Diese Geschichte ist ab 2008 am Drachentaler Wettbewerb leider nicht mehr teilnahmeberechtigt,
da sie in den vorherigen Jahren zu wenig Punkte erhalten hat.
 
 
Die heilige Stadt von Lisabelle

Der Drache hatte schon seit Tagen nichts mehr gegessen. Sein Kopf schmerzte, und die Lungen versagten ihm jede Art des Feuerspeiens. Er lag nur da und wartete auf sein Ende, das, so wie er glaubte, in den nächsten Tagen erfolgen musste.
Da sein Körper immer kälter wurde, ließ seine Beweglichkeit nach, aber das ließ ihn weitgehend kalt, denn er war einer der wenigen Drachen, die tatsächlich die letzte Stufe eines Drachenlebens erreicht hatten: Er war weise.
Seine Körperschuppen, die zu Beginn seines Lebens schwarz, nach seiner Jugend grün gewesen waren, hatten vor zwei Jahren die weiße Farbe angenommen und ihm somit die Antwort auf alle Fragen geboten.
Er hatte diese zwei Jahre genossen und genutzt, indem er half, die Drachenstadt am Ende des grünschimmernden Horizonts zu bauen, doch leider wusste er, dass auch diese Drachenstadt wie alle anderen, die vor ihr bestanden hatten, nicht das Glück haben sollte, den vielen Angriffen der Menschen stand zu halten.
Allerdings klärte ihn seine Weisheit auch darüber auf, dass es eine einzige Drachenstadt gab, die stark genug war, um allen möglicherweise erfolgenden Angriffen stand zu halten. Bei der Frage, wo diese Stadt lag, versagte jedoch seine Weisheit.
Er hatte gesucht und gesucht, die ganze Welt, die ganze Ewigkeit der Dunkelheit und des Schreckens auf der Suche nach dieser Heiligen Stadt bereist. Doch er hatte seine Kraft umsonst verschwendet und die Zeit seiner Weisheit umsonst verkürzt. Die Stadt blieb trotz seines Wissen unauffindbar.
Er war am Ende seiner Reise an diese Höhle gelangt und hatte der Anziehungskraft des Gedankens an eine Ruhepause nicht stand halten können und legte diese Pause ein, obwohl es ihm schwerfiel, sich vom Leben zu verabschieden, ohne diese Stadt gesehen zu haben.
 So lag unser weißer, weiser Drache in der Höhle, tat seine letzten Atemzüge, schloss die Augen, um dann einen stechenden Schmerz zwischen Lunge und Herz zu spüren.
'Das ist mein Ende', dachte er und öffnete die Augen, als der Schmerz nachließ. Eine beißende Helligkeit stach auf seinen Kopf ein und gab ihm die Gewissheit. 
'Das muss sie sein. Also war mein Weg völlig sinnlos, denn ich hätte sie auch erreicht, ohne einen Schritt auf sie zu zu tun.'
 
© Lisabelle
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