Der Zirkel von Andreas Widenka |
"Oh, verdammt noch mal!", fluchte Gorek als sein Wagen wieder einmal in einem Schlammloch stecken blieb. Er zog so stark er konnte, doch der Wagen ließ sich nicht bewegen. Er hasste es, wenn er ständig durch diesen Sumpf musste um nach Kleinvardel zu gelangen, aber er hatte keine Wahl. Über die Hügel zu gehen wäre noch anstrengender und außerdem würden seine zerbrechlichen Waren das ständige Holpern nicht aushalten. "Jetzt komm schon..." beschwor Gorek seinen Wagen und tatsächlich löste sich endlich das eine Holzrad aus dem Schlick und er konnte seinen Weg fortsetzten. Vielleicht sollte ich mir einen anderen Beruf suchen... dachte er sich, während er sich zwischen den Tümpeln hindurchschlängelte. Doch er wusste, er würde sich sowieso kein anderes Gewerbe suchen, denn erstens war er der beste Feilscher des Landes und zweitens würde er bald genug Geld haben um sich endlich ein Pferd zu kaufen, mit dem er dann vielleicht sogar den Weg über die Hügel wagen konnte. Aber bis dahin musste er erstmal weiter seinen Karren durch die Sümpfe ziehen. Es war eine gute Woche in Rondrana gewesen. Er war fast alle seine Sachen losgeworden und der Rest würde vielleicht sogar in Kleinvardel seine Käufer finden. Als er schließlich nach vielen Stunden endlich in Kleinvardel angekommen war, zog er seinen Wagen zu sich nach Hause. Er würde morgen mit dem weiteren Verkauf beginnen. Er stellte seinen Wagen unter und legte sich sofort schlafen, froh, endlich die wohlige Wärme seines Heimes wieder um sich zu haben... In der Nacht weckte ihn ein Klopfen, unten an der Tür. Es war sehr laut. Mürrisch nahm er seine Lampe vom Nachttisch und ging hinunter zur Tür. Er stolperte fast über die zerbrochene Treppenstufe. Die muss ich unbedingt auch noch nachbessern lassen. "Wer weckt mich denn so spät abends in der Nacht?" rief er und öffnete die Tür einen Spaltbreit. Draußen stand ein Nachtwächter der Stadt mit einer Fackel in der Hand. "Schnell, ihr müsst mit mir kommen. Der Zirkel wünscht euch zu sehen", sagte der Wächter. Sofort war Gorek hellwach. Der Zirkel? Was konnte diese mächtige Gemeinschaft von ihm wollen? Schnell zog er sich an und folgte der Wache hinaus in die Nacht. Doch sie steuerten nicht sofort auf den Turm zu, in dem der Zirkel seinen Sitz hatte. Vorher gingen sie noch ein wenig weiter an der Stadtmauer entlang und hielten schließlich an einem großen Haus mit Gemüsegarten. Gorek kannte dieses Haus. Es war das Haus von einem seiner Lieferanten. Von ihm kaufte er das Gemüse, das er dann später in Rondrana verkaufte. Die Wache klopfte auch an diesem Haus an und schnell öffnete Rehnord, sein Lieferant. Er war schon völlig angezogen und scheinbar überhaupt nicht überrascht, dass mitten in der Nacht eine Wache an sein Haus klopfte und ihm sagte, dass der Zirkel mit ihm sprechen wolle. Gorek begrüßte ihn und zu dritt gingen sie nun in Richtung des Turmes im Zentrum der Stadt. In dem Gespräch, das Gorek und Rehnord führten, wurde klar, dass Rehnord bereits informiert worden war. Nur Gorek konnte man in Rondrana nicht erreichen und darum war er so überrascht gewesen. Die gemeinen Bürger der Stadt wussten nicht viel über den Zirkel. Es wusste nur jeder, dass der Zirkle großen Einfluss auf den Bürgermeister, ja sogar auf den König des Landes habe. Aber warum er so einflussreich war und was er so trieb wusste niemand so genau. Der Nachtwächter klopfte dreimal mit seiner
Faust an das Portal des Turmes. Ein Türschlitz öffnete sich und
zwei Augen begutachteten die Neuankömmlinge. Dann wurde die Luke wieder
zugeschoben und die Tür ging auf. Der Nachtwächter ging zur Seite
und machte den Beiden mit einer Handbewegung deutlich, dass sie nun alleine
in den Turm gehen mussten. Gorek schritt als erstes durch das Portal, dann
kam auch Rehnord. Donnernd schlug das Portal hinter ihnen zu. In dem Raum
war keine Menschenseele zu sehen. Nur eine Treppe führte höher
in den Turm hinein. Gorek und Rehnord machten sich an den langen Aufstieg
bis sie schließlich in eine Halle traten, in deren Mitte ein steinerner
Bogen stand. Sonst war die ganze Halle leer.
© Andreas
Widenka
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