Schwarze Flügel II von Pai

Nach ihrer Rückkehr vom Loreley-Felsen hatte Efin und Karl der Alltag recht schnell wieder eingeholt. Kaum, dass sie wieder ihren Dienst im Revier antraten, fühlten sie sich schon fast wieder urlaubsreif. Zahlreiche Papierberge hatten sich in den paar Tagen auf ihren Schreibtischen angesammelt und ließen die beiden bei dem Anblick aufstöhnen. Herumstehende Kollegen grinsten. Doch als es darum ging, beim Abarbeiten zu helfen, hatten diese dann ganz plötzlich dringende Aufgaben zu erledigen. 'Na großartig' dachte sich Karl und ließ sich mit einem weiteren Seufzen auf seinen Bürostuhl fallen, nur um sofort wieder aufzuspringen. "OK, wem gehört dieses Ding?" Karl hielt ein Furzkissen in die Höhe. Natürlich meldete sich niemand, und Karl feuerte das Ding in den nahegelegenen Abfalleimer. Ihm entgingen die grinsenden Gesichter der Anwesenden natürlich nicht. "Das war nicht sonderlich witzig" meinte er und griff nach einer der vielen Akten. 'Geschwindigkeitsübertretung - Verweigerung des zu zahlenden Bußgeldes' Karl verdrehte die Augen. Warum bekam nur immer er so langweilige Sachen. Er schaute hoch und konnte im ersten Moment nur Efins schwarzen Schopf sehen, bevor dieser jedoch seinen Blick zu spüren schien und ihn mit seinen grünen Augen ansah. Bei ihm sah es auch nicht besser aus.
Am Abend brummte Karls Schädel vor Kopfweh. Er hatte während des letzten Falles völlig erfolgreich verdrängt, dass noch eine Menge Schreibarbeit auf sie warten würde. Zu seinem Bedauern war der Aktenberg nur geringfügig geschrumpft. Es würde sicher noch einige Tage dauern, ehe er wieder etwas anderes tun konnte. Karl schloss erschöpft seine Augen und fuhr sich mit einer Hand durch seine roten Haare. "Soll ich heute noch was kochen oder holen wir uns etwas beim Chinesen?" Karl sah Efin an. "Nee, nicht schon wieder Chinese, wie wär´s mal mit Pizza?" - "Ist auch OK." Gemeinsam schlenderten sie durch die Innenstadt zum Pizza-Fast-Food. Jetzt, da sie sich an der frischen Luft befanden, klang das Kopfweh von Karl langsam etwas ab. "Und wie sah´s bei dir aus?" wollte er von Efin wissen. "Sie wollten noch einen Bericht über den letzten Fall und dann nur so kleine Delikte. Nicht der Rede wert..." Efin wurde unterbrochen als sein Handy klingelte. "Wenn´s einer vom Revier ist, wimmle ihn ab. Wir haben frei," flüsterte Karl Efin zu. "Haber," meldete sich Efin am Telefon. Er lauschte einige Zeit dem Gesprächspartner und gab nur ab und zu einen knappen Kommentar von sich. Das Gespräch dauerte nicht sonderlich lange, und als Efin auflegte hatte er einen Ausdruck auf dem Gesicht, deren Deutung Karl schwer fiel. "Mit dem Pizza essen wird's wohl heute nichts mehr. Ich muss dir dringend etwas zeigen." Karl sah seinen Partner fragend an. "Jetzt sag ja nicht, dass die vom Revier..." - "Nein, es ist etwas anderes. Etwas, was dich interessieren dürfte." - "Was sollte mich im Moment mehr interessieren, als wo ich jetzt etwas zu beißen herbekomme?" - "Warte es ab. Nehmen wir deinen Wagen?" Alles Protestieren von Karls Seite brachte nichts und so saßen sie wenig später im Auto und fuhren an der Autobahn entlang in Richtung Wittlich. Efin hatte Karl zwar verraten, dass sie in ein Moseldörfchen mussten, wohl aber nicht, was das entgültige Ziel ihrer Reise sein würde. Nach Efins Angaben würden sie dort ihr Gefährt wechseln. Karl wusste nicht so recht, was er damit meinte. Unterwegs hielten sie noch an einem Drive-In um wenigstens etwas gegessen zu haben. Während der ganzen Fahrt verfiel Efin in tiefes Schweigen, aus dem er sich nicht lösen wollte, sosehr Karl sich auch bemühte.
Sie durchquerten Wittlich und fuhren noch etwa eine Viertelstunde weiter. Sie passierten einen Wald, überquerten die Mosel und kamen schließlich in dem kleinen Moseldörfchen an. Am Anfang des Ortes bogen sie auf einen Feldweg ab. Nach ein paar Häusern säumten Weinberge ihren Weg, der leicht anstieg. Zuerst sah Karl nur reihenweise Reben doch dann wurde er sich einem großen, weißen Haus bewusst. Es stand fast auf der Kuppe des Berges und wurde von einem weißen Zaun eingegrenzt. "Wow, die müssen aber Geld haben," meint Karl, als er das Haus zum ersten mal sah. Er dachte, dass sie weiterfahren würden und war deshalb um so überraschter, als Efin ihn anwies, vor dem große Rolltor des Hauses zu halten. Efin stieg aus, ging zur Lautsprecheranlage und kehrte kurz darauf zurück. "Sie sind nicht da. Wir können hinein." Das Tor ging auf und Karl fuhr zum Haus hinauf. "Wer ist nicht da?" fragte Karl, doch er erhielt von Efin keine Antwort. "Hey, machen wir hier grad was Illegales?" Karl wurde unruhig. "Nein, nein, es ist ganz und gar nicht illegal." Efin verließ das Auto und ging zum Haupteingang, wo er die Türklingel betätigte.
Ein Mädchen, Karl schätzte es auf Anfang, Mitte 20, öffnete Efin die Tür. Sie hatte lange dunkle Haare, die im Nacken zusammengebunden waren. Sie war etwa einen Kopf kleiner als Efin. Etwas verwunderte Karl die Kleidung, die dieses Mädchen trug, er verdrängte es aber. Er schloss das Auto ab und trat ebenfalls an die Tür. "Du kommst grade rechtzeitig. Gleich wären wir weg gewesen." Karl fiel fast die Kinnlade runter. Das Mädchen duzte Efin?! Er versuchte seine Überraschung zu verbergen.
Das Mädchen hatte Karl jetzt auch gesehen und drehte sich zu ihm um. "Guten Tag, ich bin Ute Braun. Willkommen in meinem Haus. Mit wem hab ich die Ehre?" Karl antwortete verdattert. "Karl Beiling. Sehr erfreut." - "Tretet doch ein oder wollt ihr ewig hier draußen stehen bleiben." Das Mädchen machte Platz, dass Karl und Efin vorbei konnten.
Was wollte Efin denn hier, fragte sich Karl immer wieder in Gedanken. Er folgte Efin ins Innere. Hinter ihnen fiel die Haustür geräuschvoll ins Schloss. Efin steuerte zielgenau durch den kurzen Flur das Wohnzimmer an. Das Haus war von Innen noch größer, als es von außen ausgesehen hatte.
Im Wohnzimmer befanden sich vier weitere Personen. Zwei Jungs, in unterschiedlichen Altersklassen von wohl 12 bis 20 Jahren, die ebenfalls so dunkle Haare hatten wie diese Ute. Die zwei Mädchen, die wohl im gleichen Alter wie diese Ute waren, saßen nebeneinander auf einem Sofa. Das rothaarige Mädchen trug eine weiße Kutte, die mit seltsamen Zeichen bestickt war, die Karl noch nie zuvor gesehen hatte. Das schwarzhaarig Mädchen trug ein enges schwarzes Kleid und um ihre Beine streifte eine Katze. Die Jungen hatten ganz normale Klamotten an. "Ihr seid spät an. Ich wunder mich eh, wie du die Erlaubnis bekommen hast." meinte die Schwarzgekleidete. Efin wurde leicht rot, was Karl natürlich nicht entging, als er entgegnete: "Das hat wohl mit unserem letzten Fall zu tun." - "Aber wo sind denn meine Manieren," meldete sich Ute von hinten zu Wort. "Sicher ist noch genügend Zeit, sich gegeneinander vorzustellen." Im Gesicht der Rothaarigen spiegelte sich keine sonderliche Begeisterung wider. Aber Ute ignorierte sie. "Also noch mal. Ich heiße Ute Braun." Ute strich sich eine dunkelblonde Haarsträhne aus dem Gesicht, ehe sie fortfuhr. "Ich beschränke mich jetzt auf das wesentliche. Eigentlich bin ich Kriegerin, aber im Moment Torwächterin. In dieser Welt bin ich Studentin mit Hauptfach Informatik." Kurzes Schweigen folgte ehe die Schwarzhaarige fortfuhr: "Anke Liesmann. Sehr erfreut. Hexe und ebenfalls Torwächterin. Ich studiere Geologie." Mit einem leichten Stöhnen und nicht grade voller Begeisterung sprach die Rothaarige: "Ben Lohse, meines Standes Magierin, die dritte Torwächterin und hier Fachangestellte für Medien- und Informationsdienste." Als sie den etwas verwirrten Blick von Karl mitbekam fügte sie rasch hinzu. "Ich arbeite in einer Bücherei." Mehrere Augenpaare richteten sich nun neugierig und auffordernd auf Karl, der sich auf einmal ziemlich unwohl in seiner Haut fühlte und sich am liebsten in das nächste Loch verzogen hätte. War er denn der einzige 'Normale' in diesem Haus? Die beiden anderen Jungs bekamen die Verlegenheit von Karl offenbar mit, denn sie setzten die Vorstellung nun ihrerseits fort. Zumindest tat es der große, was ihm einen saftigen Knuff vom kleineren einbrachte. "Ich bin Thomas Braun und das ist mein kleinerer Bruder Richard. Wir sind ebenfalls Torwächter, allerdings kommen wir von hier und nicht wie meine Schwester und die anderen da von drüben. Wir sind also ganz normal." Ein breites Grinsen lief über sein Gesicht, war er sich der strafenden Blicke der Mädchen durchaus bewusst. Thomas piesackte seine Schwester doch so gerne und er hatte dabei soviel Erfolg.
Karl atmete innerlich erleichtert auf, war er doch nicht der einzige. Doch dann versteifte er sich erneut, als ihm klar wurde, dass er jetzt mit vorstellen dran war. Obwohl er das als Polizist gewöhnt war, brachte er zu seinem eigenen Entsetzen plötzlich keinen Ton mehr heraus. Efin bemerkte jedoch die Miesere, in der Karl steckte und sprang seinerseits ein. "Das ist mein Partner Karl, er arbeitet im gleichen Dezernat wie ich." - "Die beiden sind ein Paar." Karl wurde feuerrot und warf Anke einen bitterbösen Blick zu. Woher wusste sie davon. Doch sie ignorierte seinen Blick und grinste ihn nur groß und breit an. "Ich kann dich beruhigen, sie würde nichts tun, was uns schaden oder peinlich sein könnte. Sie darf ihre Kräfte hier nämlich nicht einsetzten." Efin warf Karl einen vielsagenden Blick zu. Karl verstand nur Bahnhof. "Ach menno, musst du alles verraten," maulte Anke von hinten und verschränkte die Hände vor der Brust. "Ach wie süß. Efin, davon hast du mir ja noch gar nichts erzählt," ließ auf einmal Ute verlauten. Bevor jedoch das Gesprächsthema vollends vertieft werden konnte, erhob sich Ben von der Couch und sah auffordernd in die Runde. "Es wird Zeit, wenn wir unser Transit-Fenster nicht verpassen wollen." Nun erhoben sich auch die restlichen Anwesenden, die während der Konversation gesessen hatten, und strebten in Richtung Wohnzimmer-Tür.
Als der Trupp sich in Bewegung setzte fand sich Karl neben Richard wieder. Er nutzte die Chance um einige Fragen zu stellen. "Wissen eigentlich eure Eltern, was ihr hier treibt?" Richard schüttelte den Kopf. "Nein. Es ist auch besser so. Sie würden es eh nicht verstehen." Karl hätte gerne noch etwas mehr erfahren, doch Richard hüllte sich in Schweigen und Efin hatte sich zu ihm zurückfallen lassen.
