Der
König der Drachen |
- 24 -
Zum töten geboren |
Ein Knall. Flammen schossen über das Schlachtfeld. Der Rumpf eines der größeren Schiffe prallte auf den Boden. Brennende Trümmer flogen durch die Gegend und begruben Kämpfer beider Seiten unter sich. Das Kriegsschiff war den Drachenrittern zum Opfer gefallen, die immer noch am Himmel umherzogen. Marlin rannte durch die Menge. Er musste Nirgar finden und ihn warnen. Sie hatten zu wenig Männer, um dieser Bedrohung stand zu halten. Aus den Bergen kamen immer noch Dunkelelfen. So viele konnte es doch gar nicht geben. Lester sah das Schlachtgeschehen. Er stand auf einem Felsen im Gebirge und blickte auf das Feld herab. So viele sinnlose Tote. Wo war er? Wo war Lesters Vater? Die Energie war deutlich zu spüren, doch konnte er ihn nicht sehen. Lesters Umhang flatterte im Wind. Er sah ihn. Ein Sprung nach vorne. Sicher landete Lester auf den Füßen. Er hatte Netanor genau im Blick. Noch wusste er nicht, was er tun sollte, aber er war sich sicher, was auch immer er tun würde, es würde auf einen Kampf herauslaufen. Plötzlich ein weiterer Knall. Das Schiff prallte gegen den Berg. Die Trümmer fielen auf Lester herunter, der sich mit einem Satz nach hinten retten konnte. Er richtete sich wieder auf und sah sich hektisch um. Sein Vater. Er hatte ihn aus dem Blickfeld verloren. Marlin lief mit einer Hand voll Elfenkrieger übers Feld. Sie kämpften sich den Weg zu Nirgars Position frei. Die Dunkelelfen, die ihnen in den Weg kamen, wurden gnadenlos niedergeschlagen. Nirgar stand allein. Er kämpfe wie wild um sein Leben. Sein Schwert wirbelte herum, schlug einem Feind den Kopf ab und nahm dann seinen Weg in die Brust eines anderen. Nirgar zog es heraus, ließ es weiter gleiten und erwischte einen Soldaten, der hinter ihm angerannt kam und gerade zum Schlag ausholen wollte. Er fiel schreiend zu Boden und starb. Nirgars Klinge schleuderte herum und in letzter Sekunde konnte der Elf den Angriff stoppen. Das Schwert kam nur Millimeter vor Marlins Kehle zum stehen. Einen kurzen Moment standen die beiden da und sahen sich in die Augen. Dann gingen sie auseinander und kämpften Seite an Seite weiter. Den Rückzug konnten sie jetzt eh vergessen. Zu viele Dunkelelfen, die ihnen den Weg versperrten. Die Feinde um Marlin und Nirgar herum wichen plötzlich zur Seite, als hätten sie Angst vor ihnen. Marlin sah zum Gebirge rüber und da sah er ihn. Netanor. Die silberne Rüstung schimmerte im Morgenlicht. Der schwarze Umhang wehte im Wind. Der Paladin kam auf Nirgar und Marlin zu. Die goldenen Augen sannen nach Rache. Diesmal sollte es nicht so schnell vorbei sein. Cecil und Tala hatten Marlin entdeckt. Und ihnen war auch klar, was er vorhatte. Sie rannten auf ihn zu. Alleine hätten er und Nirgar keine Chance gegen dieses Monster. Tala war klar, dass sie auch zu viert nocht zu schwach waren. Aber was sollten sie tun? Ein Drache. Er stellte sich ihnen in den Weg. Tala und Cecil schraken zurück. Plötzlich wurde der Drache angegriffen. Seine mächtige Kehle platzte auf. Blut quoll hervor. Gartala hatte ihn von der Seite gerammt und ihm den Hals aufgerissen. Der Drache stand da und sah kurz zu den beiden rüber. Sie nickten ihm zu und liefen weiter. Marlin war nicht mehr weit entfernt. Der Paladin kam weiter in ihre Richtung. Langsam,
Schritt für Schritt. Marlin und Nirgar gingen ebenfalls langsam auf
ihn zu. Es war, als würden sie das Geschehen um sich herum einfach
ignorieren. Nur noch wenige Meter trennten sie voneinander. Dann ein Aufschrei.
