Wolken zogen auf und verdunkelten die Sonne.
Drachenreiter stürzten sich vom Himmel auf ihr Ziel. Der Boden bebte
und der Felsen, auf dem die Stadt errichtet war, schien zerbrechen zu wollen.
Die Hölle brach in der heiligen Stadt der Elfen aus.
Mitten in diesem Trubel stand Marlin nun endlich
seinem Erzfeind gegenüber. Seine Chancen zu siegen waren gleich Null,
doch Hass trieb ihn an. Er war ein Mann, der nichts zu verlieren hatte,
und die Flamme in ihm war heißer als jedes Feuer, das zu dieser Stunde
in der Stadt brannte. Er war zu allem bereit und mit dem Drachen sah er
gleichermaßen auch seinem Tod direkt in die Augen.
Er stürmte los. Daran, das vielleicht
größte und mächtigste Tier, das je auf dieser Welt gelebt
hatte, stürzte sich ohne Vorwarnung in den Kampf und der Boden bebte
unter seinen weiten Schritten. Nur drei mal mussten seine Läufe die
Erde berühren und schon war er fast bei Marlin, der einen gewaltigen
Schrei ausstieß und mit dem Schwert zum Streich ausholte. Die mächtigen
Kiefer des Drachen waren gerade dabei, über Marlin zusammenzuschnappen
und ihn mitsamt dem Boden auf dem er stand zu zerreißen, da zuckte
ein blendender Lichtstrahl auf, begleitet von einem lauten Knall und einer
Erschütterung, die Marlin von den Beinen riss. Als er am Boden lag
und aufsah, wollte er seinen Augen nicht trauen. Eine Säule aus purem
Licht erstreckte sich aus dem Haus, in dem sie Shyla zurück gelassen
hatten und der Drache versuchte vergeblich dagegen anzukämpfen. Das
Gebäude war nun nicht mehr als eine Ruine. Nur die Grundmauern standen
noch und dahinter schwebte Shylas Körper, der immer weiter in die
Höhe glitt. Marlin wollte aufstehen und zu ihr hinüber rennen,
doch Gartala und Parta landeten vor ihm.
"Nicht Marlin! Dies ist nicht dein Kampf.
Wir kämpfen hier."
Der Mensch wollte etwas erwidern, doch Gartala
schnitt ihm sofort das Wort ab.
"Du musst mit jemand anderem Kämpfen.
Denke an den, der diese Bestie erschuf. Er ist dein Gegner!"
Marlin riss die Augen auf.
"Tarohn! Wo ist er?"
"Laufe zum Tempel hoch! Dort wirst du ihn
finden."
Lester und Cecil kamen zurück gerannt.
Sie hatten die Szene von weitem beobachtet. Noch bevor sie ihren Gefährten
erreichten hatten sich die beiden Drachen wieder in die Luft erhoben und
flogen zu Shyla, wo sich nun weitere Drachen ihres Stammes einfanden, um
sie zu unterstützen.
"Was ist passiert?" fragte Cecil voller Überraschung
und Verwunderung.
"Ich erkläre es später. Wir müssen
zum Palast. Los!"
"Was ist das?"
Nirgar drehte sich um und sah in die Richtung,
in die Tala deutete. Kriegsschiffe flogen auf die Stadt zu. Riesige Kolosse.
"Noch mehr Dunkelelfen?"
Nein, Nirgars scharfe Elfenaugen erkannten
sie sofort.
"Es sind die Murahn des heiligen Tempels."
Dann lächelte er und Hoffnung war in
seinen Zügen zu erkennen.
"Und Schiffe der Allianz. Menschen und Zwerge.
Kriegsschiffe. Eine ganze Armada. Wie konnten sie so schnell hier sein?"