Thomas hatte sich an die Spitze der Gruppe gesetzt. Gemeinsam durchquerten sie den Flur und stiegen die Treppe hinab in den Keller. Sie liefen einen Gang mit mehreren Türen hinab, und erreichten nach einer Kurve einen weiteren Gang, an dessen Wand sich die Heizung des Hauses befand. Dort gab es eine weitere Tür. Als Thomas diese Tür öffnete, konnte Karl im ersten Moment nur einen kleinen Raum mit mehreren Regalen entdecken, die mit diversen Gegenständen gefüllt waren. Karl wunderte sich, was wollten die hier? Unsicher sah er sich um, konnte aber keinen weiteren Ausgang aus dem Raum erkennen, außer dem, wo sie eben reingekommen waren. Aus dem Augenwinkel konnte er sehen, dass Thomas neben dem Lichtschalter die Wand berührte und etwas mit dem Finger nachfuhr. Karl konnte das ganze nicht richtig verfolgen, denn er wurde bereits von neuen Ereignissen abgelenkt. Das Regal, das sich dem Eingang gegenüber befand, sank in einen Schacht im Boden ab, so dass nur noch die nackte Wand zu sehen war. Kaum hatte sich der Boden wieder geschlossen, bildete sich ein Riss in der Wand, der rasch größer wurde, als die Wände nach hinten zurückklappten. Sie gaben nun den Blick in den Raum dahinter frei.
Es verschlug Karl schier den Atem. So etwas hatte er noch nie zuvor gesehen. Man konnte den Eindruck erhalten, da hätte jemand eine Kulisse für einen SF-Film aufgebaut. Doch diese Dinge sahen eher danach aus, dass sie funktionierten und keine Zierde darstellten. Irgendwie fühlte er sich an die Räume im Loreley-Felsen erinnert. Ganz langsam und vorsichtig betrat Karl den Raum. An fast allen Wänden standen Computer und sonstiges technisches Zubehör. Es gab nur zwei Türen, die von dem Raum wegführten. In der Mitte des Raumes befand sich eine Art goldener Ring, in dessen Mitte es bläulich schimmerte. Karl hätte schwören können, je länger er das blau ansah, desto intensiver wurde es. Bevor er sich aber in dem Farbenspiel verlieren konnte, wurde er abgelenkt. Zwei junge Männer hatten den Raum durch eine der Türen betreten und steuerten die Gruppe an. Karl musste sich eingestehen, dass sie gar nicht mal so schlecht aussahen, verdrängte diese Gedanken jedoch rasch wieder. "Da seid ihr ja endlich, wir dachten schon, ihr kommt gar nicht mehr." - "Darf ich vorstellen, das sind Hugo und Herbert und das ist Karl, mein Partner." Efin machte eine kurze Vorstellung, ehe er fortfuhr: "Entschuldigt, es hat etwas länger gedauert," meinte er an Hugo gewandt. Karl gefiel der Ton, mit dem Efin da sprach, nicht sonderlich. "Wir haben schon alles vorbereitet. Wenn ihr wollt, könnt ihr gleich los." Hugo drückte Karl ein kleines Kästchen in die Hand. "Nur für den Notfall." Karl bemerkte die angenehme Wärme, die von Hugos Händen ausging und errötete leicht. Hastig wendete er seinen Blick ab und versuchte den Zweck und die Funktionsweise dieses Kästchens zu ergründen. Jedoch ziemlich ergebnislos. "Es ist nur eine Vorsichtsmaßnahme. Sollte dir etwas passieren, dann drücke hier drauf." Hugo war wieder zu Herbert zurückgekehrt, Efin war neben Karl getreten und zeigte auf eine bestimmte Stelle des Kästchens. Jetzt konnte Karl auch die kleine unscheinbare Vertiefung im Kästchen sehen. "Und was passiert dann?" Karl sah Efin fragend an. Doch dieser und die anderen zuckten nur mit den Schultern. "Keine Ahnung. Bis heute hat es noch niemand benutzt. 'Wie beruhigend,' dachte Karl, steckte es aber ein. Hugo und Herbert verschwanden wieder durch die linke Tür, sie flüsterten sich etwas zu, was Karl jedoch mitbekam. "Schließlich war außer ihm noch kein 'Normaler' drüben." Beide grinsten unter vorgehaltener Hand, dann waren sie durch die Tür verschwunden. "Es ist Zeit. Holt eure Sachen und eure Begleiter." Ute und Ben verschwanden durch die andere Tür, während Anke mit Karl und Efin im Haupt-Raum zurückblieb.
Kurze Zeit später kehrten Ute und Ben wieder zurück. Ute trug nun eine leichte Rüstung und hatte auf den Rücken einen Zweihänder geschnallt. Auf einer Schulter saß ein Falke. Ben trug nun über der Kutte einen weiten Umhang. Ein Florett hing an der Seite und in der Hand hielt sie einen Stab. Karl musste schwer schlucken, als er sah, dass Ben ebenfalls einen Begleiter auf der Schulter sitzen hatte. Er wurde bleich, aber auch Efin schluckte heftig. Vor seinem geistigen Auge sah Karl noch einmal die Situation auf dem Windrad vorbeiziehen und wie knapp er damals nur einem unliebsamen Kontakt entkommen war. "Ist was?" Ben hatte den Gesichtsfarbenwechsel von Karl mitbekommen und war nähergetreten, was Karl nicht sonderlich behagte. Unangenehmerweise schien Bens Partner ihn jetzt auch noch aufmerksam zu mustern. Karl vermutete in den kleinen Augen etwas von Intelligenz zu erkennen, was ihm nicht sonderlich behagte und beruhigte.
Auch Ute und Anke waren nähergetreten, in ihren Augen stand fragende Sorge. "Was ist los?" wand sich Ute an Efin. "Ich glaube es ist besser wenn deine Freundin etwas zurücktreten würde." - "Warum?" Ben hatte das Gespräch mitbekommen und drehte sich zu den beiden um. "Es geht um deinen Partner." Efin sah den kleinen Drachen auf Bens Schulter an. "Ach ihr meint David." Ben ließ ihren Partner auf ihre Hand steigen und hielt diese in Richtung Karl und Efin. "Ihr braucht keine Angst vor ihm zu haben. Er ist zahm." '...Zumindest solange man ihn nicht ärgert.' fügte sie in Gedanken hinzu, sprach es aber nicht aus. Karl versuchte daraufhin noch etwas mehr Abstand zwischen sich und Ben zu bringen. "Wir hatten vor einiger Zeit einen Vorfall mit einem größeren Exemplar, dabei wurde Karl beinahe übel mitgespielt." - "Oh," meinte Ben und zog die Hand wieder zurück, so dass David wieder auf ihre Schulter klettern konnte. "Das wusste ich nicht. Tut mir leid." Ben sah Karl aufmunternd an. Sie legte ihren Kopf leicht schräg als sie fortfuhr: "Du solltest dir aber bewusst sein, dass es dort, wo ihr gleich hingehen werdet, noch mehr Drachen in den unterschiedlichtsten Größen und Unterarten gibt. Hast du ihm das nicht erzählt, Efin?" Während Ben dies sagte, fiel Efin auf, dass der kleine Drache auf ihrer Schulter den Kopf genauso schräg gelegt hatte. Unbewusst musste Efin über das Bild, was ihm da geboten wurde, grinsen. Dann bemerkte er erst, dass er angesprochen worden war. "Äh, ich hatte es vor, wollte aber dafür auf eine günstige Gelegenheit warten." - "Etwa wenn ihr schon drüben seid und er einen vor sich stehen hat?" witzelte Anke. Efin sah sie mit strafendem Blick an.
Diese Worte schienen auf Karl eine interessante Wirkung zu haben. Zögernd trat er näher an Ben heran und streckte vorsichtig die Hand aus. Er schluckte heftig und man konnte sehen, wie seine Hand leicht zitterte. Ben stand abwartend da. David ergriff die Initiative und sprang von Bens auf Karls Schulter. Dieser zuckte ziemlich zusammen, hielt aber still. "Siehst du, ist doch gar nicht so schlimm," meinte Efin. Karl hatte gar nicht gemerkt, dass er neben ihn getreten war. "Schaut mal, wie weiß der ist, der kippt gleich um." Anke konnte es einfach nicht lassen.
"Wird das heute noch etwas oder sollen wir Bescheid sagen, dass ihr doch nicht kommt, und dass sie die Maschinen abschalten können?" Herberts Stimme wurde aus einem verstecken Lautsprecher an der Wand wiedergegeben. "Nein, nicht doch, wir sind fertig," rief Efin durch den Raum: "Von mir aus kann es losgehen." David kehrte auf die Schulter von Ben zurück. "OK. Tschö ihr beiden und noch viel Spaß." Anke, Ben und Ute traten in den Transferbereich des Ringes und verschwanden. Als Karl das so sah, wurde ihm etwas mulmig zumute. "Wollen wir?" Efin sah Karl herausfordernd an. Karl nickte und schluckte leicht. Eher unbewusst griff er nach Efins Hand, als sie ebenfalls in den Transferbereich traten.

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Im ersten Moment meinte Karl, dass sich nichts verändert hatte. War der Transfer etwa nicht durchgeführt worden? Unsicher sah er sich um, und erst auf den zweiten Blick konnte er in dem Raum einige kleine Unterschiede erkennen, teilweise waren es nur Computer, die anders positioniert waren. Dann stellte er fest, dass sie nicht mehr allein waren. Zwei Personen standen im Raum. Eine ältere Frau mit etwas rundlichen Ansätzen, und langsam ergrauenden Haaren, die sie zu einem Zopf geflochten hatte, und ein hochgewachsener schlanker Mann, der ebenfalls schon in die Jahre gekommen war und kaum noch Haare auf dem Kopf trug.
Aufmerksam musterten diese die beiden Neuankömmlinge. Plötzlich machte die Frau einen Schritt vor. "Willkommen daheim, Efin." Ehe Karl die Situation voll erfasst hatte, war die Frau vollends vorgetreten und umarmte Efin herzlichst. Diesem schien die Situation doch etwas peinlich zu sein, denn er versuchte sich sanft aus dem Griff zu befreien. "Bitte nicht jetzt und hier, Mutter." - "Aber warum denn, mein Sohn. Wir haben uns so lange nicht gesehen." - "Ich weiß, trotzdem... Darf ich dir meinen Kollege Karl Beiling vorstellen?" Efins Mutter drehte sich um und musterte Karl von oben bis unten. "Ein bisschen dürr. Er könnte etwas mehr auf den Knochen gebrauchen." - "Mutter!" - "Schon gut. Ich meinte ja nur." Karl spürte, dass er vor Verlegenheit rot wurde. "Gerda, lass doch ab. Merkst du nicht, wie du den jungen Mann verlegen machst?" Der Mann war neben Efins Mutter getreten. Er reichte Karl die Hand. "Willkommen in unserer Heimat. Sie können mich Paul Haber nennen, wenn sie wollen. Unsere richtigen Namen wären für sie nicht aussprechbar." Efins Vater hatte einen überraschend festen Händedruck. "Entschuldigen sie, dass wir hier unterbrechen müssen, aber ihr Sohn und sein Begleiter werden von dem Obersten erwartete." Zwei Männer, sie sahen Hugo und Herbert ziemlich ähnlich, hatten den Raum betreten. Sie trugen etwas, was Karl an eine zeremonielle Rüstung aus den Geschichtsbüchern erinnerte, so um das Spät-Mittelalter herum.
