Die Syn - Die Seelenschmieden von Surat-Celyton
Kapitel 4

Sie kamen in einen großen Raum. Die Lawachen, die König Lutar trugen, trennten sich von ihnen. Der übrig gebliebene führte sie weiter.
Der Raum war ebenfalls von einer Kuppel umgeben, bloß, dass diese aus massivem Stein bestand. Wundersame, glitzernde Steine in den verschiedensten Farben bildeten Linien, die in gleichmäßigen Linien zueinander verliefen, vom Boden bis zur Kuppel, wo sich alle Linien trafen. Seltsame Fossilien von eigenartigen Lebewesen standen auf Sockeln. Links und rechts waren jeweils fünf dieser Fossilien platziert. Die Steine, aus der der riesige Raum bestand, waren dunkelblau. Zwei Reihen von Soldaten der Lawachen bildeten einen durchgehenden Gang zum nächsten Raum. Ihre Rüstungen schimmerten würdevoll. Zadem schritt durch den Gang. Die Wachen betrachteten ihn argwöhnisch. Dann kamen sie in den Thronsaal. Auf einem großen Thron aus Sandstein, der mit goldenen Muscheln verziert war, saß Kaiser Nechor. Links und rechts von ihm standen zwei Wachen. Die Decke und die Wände bestanden aus lila Bergkristall. Fünf Meter vor dem Thron blieb Zadem stehen. "Du kannst mich jetzt runterlassen!", bemerkte Silvia. Zadem und Silvia verneigten sich vor
dem Kaiser. Erhaben musterte dieser die beiden und befahl ihnen dann mit einer Handbewegung aufzustehen. "Ich habe von eurem Kampf mit dem Nion-Hummer gehört, Bodenläufer!", gurgelte Kaiser Nechor mit tonloser Stimme. "Hättet ihr die Bestie nicht besiegt, dann wären höchstwahrscheinlich noch mehr Lawachen gestorben." "Ich bitte euch, Majestät...", antwortete Zadem. "Ich stehe in eurer Schuld. Deswegen seid ihr in unserer Stadt willkommen und ihr dürft hier solange bleiben wie ihr wollt." "Ich danke euch, Majestät.", antwortete Zadem bescheiden. "Euer Freund wird bereits geheilt!", fuhr der Kaiser fort. Außerdem wäre ich erfreut euch bei meinem Abendessen dabei zu haben!" Zadems Magen knurrte. "Es wäre mir eine Ehre, Majestät!" "Gut.", sagte Kaiser Nechor. "Dann auf bald!" Zadem verneigte sich und wollte gehen. Aus dem Augenwinkel konnte er erkennen, dass Silvia sich nicht verneigte. Sie lächelte kalt. "Kaiser Nechor, ihr heutiges Abendessen werden sie nicht überleben!" Die Wachen von Kaiser Nechor wurden von Wurfdolchen getötet, bevor sie Silvia überhaupt erreichen konnten. "Silvia, was machst du da?", schrie Zadem. "Bleib wo du bist, Zadem. Ich will dich nicht töten!" Zadem verharrte an der Stelle. Silvia lief mit gezücktem Dolch auf Kaiser Nechor zu.
"Du mieser Frosch hast meine Familie getötet!" Silvia atmete schwer. "Das war dein Fehler!"
Kaiser Nechor zog ein gewelltes, mit Saphiren besetztes Schwert hervor und sprang vom Thron hinter Silvia. Er riss sich seinen dunkelblauen Umhang vom Leib und zum Vorschein kam eine Rüstung. Die Rüstung bestand aus purem Saphir. Nur seine Gelenke waren durch Titan geschützt. Silvia und Nechor wurden von Wachen umstellt. "Silvia! Leg deine Waffe nieder!", rief Zadem ihr zu. Silvia ignorierte ihn und zog einen weiteren Dolch. "Du bist bis an die Zähne bewaffnet, nur um mich zu töten? Einen Lawachen?", fragte Nechor höhnisch.
