Last Dragon Warriors von Teufelchen
Kapitel 1 - Erste Begegnungen

Die Stadt war ruhig, wie immer. Laut Wettervorhersage sollte es ein schöner, sonniger Tag werden. Wer hätte gedacht, dass an einem solchen Tag etwas so schreckliches passieren könnte. Ich hatte jedenfalls nicht damit gerechnete und die anderen Bewohner sicher auch nicht, doch wohl am aller wenigsten die Betroffenen selbst. Es war der letzte Ferientag, Grund genug für schönes Wetter. Ich verplane selten meine Zeit im Voraus, wahrscheinlich würde ich in die Stadt oder in den Park gehen und die letzte Zeit genießen. 
Ich hatte ein unangenehmes Gefühl bei dem Gedanken, schon frühzeitig einem meiner Mitschüler zu begegnen. Sie würden sich sicher auch dort aufhalten; vielleicht mit Freund oder Freundin auf einer Parkbank sitzen und Eis essen, sich amüsieren. Ich hatte Angst davor, das mit ansehen zu müssen, es machte mir immer deutlich, dass ich ganz allein war. Allein, in einer fremden Stadt; allein in der Welt; unter Menschen die mir eigentlich vertraut hätten sie müssen und es doch nicht waren. Das erschreckte mich immer wieder aufs neue und sollte nie wieder aufhören. Sicher, ich hatte eine Familie, lebte mit ihr auch schon seit ich denken konnte in dieser Stadt, hatte sogar ein paar Freunde, und dennoch... alles schien so fremd. Andauernd hatte ich das Gefühl, dass ich nicht dazu gehörte. 
Deshalb bin ich wohl auch so introvertiert und verschlossen.
Besonders heute hatte ich dieses Gefühl der Vorahnung; es würde bald etwas schlimmes passieren, das alles andere in meinem Leben ändern würde. Etwas in mir war unruhig, noch mehr als sonst. Dieser Tag verhieß nicht Gutes. 
Ohne dass ich es gemerkt hatte, hatte ich gar nicht den Weg Richtung Park eingeschlagen. Mit einem Male stand ich vor einer Absperrung, ohne eine Erklärung dafür zu haben. Sicher, ich träume gelegentlich in den Tag hinein und lande an einem anderen Ort als ich eigentlich wollte, aber in dieser Gegend war ich noch nie zuvor gewesen. An der leuchtend gelben Absperrung stand mit dicken schwarzen Buchstaben 'POLIZEI BETRETEN VERBOTEN'. Ich fragte mich, was wohl der Grund für die Aufregung in den Reihen der Beamten sein mochte. Um ein Unfall zu sein, lagen die Straßen zu weit entfernt, und Geschäfte, die sich zu einem Überfall eigneten, gab es in dieser abgeschiedenen Gegend auch nicht. Aber was war dann der Grund?
Vorsichtig schob ich mich unter der Absperrung hindurch und schlich langsam an den parkenden Polizeiwagen vorbei. Der eigentliche Tatort  schien weiter weg, am Ende der parkenden Autos zu liegen. Die vorbeigehenden Polizisten waren alle viel zu beschäftigt, als dass sie bemerkt hätten, dass ein Passant den Ort des Geschehens betrat. Schließlich war ich weit genug vorgedrungen und nur noch ein einziges Auto nahm mir die Sicht auf den Ort des Geschehens.
Nur wenige Meter von der Motorhaube entfernt ergoss sich eine große Blutlache. Alles musste schon länger her sein, trotzdem breitete sich die Lache noch immer aus; als wäre er eben erst gestorben. Mir kam das alles seltsam vor, sehr seltsam, um nicht zu sagen unheimlich. Meine Augen folgten dem Rinnsal und dann sah ich das Unfaßbare: Vor mir auf dem Boden lag ein älterer Mann mit zwei jüngeren Begleitern in einer riesigen Pfütze aus Blut. Entsetzen machte sich in mir breit. Ich konnte spüren, dass der Täter noch in der Nähe sein musste; ich konnte ihn riechen. Ich wurde beobachtet, da war ich mir ganz sicher. Auch wusste ich, dass der Täter auf eine Gelegenheit wartete um, erneut zuzuschlagen; diesmal könnte auch ich zu den Opfern gehören.
"Großvater.", wisperte ich. Und wie als würden meine Worte einen Bann oder ähnliches brechen, wurden plötzlich alle auf mich aufmerksam gemacht. Ein Luftzug kam auf und ich fühlte, dass etwas hinter mir sein musste und schnellte herum. Ohne weiter nachzudenken schlug ich zu, nur befand sich unglücklicherweise ein junger Mann in Uniform und kein Monster hinter mir. Dabei war ich mir so sicher gewesen, dass seine Aura bedrohlich gewesen war. Sollte ich mich etwa geirrt haben?
