihren Verstecken. Tala konnte auch
wieder laufen, zwar taumelte sie noch etwas, aber es ging. Sie stolperte
und fiel, doch wurde sie aufgefangen. Sie sah auf und nahm ihren Freund
in den Arm.
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Die Letzten einer Art |
Marlin sah sich um. Wo hatte man ihn hier hin gebracht? Der Boden schwanke. Gitter versperrten seinen Weg. Er war in einen Käfig eingesperrt. Unter ihm war es dunkel. Er spuckte runter. Kein Aufschlag. Entweder hatte er ihn überhört, oder es war so hoch, dass er hier oben nichts hören konnte. Er lehnte sich an eine der Stangen und dachte nach. Die Drachen, die das Tal angegriffen hatten, haben ihn hier her gebracht. Wahrscheinlich auf Befehl von Tarohn. Aber das hieße ja.... Tarohn musste auch hier irgendwo sein. Das brachte Marlin aus der Ruhe. Plötzlich hörte er ein Knattern. Der Käfig wurde hochgezogen. Licht fiel auf Marlin herab. Über ihm öffnete man eine große Luke und als der Käfig oben war, fand Marlin sich in einem kreisrunden Raum wieder. Er hatte keine Decke. Die Wände führten weit in die Höhe und von oben schien die Sonne in den Raum. Bewaffnete Dunkelelfen standen um den Käfig. Zwei kamen zu ihm und schlossen die Tür auf. "Komm mit." Marlin hatte keine Waffe. Er überlegte einen Weg, sich eine Waffe von den Wachen zu besorgen. Er bräuchte nur eine von ihnen zu überrumpeln. Mit dem Schwert der Wache währe es dann ein Leichtes, den Rest zu töten. Er stieg aus der Tür, sah sich um und wartete auf eine Gelegenheit, um an ein Schwert zu kommen. Die Gelegenheit bot sich schnell, doch nun änderte sich Marlins Denken. Sie würden ihn sicher zu Tarohn führen. Vielleicht könnte er dann endlich erfahren, was hier geschieht. In Ordnung. Ohne Probleme zu machen, ließ er seine Arme fesseln und ging mit. Die Wachen führten ihn durch breite Gänge und hohe Säle. Der Komplex schien riesig zu sein, wirkte an manchen Stellen aber unvollendet. Es sah aus, als hätte man alle Räume und Gänge in einen Berg gehauen. Man erkannte keine Fugen oder Ähnliches, was darauf hinwies, dass hier Stein auf Stein gesetzt worden war. Die graue Farbe der Wände wirkte wie das Grau der Felsen von Garath. Die Hallen waren mit Statuen und Verzierungen geschmückt, die direkt aus den Wänden gemeißelt waren. Hier waren sicher Zwerge am Werk gewesen. Der Weg führte aus den ewigen Räumen ins Freie. Marlin sah schon von weitem das helle Licht, das in den Gang schien. Bis jetzt war das Sonnenlicht immer nur von oben durch kleine Öffnungen eingefallen. Marlin und die Wachen traten ins Freie. Ein komischer Gestank lag hier in der Luft und als Marlin sich umsah, wusste er auch warum. Der Weg führte nun über eine Brücke, darunter waren Leichen aufgeschichtet. An den Seiten waren sie zu Haufen aufgeschichtet, die die Höhe der Brücke noch übertrafen. In keiner der Leichen war Blut. Es waren nur leere Körper, die tot dalagen. In Massen. Marlin sah auf den Boden. Er konnte das Leid nicht mit ansehen. Den Wachen ging es scheinbar genau so. Wer waren diese Toten? Vielleicht die Leute, die in Garath verschwunden waren. Marlin blickte auf. Es waren auf jeden Fall Zivilisten. Keiner trug eine Uniform. In einer Schlacht gefallen waren sie also nicht. Ein großer Dunkelelf kam auf sie zu. "Was macht ihr mit dem Gefangenen?" "Wir haben Befehl erhalten, ihn zu Kommandant Lester zu bringen." "Lester ist gar nicht hier." Die Stimme des Elfen wurde wütender. "Außerdem hat der hier gar keine Befehlsgewalt. Bringt gefälligst diesen Kerl zurück in die Zelle. Er bleibt da bis Meister Tarohn wieder da ist." Der Elf drehte sich um und ging ein Paar Schritte. Dann schrie er auf und fiel in die Knie. Wenn Tarohn nicht da war, dann hatte es auch gar keinen Sinn, sich von den Wachen durch die Gegend führen zu lassen. Marlin hatte unbemerkt die Fesseln gelöst und in einem günstigen Augenblick einer Wache das Schwert weggenommen. Mit diesem hatte er dann beide Soldaten und schließlich den großen Dunkelelf erschlagen. Hinter ihm kamen plötzlich noch mehr Wachen über die Brücke gerannt. Er wollte sich erst dem Kampf stellen, doch dann sah er die Bogenschützen am anderen Ende. Er stürmte weiter über die Brücke und durch ein großes offen stehendes Tor. Mit etwas Mühe konnte er es gerade noch rechtzeitig schließen. Er lehnte sich dagegen und lauschte mit den Schlägen, die gegen das massive Holz prallten. Sie würden da nie durchkommen, aber wie sollte es weiter gehen? "Allein wirst du sie nicht besiegen." Marlin erschrak und drehte sich schnell um. "Lass mich frei und ich kann dir helfen." Erstaunt fiel Marlin gegen die Tür und vor Angst streckte er das Schwert zu der im Halbdunkel des Raumes verdeckten Gestalt aus. War das möglich? Langsam ging Marlin zu ihm rüber. Er brauchte
keine Angst zu haben. Die Ketten schienen stark und gut zu sein.
"Kommandant. Die Tür ist zu stabil. Wir
kommen nicht durch."
"Er ist nicht dabei."
Die Sonne versank hinter den Hügeln. Der
Drache war gelandet und Marlin setzte sich neben ihn ins Gras. Sie sahen
geradeaus in den Sonnenuntergang. Der Drache hatte Marlin getragen und
ihm nichts getan. Doch jetzt war es Zeit für Antworten.
© V.Geist
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