NIDADIN von Marcel Möller
Eine Geschichte zwischen zwei Völkern
Der Prototyp

Es war ungefähr ein halber Tag nach dem Start der Sonde vergangen und ich hatte nichts von ihr gehört. Ich fragte mich ob es funktioniert hat. Der Langstreckenscanner, der sich an die chemische Zusammensetzung der Emissionen anpasste und so den Weg der Sonde verfolgte, konnte nur bis zum Orbit des Planeten kommen. Dort hatte er dann keine Möglichkeit mehr, durch die Atmosphäre hindurch zu gelangen. Ich hatte großes Vertrauen in die Legierung, die die Wissenschaftler der Sonde gegeben hatten. Eigentlich wollte ich das Gerät nur in Adins Umlaufbahn schicken, aber die PRC bestand darauf, ein Testobjekt für die Landung auf dem Planeten zu haben. Nun, die Sonde selbst war mit einem Scanner zum Abtasten der Oberfläche ausgestattet wurden. Sie sollte nur 3 Stunden auf dem Planeten bleiben und dann zurückkommen. Doch wir hatten noch keine Spur von ihr auf dem Scanbildschirm entdeckt. Es war inzwischen Abend geworden und ich war hundemüde. Nicht nur, dass die Konferenz fast 2 Stunden dauerte, nein. Ich musste auch noch Botengänge zwischen dieser Raumstation und dem PRC-Hauptquartier des Garlos Systems machen. Es war ein stressiger Tag und deshalb beschloss ich, mich schlafen zu legen. Ich verriegelte die Tür, denn sonst würden die Boten, die Nachrichten für mich hatten, einfach reingeplatzt kommen und mich aus dem Schlaf reißen. So legten sie ihre Mitteilungen einfach in den Briefkasten. Diese Art der Postübermittlung war zwar tiefstes Steinzeitniveau, aber es brachte einen wenigstens Ruhe. Nach dem Duschen, diesmal warm, zog ich meinen Schlafanzug an und ging ins Bett. Obwohl ich müde war konnte ich kein Auge zumachen. Ich überlegte mir, was sich die PRC dabei gedacht hat, die Sonde auf den Planeten zu schicken. Außerdem hoffte ich auf baldige Antwort und Scannerergebnisse. Im Halbschlaf ließ ich meinen Gedanken freien Lauf: Wenn dort unten nun wirklich Leben existiert, vielleicht sogar intelligentes Leben, dann hätten wir endlich das Geheimnis gelüftet, das die  Menschheit schon seit Jahrhunderten nachdenklich macht: Das Geheimnis des anderen Lebens. Adin war ein Planet, der Eigenschaften aufwies, wie kein anderer vor ihm. Die Erde, der Mond, Mars und andere Körper in unserem Sonnensystem hatten entweder  eine durchdringbare oder gar keine Atmosphäre. Hier im Garlos-System ist auf allen erforschten Planeten nach Ansicht der PRC kein Leben möglich. Aber Adin ist von einer undurchdringlichen Atmosphärenschicht umgeben, die noch mysteriöser ist, als die zwei Sonnen, die ihn umkreisen. Ein Bild, welches mich an die Denkweise in der Antikzeit der Erde erinnert: ein geozentrisches Weltbild, begrenzt auf einen Planeten. Aber vielleicht mache ich mir auch nur falsche Hoffnungen. Ich dachte noch lange darüber nach, dann schlief ich ein...

"Diese Abtrünnigen, diese Banausen, denken wohl, se könne alles alleene machen?!!!"
"Regen Sie sich ab, vielleicht ist sie ja noch heil geblieben, sollte doch sowieso dahin."
"Sie hamm Recht, ich lass dä BigBrasser für mich wäterarbäten. Aber ich kann det immer noch nich glaaben! Ich brauch än Shuttle, sofort."
Das grüne Licht erlosch und der Raum hüllte sich in tiefstes Schwarz. Nur ein leuchtendes Gelb war noch zu sehen...