Nur widerwillig löste sich Frau Haber von ihrem Sohn. "Mach mir keine Schande," flüsterte sie Efin ins Ohr. Karl fragte sich unterdessen, wer dieser 'Oberste' war. Er wollte schon eine entsprechende Frage an Efin stellen kam aber nicht dazu, denn in dem Moment rief Efins Mutter: "Und wenn du zurückkommst lernst du deine zukünftige Frau kennen. Die Hochzeitsvorbereitungen sind schon fast abgeschlossen." Da blieb Karl erst mal jedes Wort im Halse stecken, aber auch Efin erbleichte sichtlich. Ehe Efin jedoch etwas entgegnen konnte, wurden sie von den beiden Männern aus dem Raum eskortiert. "Egal was gleich passiert, sie geben kein Kommentar ab," schärfte ihnen einer der beiden ein. Zuerst fragte sich Karl, was diese Äußerung sollte, doch als sie das Transfer-Haus verließen, erhielt er die Antwort.
Reporter waren doch überall gleich. Wo sie eine Story vermuteten waren sie nicht mehr zu bändigen. Tausende von Fragen stürzten auf Karl und Efin ein, während sie sich einen Weg durch die Menge von Journalisten bahnten. Diese Leute trugen ebenfalls normale Kleidung, sie wie Karl sie zumindest von zuhause aus gewohnt war. Die meisten von ihnen hatten am linken Arm Armbinden, die mit einer Schrift bedruckt waren, die Karl absolut nicht lesen konnte.
Einige Männer, in ähnlichen Uniformen, wie diejenigen, die Karl und Efin eskortierten, versuchten zwar die Sensationssuchenden zurückzudrängen, jedoch hatten sie dabei nur mäßigen Erfolg. Immer wieder wurden Karl und Efin Abarten von Kameras und Mikrophonen unter die Nase gehalten. Karl vermutete zumindest, dass es sich bei den fliegenden Dingern um Kameras und den schwammartigen Teilen am Stiel um Mikrophone handelte.
Bei dem Gedränge mussten alle Beteiligten einige blaue Flecken einstecken. Doch dann riss das Gedränge ab und Karl bemerkte rasch, was der Grund dafür war. Sie hatten einen großen Platz erreicht, der von Sicherheitskräften abgeriegelt wurde. Überall säumten Schaulustige die Straßen. Karl kam sich vor wie ein Star, was ihm aber nicht sonderlich behagte. Ihm wäre weniger Aufsehen viel lieber. Irgendwie war es ja fast wie daheim, zumindest verhielten die Leute sich hier genauso. Jetzt konnte Karl auch endlich mal die Umgebung anschauen.
Hohe Häuser grenzten den Platz ab. Sie stiegen unterschiedlich hoch in den Himmel und es schien bei dem ein oder anderen so, als habe der Architekt bei ihrer Erbauung einen zuviel über den Durst getrunken. Seltsame Auswüchse und Anbauten waren fast an jedem der Gebäude zu finden. Einige von ihnen wurden durch Brücken miteinander verbunden, die sich so zwischen den Gebäuden spannten, dass der Platz trotzdem frei blieb. Obwohl die Brücken sehr weit oben waren, vermutete Karl, dass sich da sicher auch noch Schaulustige aufhielten. "Was für ein Rummel," meinte er leise zu Efin. Doch dieser hörte ihn nicht. Er schaute konzentriert nach vorne und fragte sich, wie er Karl das nächste, was jetzt gleich kommen würde, schonend beibringen konnte. Noch war der Platz vor ihnen leer, doch das würde sicher nicht mehr lange so bleiben.
Er versuchte etwas näher an Karl heranzukommen. "Du, Karl, ich muss dir etwas dringendes sagen." Karl dreht seinen Kopf zu Efin um. "Hat das nicht noch etwas Zeit?" - "Nein, es ist wichtig." - "OK. Schieß los." Efin schluckte leicht. "Es gibt da etwas, was du wissen solltest..." Efin wurde unterbrochen, als ein Raunen durch die Menge lief. Die Köpfe der Anwesenden wandten sich nach oben. 'Nicht jetzt, bitte noch nicht jetzt,' dachte Efin, doch vergebens. Auch Karl blickte nun nach oben und Efin konnte sehen, wie sich sein Gesichtsausdruck versteinerte.
Drei große Schatten verdunkelten kurzzeitig den Himmel, ehe sie immer tiefer sanken und die Umrisse schärfer wurden. Als sie landeten, hörte Efin Karl aufstöhnen. "Das ist doch nicht euer Ernst, oder?" Karl sah Efin mit einem Blick an, so als wolle er das Gesehene nicht wahr haben. Doch Efin nickte nur. Er war bekümmert, er hätte Karl vorher darauf vorbereiten sollen. Jetzt war es natürlich zu spät.
Auf dem Platz waren drei Reitdrachen gelandet. Sie waren ziemlich groß, so dass sie mehreren Personen Platz boten. Karl sollte mit Efin auf den ersten Drachen aufsteigen. Mit einem Seufzen fügte sich Karl seinem Schicksal, vorher warf er aber Efin noch einen bösen Blick zu.
Umständlich und mit vielen Hilfestellungen gelang es ihm auf den Drachenrücken zu steigen und sich auf dem Sattel niederzulassen. Efin und der 'Pilot' des Drachen banden ihn am Sattel fest, damit er nicht runterfiel, wie es hieß. Karl wurde extrem mulmig, doch er beruhigte sich etwas, als er bemerkte, dass Efin hinter ihm Platz nahm. "Es gibt noch etwas, was du wissen solltest..." Efin wurde erneut unterbrochen, als die Drachen abhoben und sie durch ihr eigenes Gewicht in die Sättel gepresst wurden. "Noch mehr Überraschungen?!" Karl vermied es den Kopf zu drehen, denn er fand, dass sie sich nach seiner Ansicht viel zu hoch über dem Boden befanden. Sehr, sehr viel zu hoch. Efin konnte Karl keine Antwort geben, da der Flugwind ihm jedes Wort von den Lippen riss, bevor es Karl erreichte.
Ein scharfer Wind pfiff ihnen durchs Gesicht und trieb die Tränen in die Augen. Efin spürte, wie Karl völlig verkrampft in dem Sattel saß, doch er konnte seinem Partner keine beruhigenden Worte zukommen lassen. So begnügte er sich damit seine Hände um Karls Oberkörper zu legen. Er spürte, wie Karl sich langsam unter seiner Umarmung entspannte. Ein zufriedenes Lächeln legte sich auf sein Gesicht.

Der Flug dauerte einige Zeit an. Jetzt, da sie die Stadt verlassen hatten und die hohen Häuser mit ihren seltsamen Anbauten und Auswüchsen hinter ihnen zurückgeblieben waren, wurde Karl sich zum ersten mal bewusst, dass es hier nicht nur eine Sonne gab. Zwischen den Häusern hatte er immer nur die große gesehen. Die beiden standen sehr weit auseinander. Die, die am weitesten am Himmel stand, war heller, als die andere, die grade am auf- oder untergehen war, und eher Ähnlichkeiten mit einem blauen Zwergstern hatte. Der Himmel war hier nicht gänzlich blau, sondern hatte einen stärkeren Grünstich. Auch die Landschaft unter ihnen hatte sich verändert. Weite Ebenen zogen sich dahin, Wälder, Wiesen und einige Hügellandschaften wechselten einander ab. Auch konnte Karl einen Fluss erkennen, und etwas, was nach einer Straße aussah, und schnurgerade am Horizont verschwand. Einzelne Bauernhöfe und Felder durchbrachen in Abständen das grüne Feld der Bäume und Wiesen.
Nach einiger Zeit konnte Efin das Ziel ihrer Reise in der Ferne ausmachen. Der Fluss war inzwischen in ein Meer gemündet, das sich nun lang und grün-gelb unter ihnen dahinzog. Noch war es erst ein einzelner Turm, dessen Spitze sichtbar wurde, aber Efin wusste, dass da in ein paar Minuten noch viel mehr zu sehen sein würde. Er tippte auf Karls Schulter und deutete in die entsprechende Richtung. "Unser Ziel!" brüllte er. Karl nickte. Mit zusammengekniffenen Augen versuchte er den Turm anzuvisieren und abzuschätzen, wie lange sich noch unterwegs waren. Karl sagte es Efin nicht, aber ihm wurde langsam übel. Diese Art der Fliegerei war wirklich nichts für ihn.

-

Die Drachen setzten Karl und Efin in der Nähe von Efins Zuhause ab. Karl war froh, endlich wieder festen Boden unter den Füßen zu haben. Ihm war immer noch etwas schlecht. Er war erleichtert darüber, dass sie endlich dieses ganze Zeremoniell beim Obersten hinter sich gebracht hatten. Der hatte vielleicht eine komische Art gehabt. So ganz wohl hatte sich Karl nicht gefühlt, ihm war die ganze Sache fast wie bei einem Verhör vorgekommen. Wenn das jedem Besucher so wiederfuhr, der hier vorbeischaute, wurde ihm langsam klar, warum er der erste war, der seit langem mal vorbeischaute.
Karl bemerkte, dass Efin, je näher sie dessen Elternhaus kamen, immer langsamer ging. Ihm fiel wieder ein, dass Frau Haber von einer Hochzeit geredet hatte und er wendete sich Efin zu. "Was hat deine Mutter eigentlich mit der Hochzeit gemeint?" Efin wirkte verlegen als er antwortete: "Hier ist es so, dass Kinder verschiedener Familien kurz nach ihrer Geburt verlobt werden. Sie sehen sich bis zu ihrer Hochzeit dann nicht mehr." - "Du hast eine Verlobte?" Efin ließ den Kopf hängen. "Ja." - "Hast du nicht versucht, diese Verlobung rückgängig zu machen?" Efin schüttelte traurig den Kopf. "Selbst wenn ich zu dem Zeitpunkt gewollt hätte, wäre es unmöglich gewesen. Es wäre gegen die Tradition." - "Und was passierte dann?" Efin sah Karl traurig an. "Ich bemerkte, dass mir etwas fehlte und ich wusste nicht was. Um meiner Hochzeit zu entgehen meldete ich mich zum Forschungsteam." - "So kamst du also auf unsere Welt." - "Ja, und dort habe ich dich dann kennen gelernt und plötzlich wusste ich, was mir gefehlt hatte, und ich wusste, dass ich nicht mehr nach Hause zurückkehren konnte. Denn es wäre einem Traditionsbruch gleichgekommen." "Aber du bist doch hier." - " Ja, und ich befürchte, dass es ein großer Fehler war." - "Warum hast du deinen Eltern nicht von unserer Beziehung erzählt?" Efin ließ den Kopf hängen. "Ich wollte meine Mutter nicht enttäuschen... denke ich zumindest." - "Ich finde, du solltest es jetzt richtig stellen, bevor die mit den Hochzeitsvorbereitungen fertig sind." - "Meinst du wirklich?" Mit Hoffen und Bangen sah Efin Karl an. Dieser grinste. "Klar doch, und ich werde dir dabei helfen." Karl fasste Efin an der Hand. "Los jetzt. Es bringt nichts noch länger zu warten." Karl nickte Efin aufmunternd zu. "Wir packen das schon."
Vor Efins Haus hatten sich ein paar Leute eingefunden, die auf Efins Rückkehr ganz offensichtlich gewartet hatten, denn sie bereiteten den beiden einen feuchtfröhlichen Empfang. Karl spürte, dass Efins Unsicherheit wieder wuchs und drückte aufmunternd seine Hand. Dankbar sah Efin ihn an.