Marlin packte mit beiden Händen seine Klinge und holte weit aus. Der
Schlag wurde abgewehrt. Marlin fiel nach hinten. Nirgar griff sofort an.
Fast zeitgleich. Doch auch er wurde weggeschleudert. Nirgar sah ihm nach.
Und im selben Moment drehte er sich halb und ließ seine Klinge herum
wirbeln. Tala und Cecil konnten den Schlag in letzter Sekunde abwehren.
Tala fiel, doch Cecil stand immer noch aufrecht. Er holte erneut zum Schlag
aus und schlug auf Netanors Schulterpanzer. Es war nur eine kleine Schramme,
aber wenigstens hatte er ihn getroffen. Sofort kam die Reaktion. Netanor
drehte seinen Körper und schlug mit aller Wucht zu. Cecils Klinge
zerbrach und der Kämpfer wurde weit durch die Luft geworfen. Netanor
erhob sein Schwert. Er war im Begriff, es auf Tala herab schnellen zu lassen,
da rief ihn eine Stimme.
"Wieso stellst du dich gegen mich?"
Gartala setzte auf. Marlin sprang von seinem
Rücken ab und trug Cecil durch die Halle des Landungsdecks. Soldaten
kamen ihnen entgegen.
"Wieso siehst du nicht wie Tarohn dich und
all die anderen Dunkelelfen ausnutzt. Diese Kultur wird an seinen Zielen
zerbrechen. Wir müssen das verhindern."
Marlin bemerkte die Veränderung auch.
Die Wand. Er hörte auf zu kämpfen und der Drachenreiter blickte
ebenfalls zum Gebirge.
Sie brach ein. Die Felsen stürzten auf
das Schlachtfeld. Soldaten liefen um ihr Leben. Viele von ihnen kamen nicht
schnell genug weg. Eine riesige Wolke aus Staub wirbelte auf. Und aus ihr
trat er. Größer, als man ihn je gesehen hatte. Beängstigender
als je zuvor. Marlin erstarrte. Dieser Irre hat es wirklich getan. Daran
betrat das Feld. Die Wolke um ihn herum legte sich. Kurz stand er da. Aufrecht
auf den Hinterläufen und blickte sich um. Das Schwert Garlins. Er
hielt es in der rechten Hand. Jahrelang wurde es extra für diesen
Augenblick geschmiedet. Eine rasiermesserscharfe, dreißig Meter lange
Klinge. Mit ihr konnte man ganze Festungen einreißen. Daran trat
einen Schritt vor. Tarohn war da. Er stand auf Darans mächtiger Schulter
und blickte herab. Daran würde auf alles hören, was der Dunkelelf
ihm befahl. Und das war die größte Gefahr, die Marlin sich vorstellen
konnte.
Daran brüllte und hob die Klinge hoch
in den Himmel. Jetzt war niemand mehr starr vor Angst. Alle rannten sie.
Egal für welche Seite sie kämpften. Die Klinge schnellte herab.
Der Boden riss auf. Felsen wurden durch die Luft geschleudert. Die Erschütterung
ließ tausende Kämpfer zu Boden gehen. Bevor sie wieder aufstehen
konnten starben sie, denn Daran schlug wieder zu, und die, die am Boden
lagen, wirbelten hoch durch die Luft oder wurden von Felsbrocken erschlagen.
Auch Netanor und Lester rannten. Netanor war verwirrt. Tarohn musste doch
klar sein, wen er hier opferte. Tausende seiner eigenen Leute waren noch
da. Sollte er sich wirklich in ihm geirrt haben? Er blieb stehen und nahm
seinen Helm ab. Lester stoppte auch.
Die Landungsschiffe hoben ab. Nur wenige Soldaten
schafften es. Auch die Dunkelelfen rannten in die Schiffe ihrer Feinde.
Keiner hinderte sie. Hauptsache wegkommen.
Gartala und Marlin flogen dicht über dem
Boden. Fast alle Landungsschiffe waren schon auf dem Weg. Die letzten setzten
gerade ab. Marlin sah sich hektisch um. Alle die nicht entkommen waren,
waren entweder tot oder schwer verwundet. Einer humpelte noch übers
Feld. Marlin zeigte auf ihn. Gartala ging tiefer. Er packte die Gestalt
und nahm sie mit. Der Weg in die Sicherheit war nicht mehr weit. Auch die
übrigen Schiffe entfernten sich wieder über die Grenze. Vorne
weg die Basilisk. Sie hatte es geschafft. Daran tobte immer noch. Marlin
hoffte, dass er ihnen nicht folgen würde. Er würde die ganze
Flotte zerstören. Ein anderer Drache. Marlin sah neben sich. Da flog
dieser Paladin. Lester. Wetanir trug ihn. Auch sie hatten es geschafft.