"He, bitte nicht schlagen, ich tu dir doch gar nichts." Er scherzte, ja, ich hatte mich anscheinend doch getäuscht, denn plötzlich war seine Aura friedfertig; schien mir vertraut. Ich sah ihn verwirrt an. 
"Entschuldige, ich wollte dich nicht erschrecken, aber du hast gute Reflexe, das muß man schon sagen."
"Wer sind Sie? Was wollen Sie von mir?" Die Angst in mir stieg immer weiter an, deutlich konnte ich wieder zwei dunkle, bösartige Augen spüren, die jede meiner Bewegungen zu verfolgten schienen.
"Passanten haben hinter einer Polizeiabsperrung nichts zu suchen, das müssten sie eigentlich wissen. Wenn sie also bitte erklären würden, was sie hier zu suchen haben!"
"Ich weiß es nicht. Ich kenne diese Männer nicht einmal." Das Wesen war noch immer da, nur konnte ich es einfach nicht lokalisieren. Es machte mir Angst. Mir wurde schwindlig.
"Ist alles in Ordnung? Du bist ja ganz blas im Gesicht." Er schien ernsthaft besorgt zu sein. Vor meinen Augen begann alles zu flimmern und wurde immer undeutlicher. Auch fiel es mir unheimlich schwer, mich noch länger auf den Beinen zu halten. Es war, als wolle mich etwas Böses erdrücken. Ich konnte spüren, wie Schweiß meine Stirn hinunter glitt, hörte aber nicht mehr, was der junge Mann zu mir sagte. Ich nahm nur noch wahr, dass die Besorgnis in seinem Gesicht deutlich zunahm, bevor ich bewusstlos in seine Arme sank. 
Als ich meine Augen wieder öffnete, befand ich mich in einem Krankenwagen. Nur schemenhaft konnte ich die Person über mir wahrnehmen.
Als diese Gestalt merkte, dass ich langsam wieder zu Bewußtsein kam, wurde ihre Stimme aufgeregter. Dann verschwand er und der junge Mann von vorhin nahm seinen Platz neben mir ein. 
"Na, alles in Ordnung?" Er klang trotz aller Bemühungen noch immer besorgt. Langsam richtete ich mich auf der Liege auf und blickte ihn an. Ich fühlte mich geschwächt, aber dafür war die Angst nicht mehr da.
"Ja, ich denke, es geht wieder. Wo bin ich?"
"Der Anblick von Blut ist nicht jedermanns Sache und ich glaube, dass du deshalb zusammengebrochen bist. Dein Glück, dass ich da stand und dich aufgefangen habe, sonst hättest du jetzt eine große Beule am Kopf." Er lachte.
"Nun, also wenn es so wäre, dann ist es mir neu."
"Na ja, das ist ja auch egal. Hauptsache, es geht dir jetzt wieder besser. Drei Opfer sind genug, wir brauchen kein viertes." Er versuchte mich aufzumuntern, aber es wollte ihm nicht so recht gelingen. Mir war immer noch komisch zu Mute.
 "Was hattest du eigentlich hinter der Absperrung zu suchen, kanntest du einen der Männer?" Er blickte mich forschend an. Welch typische Frage für einen Polizisten; als wenn er nicht mal für einen Augenblick seine Arbeit vergessen könnte.
"Ich habe mich wohl verlaufen und bin dann zufällig hier vorbei gekommen. Und nein, ich kenne sie nicht." Ich wunderte mich, dass er das so oft ansprach. Was wollte er damit bezwecken? Aber irgendwie hatte ich doch das Gefühl, sie schon einmal gesehen zu haben. 
"Nun, als du den alten Mann tot daliegen sahst, hast du ihn Großvater genannt. Ein paar meiner Kollegen werden das sicher bezeugen können. Willst du mir nicht den Grund für diese Reaktion nennen?"
"Nein, ich kenne ihn nicht, keinen von den Dreien." Ich hoffte, er würde mich nun endlich in Ruhe lassen.
"Und warum hast du ihn dann so genannt?"
"Wird das hier ein Verhör? Ich habe mit der ganzen Sache nicht das geringste zu tun!"
"Kein Grund so forsch zu werden."
"Ich hab... ich weiß es nicht. Es ist nur so, dass mir das alles zu viel wird. Ich meine die Toten und so, ich habe noch nie eine Leiche gesehen. Das werden Sie doch sicher verstehen, oder? Und ich weiß wirklich nicht, warum ich ihn so genannt habe. Er sah bestimmt nur jemandem ähnlich. Kann ich jetzt bitte gehen?"