Dann kamen sie an die entscheidende Stelle. Efin verharrte vor dem Eingang, in der einen Hand den Türgriff und mit der anderen klammerte er sich schon fast an Karl. Er musste sich selbst zwingen einzutreten. Von innen konnte er Stimmen hören. Es waren drei, was ihn erneut kurz zögern ließ. Doch dann öffnete Efin die Tür und trat mit Karl ein. Augenblicklich verstummten alle Gespräche im Raum und mehrere Augenpaare richteten sich auf die Neuankömmlinge. Irgendwie war Karl bei der ganzen Sache doch Unwohl, doch jetzt konnten sie eh nicht mehr zurück. "So früh schon zurück? Ich dachte..." - "Bitte, Mutter, setz dich. " - "Efin mein Kleiner, was ist denn, du bist ja ganz blass. Du wirst dir doch keine Erkältung geholt haben?" - "Mutter, hör mir nur bitte einen Moment zu..." - "Eine Erkältung so kurz vor der Hochzeit, was wird nur deine Braut dazu sagen?" - "Wegen meiner Hochzeit möchte ich ja grade mit dir reden." - "Du brauchst keine Angst davor zu haben, dein Vater, deine Schwester und ich haben dafür gesorgt, dass es euch an nichts fehlen wird. Dein Kollege ist übrigens auch recht herzlich eingeladen." Über Karls Rücken verlief eine Gänsehaut. "Mutter," Efin schluckte sichtlich: "Ich möchte diese Heirat nicht, denn ich bin schon mit Karl zusammen." Jetzt war es raus und mit einem Mal herrschte Totenstille im Raum. "Er ist doch dein Arbeitskollege, oder?" kam die vorsichtige Frage von Frau Haber. "Er ist mehr als das, er ist derjenige, mit dem ich den Rest meines Lebens verbringen will." Karl sah, wie Efins Mutter Tränen ins Gesicht stiegen und sie tat ihm auf einmal leid. Was für ein Schock Efins Offenbarung wohl für sie gewesen sein musste.
"Hast du dir diesen Schritt auch wirklich gut überlegt?" mischte sich jetzt auch sein Vater ein, während er näher trat und seiner Frau tröstend die Hände auf die Schultern legte. Seine Schwester stand stumm in der dunkelsten Ecke des Raumes, in die sie sich nach Efins Worten begeben hatte. Karl meinte ein leises Schluchzen von dort zu hören. Efin nickte nur. Er war nicht mehr in der Lage noch ein Wort zu sagen. "Dann lasst uns jetzt bitte einen Moment allein. Wir haben etwas zu bereden." So wurden Karl und Efin erst mal vor die Tür gesetzt. Überraschenderweise hatte sich der Pulk von Leuten, die ihnen eben noch einen freundlichen Empfang beschert hatten, zerstreut. Draußen wirke Efin ziemlich erleichtert, obgleich sich in seinen Augen noch so etwas wie Unsicherheit und Schuldbewusstsein widerspiegelte. "Was ist denn los?" fragte Karl Efin, als er sich dessen Blick bewusst wurde. "Ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee gewesen ist. Mutter musste in letzter Zeit ziemlich viel aushalten und jetzt weiß ich nicht, ob sie mein Geständnis verkraftet." - "Nach meinem ersten Eindruck ist deine Mutter eine sehr willensstarke Person. Wenn wir ihr etwas Zeit geben, wird sie sicher damit zurechtkommen." Karl merkte wie seine Worte Efin wieder etwas beruhigten. Als nächstes wurde er sich einer Bewegung bei seiner rechten Hand bewusst. Als er herabblickte sah er Efins Hand. Er ergriff sie, dann schwiegen beide und warteten.
Die Sonne war bereits untergegangen, als die Tür zu Efins Haus wieder geöffnet wurde. Die beiden sahen zur Tür. Dort stand Efins Schwester. Sie hatte leicht gerötete Augen und wechselte nun mit einigen anderen Leuten Worte um sie dann fortzuschicken. "Ihr sollt wieder reinkommen," meinte sie nur knapp und verschwand wieder im Inneren des Hauses. Karl und Efin folgten ihr durch die offene Tür.
Drinnen herrschte diesige Dunkelheit. Jemand hatte alle Fenster verhangen. Nur noch der brennende Kamin und Kerzen, die im Raum verteilt waren, spendeten Licht. Karl merkte wie sich Efin neben ihm verkrampfte. Was hatte das zu bedeuten? Unsicher ließ er seinen Blick zu Efin schweifen. Dessen Gesicht hatte jegliche Farbe verloren und sein Atem ging schwer. Karl war entsetzt, denn er konnte sich keinen Reim auf die Dinge machen, die da grade passierten. Eine innere Stimme riet ihm diesen Raum umgehend zu verlassen, doch Efins Hände klammerten sich an seiner rechten Hand so fest, dass es schon wieder weh tat. "Was ist los," wollte Karl von Efin erfahren, doch er wurde unterbrochen. "Schweig still und unterbrich die Zeremonie nicht!" - 'Was für eine Zeremonie?' fragte sich Karl in Gedanken, blieb aber stumm. Leises Singsang erfüllte den Raum. Karl hatte ein äußerst ungutes Gefühl bei der Sache.

Er wusste nicht wann, aber irgendwann musste er das Bewusstsein verloren haben, denn als er erwachte, fand er sich in einem fremden Bett, in einem fremden Zimmer wieder. Verwirrt richtete er sich auf. Als im Effekt daraus die Decke verrutschte und kühle Luft an seiner Brust vorbeiwehte, bemerkte er erst, dass er vollkommen nackt war. In Panik sah er sich im Raum um, konnte seine Kleidung jedoch nirgendwo ausmachen. Ausgerechnet klopfte jetzt auch noch einer an die Tür und trat dann ohne zu zögern ein. Hastig zog Karl die Decke bis zum Kinn hoch, als er Efins Schwester erkannte. Diese sah ihn ziemlich belustigt an. Karl errötete leicht. Ihm war die Sache doch etwas peinlich. "Auch schon wach? Zieh dir was an, du wirst bereits erwartet." Sie warf Karl seine Sachen aufs Bett und verschwand wieder. Zu seiner Überraschung musste er feststellen, das diese Sachen seine eigenen waren. Sie waren gewaschen und gebügelt worden. Hastig zog er sich an. Was war letzte Nacht nur passiert? Ihm fehlte jegliche Erinnerung. Zögernd öffnete er die Tür. Dahinter erstreckte sich ein langer Gang, der in einer Treppe endete. Von unten her konnte Karl Stimmen hören, was ihn im ersten Moment innehalten ließ. Langsam, darauf bedacht so wenig Lärm wie möglich zu machen, stieg er die Stufen hinab. Die Stimmen waren hitzig am diskutieren, doch dann verstummten sie und die Tür wurde geöffnet. Karl wich einige Stufen nach oben zurück. Efin trat aus der Tür. Er hatte Karl wohl nicht bemerkt, denn er wandte sich Richtung Tür und schickte sich an das Haus zu verlassen. Er wirkte auf Karl unnatürlich blass und sein Gang war schwankend. Hastig überwand er die restlichen Stufen und schloss zu Efin auf. Als er seinem Partner die Hand auf die Schulter legte, bemerkte er erst, dass diese bebte. Mit sanfter Gewalt drehte er Efin zu sich um. Der Anblick schockierte ihn. Tränen liefen über das Gesicht seines Partners. "Was ist passiert", wollte Karl von ihm wissen, doch Efin schüttelte nur den Kopf und blieb stumm. "Bitte lass mir etwas Zeit." Efin entwand sich aus Karls Griff, schlüpfte durch die Tür und schloss sie hinter sich. Karl wollte hinterher, doch die Stimme von Herrn Haber ließ ihn innehalten. "Wie ich sehe, sind sie endlich aufgewacht." Karl drehte sich um. "Dürfte ich sie zu uns bitten, sie haben doch sicher Hunger."
Als Karl durch die Tür trat, bemerkte er, dass sich scheinbar alle anderen Mitglieder der Familie in der kleinen Küche versammelt hatten. Sie saßen am Küchentisch, auf dem ein reichhaltiges Frühstück stand. Karl wurde zu einem freien Stuhl gelotst und setzte sich nieder. Die Tochter bot ihm Brot an, und es endete damit, dass er von allen Seiten bemuttert wurde. Sie drängten ihm das Essen zwar nicht auf, aber sie achteten schon darauf, was Karl so aß. Irgendwie fühlte sich Karl bei der ganzen Sache äußerst unwohl und beobachtet und er war froh als er das Frühstück beendet hatte und sich mit einigen Worten des Dankes verabschieden konnte. Er kehrte nicht in das Zimmer zurück, sondern verließ das Haus. Zu seiner Enttäuschung musste er feststellen, dass Efin nicht vor dem Haus war. Karl folgte dem Weg, bis er auf ein großes Plateau trat. In drei Richtungen fielen die Felsenwände nach unten ab und Karl fand keine Möglichkeit hinabzusteigen. Als sie am Vortag mit dem Drachen hier angekommen waren, hatte er zu sehr mit seiner Übelkeit zu kämpfen gehabt, als dass er bemerkt hatte, dass man diesen Ort nicht zu Fuß verlassen konnte. Etwas verstimmt wegen dieser Erkenntnis ließ er sich auf einem Stein nieder, der etwas abseits stand. Von dort aus hatte man einen guten Ausblick auf die weitere Umgebung. Unter ihm, in den Tälern, zog fädriger Nebel dahin. Wege, Bäume, Äcker und kleine Gehöfte bestimmten das Landschaftsbild. In der Ferne meinte Karl einen kleine See zu erkennen. Die Sonne stand schon hoch am Himmel. Karl zwinkerte, hatte er was im Auge, oder warum sah er zwei Sonnen. Gestern war ihm das überhaupt nicht aufgefallen.
Karl rutschte den Stein hinab, und nutzte ihn als Rückenlehne. Er schloss die Augen. Irgendwie war das ganze doch etwas zuviel für ihn. Obwohl er es nicht öffentlich eingestehen würde, aber er sehnte sich plötzlich danach im Büro zu sitzen und einfach nur seinen Job zu machen.
Karl erwachte, als ein Schatten über sein Gesicht fiel. Langsam öffnete er die Augen. "Efin?" Der Schatten, der über ihm hing, fing an zu lachen. "Nicht ganz." Karl kniff die Augen zusammen um gegen das Sonnenlicht besser sehen zu können, es war Efins Schwester. "Wo ist er?" - "Er wird wiederkommen, wenn die Zeit gekommen ist." - "Was meinst du damit?" - "Du wirst es begreifen, wenn die Zeit gekommen ist." - "Was soll das heißen?" - "Du wirst es erfahre, wenn..." - "Lass mich raten, wenn die Zeit gekommen ist." Efins Schwester nickte. Karl stöhnte. Das hatte ihm jetzt noch gefehlt. Rätselspiele. Sein Gesichtsausdruck brachte Efins Schwester zum Lachen. "Ich heiße übrigens Chiriko. Nenn mich ruhig Chi." - "Ein exotischer Name." Chi zuckte mit den Schultern. "Ich habe ihn gehört, und er hat mir gefallen. Da hab ich ihn angenommen." Karl verstand nicht und Chi fing wieder an leicht zu lachen. "Ich sehe schon, Efin hat dir nicht sonderlich viel von uns erzählt. Nun ich glaube, das kann man ändern." Chi half Karl auf die Beine. "Am besten fangen wir damit an, dass ich dir mal unser Land zeige." Karl sah sie fragend an. "Efin hat mir erzählt, dass du nicht fliegen kannst und da dir offensichtlich der Ritt auf einem Drachen nicht so recht bekommt..." Karl wurde schon flau im Magen, wenn er nur an den gestrigen Tag dachte. "...ist das wohl die beste Alternative." Chi ging zu der einzigen Felswand, die auf dem Weg zum Haus bestand. Was sie genau dort tat, konnte Karl von seiner Position aus nicht sehen. "Du kannst den Aufzug nehmen." - 'Welcher Aufzug?' Karl trat zu Chi. Ein Stück der Wand war zur Seite geglitten und enthüllte einen Schacht, der senkrecht nach unten führte. Wo war die Kabine? "Einfach nur reingehen." Chi gab Karl einen Schubs, dass dieser in den Schacht stolperte. Er hatte sich schon darauf vorbereitet hinab zu stürzen, doch zu seiner Verwunderung verharrte er in der Luft. Er war froh, dass Chi sein Gesicht jetzt nicht sehen konnte. Eher unbewusst riskierte er einen Blick nach unten und bereute es sofort. Er stand im Nichts und der Boden des Schachtes war nicht zu sehen. Chi war unbemerkt neben ihn getreten und grinste leicht. "Wir benutzen den Aufzug nur selten", meinte sie salopp und im nächsten Moment glaubte Karl zu wissen warum. Er konnte sich einen Schrei nicht unterdrücken, als er den Schacht, nach seinem Empfinden ungebremst hinabstürzte. 'Wollen die mich umbringen?' dachte er nur, als der Boden in einem Affenzahn auf ihn zukam. Doch da bemerkte er, dass sein Fall stetig langsamer wurde, bis er schließlich langsam mit seinen Füßen auf dem Boden aufsetzte. Doch so recht wollte sein Stehvermögen nicht mehr. Seine Beine schienen aus Gummi zu bestehen, so dass er sich an der Wand festhalten musste. "Was war denn das?" Karl gelang es nicht das Zittern aus seiner Stimme zu verbannen. "Nur unser Lift, den wir dann benutzen, wenn einer von uns verletzt ist." - "Du wirst mir sicher nicht verraten, wie er funktioniert?" - "Das wäre zu kompliziert." - "Dachte ich mir schon." Karl war nicht sehr begeistert über diese Antwort. Wenigstens fühlte er sich in soweit besser, dass er wieder normal stehen konnte. Trotzdem verließ er diesen 'Lift' nur mit langsamen Schritten.