Sie rannte erneut auf ihn zu. Silvia holte mit beiden Dolchen aus und begann König Nechor wie eine Furie zu attackieren. Er parierte alle ihre Schläge mit dem Schwert. In einem günstigen Moment schlug er Silvia den rechten Dolch aus der Hand und nutzte nun die Gelegenheit, um sie zurück zu drängen. "Verdammt! Silvia, gib doch endlich auf!", rief Zadem ihr verzweifelt zu. Nechor gewann mehr und mehr die Oberhand in diesem Zweikampf. Zadem konnte nur zusehen, wie der Kaiser der Lawachen gnadenlos auf Silvia einschlug. Die Soldaten mussten Platz machen, da Nechor Silvia bereits bis an den Rand des Kreises gedrängt hatte. Sie näherte sich immer weiter der Wand hinter ihr. Jetzt schlug Nechor ihr auch noch den anderen Dolch aus der Hand. Ein weiterer Hieb schnitt ihren Umhang auf. Silvia machte einen Satz nach hinten und holte zwei neue Dolche hervor. Jedoch verlor sie gleich wieder den Dolch in ihrer linken Hand. Nun stand sie mit dem Rücken an der Wand. Nechor hieb weiter auf sie ein. Sie wurde mit jedem Schwerthieb schwächer. "Irgendwann müssen ihr doch die Dolche ausgehen!", dachte Zadem hoffnungsvoll. Schweißgebadet hielt Silvia ihren letzten Dolch vor. Kaiser Nechor entwaffnete sie blitzartig mit einem vertikalen Schwerthieb. Nechor senkte sein Schwert und ging auf sie zu. Kurz vor ihr blieb er stehen. Silvia schaute auf den Boden. "Dummes Mädchen!", lachte er leicht. "Du denkst, ich habe deine Familie umgebracht?" Silvia schwieg. "Das geht mir gewaltig auf die Kiemen. Ich weis nicht, wer dir diese Lüge aufgetischt hat!" "Lügner.", flüsterte Silvia. König Nechor hatte sie gehört. Er starrte sie vorwurfsvoll an. "Du bist eine Syn, oder?", fragte Nechor freundlich. Silvia wich seinem Blick aus. "Wahrscheinlich weißt du nicht, dass die Lawachen und die Syn ein Bündnis eingegangen sind?" Silvia hob ihren Kopf. "Was?" "Ja!", antwortete Nechor. "Die Syn sind dafür bekannt magische Gegenstände zu schaffen. Das ganze Volk ist von Magie durchdrungen. Jede Zelle eines Syn ist mit Magie gefüllt. Schon seit Generationen handeln Syn und Lawachen miteinander." Silvia wurde unsicher. "Ich habe nur mein zerstörtes Dorf gesehen. Zwischen den Trümmern entdeckte ich einige Lawachen. Sie klauten unsere magischen Artefakte. Ich war traurig und wütend und habe alle Lawachen dort umgebracht. Dann machte ich mich auf nach Aroch Ren. Ich wusste nicht, wo das Versteck der Lawachen war, aber es musste in der Nähe der alten Stadt sein. Meine Eltern haben mir viel über die Lawachen erzählt. Dann entdeckte ich Zadem. Ich beobachtete ihn eine Weile. Dann sah ich, den Trupp schwarzer Soldaten und kurz darauf den Überfall der Lawachen. Ich folgte ihnen, als sie Zadem und König Lutar fortbrachten in die Kerkergänge. Ich wusste, dass die Stadt der Lawachen nicht weit sein konnte. Meine Eltern erzählten viel über euch und den Palast. Ich dachte, Zadem und König Lutar würden mich unterstützen zum Kaiser zu kommen, wenn ich sie aus dem Kerker befreie!" "Dann hast du uns also nur benutzt?", fragte Zadem nach. Heiße Wut brodelte in ihm. Aber auch Enttäuschung und Trauer sammelten sich. Silvia schwieg. Er sah ihr tief in die Augen. Als er spürte, wie sich Tränen in seinen Augen sammelten, rannte er aus dem Raum. Dabei stieß er einige der Soldaten etwas unsanft an. Als er den Palast verlassen hatte, ging er durch die Straßen und versuchte seinen Ausbruch zu unterdrücken. Doch er schaffte es nicht. Zadem fiel auf die Knie, verdeckte seine Augen mit den Händen und fing an zu weinen. Ein Schmerzensschrei durchbrach die Barriere seiner Lippen und hallte nun durch die ganze Stadt. Er schlug wütend mit seinen Fäusten auf den Boden. Mehrere Lawachen hatten sich schon um ihn versammelt und beobachteten ihn. Dann war es still. Alles schien wie erstarrt zu sein. Die Stimme, die er bereits aus seinem Kampf mit dem Nion-Hummer kannte, sprach nun wieder zu ihm. "Ich sagte dir doch, dass DU sie nicht retten kannst.", sagte die Stimme tonlos. "Aber du kannst es, oder was?", rief Zadem wütend. "Richtig. Aber die eigentliche Frage ist doch wohl: Will ich sie überhaupt retten?" "Was willst du damit sagen?", fragte Zadem und stand nun auf. "Das was ich dir bereits erklärt habe.", gab die Stimme zurück. "Sie wird nicht sterben! Das werde ich verhindern!", versprach Zadem. Die Stimme verdunkelte sich jetzt und begann finster zu lachen. "Du hast deine wahre Bestimmung noch nicht gefunden, Zadem, und dennoch willst du sie retten? Weißt du überhaupt, mit wem du dich anlegst? WENN DU VERHINDERN WILLST, DASS SIE STIRBT, DANN SOLLTEST DU JETZT DAMIT ANFANGEN!" Die Zeit stand nun nicht mehr still. Zadem sah sich genau um.