"Ja natürlich, ich wollte dir nicht zu nahe treten. Wenn du nichts dagegen hast, bringe ich dich noch nach hause, nicht dass dir noch einmal etwas passiert."
"Aber sobald du mich wieder ausfragen willst, werde ich alleine weiter gehen! Und seit wann duzt du mich eigentlich?"
"Ok, du hast mich erwischt." Er lachte verlegen und fragte dann: "Hast du etwas dagegen, wenn ich dich duze?" 
Ich lachte. "Nein, das habe ich nicht. Ich halte mich ja selbst nicht daran." Dann, mit einem Male, brach die Angst wieder hervor. Bis jetzt hatte ich geglaubt, dieses Wesen, das mich die ganze Zeit über beobachtet hatte, wäre wieder verschwunden, aber das war es nicht. Ich konnte seine dunkle Aura fühlen, als stünde es direkt neben mir; in mir stieg eine böse Vorahnung auf: Es war hinter mir her. Allmählich begann ich in Panik auszubrechen. Ich packte einfach die Hand des Polizisten und zog ihn mit mir fort. Dann zog er mich plötzlich zu sich heran und nahm mich von hinten in den Arm.
"Du brauchst vor ihnen keine Angst haben. Ich werde dich beschützen, denn bei mir bist du sicher vor den Kreaturen der Nacht. Bitte, vertraue mir."
Es schein, als wären wir für diesen einen Augenblick aus der Zeit herausgerissen worden und sobald seine Worte verklungen waren, befanden wir uns wieder in der Realität. Mir kam seine Stimme während diesem Moment, ja sogar diese Worte, unendlich vertraut vor, als hätte er sie schon einmal zu mir gesprochen. 
Sein Duft und seine Wärme vertrieben meine Angst und ich sank erneut, diesmal aber erleichtert, in seine Arme zurück. Aber nachdem es wieder still war, befand sich mein Begleiter mit einem Male neben mir. Sollte alles nur Einbildung gewesen sein? Aber wenn es so war, wieso spürte ich noch immer seinen Atem auf meiner Haut? Und noch ehe ich mich versah, befanden wir uns wieder auf einer der Straßen, die den Park eingrenzten. 
"Sag mal, wie sind wir hier her gekommen?"
"Wir sind gelaufen, erinnerst du dich nicht?"
"Nein, ich weiß nur, dass wir eben noch am Tatort waren und mit einem Male waren wir hier. Wie ist das möglich?"
"Wir haben den Tatort bereits vor einer Stunde verlassen." 
"Das ist unmöglich, du mußt dich irren! Laut meiner Uhr sind gerade einmal fünf Minuten vergangen. In so kurzer Zeit ist es unmöglich hierher zu gelangen!" Verwirrt blieb ich unter den Bäumen stehen und Blütenblätter fielen auf mich herab.

"Weißt du, es gibt Dinge, die eben doch möglich sind, auch wenn du sie noch nicht begreifst. Mit der Zeit wird sich alles aufklären." 
Dieser große junge Mann mit den braunen Haaren kam mir bekannt vor. Was geschah nur mit mir?
"Wer bist du?"
"Jemand, der dir helfen will."
"Helfen wobei?" Warum nur kamen mir diese Augen so vertraut vor, diese schönen, dunklen Augen. 
"Das wirst du noch früh genug erfahren." Sein Lächeln wirkte etwas schmerzhaft. "Ah, ich glaube, hier wohnst du oder?"
Ich sah mich um. Tatsächlich, der Park mit den blühenden Bäumen war verschwunden und wir standen jetzt beide in der Straße vor meinem Haus. Das Gartentor war nur ein paar Schritte von mir entfernt. 
"Was...?" 
"Bitte, frage nicht nach dem Grund."
Als ich durch das Gartentor ging, drehte ich mich noch einmal zu ihm um. 
"Sag, werden wir uns wieder sehen?"
"Natürlich, vielleicht sogar eher als du glaubst."
"Ja, das wäre schön. Dann können wir uns etwas unterhalten."
"Aber das haben wir doch schon." Er lächelte. Es schien, als sei er sehr glücklich. Ich drehte mich um und wollte ins Haus gehen. Als ich mich dann aber doch noch einmal umdrehte, um ihn noch etwas zu fragen, war er bereits verschwunden. Langsam war ich mir nicht mehr sicher, ob das alles nicht doch nur Einbildung war. Irgendwie kam mir das alles sehr seltsam vor. Meine Uhr schien stehen geblieben zu sein, denn die Sonne ging bereits unter als ich das Haus betrat.
 

© Teufelchen
Vor Verwendung dieser Autoren-EMail-Adresse bitte das unmittelbar am @ angrenzende "NO" und "SPAM" entfernen!
.
Und schon geht's hier weiter zum 2. Kapitel

.
www.drachental.de