Spirit of the Teen’s Dark Dreams von Uriel Sakarhim |
"Du nimmst nichts mit!" Dieser eine Satz hatte sich in das Bewusstsein eingeprägt, wie der Geruch der Mutter beim saugen an ihrer Brust, was bereits lange, lange Zeit her war. Und in eines Anderen Leben. Zirka zwei Sekunden in einem mehr als zweistündigen Konzert, doch ihre Existenzialität war enorm. Tröstlich. Tröstlich war, dass alle Menschen, gleichgültig, was sie aus ihrem Leben gemacht hatten, danach von Null beginnen würden... oder auch gar nicht. An der Argumentation des Stückes war durchaus nicht zu rütteln... Und dann war da noch dieses Mädchen gewesen, etwa eineinhalb Köpfe kleiner, weiches, bleichgeschminktes Gesicht mit Lidstrichen und rot gefärbtem Haupthaar, gewandet wie eine Baronesse oder Grafentochter. Sie hatte gelächelt, war nähergekommen und über irgendeine Belanglosigkeit eine Konversation begonnen, die bald vom Thema Tod und Untergang beherrscht wurde. "Hast du Angst davor, vor dem Nicht-mehr-sein, in Ewigkeit?" Sie blickte verwundert auf. Denkfalten bildeten sich auf ihrer Stirn und es war spürbar gewesen, dass sie sich in den erwähnten Zustand hineinfühlte. Ihre Augen gaben noch eher Antwort, als ihre Stimme: Nein, Panik. "Wirklich Panik, ohne Scheiß"; hatte sie durch die zum Hintergrund degradierte Kulisse aus Sackpfeifen- und Geigenweisen geschrieen, "Wirklich mit Herzrasen und Schweißausbrüchen und allem." Und ihre Beine hatten nachgegeben. Nur mit Mühe war sie durch das Gedrängel an die frische Luft zu bringen gewesen. Das Gewicht ihres leichten Körpers selbst hingegen war keinerlei Problem. Kraftlos lehnte ihr Kopf am Oberkörper. Sie ganz sachte wieder auf die Beine stellen... Von der kühlen nächtlichen Sommerluft war sie sofort wieder zu Bewusstsein - oder wenigstens Willen - gekommen, doch das Denken schien erst wieder zurückzukehren, nachdem sie, schwach zwar und aufgestützt, stand. "Was... oh, verdammt", stieß sie wütend hervor und ließ ihre rechte Faust spüren. So weiß war diese zerknüllte Hand, dass es plötzlich zweifelhaft war, ob das Weiß im Gesicht wirklich Schminke war. Sie stieß sich ab und stand gerade und aufrecht, ohne jede Unterstützung. Die Würde, die sie ausstrahlte, war atemberaubend. Zorn funkelte in ihren schwarz-blauen Augen, legte sich aber beinahe augenblicklich wieder. "Entschuldige, du kannst nichts dafür und du kannst es nicht wissen, aber ich habe ein schwaches Herz, was mir Konzertbesuche eigentlich verbietet. And I’m realy very upset whenever this weakness appears to me in the public." Den fragenden Blick gewahrend unterbrach sie sich. "Oh, sorry. Ich gerate manchmal in das Zungenreden, wenn ich aufgeregt bin. Jedenfalls habe ich nicht wirklich ein langes und erfülltes Leben zu erwarten. Und trotzdem peinigt mich der Gedanke an den Tod, ich meine, ich weiß seit meiner Kindheit davon. Also eigentlich genug Zeit, sich daran zu gewöhnen." Sie lächelte kalt und lehnte sich wieder wie Hilfe und Geborgenheit suchend an. "Ich kann dir dieses Schicksal ersparen, wenn du es möchtest." Wieder dieser verwunderte Blick von unten herauf. "Du wärst vom Tod entbunden, weil er dich nicht finden könnte. Du würdest im Traum leben. Für immer. Aber du kannst nicht von dort zurückkehren, denn deinen Körper musst du mir lassen." Hoffnung strahlte jetzt, erst ganz leise, doch dann zunehmend heller, aus ihren Augen. Ihre blassen Wangen zeigten eine leichte Rötung. "Was muss ich dafür tun?" "Hab vertrauen. Lass einfach alles los und wertraue mir" Sie fest in die Arme schließend in die Knie gehen. Ihren Kopf in die eigenen Arme betten. Ein letzter Blick in diese hoffnungsvollen und vertrauensseligen Augen. Dann: Ein Kuss, mit dem die Zeit für sie alle Bedeutung verlor. . "15-jähriges Mädchen
verschwunden!