Dann ertönte ein lautes dunkles Krachen, welches die gesamte Stadt erschütterte. Die Lawachen redeten wild und ängstlich durcheinander. Da neigte sich die gesamte Stadt mit einem Male langsam in die Schräglage. Alle Lawachen liefen nun schreiend umher. "Das ist unmöglich!", dachte Zadem entsetzt und lief so schnell er konnte zurück zum Palast. Die Stadt war mit weiteren Städten verbunden, welche ebenfalls mit Glaskuppeln bedeckt waren. Einer der gläsernen Verbindungstunnel zerbrach splitternd entzwei. Andere der Unterwasserstädte hatten mittlerweile auch schon angefangen sich zu neigen. Endlich hatte Zadem den Palast erreicht. Über ihm brach ein Stück des Palastes ab und fiel auf die Glaskuppel. Das Stahlnetz konnte den stürzenden Gesteinsbrocken grob auffangen, jedoch wurde auch das Glas beschädigt. Risse waren zu sehen. Sie breiteten sich aus wie ein Wurzelgeflecht.
Es war nur noch eine Frage der Zeit bis das Glas nachgeben würde. Zadem lief durch den Palast. Er musste viel Kraft aufwenden um überhaupt vorwärts zu kommen. Er beobachtete, wie sich die Lawachen verzweifelt an steinernen Säulen festhielten. Aufgrund ihrer nassen Haut rutschten sie immer wieder ab. Zadem hörte plötzlich ein ohrenbetäubendes Klirren und dann das gewaltige Rauschen hereinbrechenden Wassers. Zadem irrte durch die Palastgänge. Der Palast begann zu zerbrechen. Gewaltige Steinbrocken flogen knapp an seinem Kopf vorbei. Das Rauschen des Wassers wurde immer lauter. "Zadem!", rief plötzlich eine Stimme. König Lutar kam den Gang hinunter geschliddert. Lutar winkte Zadem herüber, doch irgendwie schaffte er es nicht sich festzuhalten und schlidderte an Zadem vorbei. Die Stadt neigte sich noch stärker und plötzlich stand sie fast senkrecht.
Langsam begann sie im Wasser zu versinken. Draußen hörte er das Geschrei eines Mädchens. "Silvia!", fuhr es Zadem durch den Kopf. "Auch wenn sie uns nur benutzt hat, sie muss nicht gleich mit dem Leben bezahlen!" Zadem hielt sich nirgendwo fest. Er schlidderte im Stehen durch die Palastgänge.
Das Rauschen des Wassers war jetzt ganz nah. Zadem wurde immer schneller. Bald würde er sich im freien Fall befinden. Zadem erreichte den Ausgang des Palastes. Er stürzte direkt in die heran nahenden Fluten. Die dunklen großen Wellen verschluckten schäumend die Stadt. Zadem tauchte ins kühle Nass.
Unter Wasser hörte sich das mächtige Rauschen viel leiser an. Zadem wich den Gesteinsbrocken aus, die ins Wasser stürzten. Zadem schaute auf. Die Stadt hatte sich jetzt mehr als 90 Grad gesenkt und drohte nun auf ihn rauf zu fallen.