Landungsschiffe starteten und hielten in hohem
Tempo auf die Stadt zu, während die Kriegsschiffe an Höhe gewannen
und über die Dächer der Stadt empor stiegen. Sie hielten auf
die Schiffe der Dunkelelfen zu. Drachenreiter wollten sich auf sie stürzen,
doch die Drachen der Menschen waren stark und so kam es weit über
Stadt zu erbitterten Kämpfen.
Marlin und seine Gefährten sahen in den
Himmel. Überrascht von der alliierten Streitmacht und voller neuer
Hoffnung blieben sie kurz verwundert stehen.
Erst das dröhnende Geräusch der
Motoren eines Gleiters, der knapp über ihren Köpfen vorbei preschte,
riss sie aus ihren Gedanken. Das Gefährt flog mit hoher Geschwindigkeit
in Richtung Palast. Marlin spürte wieder die Wut in ihm. War er das
gewesen? Tarohn?
Sie liefen weiter und als sie um eine Ecke
bogen prallten sie um ein Haar mit Tala und Nirgar zusammen. Tala fiel
Marlin sofort um den Hals.
"Da seid ihr ja endlich. Wir haben euch überall
gesucht.
Sie rannten in Richtung des Palastes. Als sie
ankamen erklommen sie die Stufen, die zur Plattform davor herauf führten
und dort bot sich ihnen ein Bild des Schreckens. Leichen lagen überall
verstreut und Blut tränkte den ganzen Platz. Marlin sah sich um und
sofort bemerkte er die Gestalt, die auf der Obersten Stufe zum Palasttor
stand. Tarohn. Dort stand er, sein Erzfeind. Doch noch eine weitere Gestalt
zog seine Aufmerksamkeit auf sich. Ein in Schwarz gekleideter Mann, der
die Stufen zum Palast gerade empor stieg. Er war es, der mit dem Gleiter
über ihnen vorbei geflogen war. Das Gefährt stand ebenfalls auf
dem kleinen Platz. Die Kapuze des hoch gewachsenen Mannes wehte zurück,
als Tarohn scheinbar einen Windzauber beschwor und ein Kopf wurde sichtbar,
mit dem niemand mehr gerechnet hätte.
"Netanor!!", kam es Marlin leise über
die Lippen.
"Vater!", hörte er Lester leise von rechts
sagen.
Mit einer Handbewegung, als wollte er eine
Fliege verscheuchen, warf Tarohn Netanor den Zauber entgegen, doch dieser
hielt den Gewalten stand, die die Windmagie auf ihn ausübte. Der Zorn
eines Paladin war halt nicht so leicht zu brechen. Unter seiner langen
weiten Kutte holte dieser seine Klinge hervor und damit forderte er Tarohn
zum ultimativen Kampf.
Marlin und Lester hatten sich sofort an Netanors
Seite gestellt.
Tarohn lachte sie nur aus. Und als er schließlich
sah, dass Marlins andere Gefährten ihm auch zu Hilfe kommen wollten,
riss er lachend eine Hand in die Höhe und rief so ein halbes dutzend
roter Drachen, die sich auf sie stürzten.
"Das sollte euch beschäftigen, ihr Narren!
Ich will diesen Kampf genießen!!!"
Diese Worte und ein wahnsinniges Lachen auf
den Lippen leiteten Tarohns Angriff ein!
Er schnellte vor und strich mit der Klinge
einmal von rechts nach links. Die mächtige Luftmagie, die er dabei
in seine Waffe lenkte, entlud sich und alle drei wurden nach hinten geschleudert,
doch niemand fiel. Alle kamen wieder auf den Füßen zum stehen
und so konnte Netanor dem ersten Schlag von Tarohn ausweichen, der so weiter
geführt wurde zu Lester. Doch dieser parierte erfolgreich. Der nächste
Schlag folgte, und beim Versuch, diesen ebenfalls zu parieren, verlor Lester
das Gleichgewicht und Tarohn stieß ihn um. Der Paladin fiel zu Boden
und die Klinge Tarohns drohte ihn zu durchbohren. Doch Netanor, sein Vater,
war schon da und stieß ihren nun gemeinsamen Widersacher zur Seite.