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- 25 -
Sein letzter Kampf |
Netanor ging zwischen den Trümmern entlang. Nicht einmal verlor er den Drachen aus den Augen. Durch nichts ließ er sich beeindrucken. Daran entdeckte ihn. Das Schwert zischte durch die Luft. Einen Zentimeter vor Netanors Gesicht stoppte die gewaltige Klinge. Der Paladin stand da. Er hatte sich nicht bewegt. Er hatte nicht mal mit der Wimper gezuckt, als das Schwert auf ihn zukam. Tarohn war immer noch da. Er hatte Daran befohlen zu stoppen. "Ah, Netanor mein bester." Der Dunkelelf lachte. Er war besessen. Netanor sah das jetzt ein. "Komm", fuhr Tarohn fort. "Komm und hilf mir. Wir machen die alle fertig. Die alle, die da in den Schiffen fliehen." Netanor hatte sich nicht gerührt. Er blickte noch immer starr zu Tarohn herauf, der immer noch lachend die Umgebung betrachtete. Langsam nahm er seine Klinge hervor. Er richtete sie aus und schlug zu. Darans Schwert, das bis dahin noch über seinem Kopf geschwebt hatte, wurde nach hinten gestoßen. Die Macht Netanors war enorm. Der Drache Daran war das einzige Wesen auf dieser Welt, das dem Paladin etwas anhaben könnte. Er hatte keine Chance zu gewinnen. Aber das war nun egal. Überrascht blickte Tarohn auf die Gestalt hinunter, die versuchte mit dem Schwert eines Menschen gegen die Klinge eines Drachen zu kämpfen. Die Gestalt, die es wagte, den Drache zum Kampf heraus zu fordern. Wie ein Käfer, der gegen einen Bullen kämpft. Das brachte ein Lächeln auf Tarohns Lippen. Dann wurde er laut. "Netanor!!! Du wagst es, mich zu verraten?" "Wieso das alles? Du hast unsere Leute getötet. Die, die bereit waren, für dich zu sterben." "Sie sind für mich gestorben, Netanor. Es war ein Test. Ich musste Darans wahre Kraft entfesseln. Jetzt kenne ich ihr Ausmaß. Und du auch." Netanor sprang zur Seite. Gerade rechtzeitig,
denn Darans Klinge rammte in den Boden. Netanor sah zurück. Die Klinge
kam wieder auf ihn zu. Im letzten Moment wehrte er den Schlag ab. Er versuchte
es. Die Klingen trafen aufeinander, die Wucht des Schlages schleuderte
Netanor weit durch die Luft, bis schließlich ein Felsen den Flug
des Paladin stoppte. Er zerbrach und Staub legte sich über Netanors
Körper. Tarohn lachte auf.
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Ein starker Verbündeter |
Der Sonnenuntergang tauchte die Umgebung mit ihren Bergen und Hügeln in ein tiefes Rot. Stille. Man hörte fast nichts. Nur das leise Geräusch des Windes, auf dem die Körper der beiden Drachen langsam dahin glitten, war deutlich zu vernehmen. Lester blickte schweigend in die untergehende Sonne. Er sah traurig aus. Als Marlin ihn das erste Mal auf dem Schlachtfeld gesehen hatte, hatte er ihn sofort gehasst. Doch nun sah er, was dieser fremde Mann für ihn und seine Freunde getan hatte. Er hatte sie gerettet. Und nun war sogar Netanor auf die Seite der Guten gewechselt. Auch wenn er mittlerweile schon längst tot sein sollte. Die Drachen gingen tiefer. Sie flogen nun im schützenden Schatten eines großen Gebirges. Das Land der Zwerge war voll davon. Es galt nun, wieder zur Flotte zurück zu finden. Die Basilisk konnte nicht mehr weit sein. Es gab einen verabredeten Treffpunkt. Marlin orientierte sich an den Felsen und Bergen. Lester folgte ihm einfach. Schon seit der Schlacht flog er nur neben ihm und hatte nichts gesagt. Kein Wort. Was mochte er wohl denken? Die Basilisk. Sie schwebte hoch über dem
Boden in einem Tal. Umgeben von schützenden Bergen. Unter ihr erhellten
Fackeln die Gegend. Von hier oben waren sie nur sehr schwer zu erkennen.