Nach dem Besuch eines Rockkonzerts tauchte Christîne (15) nicht wieder zu hause auf! Nachdem sie bei allen Freundinnen herumtelefoniert hatte, erstattete die aufgelöste Mutter (41) Vermisstenanzeige bei der Polizei. Ermittlungschef Holger Walter (36): "Wir können ein Verbrechen nicht ausschließen, haben aber noch keine Indizien dafür." Besonders: Christîne leidet an einer Herzschwäche, die regelmäßige Medikamenteinnahme erfordert, ist außerdem in der Gothic-Szene bekannt. Experten vermuten einen Zusammenhang. Lesen sie mehr dazu auf Seite 4. Selbstverständlich wird B*** Sie über die Entwicklung in dem Fall auf dem laufenden halten." Was für ein Käseblatt. Aber immerhin
war der Name der Kleinen Prinzessin nun keine Unbekannte mehr.
"Traumhändler" war die zutreffendste Bezeichnung
für dieses merkwürdige Wesen, welches nun daranging, sich langsam
der schwarzen samtenen Kleidung zu entledigen. Es hatte kein Geschlecht,
keine eigene Form. Wurde geboren aus den Ängsten und Wünschen
Sterbender. Uralt und unendlich einsam. Das heißt, in früheren
Zeiten, bevor die Technik den Menschen die Möglichkeit gab, menschliche
Leben künstlich zu verlängern oder an der Aufmerksamkeit der
Betroffenen vorbei enden zu lassen, waren sie zu Tausenden gewesen. Doch
nun waren sie alle fort. Verhungert. Außer diesem einen. Er existierte
durch einen Tauschhandel mit zum Sterben verurteilten Menschen. Ihnen wurde
das Privileg zuteil, Sterben und Totsein niemals erleben zu müssen.
Dafür verschwanden ihre Körper, deren Gestalt die Traumhändler
annehmen konnten. Doch eine Gestalt hielt nur für eine gewisse Zeit
vor, bevor sie sich verflüchtigte und mit ihr die Existenz des Traumhändlers.
Außer, dass er einen neuen Handel abschließen oder sich sogar
mit Gestalten bevorraten konnte.
Der Spiegel war so alt wie die Traumhändler,
eine Art Erbstück, mit dessen Weitergabe immer eine Warnung verbunden
war: "Schere dich nicht um die Rückseite!" Der Letzte hatte endlose
Nächte damit verbracht, die hölzerne Rückseite des Spiegels
anzustarren, in dem Versuch begriffen, den Grund dieser Warnung zu ergründen.
Nun begann er langsam zu erahnen, was es damit wirklich auf sich hatte.
Es war die Rückseite der Oberfläche, hinter der der Wahnsinn
lauerte wie eine Spinne, für die diese Warnung galt. Der Wahnsinn,
der ihn nun verschlang, sein Sein auflöste, zerfraß, vernichtete.
Slider spürte, wie das Bewusstsein verzehrt wurde, kämpfte verzweifelt
dagegen an, vollzog die mentalen Äquivalente zu Schreien, Geifern
und Umsichschlagen. Doch es war vergeblich.
Und in irgendeinem dunklen Keller irgendwo
auf dem Planeten Erde bildete sich in der Mitte eines schwarzen Spiegels
ein unsichtbar kleines Loch, welches zusehends um sich griff und das Material
schließlich ganz aus dieser Welt genommen hatte.
© Uriel
Sakarhim
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