Wo ein Schuh zur Plage wurde von den Twin-Sisters
Kapitel 2: Wo der Wein ist, ist auch ein Weg

Dethonas stieg aus dem Transrapid. Sein Handy vibrierte. Beiläufig las er die Nachricht seiner Freundin Vaelyinia und schob es zurück in die Hosentasche seiner Cashmeerhose. Er hatte einen Auftrag auszuführen. Der Schuh der Erleuchtung wartete auf ihn. Seine modisch korrekt gestylten schwarzen Haare ragten in den tiefblauen Himmel. 'Es ist nicht gut, dass Vaelyinia allein nach Mallorca geht', seufzte er innerlich. Doch sein Auftrag hatte Vorrang. Hätten die Gobelins letztes Mal die Mission heimlich durchgeführt, wie er es ihnen geraten hatte, dann würde er es jetzt nicht noch einmal versuchen müssen.
Mit dem Transrapid war Dethonas in die Hauptstadt von Sohle gefahren. In Rosenbusch angekommen wand er sich direkt in Richtung Palast. Er würde erst im Dunkeln zuschlagen, aber davor wollte er das Schloss noch einmal ein wenig genauer unter die Lupe nehmen, schließlich hatte er noch keinerlei Ahnung, wie er in das Gebäude hineinkommen sollte. Dethonas lief die breite Hauptstraße entlang. Dort war an diesem Tag Markt. Allerlei komisches Zeug wurde dort verkauft. Die Lebensmittel waren alle vergammelt. Ein alter Mann versuchte doch tatsächlich, ihm etwas von dem Gemüse anzudrehen.
Nach einer Weile traf er endlich auf die Schlossmauer. Dort war eine Einbruchsstelle, durch die die Gobelins hineingekommen waren. Sie war frisch zugemauert worden, mit Steinen, die eine ganz andere Farbe hatten wie die anderen drum herum. Dethonas beugte sich zu den Steinen hinunter und schnüffelte an ihnen. Er erfasste den Geruch von frischem Kaugummi. Es war Brauch, nach einem Einbruch die Schlossmauer wieder mit andersfarbigen Steinen und Kaugummi zuzumachen. Dethonas war das bekannt.
Dann sprang er mit kurzem Anlauf nach oben an die Mauer und lehnte sich hinüber. Dort unten standen Wachen. Fast im selben Moment als er die Wachen erkannt hatte, wurden seine Finger von irgendeinem Zauber taub und er rutschte wieder nach unten und landete auf seinem A... Allerwertesten.
Wütend rieb er sich den und murmelte: "Es hätte mir ja auch irgendjemand erzählen können, dass die Mauern des Schlosses von Rosenbusch mit einem Anti-Feshalt-Zauber belegt sind!" Dann richtete er sich auf und versuchte dasselbe noch einmal an ein paar anderen Stellen, doch wie es schien, waren alle Mauern mit einem Anti-Festhalt-Zauber belegt worden. 'Auf diesem Weg komme ich also nicht ins innere des Schlosses', dachte Dethonas wütend. 'Irgendwie muss es aber möglich sein.'
So suchte Dethonas weiter nach einer Möglichkeit, ins innere des Schlosses zu gelangen. Plötzlich trat er auf eine leere Bananenschale und rutschte entlang der Mauer auf einen Fluss zu. In ihn fiel er dann auch hinein. Der Fluss war tief und breit und Dethonas hatte Glück, dass er sich noch am Ufer des Flusses festhalten und sich wieder emporziehen konnte. Er keuchte und war nun voller... rotem Wasser. Aber das Wasser im Fluss war doch normal blau. Dethonas streckte seine Hand in den Fluss und zog sie wieder heraus... sie war rot, wie der Rest auch. Er schleckte seinen einen Finger ab. Das rote etwas schien Wein zu sein.
"Na... auch schon die Vorzüge des Weines bemerkt?"
Dethonas schreckte nicht auf, als er die Stimme hinter sich hörte. Er kannte sie sehr gut. Das war der alte Dorftrottel, der ihm auf der Hauptstraße altes, vergammeltes Gemüse andrehen wollte. Dethonas meinte, mehr zu sich selbst: "Dann ist das also der Fluss Wein?"