"Silvia!", rief er und blickte umher. Als Zadem flüchtig durch die Glaskuppel blickte, sah er, dass die gesamte Stadt in die Tiefe des Meeres sank. Das Wasser in der Glaskuppel stieg immer weiter an. Weitere Risse bildeten sich an der Glaskuppel und an einigen Stellen brachen schon dünne Wasserstrahlen durch. "König Lutar, Silvia und ich werden die einzigen sein, die sterben werden.
Die verdammten Lawachen besitzen ja schließlich Kiemen.", sagte Zadem fluchend, da er nun neidisch auf die Fähigkeit der Lawachen war, was ihre Kiemen anging.
Jetzt schlug die Stadt auf einen gewaltigen Felsvorsprung auf und erzitterte. Die Decke der Glaskuppel, welche sie unter Zadems Füßen befand, zersplitterte und ließ noch mehr Wasser in die Stadt herein. Zadem konnte Silvia nirgends entdecken. Er sah nur einige Lawachen, die umher schwammen. Da erblickte er König Lutar, der zu erfrieren drohte. Schnell schwamm Zadem zu ihm rüber und half ihm sich über Wasser zu halten. "Danke, Zadem. Du hast mir schon wieder das Leben gerettet. Ich bin dir was schuldig.", sagte Lutar dankbar. "Warum seid ihr schon wieder gesund?", fragte Zadem. "Die Lawachen haben mir eine süßliche Flüssigkeit verabreicht!", erklärte der König. "Wo ist Silvia? Verdammt!" "Sie bedeutet dir sehr viel, oder?", fragte Lutar mitleidig. "Ja, mehr als mir lieb ist!" "Wir sollten erstmal einen Ausweg finden!", sagte Lutar und betrachtete mit ängstlicher Miene die Wasserstrahlen, die auf sie nieder regneten. "Wie denn? Wir sind meilenweit unter dem Wasserspiegel. Wir müssten schon Kiemen haben um hier lebendig raus zu kommen.", erklärte Zadem. Das Schwimmen erschöpfte ihn. Zadem suchte Silvia. Er rief nach ihr, doch er bekam keine Antwort. Er hielt König Lutar fest. Eigentlich klammerte sich König Lutar an seinen Arm und Zadem musste viel Kraft aufwenden um nicht unterzugehen. Seine Muskeln wurden langsam lahm. Die Lawachen hatten bereits die Kuppel verlassen. Zadem hatte eine Idee. "König Lutar, es gibt nur noch einen Ausweg! Wir müssen tauchen!" "Tauchen?", antwortete König Lutar mit einem ängstlichen Unterton. "Ja, und wir sollten es sofort tun. Im Glas befindet sich unter Wasser ein Loch über welches wir nach draußen gelangen könnten!" "Könnten?", fragte König Lutar hysterisch nach. Zadem wollte antworten, doch plötzlich erstarrte seine Miene. Das Wasser in der Kuppel war sehr klar und schmeckte leicht salzig. Entweder hatte Zadem zuviel Salz in den Augen oder er hatte wirklich einen großen langen Schatten durch das Loch unter Wasser in die Kuppel schwimmen sehen. "Wir sind nicht allein!", bemerkte Zadem unsicher. "Was?", rief der König noch hysterischer. "Mist!", bemerkte Zadem. "Verdammt!" Zadem hatte sich nicht geirrt. Der schwarze Schatten schwamm auf Zadem zu. Gleich hatte es ihn geschnappt. Ein bekanntes Gesicht tauchte aus dem Wasser auf. Es war das wasserschlangenartige Ungeheuer, das Zadem in dem See vor Aroch Ren angegriffen hatte. Diesmal jedoch schaute es nur König Lutar und Zadem an, aber es verzog keine Miene. "Ah, töte mich nicht!", rief König Lutar panisch. "Nimm lieber Zadem, der schmeckt besser! Das ist frisches Fleisch!" "WAS???", schrie Zadem ihn wütend an. Das Ungeheuer regte sich nicht. "Ich glaube, wir sollen uns an ihm festhalten!", und klang dabei so, als hätte er eins der größten Rätsel der Menschheit gelöst. "Tief Luft holen, Lutar.", rief Zadem als sie sich beide an der Flosse festhielten. Das Ungeheuer tauchte ab. Als sie durch das Loch kamen, drückte eine unsichtbare Kraft auf Zadem, welche ihm fast die ganze Luft aus seinen Lungen presste. Zadem wurde schwarz vor Augen.
 
© Surat-Celyton
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