Als dieser hasserfüllt auf die beiden sah, bemerkte er gerade noch
rechtzeitig die Attacke von der Seite.
Er wich aus und Marlins Klinge rammte den
Boden.
"Ihr seid so lächerlich, merkt ihr das
nicht?"
Der Spott Tarohns traf Marlin wenig, doch
trotzdem war er hasserfüllt und pure Wut lenkte nun seine Klinge.
Schnelle Bewegungen und heftige Hiebe waren
die Antwort auf Tarohns scharfe Zunge und so schaffte es Marlin, den Dunkelelfen
zurück zu drängen von den Paladinen, die sich gerade wieder aufrichteten.
Doch in Tarohns Gesicht war keine einzige Perle des Schweißes zu
sehen und Marlin war des Kampfes müde. Auch wenn dieser Kampf noch
jung war, so hatte er schon vor dem Kampf mit Tarohn viel Blut vergossen
und die Anstrengungen waren ihm und Lester deutlich an zu sehen. Ein leises
"Versager!!" kam aus Tarohns Mund und dieser baute schnell eine Magie um
sich herum auf. Das merkte selbst Marlin, der nichts von diesen Dingen
verstand.
"Spürt nun meine Macht!!"
"Nein!!!", hörte Marlin Netanor hinter
sich schreien.
"Marlin, lass das nicht zu!"
Netanor schien zu wissen, was der Dunkelelfenfürst
im Schilde führte. Und es schien wirklich eine mächtige Magie
zu sein, die er da aufbaute. Tarohn schwebte die Treppen empor und streckte
beide Arme weit aus, als könne ihm niemand etwas anhaben.
Marlin tat das, was ihm in Situation am ehesten
in den Sinn kam. Er packte sein Schwert am Knauf und schleuderte es in
Tarohns Richtung. Es traf. Der kalte Stahl durchbohrte die Brust des Dunkelelfen
und dieser sackte zu Boden. Blut sprudelte hervor und als die drei Kämpfer
die Stufen empor stiegen brachte Tarohn nur noch einen einzigen Satz hervor.
"Sterbt alle, ihr Hundsöhne! Sterbt!"
Mit diesen Worten baute sic eine noch viel
größere Magie auf und mit der letzten Kraft Tarohns brachte
dieser sie zum wirken.
Daran war gestorben. Die schwebende Stadt der
Elfen war vom Himmel gefallen und alles lag in Trümmern. Die Schiffe
der Menschen, Murahn, Elfen und Dunkelelfen fielen wie Regen vom Himmel.
Feuer und Blut tauchte die Umgebung in einen Schleier der Trauer und alle
schienen tod.
Aus den Trümmern erhob sich ein Mann.
Nur ein Mann von so vielen. Es war Marlin, der die Wucht dieses Angriffes
überlebt hatte. Für einen Moment dachte er, es könnte Glück
sein, doch als er auf die Leichen seiner Kameraden herab sah wusste er,
es war eine Strafe. Die Strafe Tarohns. Er hatte ihn verschont, um seinen
Sieg durch die Leichen von Nirgar, Tala, Lester und all seinen anderen
Freunden zunichte zu machen. Und das hatte er hiermit auch geschafft. Marlin
brach zusammen, kniete im Dreck der Ruinen und die Tränen rannen ihm
übers Gesicht. Wieder, wie einst vor so vielen Jahren, als Daran sein
Dorf nieder gebrannt hatte. Wieder war er der einzige Überlebende
und wieder hatte er weder gewonnen noch verloren! Und wieder schmerzte
die Narbe auf seiner Brust, bei dem Gedanken an Daran, der nun tot, und
doch als Sieger irgendwo in diesen Trümmern mit Tarohn zusammen begraben
lag…
Ende
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© V.Geist
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