Der Alte nickte und meinte: "Wo der Wein ist, ist auch ein Weg! Ich habe sie schon die ganze Zeit beobachtet, wie sie an den Mauern unseres Schlosses entlang gestrichen sind. Sie haben einen Weg gesucht, um in das Innere zu kommen!" Der Mann lächelte Dethonas an: "Kaufen sie mein Gemüse... oder lassen sie sich von den Wachen verhaften! Es ist ihre Entscheidung!"
Dethonas lächelte in sich hinein: "Weder noch!" Er sprang auf, packte den Alten und schmiss ihn ins Wasser. Dann drückte er ihn unter Wasser. Lange zappelte der Alte und versuchte sich wieder frei zu kämpfen, doch es gelang ihm nicht.
Nach einer Weile erstarb das Zappeln des Mannes. Dethonas hätte den Mann liegen lassen können, doch da kam ihm eine bessere Idee: "Wachen! Wachen!" schrie er.
Die Wachen kamen herbei gerannt. "Was ist geschehen?"
Dethonas meinte ruhig: "Dieser Mann! Er scheint im Wein ertrunken zu sein!" Dethonas deutete auf den Kadaver des Mannes.
Die Wachen zogen den Kadaver heraus.
Dethonas fragte: "Ist dieser Fluss nicht ein wenig gefährlich?"
Doch die Wachen schüttelten ihre Köpfe: "Wenn man schwimmen kann ist es nicht gefährlich! Man kann sogar von hier in das innere des Palastes schwimmen! Unsere kleine Prinzessin, die Nichte von König Heleos, schwamm so gerne darin... aber nun ja... sie ist nun eben tot!"
Dethonas meinte: "Das ist... aber traurig!"
Die Wachen nickten und schnieften traurig. "Sie war so schön..."
Und die andere Wache beendete den Satz: "...grohohohoß!"
Dethonas sah die beiden Wachen mit hochgezogenen Augenbrauen an: "Ihr seid nicht zufällig Zwillinge, oder?"
Der eine meinte: "Doch..." und der andere beendete: "Sind wir!" - "Wir sind..." - "...die Tripletsisters!"
Dethonas meinte abschätzend: "Aber ihr seit doch Männer, oder?"
Die Wachen sahen ihn entgeistert an: "Was für eine..." - "...tiefe Beleidigung!" - "Wir sind..."
"...Transen, die meine Zeit verplempern!" beendete Dethonas wütend den Satz und meinte dann: "Und nun entschuldigt mich! Dieser Fund von diesem im Wein erträn... äh ...ertrunkenen Mannes hat mich sehr mitgenommen! ADE!" Dethonas ging. Er spürte die Blicke der Männer in seinem Rücken und musste grinsen.
Diese riefen ihm noch hinterher: "Falls du mal Interesse hast mit uns ein Pläuschchen zu halten..." - "...frage die anderen Wachen nach den Tripletsisters Schussli und Fussli! Unser Bruder Dussli wird dir gewiss auch gefallen!"
Am Abend kehrte er wieder zu der Stelle zurück, an der er am Tag zuvor den Mann ertränkt hatte. Er sprang ins seichte Wasser und schwamm dadurch ins Innere des Schlosses. Völlig mit der Dunkelheit eins werdend, ein Vorteil für ihn als Alb, schlich er sich den Hof entlang und dann durch endlos lange Gänge. Er sah in das Innere von tausend Seelen und brauchte fast die ganze Nacht, um durch das ganze Schloss zu gelangen. Doch vom Schuh war keine Spur.
Dethonas schluckte. Sein Herr und Meister Huildo Gorn würde das gar nicht gut heißen. Er würde denken, er, Dethonas, hätte gekniffen und wäre überhaupt nicht in dem Gebäude gewesen. Er brauchte einen Beweis.
Er war bei der letzten Tür des Schlosses angelangt. Sechs Hatyins morgens war es. (Hatyins war sowohl die Uhrzeit, wie auch die Währung des Reiches Wo-die-Wege-ein-Ende-finden; eigentlich war es das Wort für alle Dinge die mit Zahlen zu tun hatten.) In diesem Zimmer lag der König persönlich. Neben seinem Bett lag die Krone. Dethonas schlich sich hinein und stahl eine der glänzenden Riesenpantoffeln des Königs. Mit dieser Beute, die dreiviertel so groß war wie Dethonas und darum auch ziemlich viel wog, verließ er das Schloss gerade noch rechtzeitig, denn es dämmerte bereits wieder.
 
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Und schon geht es weiter zum 3. Kapitel: "8A99"

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