Ein längerer Gang führte sie in eine Stallung. Wenigstens sahen die Tiere, die da in den Boxen standen, wie Pferde aus. "Ich hoffe du kannst wenigstens reiten." Chi ging zu der hinteren Wand und nahm zwei Sättel von den Haken. Einen drückte sie Karl in die Hand,und zeigte zu einem der Boxen. "Nimm am besten Wirbelwind. Er ist der zahmste von allen." Karl stöhnte leicht. Das hatte ihm grade noch gefehlt. Er war ja schon froh gewesen bei der Ausbildung im Polizeidienst nicht bei der Reiterstaffel zur Probe gelandet zu sein und außerdem hatte er noch nie zuvor auf einem Pferd gesessen. Irgendwie wurde ihm wieder flau im Magen.
So stand er immer noch vor der Box, als Chi mit ihrem Pferd aus einer anderen heraustrat. Sie grinste leicht, drückte ihm die Zügel ihres Pferdes in die Hand und nahm ihm den Sattel ab. "Halt mal Tsunami. Ich mache Wirbelwind für dich fertig." Chi verschwand in der Box und trat einige Minuten später mit dem gesattelten Pferd heraus. Sie nahm Karl die Zügel von Tsunami aus der Hand und sah ihn herausfordernd an. "Na dann sitz mal auf." Karl sah sie entgeistert an, so dass Chi erneut grinste. "Wohl auch noch nie auf einem Pferd gesessen, oder?" Langsam wurde es Karl doch etwas zuviel. Er schlidderte hier von einer Peinlichkeit in die Nächste. "Versuchs mal da drüben." Chi deutete auf eine kleine Erhöhung im Boden. "Ich warte mit Tsunami draußen." Sie führte Tsunami zum Tor und öffnete es. Dann angelte sie nach dem Steigbügel und schwang sich elegant in den Sattel.
Es dauerte noch eine ganze Weile, bis Karl den Stall verließ. Er saß ziemlich wacklig im Sattel, versuchte dieses aber zu verbergen. Warum gab es hier eigentlich keine Autos, dachte er bei sich. Chi war mit Tsunami auf dem Pfad, der von dem Stall wegführte, schon etwas vorgeritten, und kehrte nun zu Karl zurück. Sie zog Karl nicht damit auf, dass er völlig falsch im Sattel saß. Manchmal war ausprobieren die beste Möglichkeit etwas zu lernen. Er würde es schon merken, was er falsch machte. Chi ritt erst etwas voraus und ließ sich dann zu Karl zurückfallen. "Wenn es dir nichts ausmacht, wüsste ich gerne mal, was Efin dir über uns erzählt hat." Karl zuckte mit den Schultern. "Eigentlich gar nichts." Chi verdrehte die Augen. "Das sieht ihm mal wieder ähnlich. Große Geheimnisse um alles machen müssen. Na, wie wär´s? Ist das Interesse da, etwas mehr über uns zu erfahren?" Natürlich wollte Karl mehr wissen und so fing Chi an zu erzählen, während sie weiter dahinritten. "Zum besseren Verständnis fange ich wohl in der Geschichte an. Ich habe gehört, dass du inzwischen weißt, dass Efin Flügel hat." Chi blickte Karl an, der leicht nickte. "Gut. Nun solltest du vielleicht wissen, dass das nicht bei jedem von uns der Fall ist." Chi erntete damit einen unverständlichen Blick von Karl. Sie fuhr fort, ohne darauf zu achten. "Es gibt drei große Gruppen in unserer Zivilisation. Ursprünglich waren sie voneinander getrennt, und entwickelten sich deshalb auch völlig unterschiedlich. Nur um es einmal grob zu umreißen," Chi hob die linke Hand, "da gibt es die, ihr würdet sie wohl Aquaner nennen, sie leben in den Ozeanen. Sie sind, was das Technische betrifft, das wohl am weitesten fortgeschrittene Volk. Die Botanen, sie versorgen uns mit Erzen und betreiben die Land- und Viehwirtschaft, haben aber mit der Technik nicht sonderlich viel am Hut. Außer wenn es darum geht Anbaumaßnahmen und Erwirtschaftung zu maximieren, da sind sie absolute Meister. Und dann gibt es da noch die Skyner. Das ist die Gruppe, zu der wir gehören. Wir sind die Flieger und haben die Lufthoheit. Wir stellen den Transport von Gütern und den anderen Gruppenmitgliedern sicher. Früher hatten wir auch noch andere Aufgaben, die weitaus weniger angenehm waren und ich bin froh, dass diese nicht mehr existieren." – "Was denn?" Karl blickte Chi an. Diese hatte den Kopf gesenkt und die Augen geschlossen. Sie dachte wohl nicht sehr gerne daran. Er hätte sich am liebsten auf die Zunge gebissen, das hatte er mit seiner Frage nicht erreichen wollen. "Vor dem großen Knall haben unsere Gruppen gegeneinander einen Krieg nach dem nächsten geführt. Viele von uns wurden getötet und mehr als einmal stand eine Gruppe kurz vor ihrer Auslöschung. Doch dann kam der große Knall. Wir wissen nicht was es war, doch sehr viele von uns starben. Die wenigen Überlebenden der einzelnen Gruppen unterzeichneten einen Friedensvertrag, in dem sie ihre Fähigkeiten und Techniken den anderen zum Wiederaufbau zur Verfügung stellten um ein geeintes Volk entstehen zu lassen. Einzelne kleine Sachen, wie zum Beispiel Bräuche oder so blieben erhalten, doch sie wurden so angepasst, das keiner der anderen Gruppen sich in irgend einer Weise dadurch provoziert fühlen konnte. Seitdem herrscht Frieden auf dieser Welt." - "Ihr habt keine Kriege mehr?" Karl konnte das ganze nicht so recht glauben. "Ja. Seit nunmehr 200 Jahren hat es nicht ein Kriegsopfer gegeben." - "Wirklich unglaublich." Karl schüttelte den Kopf.
Schweigend ritten sie einige Zeit nebeneinander her. "Dann ist dieser Lift also von den Aquanern?" Chi grinste. "Nicht nur der, auch die Transportstation und noch diverse andere Dinge."

Karl war froh, als er wieder vom Pferd herunterkonnte. Es war mehr ein abrutschen, als ein absteigen. Jeder Knochen im Leib schien ihm wehzutun. Mit Neid sah er, wie sich Chi von ihrem Pferd schwang. Nachdem sie die Pferde abgetrocknet und getränkt hatten, führten sie diese in ihre Boxen zurück. Steifbeinig wankte Karl hinter Chi her, als sie zum Aufzug ging. Unsicher sah er Chi an, als sie wieder auf dem Grund des Schachtes standen. "Aufwärts", sagte sie nur, und im nächsten Moment landete Karl auf dem Hosenboden während er mit einem Affenzahn nach oben sauste. "Entschuldige. Ich hätte dich vor der Beschleunigung warnen sollen." Chi half Karl auf, der sich den jetzt noch mehr schmerzenden Hintern rieb.
Als sie in das Esszimmer des Hauses betraten, musste Karl zu seinem Bedauern feststellen, dass Efin nicht anwesend war. Als er nach ihm fragte, teilte man ihm mit, dass er zu einer dringenden Sache ins Nachbardorf gerufen worden war. Er würde aber wohl aller Voraussicht nach am späten Abend zurückkehren. Karl begnügte sich mit dieser Antwort und aß mit den Habers zu Abend.
Karl kehrte in das Zimmer zurück, in dem er am Morgen genächtigt hatte. Paul hatte ihm erklärt, dass er auch weiterhin im Gästezimmer schlafen konnte. Karl wollte nicht unverschämt erscheinen und Efins Mutter noch etwas Zeit geben. Darum verzichtete er darauf zu fragen, ob er ab heute zusammen mit Efin ein Zimmer teilen könne. Auf dem Bett lag ein Schlafanzug und ein Bademantel. Die Dinge passten wie angegossen und sie rochen nach Efin.
Karl hatte sich grade ins Bett gelegt, als es an der Tür klopfte. "Herein." Zu Karls Enttäuschung war es nicht Efin, sondern Chi. Sie schaute nur kurz hinein. "Ich soll nur ausrichten, dass Efin heute Abend nicht mehr zurückkehren kann. Trotzdem noch eine gute Nacht." Bevor Karl ihr ebenfalls eine gute Nacht wünschen konnte, hatte sie die Tür wieder geschlossen. Karl ließ seinen Kopf auf das Kissen zurücksinken. Er starrte an die Decke.

Karl hatte schlecht geschlafen. Zum einen, weil er sich in einer völlig fremden Umgebung befand und zum anderen, weil Efin nicht bei ihm geschlafen hatte. Irgend jemand war heute oder gestern wo er wohl etwas geschlafen hatte im Zimmer gewesen. Neue Sachen lagen auf dem Zimmerstuhl beim Bett. Sie schienen ebenfalls von Efin zu stammen.
Am Frühstückstisch erwartete ihn eine neue, doch etwas unangenehme, Überraschung auf ihn. Niemand außer Chi war anwesend. Die Familie sei einkaufen, unterrichtete sie ihn. Sie hätten den ganzen Vormittag Zeit. Chi fragte, ob Karl noch einmal Lust auf einen Ausritt hatte, doch dieser lehnte möglichst taktvoll ab und versuchte das Thema zu wechseln. Er hatte noch genügend Muskelkater von gestern. Das schien Chi zu bemerken und obwohl Karl ihr diese Sache nicht zeigen wollte, fand er sich wenig später und ohne so recht sein Einverständnis gegeben zu haben, auf einer Bank wieder und Chi verpasste ihm eine Massage. Am Anfang versuchte Karl sich noch zu wehren, doch sein Widerstand nahm rapide ab, als er spürte wie gut sie ihm doch tat. Irgendwann schlief er dann ein und erwachte, als ihm ein verführerischer Duft in die Nase stieg. Jemand hatte ihm eine Decke übergelegt. Hastig zog Karl sein Hemd wieder an und schlenderte zur Küche hinüber.
Als er von dort Stimmen von mehreren Leuten hörte beschleunigte er seine Schritte. Offensichtlich waren die anderen vom Einkaufen zurück. Voller Vorfreude, Efin wiederzusehen, öffnete Karl schwungvoll die Tür, nur um sich enttäuscht umzusehen. In der Tat waren die anderen vom Einkaufen zurück. Aber Efin war nicht bei ihnen. Enttäuscht wollte Karl sich abwenden, aber Chi hatte ihn gesehen. Sie rief Karl zu, dass er draußen auf sie warten sollte. Dieser wollte nicht unhöflich sein und folgte der Aufforderung.