Ein Lager. Einige Soldaten hatten das Schiff verlassen, um etwas frische
Luft zu schnappen. Sie hatten es sich verdient. Die Drachen setzten auf
dem Boden des Landungsdecks auf. Die Wachen waren erst verwirrt, wollten
Alarm schlagen, doch als sie Marlins Gesicht erkannten, verstanden sie.
Marlin winkte einen von ihnen zu sich rüber und fragte nach Nirgar.
Lester sah sich um. Er war schon oft auf Schiffen gewesen, aber noch
nie auf so einem riesigen. In der Landungsbucht hatte gut ein großes
Schiff der Dunkelelfen Platz. Doch auch die Bewunderung für dieses
Meisterwerk der Elfen riss ihn nur kurz aus seinen Gedanken. Er dachte
immer noch an seinen Vater. Er hatte den Kampf gegen Daran nicht überleben
können. Er hat sich geopfert. Es war gut so. Lester dachte immer wieder
an die Tage, in denen er noch ein kleiner Junge gewesen war. Netanor hatte
ihn kämpfen gelehrt. Er war immer streng gewesen, aber nie ein schlechter
Vater. Er hatte Lester immer ein Gefühl der Geborgenheit gegeben,
wenn er da war. Wie hatte er sich verändert, als Tarohn stark wurde?
Er war zu einem Tyrann geworden. Marlin kam auf ihn zu.
Der Rumpf der Basilisk war flugfähig,
dennoch stark beschädigt. Überall kletterten Arbeiter an den
Außenwänden entlang, und reparierten alles so gut sie konnten.
Die größeren Schäden waren so jedoch kaum zu beheben. Das
Schiff musste zurück in die Werft von Orpathia, wo man es gebaut hatte.
Marlin flog unter dem Schiff entlang und sah sich die beschädigten
Stellen an. Ein Wunder, dass dieses Schiff noch fliegt. Er sah hinunter.
Unten erkannte er die Fackeln des Lagers. Nirgar musste dort irgendwo sein.
Gartala glitt langsam tiefer, er landete etwas außerhalb. Marlin
stieg ab. Lester war auch gekommen. Kaum hatten sie das erste Zelt erreicht,
da kam ihnen eine Wache entgegen. Ein Mensch. Er grüßte Marlin
freundlich.
Der Baum stand in der Mitte der großen
Lichtung. Das Lager war um ihn herum aufgestellt worden. Tala und Nirgar
saßen am Feuer und unterhielten sich leise. Andere Soldaten saßen
auch um das Lagerfeuer. Sie sprachen über die Schlacht und darüber,
wie sie gekämpft hatten. Es war unter Kriegern üblich, mit seinen
Kämpfen zu prahlen, aber diesmal gab niemand an. Die Schlacht war
grausam gewesen. Grausamer als jede andere. Zehntausend waren sie gewesen.
Übrig geblieben sind vielleicht gerade mal dreitausend. Wenn nicht
noch weniger. Die Dunkelelfen saßen in großen stählernen
Käfigen, die an Transporter befestigt waren. Es ging ihnen gut. Man
hatte sie nicht gefoltert oder sonst irgendwas mit ihnen angestellt. Sie
sahen ziemlich verwirrt. Der eigene Anführer hatte sich gegen sie
gestellt. Was sollten sie davon halten? Viele waren bereit, die Seiten
zu wechseln. Auch wenn Dunkelelfen immer zu ihrem Führer hielten,
Tarohn war zu weit gegangen. Als Marlin an den Gittern vorbei ging, sahen
ein paar zu ihm rüber. Sofort senkten sie den Blick wieder auf den
Boden. Wie gedemütigte Kinder. Sie waren Dunkelelfen, die ihren Stolz
verloren hatten. Die nicht wussten, wie es weiter gehen sollte. Ohne Anführer
hatten sie die Orientierung verloren. Marlin sah zu dem Feuer rüber.
Er hatte Nirgar und Tala entdeckt. Als sie ihn sahen, lächelten sie
und Tala rannte zu ihm rüber.
© V.Geist
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