Am nächsten Morgen fühlte ich mich wie ein neuer Mensch. Ich hatte seit 3 Wochen nicht mehr richtig geschlafen. Das wohle, erfrischende Gefühl nach einem langen, ruhigen Schlaf hatte ich fast vergessen. Ich streckte mich aus und stand mit einem Lächeln im Gesicht auf. Kurze Zeit, nach der Dusche und dem Anziehen schaltete ich das Kommunikationssystem ein, es waren keine Nachrichten eingegangen.
"Gut so.", sagte ich mir und ging zum Briefkasten. Er war leer, seltsam, wo war die Zeitung? Ich ging wieder in mein Quartier und wollte gerade Frühstück bestellen, als ich eine Hand hinter mir spürte. Ruckartig drehte ich mich um.
"Guten Tach, Scherald." Es war mein Cousin Flint der meine Zeitung fröhlich umherschwang.
"Was soll das Flint? Warum erschreckst du mich so?"
Er sah mich entsetzt an: "Wos is mit dir los, verträchst de känen Spaß mehr?" Sein wechselnder Akzent war schrecklich, aber dafür lustig. Für fast jedes Wort hatte er mehrere Varianten auf Lager.
"Egal. Sag, was machst du hier? Du bist doch nicht den ganzen Weg von der Raumstation Epsilon 2 bis hierher gekommen um mich zu besuchen, oder?"
Flints Gesicht wurde ernst: "Ich hab gehört, dass du de Forschungsarbäten für Adin übernommen hast."
Ich nickte.
"Du warst geschtern hier off der Konferenz."
Wieder nickte ich und fragte mich, was er wohl will.
"Die PRC hat däne Sonde mit der neuen Legierung losgeschickt, Modell SDL-87, richtig?"
"Ja, das stimmt. Worauf willst du hinaus? Ist etwas mit der Sonde?" Sein Augen strahlten großen Zorn und großes Entsetzen aus. Ich kannte diesen Blick. Flint hatte ihn nur, wenn ihn etwas richtig wütend machte.
"Ich wor der, der de Sonde überwachen sollte."
Erstaunt fragte ich: "Ich dachte, die Sonde wurde von dieser Station aus gesteuert."
"Dos war aach so, bis das Scannersichnal plötzlich verschwand. Man fand heraus, dass die Satteliten aller Omega-Stationen irchendwie blockiert wurden. Deshalb kontaktete man mich auf Epsilon 2, wo die Sensorengeräte funktionierten und übermittelte mir alle Daten, die ich braachte, um de Sonde zu erfassen und de Daten auszuwerten. Se war schon fast in der Umlaufbahn des Planeten Adin."
Ich machte mir Vorwürfe: "Und ich habe mein Kommunikationssystem ausgeschaltet, niemand konnte es mir sagen, oder keiner wollte es. Hätte ich nur..."
Flint beruhigte mich: "Scherald, Scherald. Keener wollte diesen Vorfall veröffentlichen, es wäre zu großen Unruhen gekommen. Na ja, jedenfalls beobachtete ich de Sonde wäter, bis se im Orbit des Planeten war. Alles schien glatt zu laufen bis das erschien, was de PRC und alle anderen Personen längst vergessen hatten."
Meine Augen wurden groß und ich fragte verwirrt: "Du meinst, dass die..., nein. Das ist nicht wahr. Das haben wir schon seit Jahren vergessen, nie wieder davon gehört."
Flint senkte den Kopf und redete leise: "Doch, es iss wahr. De Sonde stürzte daraufhin off den Planeten, das Signal verschwand. Ob du es nun glaabst oder nich. Es traf de gesamte PRC von hier bis in den 1. Quadranten wie een Pfeil von unendlicher Länge. Erzähl es bitte keener zivilen Person, es würde ene Massenhysterie aasbrechen. Du gehörst nun mal nur halb zur PRC. Deshalb haam se dir nischt erzählt. Aber ich denke, dass das falsch is, denn es war ja schließlich däne Sonde. Ich bitte dich noch mal: Sag es bitte NIEMANDEN, keener Seele und tu bei eenem PRC-Mitglied so, als ob du nischt wüsstest."
"Wieso?", fragte ich erstaunt.
"Weil man mich sonst des Hochverrates anklachen würde. Und das willst du doch nicht."
"Nein, natürlich nicht Flint. Geh jetzt bitte, bevor dich hier jemand sieht. Vielen Dank für dein Vertrauen."
"Verwandte müsse zusammenhalten, nich wahr?", sagte Flint mit einem breiten Lächeln, "Tschüss, Scherald und vergiss meene Worte nich." Er ging gemütlich zur Tür hinaus und verschwand in einem der unendlich vielen Gänge der Station.
Immer noch wie betäubt ließ ich mich auf die Couch fallen. Meine ganze Forschung sollte umsonst gewesen sein, nur wegen...
Mein Gedankengang wurde durch ein Lautsprechersignal gestoppt. "ALLE PRC- MITGLIEDER UND FORSCHUNGSBEAUFTRAGTEN PERSONEN DES GARLOS- SEKTORS ZUM PRC- KOMMANDOSTÜTZPUNKT, SICHERHEITSSTUFE EINS! ALLE SHUTTLES SOFORT STARTEN!"
Das war ungewöhnlich so früh am Morgen, eine Lautsprecherdurchsage mit höchster Priorität. Ob es etwas mit den... nein, ich durfte nichts gegenüber anderen erwähnen. Die sonst sehr ruhige Station wurde zu einer Rennbahn. Alle eilten zu den Shuttles und es war ein Gedränge wie ich es noch nie erlebt hatte. Der Garlos-Kommandostützpunkt der PRC befand sich direkt an der Grenze zwischen diesem und dem Terra-Sonnensystem. Ich hätte beinahe meine Arbeitskleidung vergessen, holte sie aber noch schnell aus dem Fach und rannte durch die, inzwischen leeren, Gänge zum Turbolift. Ich war einer der letzten Leute, die zu den Shuttlerampen kamen. An allen Luftschleusen standen Menschenschlangen und ich schaute zu den großen Gängen die in kaltem Grau gehalten wurden, ohne jemanden anzuschauen. Mir wurde das alles zu viel, ich bekam ein komisches, schwindliges Gefühl. Dann wurde es schwarz vor meinen Augen. Ich hörte noch ein paar verzerrte Stimmen, dann wurde es ruhig um mich, ich fiel ihn Ohnmacht...
 

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Und schon geht's zum 4. Kapitel: Die Freundschaft
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Denkt bitte daran: auch diese Geschichte nimmt am Drachentaler-Wettbewerb teil.
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