Etwa fünf Minuten später, grade als Karl wieder gehen wollte, kam sie aus der Küche. Sie gab ihm einen Wink ihr zu folgen. Karl war überrascht, als er Chis Zimmer zum ersten Mal betrat. Eigentlich hätte er einen solchen Anblick als normal empfinden müssen, das brachte sein Job so mit sich, doch dieses Zimmer war auf seine eigene Art anders. Doch Chi ließ ihm keine Zeit den Grund dafür zu finden. Sie verschloss die Tür hinter ihnen, und irgendwie weckte dies ein mulmiges Gefühl in Karl. Offenbar sah man es ihm an, denn Chi begann zu lachen. "Es ist nicht so wie du denkst," brachte sie zwischen zwei Schnaufern hervor: "Ich bin es nur langsam etwas Leid, immer nur dein betrübtes Gesicht zu sehen, wenn du feststellst, dass Efin nicht bei uns ist. Er hat einen Grund." Ihr Lachen war mittlerweile verstummt, und sie sah ihn mit ernstem Blick an. "Dann erzähl ihn mir bitte." Karls Stimme klang schon fast flehend, als Chi keine Anstalten machte weiterzuerzählen. "Nur keine Panik. Setz dich erst mal." Chi zeigte auf den Stuhl, der in ihrem Zimmer stand. Langsam ließ Karl sich darauf nieder. Chi lehnte sich gegen eine Wand und sah ihn herausfordernd an. "Ich muss dich bitten, dass du das, was ich dir jetzt gleich erzählen werde, nicht nach draußen weitergibst. Ich würde ziemlichen Ärger bekommen und auch für euch hätte es Konsequenzen." Karl nickte nur. Er wollte nun endlich wissen, was da mit seinem Partner passierte. "Efin wird geprüft." Chi wirkte jetzt ganz ernst. "Er muss sich einer Reihe von Prüfungen unterziehen, die er ganz alleine durchstehen muss. Deshalb kannst und darfst du ihn im Moment nicht sehen." - "Warum wird er geprüft? Und wie lange soll das ganze noch dauern?" - "Den Grund darf ich dir im Moment noch nicht nennen, aber warte noch zwei Tage. Dann wird sich entscheiden, was mit euch geschehen wird." Karl fröstelte bei diesen Worten. "Was wäre, wenn Efin die Tests nicht besteht?" - "Nun, in diesem Falle müsste er hier bleiben und dürfte nie mehr in eure Welt zurückkehren." Das war hart und verschlug Karl für den Moment die Sprache.
Als er kurz darauf Chis Zimmer wieder verließ war er sehr schweigsam geworden. Er sagte auch nichts, als Efins Eltern zum Mittagessen riefen. Stattdessen verbarrikadierte er sich für den Rest des Tages in seinem Zimmer. Er musste nachdenken, dafür brauchte er Ruhe.
Natürlich fiel Karls Schweigsamkeit auf und so sprach Frau Haber ihn beim Abendessen darauf an. Karl entschuldigte sich damit, dass er sich nicht gut fühle und gleich schlafen gehen wolle. Sie sah ihn besorgt an.
Karl verließ die Küche und kehrte auf sein Zimmer zurück. Er ließ sich auf das Bett fallen und starrte die Decke an. Gerade als er die Augen geschlossen hatte, wurde zaghaft an die Tür geklopft. Karl richtete sich wieder auf. "Herein." Es war Frau Haber. Sie balancierte ein Tablett auf dem Arm. Hastig stand Karl auf, um ihr das schwankende Ding abzunehmen. "Danke," meinte sie, und ließ sich auf einem Stuhl nieder, während Karl erneut auf dem Bett Platz nahm. Sie ergriff eine der beiden Tassen, die zusammen mit einer Kanne auf dem Tablett gestanden hatte. Karl stellte das Tablett auf den Boden bevor auch er nach der anderen Tasse griff. Ein würziger Geruch stieg ihm entgegen. "Trink ruhig. Der Tee wird dir gut tun." Karl nahm einen vorsichtigen Schluck. Der Tee schmeckte wirklich gut. "Geht es dir auch wirklich gut?" Karl nickte. Er wollte Frau Haber nicht unnötig beunruhigen. Sie musterte ihn kritisch und Karl fühlte sich unter ihrem Blick leicht unwohl. "Ich meine es wirklich. Ich gehe heute einfach mal etwas früher schlafen. Dann geht es mir morgen sicher wieder besser." Karl versuchte ein Lächeln auf sein Gesicht zu legen und war froh als dies die erhoffte Wirkung zu haben schien. Sie beruhigte sich etwas und Karl gelang es sogar das Thema zu wechseln. So redeten sie noch einige Zeit, bis Frau Haber beschloss selbst schlafen zu gehen. Karl hatte nun auch wieder etwas mehr über Efins Heimat erfahren können. Die Aquaner hatten ohne es zu ahnen, bei ihrem Forscherdrang vor Jahren ein Tor erschaffen, was in eine andere Welt führte. Am Anfang hatten sie nicht so recht gewusst, ob sie es erhalten oder zerstören sollten. Nachdem man ein Treffen der Gruppen einberufen hatte, wurde beschlossen, die Welt, die da hinter dem Tor lag, zu erkunden. Hierzu wurde eine Gruppe von Freiwilligen hinübergeschickt, die eine Rückhol-Station erbauen sollten, da der Weg im Moment nur in eine Richtung führte. Zuerst wurde nach einem idealen Ort und dann nach Freiwilligen auf beiden Welten gesucht. Eigentlich war es Efins Mutter unbegreiflich, wie sich ihr Sohn für solch eine gefährliche Sache hatte melden können. Doch sie war nun erleichtert, dass es ihm dabei so gut ging.

Karl hatte lange geschlafen. Er war erwacht, als die große Sonne schon hoch am Himmel stand. Karl fühlte sich ausgeruht und fast beschlich ihn der Eindruck, dass da vielleicht etwas im Tee gewesen war.
Nachdem er sich angezogen hatte, ging er langsam die Treppe zum Erdgeschoss hinab. In der Küche war niemand, ebenso wenig im Wohnzimmer. Als Karl zögerlich gegen Chis Zimmertür klopfte erfolgte ebenfalls keine Reaktion. Karl war offensichtlich wieder allein. Etwas unschlüssig verharrte er im Flur und überlegte. Dann ging er zur Tür und verließ das Haus. Mit schnellen Schritten kehrte er zu dem Plateau zurück. Er ließ sich wieder am gleichen Stein nieder und ließ seine Blicke über die Landschaft gleiten. Obwohl Karl es öffentlich sicher nicht gesagt hätte, doch er langweilte sich schier zu Tode. Viel lieber würde er jetzt etwas mit Efin unternehmen. Er seufze und stand wieder auf. Karl hatte beschlossen, jetzt mal auf eigene Faust los zu ziehen. Er tastete die Wand ab. Dieser Öffnungsmechanismus für den Lift müsste doch zu finden sein.
Er brauchte trotzdem fast eine halbe Stunde, bis er ihn fand. Was danach kam, war dann relativ simpel. Karl schwor sich nur, dass er sich an das kontrollierte Fallen nie gewöhnen werden würde. Er hatte jetzt die Möglichkeit zu reiten, entschied sich aber mit einem schmerzhaften Gedanken an sein Hinterteil recht schnell dagegen. Ein ordentlicher Spaziergang war ja auch nicht zu verachten. So zog Karl einfach mal drauflos.
Am Anfang war das Gelände eben, doch es bekam nach einiger Zeit einen sanften Anstieg. Auf dem Rücken der Pferde hatte Karl das gar nicht so recht mitbekommen. Zu Fuß machte es sich jedoch nach einiger Zeit bemerkbar. 'Du bist ganz schön aus der Übung,' dachte Karl bei sich, als er nach einiger Zeit kurz innehalten musste, um sich den Schweiß aus der Stirn zu wischen. Vor ihm gabelte sich der Weg. Der linke führte an dem Wald entlang, während der rechte Weg im Wald verschwand. Karl blieb einen Moment stehen, und überlegte, wohin er sich wenden sollte. Sie waren mit den Pferden am Wald entlang geritten, und so beschloss Karl nun den Wald zu Fuß zu erkunden.
Der Weg wurde immer schmaler, verzweigte sich immer wieder und wurde schließlich zu einem besseren Trampelpfad, der nach einiger Zeit in einer Wiese endete. Diese verbreiterte sich nach einiger Zeit zu einer Lichtung, durch die ein Bach floss, der sich in der Mitte zu einem kleinen See staute, bevor er seinen Weg fortsetzte. Bei dem See blühten Blumen und Schmetterlinge flogen über die Wasseroberfläche. Langsam ging Karl auf diese idyllische Landschaft zu. Er bemerkte den großen Schatten erst im letzten Moment und warf sich in das Unterholz des nahen Waldes. Dass seine Sachen dabei Schaden erlitten, war Karl in diesem Moment egal. Er war von dem Anblick, der sich ihm auf der Lichtung bot, gefesselt. Ein Drache und sein Reiter waren dort gelandet. Während der Drache im See seinen Durst stillte, stieg der Reiter ab und gab einige Pfiffe von sich. Dann ließ er sich auf dem Boden nieder und lehnte sich gegen seinen Drachen. Karl hatte den Eindruck, dass er auf etwas oder jemanden wartete.
Nach einiger Zeit kam jemand angeflogen, und Karl musste sich ungeheuer beherrschen um nicht zurück auf die Lichtung zu stürmen. Er hatte den Neuankömmling erkannt, doch ihm fielen die Worte von Chi wieder ein. Ein Ast knackte unter seinen Füßen. Sofort ruckte der Kopf des Drachen nach oben und sah in seine Richtung. Auch der Reiter und der andere sahen zu Karl, der Hals über Kopf den Rückzug in den Wald antrat.
Karl rannte blind durch die Gegend, bis er auf eine kleinere Lichtung stieß. Dort ließ er sich ins Gras fallen und starrte in den Himmel. Die Baumwipfel und die Wolken verschwammen in Karls Blick.

Ein bohrendes Hungergefühl weckte Karl aus seinem Schlaf. Als er die Augen aufschlug, sah er im ersten Moment anstelle eines Bettes nur Gras. Karl richtete sich auf und sah sich um. Er erschrak. Wie lange hatte er geschlafen? Die Vorboten der nahenden Dämmerung zogen bereits über den Himmel. Karl sah sich um und fluchte. Er hatte keine Ahnung von wo er gekommen war und wohin er sich wenden musste um wieder aus dem Wald zu kommen. Die Schneise, durch die er vorher gekommen war, war mittlerweile natürlich durch das wieder aufgerichtete Gras verschwunden. Ziellos suchte er die Ränder der Lichtung nach irgend einem Hinweis ab. Die Dämmerung schritt unterdes fort und bald sah Karl nicht mehr genug um eine Suche weiter durchzuführen. Wenigstens hatte er einige Büsche mit Beeren gefunden, die essbar waren, zumindest bei Karl daheim.
Ein Schatten streifte über die Baumwipfel, und als Karl nach oben sah vergas er alles und rief: "Efin! Ich bin hier." Der Gerufene sah herab, machte aber keine Anstalten zu landen. Stattdessen pfiff er durch die Zähne und verschwand dann aus Karls Blickfeld. Im ersten Moment sah Karl ratlos in den Himmel und im nächsten Moment wünschte er sich an einen ganz anderen Ort. Er wich bis an die Baumgrenze zurück. Ungläubig blickte er nach oben, die hatten doch nicht wirklich vor hier zu landen. Selbst Karl musste eingestehen, dass der Drache auf dieser Lichtung nie und nimmer landen konnte. Die Lichtung war viel zu klein. Dann geschah etwas, was Karl für sein Leben wohl nie wieder vergessen würde.
Sie landeten wirklich nicht. Stattdessen griff der Drache mit einer seiner Klauen nach Karl. Obwohl er dabei überaus behutsam vorging war das Ganze schon ein Schock für Karl. So war er überaus dankbar, als Efin plötzlich neben ihm auftauchte. "Mach dir keine Sorgen. Sie bringen dich nach hause. Dir wird nichts passieren." Bevor Karl etwas sagen konnte, war Efin schon wieder verschwunden. Hilflos musste er mit ansehen, wie er wieder zu Efins Zuhause getragen wurde. Dort war man in heller Aufregung. Alle Lichter im Haus brannten und man hatte eiligst das Plateau beleuchtet, so dass der Drache auch richtig landen konnte. Vorher setzte er aber Karl noch ab, der sofort von Chi in Empfang genommen wurde. Sie musste ihn stützen, da seine Beine nur aus Pudding zu bestehen schienen. Chi brachte ihn in sein Zimmer, während sich Efins Eltern bei dem Reiter bedankten.
