Die
Chroniken von Nairî
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Prolog |
In einer stürmischen Herbstnacht, hörte man einen Schrei aus Konroys Hütte. Es war seine Frau Caitlin, die ein Kind erwartete. Der Fischersmann lebte damals am Drachensee nahe des geheimnisvollen Drachengebirges und besaß ein kleines Boot. Auf der anderen Seite des Sees lebte ein Medicus, der Caitlin helfen konnten. Als das kleine Fischersboot die Hälfte befahren hatte, setzten Caitlins Wehen ein und sie wurde vor Schmerz bewusstlos. Konroy versuchte so gut er konnte seiner Gemahlin zu helfen. Jedoch er konnte sein Kind nicht retten. Caitlin hatte eine Totgeburt erlitten. Konroy weinte bittere Tränen und wusste nicht was er seiner Frau sagen sollte. Er betete zu Ghe, dem Todesgott, damit er seinen toten Sohn in sein Seelenreich einnahm. In seinen Gedanken vertieft, hörte er ein leises Kinderwimmern. Er schaute auf den schlaffen Leib in seinen Händen und dann um sich. Er sah nichts. Dann hörte er es wieder, und plötzlich wie aus dem Nichts trieb ein kleiner Korb auf dem See. Dahinter ging der Vollmond gerade auf - der größte, hellste und wunderschönste Vollmond, den er je gesehen hatte - wie er später sagte. Als der Korb endlich sein Boot erreicht hatte nahm er ihn und schaute hinein. Ein kleines, neugeborenes Kind lag darin. Ein hübsches Mädchen mit bernsteinfarbenen Augen starrte ihn an. Da legte er sein eigenes, totes Kind in das kleine Körbchen. Dann stieß er den Korb hinaus auf den See. Als Caitlin erwachte, nuckelte das kleine Mädchen schon an ihrer Brust. Sie wusste, dass sie nicht viel Zeit hatte, und rief ihren Gemahl zu sich. "Liebster, ich spüre wie mir die Lebenskraft ausgeht. Versprich, dass du dich gut um unsere Tochter kümmern wirst", flüsterte sie heiser. Konroy fing an zu schluchzen: "Ich verspreche es Dir... Doch erfülle mir einen letzten Wunsch, Geliebte. Gib ihr einen Namen, damit ich immer an dich denke." Sanft streichelte er ihre Wange. Ein letztes Mal beugte sich Caitlin vor, um dem kleinen Mädchen tief in die leuchtenden Augen zu schauen. "Bernstein... Amber, soll sie heißen, die Tochter Konroys und Caitlins." Und sie schloss für immer die Augen. Dreizehn Jahre später wusste Amber schon längst, dass Konroy nicht ihr wahrer Vater war. Zu diesem Zeitpunkt tobten viele Kriege im Land. Ein Dorf nach dem anderen wurde von unbekannten Kriegern zerstört. Man nannte sie 'das Schwarze Heer'. Konroy sagte Amber, dass sie keine Angst haben musste, weil das Gute am Ende sowieso siegen würde. Doch es geschah alles anders... Es dämmerte schon langsam und die Bauern brachten gerade
die Ernte heim, als ein Mann laut aufschrie. Von weitem konnte man flackernde
Lichter sehen, die langsam näher kamen: Das Schwarze Herr. "Amber,
versteck dich!" befahl Konroy seiner Adoptiv-Tochter. Hinter ein paar Bierfässern
ging sie in Deckung. Man hörte Kinder weinen und Frauen kreischen,
Türen zuschlagen und dann war alles still. Die Bauern hatten so schnell
sie konnten alles Brennbare gesammelt und es vor dem Dorf aufgestellt und
ihre Waffen, wie Heugabeln und Fleischmesser, geholt. Jetzt waren die Feinde
ganz nah und standen still nebeeinander. Um die hundert Soldaten in schwarzen
Rüstungen, schwarzen Helmen und schwarzem Haar schauten zu ihnen hinab.
Ein Mann auf einem braunen Pferd ritt vor die anderen Kieger. In seiner
rechten Hand hielt er eine rote Flagge mit einem schwarzen Drachen und
in seiner Linken ein Bronzeschild. Er rammte die Flagge in den Boden, nahm
sein Schwert und schrie einen Befehl. Auf einen Schlag stürtzten die
Reiter los, auf das fast hilflose Dorf. Als die Frauen hörten wie
ihre Männer niedergemetzelt wurden, stürzten sie aus den Verstecken,
um ihnen beizustehen. Doch nun liefen auch Kinder auf dem Kampffeld umher
und suchten ihre Mütter. Es war das reinste Blutbad. Amber saß
in ihrem Versteck und betete, dass sie niemand finden würde. So langsam
sah sie nur noch Krieger der "Dunklen", wie sie auch genannt wurden. Als
alle Häuser niedergebrannt waren und sie niemanden mehr finden konnten,
zogen sie ab. Amber hörte, wie sie davon gallopierten. Nach einer
Weile kroch sie hinter den Fässern hervor, um ihren Vater zu suchen.
Die Luft roch unangenehm nach Blut und überall lagen die Leichen der
Toten. Sie fand ihren Vater bei dem Dorfeingang. Mit glasigen Augen starrte
er in den Himmel. Er war tot. Alle außer ihr waren tot. Vor Furcht,
dass die Mörder zurück kommen könnten, lief Amber so schnell
sie konnte weg. Weg von ihrem Heimatsort, weg von ihrem Adoptiv-Vater,
den einzigen Vater, den sie all die Jahre gehabt hatte. Sie rannte und
rannte, obwohl sie nicht wusste wohin. Als es dämmerte, blieb sie
erschöpft an einem Bach stehen. Sie setzte sich unter einen Weidenbaum
und weinte wie ein kleines Kind. Sie blutete aus einer Hand, und ein Blutstropfen
fiel auf ein heruntergefallenes Blatt. Plötzlich hatte sie keine Furcht
mehr. Sie nahm das Blatt und erinnerte sich an die Geschichte wie Konroy
sie gefunden hatte. Sie schaute hinauf zu demVollmond, der sie anlächelte,
und gab ihm den Namen: Edana, die Mondin. Dann tat sie das, was sie bis
zum Ende ihres Lebens machen würde, sie ließ das Blatt mit dem
Flußlauf mitschwimmen. Dannach schlief sie ein. Sie träumte
von Konroy, der mit ihr sprach und sich dafür entschuldigte, dass
er nicht mehr bei ihr war, aber ihr dafür einen Beschützer schenken
würde. Einen silbernen Wolf namens Schattenläufer, der immer
bei ihr sein würde und wenn er könnte, sie beschützen würde.
Eineinhalb Jahre später wurde Sheena auf dem Scheiterhaufen
verbrannt, da sie angeblich ihre Seele an den Teufel verkauft habe. Obwohl
Amber alles versuchte, gelang es ihr nicht, Sheena zu befreien.
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