Schwer ließ sich Karl auf sein Bett fallen, jetzt nachdem der erste Schreck verflogen war, bereute er sein eigenmächtiges Tun. "Das war gefährlich. Der Wald ist nicht ohne und dann noch allein... Sogar die Botanen meiden ihn." Chi sah Karl mit strafendem Blick an. Karl sah zu Chi und überlegte, ob es nicht besser sei nach Hause zurück zu kehren und erst zu Ende der Prüfung wieder hier aufzutauchen. Er unterbreitete Chi den Vorschlag etwas ausgeschmückter, doch diese blickte ihn nur entsetzt an. "Wenn du das tust, werdet ihr euch nie wieder sehen. Denk doch mal nach!" Wütend verließ sie das Zimmer und warf die Tür lautstark ins Schloss. Karl schaute betrübt zu Boden. Irgendwie lief heute einfach alles schief. Er hatte Chi überhaupt nicht verärgern wollen. Vielleicht sollte er hinuntergehen und sich entschuldigen. Karl erhob sich und schritt zur Tür.
Er hörte Stimmen aus der Küche, die sich stritten. Sie ließen Karl innehalten, die Hand zum Türgriff ausgestreckt. Mit einem Ruck wurde die Tür aufgerissen und Chi stürmte hinaus. Sie beachtete Karl überhaupt nicht und verschwand laut in ihrem Zimmer. Kurz hinter ihr folgte die Mutter. Diese hielt jedoch inne, als sie Karl sah. Ihr Gesichtsausdruck wechselte blitzschnell. Dann gab sie ihm zu verstehen mit in die Küche zu kommen. Dort saß noch Herr Haber, der mit ernster Miene vor sich hinblickte. Während Frau Haber sich wieder an den Tisch setze, blieb Efin stehen. Er verschränkte seine schwitzenden Finger hinter dem Rücken. Er wollte etwas sagen, aber seine Stimme versagte. Karl räusperte sich. "Es tut mir leid..." Schon wieder versagte Karls Stimme. Er verfluchte sich innerlich dafür. Sonst fiel ihm das Reden doch nie so schwer. Es dauerte noch einige Zeit, bis Karl wieder die Küche verließ. Er hatte sich mit den Eltern ausgesprochen und hoffte, dass sie seine Entschuldigung akzeptierten. Als er an Chis Tür klopfte erfolgte keine Reaktion, weshalb er beschloss sie am nächsten Tag aufzusuchen.

Karl erwachte bei Sonnenaufgang. Er hatte in der letzten Nacht schlecht geschlafen. Als er hörte, dass unten wohl schon jemand auf war, zog er sich an und verließ das Zimmer.
In der Küche war Chi am Herd zugange. Sie war allein. Karl klopfte gegen die Küchentür bevor er eintrat. Chis Kopf ruckte beim Klopfzeichen herum, sie zeigte relativ wenig Begeisterung als sie ihn sah. "Guten Morgen." Sie brummte etwas unverständliches vor sich hin und griff nach einem Holzbrett. Als sie es wieder in Karls Blickfeld schob lagen zwei Spiegeleier auf einem Brot darauf. Sie wies Karl an Platz zu nehmen und stellte das Brettchen vor ihm ab. Dabei sagte sie die ganze Zeit kein Wort. Das Frühstück verlief ebenso schweigend. Chi saß einfach nur auf dem Stuhl und sah ihn die ganze Zeit an.
Karl schmeckte das Frühstück überhaupt nicht, doch er hütete sich noch etwas zu sagen, was wohlmöglich falsch verstanden werden konnte. Er war froh, als er fertig war und das Messer weglegen konnte. Doch grade als er sich erheben wollte, brach Chi endlich ihr Schweigen. "Was sollte diese Aktion gestern. Hatte ich nicht gesagt, dass der Wald unberechenbare Gefahren beherbergt? Wenn etwas passiert wäre, Efin hätte mir nie verziehen..." So ging das noch einige Zeit weiter.
Chi machte Karl schwere Vorwürfe. Dieser saß nur schweigend da und wartete auf eine Gelegenheit sich zu rechtfertigen. Er fühlte sich so fehl am Platze und sehnte sich nach seinem Zuhause. Doch die Prüfungen banden ihn an diesen Ort. Jetzt glaubte er auch zu verstehen, warum bisher noch nie jemand aus seiner Welt hierüber gekommen war.
Chis Predigt dauerte noch eine ganze Weile an, und Karl musste hoch und heilig schwören so etwas nicht noch einmal allein zu unternehmen. Dann schien jedoch das Thema für sie erledigt zu sein. Sie ging sogar soweit, dass sie Karl zu einem Stadtbummel in die nächste Stadt einladen wollte. Als Karl wissen wollte wie sie dorthin gelangen sollten, grinste Chi ihn böse an. "Also wir hätten zur Auswahl: Pferde..." Karl verzog das Gesicht. Chi grinste noch mehr. "...Drachen..." Karl wurde kreideweiß, und Chi gelang es nicht ganz sich ein Lachen zu verbeißen. "...oder..." Chi hielt inne. "Was?" Karl sah sie mit einem Blick an, der schon fast an verzweifelte Hoffnung grenzte. "Wir nehmen das Familienauto." Karl fiel fast die Kinnlade herunter. Die hatten auch so etwas ganz normales wie ein Auto? Und niemand erzählte ihm davon! Chi amüsierte sich scheinbar königlich und versuchte dies zu verbergen indem sie hastig die Sachen von Karl abräumte.
Etwa eine halbe Stunde später saßen sie im Auto. Karl hätte es sich auch denken können. Es war kein Auto wie er es kannte. Die Fahrerkabine ließ es zwar aussehen wie eines, aber es hatte keine Räder und bewegte sich auf einem Magnetfeld davon. Angetrieben wurde es scheinbar mit Strom oder etwas ähnlichem, jedenfalls konnte Karl keine Motorgeräusche hören. "Lass mich raten, Aquaner-Technologie." Chi nickte. Nach dem Trampelpfad erreichten sie eine Straße, auf der sie stark beschleunigten. Das Umland huschte bald nur noch schemenhaft an ihnen vorbei und Karl wunderte sich schon, wie Chi es schaffte bei dem Tempo überhaupt auf der Straße zu bleiben, bis er sah, dass sie wohl eine Art Autopilot zugeschaltet hatte, der das Fahren für sie übernahm, denn obwohl ihre Hände auf dem Steuer ruhten, hatte sie ihre Augen geschlossen und döste vor sich hin.

Die Stadt, in die sie fuhren war eigentlich nur ein größeres Dorf. Auch hier wiesen die Häuser einen ganz eigenen Baustil auf, auch wenn er nicht ganz so schlimm war, wie in der Stadt, wo sie angekommen waren. Was wohl auch daran liegen konnte, dass die Häuser nicht allzu hoch waren. Einige von ihnen wirkten sogar recht altmodisch und die Häuser am Rand des Dorfes hatten sogar Ähnlichkeiten mit alten Villen oder Gutshöfen. Obwohl es nur klein war, gab es eine Einkaufsmeile und Karl merkte recht schnell warum Chi ihn zu diesem Trip eingeladen hatte. Er durfte die Tüten halten, während sie shoppen ging.
Das Mittagessen nahmen sie in einem Fast-Foot-Restaurant ein. Karl stellte fest, dass diese sich scheinbar überhaupt nicht von denen unterschied, die er von daheim kannte. Chi klärte ihn auf, dass die auch tatsächlich erst entstanden waren, als man die ersten Besuche auf Karls Welt gemacht hatte. Mittlerweile gab es auch hier ganze Fast-Foot-Ketten. Karl verzog das Gesicht zu einem schmerzlichen Grinsen. Ausgerechnet so etwas nahm sich Efins Volk von seinem zum Vorbild und eiferte es nach. Scheinbar zufällig berührte Chi Karls Hand, der dadurch aus seinen Gedanken gerissen wurde. Peinlich berührt zog Karl seine vom Tisch herab. Irrte Chi sich oder wurde er kurzzeitig leicht rot im Gesicht.
Sie beendeten ihr Essen schweigend. Auch während der Rückfahrt wurde kaum gesprochen. Karl starrte aus dem Fenster und sah der vorbeihuschenden Landschaft zu. Er half Chi noch beim Ausladen des Autos. 
Die Sachen verstaute sie in den Schränken, während Karl wieder auf sein Zimmer zurückkehrte. Er zog sich um und verließ das Haus erneut. Mit dem Aufzug fuhr er wieder hinab ins Tal. Dort machte er sich wieder auf den Weg und lief etwas durch die Gegend. Diesmal achtete er jedoch darauf sich nicht zu weit zu entfernen, um die Habers nicht unnötig zu beunruhigen. Irgendwie musste er noch diesen Tag durchstehen. Er freute sich auf heute Abend. Da sollte Efin ja zurückkehren. Dann würde Chi vielleicht auch endlich aufhören ihm die ganze Zeit schöne Augen zu machen. Irgendwie hatte er Skrupel Chi direkt ins Gesicht zu sagen, dass sie ihn in Ruhe lassen sollte. Das lag unter anderem halt auch daran, dass es Efins Schwester war. Karl seufzte. Er blickte in den Himmel. Die zwei Sonnen ließen nur eine ungefähre Einschätzung der Zeit zu. Er bereute es seine Uhr daheim gelassen zu haben.
Ein Blitzen von der Spitze des Berges, wo das Haus stand, ließ Karl den Blick nach oben heben. Jemand stand auf dem Plateau. Wegen der Entfernung konnte Karl nicht genau erkennen, um wen es sich handelte, doch als er winkte, erwiderte die Person die Handbewegung. Karl setzte seinen Weg fort. In der Nähe des Berges befand sich ein kleiner Bach, der sich durch die Wiese schlängelte. Da es immer noch ziemlich warm war, suchte sich Karl erneut einen Stein und setzt sich damit ans Ufer des Baches. Er starrte auf das fließende Wasser und bekam nicht mit, wie er Gesellschaft erhielt. Erst als er leicht berührt wurde, zuckte er zusammen und drehte seinen Kopf herum. Innerlich stöhnte er leicht auf. Es war Chi. Sie hatte sich ebenfalls umgezogen, und die neuen Klamotten waren luftiger, als die vom Vormittag. Merkte sie nicht, dass Karl nichts mit ihr anfangen wollte? Chi ließ sich neben Karl ins Gras fallen und griff wie durch Zufall nach Karls Hand. Dieser zog sie zurück. Karl stand auf. Chi sah überrascht zu ihm hoch. "Warum willst du schon wieder gehen. Es ist doch so schön hier." - "Schön ja, aber mir ist etwas kühl, ich gehe mir lieber vorsorglich einen Pullover holen." - "Warte, ich komme mit." Chi stand auf und trat neben Karl, dem das ganze überhaut nicht recht war. Aber er ließ sich nichts anmerken. Gemeinsam mit Chi kehrte er zum Haus zurück.
Er war sich der Blicke von Efins Eltern durchaus bewusst, die sie entdeckten als sie aus dem Lift traten. Sofort versuchte sich Chi bei ihm einzuhaken, was Karl mit einem geschickten Manöver schon im Ansatz vereitelte. Das fehlte jetzt noch. Karl war froh als sie das Haus erreichten und er sich in sein Zimmer verziehen konnte. Dort überlegte er, wie er den Rest des Tages verbringen konnte, ohne Chi noch einmal über den Weg zu laufen. Irgendwie war sie ihm auf einmal viel zu aufdringlich. Da musste doch was dahinter stecken.
Während Karl auf seinem Bett saß und nachdachte, fiel es ihm plötzlich wie Schuppen von den Augen. Warum hatte er nicht schon früher daran gedacht. Was wäre, wenn nicht nur Efin geprüft würde, sondern auch er. Warum hatte er diese Option überhaupt nicht in Betracht gezogen? Karl fluchte lautlos. Wie viel musste er in den letzten Tagen falsch gemacht haben? Es konnte doch gut möglich sein, dass Chis derzeitiges Verhalten auch ein Test darstellte. Karl stand auf und fing eine unruhige Wanderung durch das Zimmer an. Er musste schleunigst einen Weg finden, wie er eventuelle Fehler ausbügeln konnte und bei den Habers ein besseres Bild von sich hinterließ. Karl setzte seine unruhige Wanderung fort, bis jemand an die Tür klopfte. Im ersten Moment hörte er es nicht, zu tief war er noch in den eigenen Gedanken versunken. Doch als die Tür geöffnet wurde hielt er abrupt in seinem Lauf inne. Er sah zur Tür, in dessen Rahmen Chi stand. Karl zuckte leicht zusammen. Er hatte wahrlich keine Lust auf eine weitere Anmache. Zumal er ihr hier nicht entkommen konnte, außer er hatte vor aus dem Fenster zu springen.
Doch zu Karls Überraschung machte Chi gar keine Anstalten ihm näher zu kommen. Hatte sie es etwa endlich gemerkt, dass Karl nichts mit ihr wollte? "Du sollst runterkommen." Ihre Stimme klang kühl, aber nicht unfreundlich. Sie drehte sich um, und ging die Treppe hinab. Die Tür hatte sie offen stehen lassen. Karl trat langsam aus dem Zimmer heraus und stieg die Treppen ins Erdgeschoss hinab. Er sah auf die Uhr, die im Flur stand. Es war doch schon kurz vor 18 Uhr. Karl hatte gar nicht mitbekommen, wie schnell der Nachmittag vorüber gegangen war. Die Tür zur Küche war ebenfalls offen, und als Karl hineinsah saßen dort die ganze Familie Haber außer Efin am Tisch.
Herr Haber sah auf, als Karl in die Höhe der Tür trat. Er winkte ihn ins Zimmer hinein. Karl sollte sich auf dem Platz von Efin hinsetzen und schweigen. So saßen sie etwa eine halbe Stunde da, bis Frau Haber sich erhob, den Kühlschrank öffnete und das Abendessen auf den Tisch stellte. Auch während des Essens wurde geschwiegen. Karl verstand nicht ganz, was das ganze sollte. Doch er berief sich darauf, dass er immer noch nicht alle Riten und Sitten von Efins Volk kannte.
Als sie fertig gegessen hatten, wollte Karl Frau Haber beim Abräumen des Tisches helfen, doch sie deutete ihm an sitzen zu bleiben. Als sie den Tisch geräumt hatte, nahm sie erneut platz. Wieder warteten sie schweigend.
Plötzlich klopfte es an die Außentür. Frau Haber stand auf und verließ die Küche. Kurz darauf kehrte sie mit einer Person zurück. Karl konnte nicht erkennen, um wen es sich handelte, da die Person einen langen schwarzen Mantel trug und die Kapuze tief ins Gesicht gezogen hatte. Die Person blieb am Eingang der Küche stehen während Frau Haber wieder am Tisch platz nahm. Immer noch sprach niemand ein Wort.
Chi stand auf und gab Karl ein Zeichen ihr zu folgen. Sie verließen die Küche. Die Person trat zur Seite und hielt den Kopf gesenkt. Trotz der Nähe konnte Karl das Gesicht unter der Kapuze nicht sehen, doch er roch etwas sehr Vertrautes. Wenn Efin sein Rasierwasser nicht gewechselt hatte stand er nun vor ihm. Aber warum trug er diesen Kapuzenmantel? Karl schreckte zusammen. Eine schreckliche Ahnung beschlich ihn. War er oder Efin etwa bei den Prüfungen durchgefallen? Ein Kloß bildete sich in Karls Hals und er musste heftig schlucken. Unbewusst senkte er seinen Kopf und schlich hinter Chi her, direkt in ihr Zimmer. 
"Hier, zieh das an." Chi warf Karl etwas zu. Er war so überrascht, dass er im ersten Moment nicht reagierte und das Geworfene zu Boden fiel. Karl bückte sich und hob es auf. Es war ein Bündel aus Stoff. Als Karl es auseinander faltete kam ein weiterer Kapuzenmantel zutage. Er war ebenfalls in Schwarz gehalten. Verwirrt blickte Karl Chi an. Doch diese hielt sich nur warnend den Finger and den Mund. "Keinen Ton. Zieh es einfach an und dann folge mir." Chi wartete noch, bis Karl den Mantel übergestreift hatte, dann verließ sie ihr Zimmer wieder. Sie wartete jedoch draußen und als Karl ebenfalls auf den Flur trat, griff sie nach der Kapuze und zog sie ihm über den Kopf. Sofort wurde es dunkel um Karl, nur ein kleiner Spalt vom Fußboden war noch sichtbar. Chi ergriff ihn am Arm und führte ihn zurück. "Erst wieder runternehmen, wenn wir es sagen," raunte sie ihm dabei ins Ohr. Sie führte ihn zurück zur Küche, doch jetzt durfte er sie nicht mehr betreten. Chi verweigerte ihm mit erhobenem Arm den Zutritt. So musste er so wie Efin vor der Tür stehen bleiben. Durch die tief ins Gesicht gezogene Kapuze konnte Karl nicht genau sehen, was da in der Küche vor sich ging. Nach dem Geräuschpegel zu urteilen musste aber einiges im Inneren des Raumes passieren.
Nachdem die Geräusche verstummt waren, wurde Karl in die Küche geführt. Sie war abgedunkelt. Jemand stimmte einen Singsang an und kurz darauf fielen Efins Eltern und Chi in den Gesang mit ein. Karl wurde etwas schwummrig, doch das Gefühl verschwand fast genauso schnell wieder, wie es gekommen war. Jemand zog Karl endlich die Kapuze vom Gesicht. Der Raum wurde wieder schummrig von Kerzenlicht erleuchtet. Er stand neben Efin, der nun auch von Chi die Kapuze zurückgezogen bekam. Der Tisch war verrückt worden und grenzte nun die Eltern von Karl und Efin ab. Eine dritte Person stand noch zwischen den beiden Habers. Es war eine Frau und als Karl noch einmal seinen Blick zu Efin wand, sah er wie sich dessen Gesichtsausdruck verhärtet hatte. Er kannte diese Frau.
Der Singsang brach ab und Karl sah wieder zu Efins Eltern hinüber. Sie waren etwas zur Seite getreten, so dass die Frau an ihnen vorbei gehen konnte. Sie ging um den Tisch herum und baute sich vor Efin auf. In ihren Augen lag etwas Undefinierbares, als sie eine Hand hob und damit Efin sanft durchs Gesicht fuhr, dann zog sie ihn blitzschnell zu sich heran und küsste ihn auf die Lippen. Karl wollte zu Efin treten, doch eine Hand, die sich feste auf seine Schulter legte, ließ ihn innehalten. Chi war unbemerkt hinter ihn getreten und hielt ihn zurück. Sie ging sogar soweit, dass sie ihn etwas zurückzog. Karl war erschreckt. War dies etwa ein Zeichen, dass er Efin verloren hatte? Karl stemmte sich gegen Chis Griff. Er würde Efin nicht aufgeben. Doch Chi legte eine erstaunliche Kraft an den Tag, gegen die Karl nicht so recht ankam. Schließlich gab er es auf und blieb stehen. Sofort verlor Chis Griff an Feste.
Unterdessen hatte die Frau sich wieder von Efin gelöst, zu Karls Erleichterung, und war sogar etwas zurückgetreten. Efin schien entsetzt und er trat ebenfalls etwas zurück. Die Hände hatte er leicht erhoben, so als wolle er verhindern, dass die Frau ihm noch einmal zu nahe kam. Doch sie schien mit dem, was sie eben getan hatte, erst einmal zufrieden zu sein. Sie kehrte lächelnd zu Efins Eltern zurück.
"So sei es. So und nicht anders. Heute Abend sollen die Anwesenden bezeugen, was nun geschieht. Die Zeit der Prüfungen ist vorbei. Die Entscheidung ist gefallen. Ein altes Bündnis zerfällt. Ein neues wird geknüpft." Efins Vater hielt in seiner Ansprache inne. Er drehte seinen Kopf langsam, so dass sein Blick über alle Anwesenden schweifen konnte. Irrte Karl sich, oder hielt er bei der Frau und ihm besonders lange inne? Dann sah er wieder seine Frau und dann seinen Sohn an. Er sprach weiter: "Unsere Entscheidung wird nun verkündet. Sie wird endgültig sein. Seit euch dessen bewusst, dass es kein Zurück mehr geben wird." Er schwieg erneut. "Efin, trete vor." Der Angesprochene tat wie ihm befohlen, und ging bis zum Tisch. Dort blieb er wieder stehen. Sein Vater trat auf der anderen Seite erst zum Tisch und umrundete diesen dann, so dass er nun seitlich zu seinem Sohn stand. Er drehte ihn zu sich um, so dass er nun von Karl abgewandt stand. Chi drehte nun auch Karl von Efin weg. Dieser verstand immer noch überhaupt nicht, was das ganze sollte. Mit leichtem Unbehagen registrierte er, wie die Frau wieder um den Tisch herum kam und sich nun zwischen ihn und Efin stellte. Dann begann sie zu sprechen. "Jahre habe ich auf diesen Moment gewartet. Nun ist es also soweit." Sie machte eine Pause. Karl lief es heiß und kalt den Rücken herunter. Warum konnten sie nicht endlich ihre Entscheidung bekannt geben. Er hasste diese Anspannung und die Ungewissheit. "Ich zolle deiner Entscheidung Respekt und werde sie akzeptieren. Es ist dein Wille, du musst auch die Konsequenzen tragen. Es ist ein gewagter Schritt, doch ich möchte euch nicht im Weg stehen. Gehabt euch wohl, und werdet glücklich." Sie lächelte flüchtig. Dann verließ sie die Küche. Hastig entfernten sich Schritte und die Haustür fiel ins Schloss. Karl stockte der Atem. Er hatte seine Augen weit aufgerissen. Das eben gehörte musste er erst mal verdauen, und Karl hoffte, dass er sich da eben nicht verhört hatte. "So sei es nun." Karl wurde schwungvoll einmal um die eigene Achse gedreht. Auge in Auge sah er sich nun Efin gegenüber. Dieser schien die Entwicklung auch noch nicht so richtig verdaut zu haben. Offenbar hatte er mit einem anderen Ergebnis gerechnet. Doch als sich langsam die Erkenntnis durchsetzte, hielt es keinen von ihnen. Sie fielen sich lachend in die Arme. Karl registrierte nicht, wie Tränen seine Wangen hinabliefen. Er war erleichtert. Karl hatte eigentlich schon gar nicht mehr so recht mit einem Happy-End gerechnet. Er bemerkte es nicht, wie die anderen den Raum verließen.
Als Karl am nächsten Tag erwachte, fand er sich im Bett wieder. Im ersten Moment dachte er, er hätte alles nur geträumt, doch als er den Kopf leicht drehte sah er Efin neben sich liegen. Er schlief noch. Ein leichtes Lächeln lag auf seinem Gesicht. Karl sah an die Decke. Ihm war zum Jubeln zumute, doch er beherrschte sich.

Karl verbrachte noch ein paar Tage bei Efins Eltern bevor sie nach Trier zurückkehrten. Allein auf dem Rückweg hatte Efin wieder richtig Spaß, wobei Karl auch nach der Ankunft bei den Brauns noch leicht wacklige Knie besaß. Karl war froh, wenn er diese Möglichkeit des Transportes nicht mehr so schnell in Anspruch nehmen musste. Mit dem Auto kehrten sie nach Trier zurück. Der Alltag wartete schon auf sie.
 

© Pai
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