Das Tor zwischen den Welten von Klaus-Peter Behrens
XV. Kapitel: Unverhoffte Verbündete
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Ein Stockwerk höher hatten die Gefährten inzwischen Wirdnix erreicht, der auf eine Tür in einem Säulengang zeigte.
"Da drin ist ein Troll und ein Mensch, der das Wort Elfen erwähnte", brachte er, inzwischen wieder zu Atem gekommen, hervor. Die Gefährten musterten skeptisch die Tür. Ein großer, jetzt zurückgeschobener Riegel befand sich an der Außenseite. "Sieht aus wie eine Gefängnistür", bemerkte Tom.
"Das würde erklären, warum sie bewacht wurde", sinnierte Gart.
"Bekanntlich sind Verliese immer im Keller. Vielleicht sollten wir nachsehen", schlug Meister Reno vi´Eren vor. Die Gefährten nickten zustimmend. Tom wollte sofort losstürmen, doch Myrana hielt ihn zurück.
"Moment, hast du nicht zugehört? Da unten ist mindestens ein Troll. Willst du dem mit deinem Zahnstocher entgegentreten?" Tom musterte zweifelnd sein Rapier, worauf Baumbatz ihm seine Keule hinhielt.
"Nimm lieber das."
Tom betrachtete die riesige Keule, die vor seinem Gesicht schwebte.
"Okay, okay", gab er nach. "Wer soll dann vorgehen? Baumbatz?"
"Nein, Gart und ich. Ich habe meinen Bogen und Gart seine Wurfaxt. Das sind effizientere Waffen."
"Ich habe auch einen Bogen", meuterte Tom.
"Nur du kannst damit nicht umgehen", stellte Gart nüchtern fest. Tom war beleidigt, doch Myrana ließ sich nicht erweichen. Entschlossen begab sie sich zur Tür hinüber, die sich zu ihrer Überraschung leicht und geräuschlos öffnen ließ. Etwas Licht fiel nach draußen und warf tanzende Schatten auf die Wände des Gangs. Vorsichtig schlüpften sie hinein. Ein modriger Geruch lag in der Luft und von unten ertönte Stimmengemurmel zu ihnen herauf.
"Da sind mehrere unten", flüsterte Gart, der die Axt griffbereit hielt und die Treppe nicht aus den Augen ließ. Das flackernde Licht spiegelte sich auf der blanken Klinge.
"Laß mich vorgehen. Ich kann mich leiser bewegen", hauchte Myrana. Gart nickte nach kurzem Zögern. Es gefiel ihm zwar nicht, in einem Kampfeinsatz einer Frau die Führung zu überlassen, aber er beugte sich der Logik, die in den Worten Myranas lagen. Nach dem das geklärt war, schlichen die Gefährten im Abstand von einem Meter leise die gewundene Treppe hinab. Wirdnix, nun wieder die Nachhut, zog die Tür hinter ihnen zu.

Der Streit zwischen Jim und Keule war in vollem Gange. Der Troll wollte einfach nicht einsehen, wieso Jim die Elfin anstatt eines Schlüssels brauchte, um an das Gold zu gelangen. Das kam den Gefährten zugute; denn so konnten sie sich unbemerkt nähern. Jim raufte sich gerade verzweifelt die Haare, als eine eiskalte Stimme ihm dieselben zu Berge stehen ließ.
"Keine Bewegung! Der erste, der sich rührt, wird Schnapperfutter!"
Mit diesen Worten traten Gart und Myrana in den Lichtschein einer flackernden Fackel, die hier unten an der Wand hing. "Myrana", riefen diverse Elfen begeistert, als sie durch die Gitterstäbe der Zellentür erkannten, wer den Kellerraum betreten hatte. Jim keuchte entsetzt. Das sah nach keiner positiven Entwicklung aus. Irgendwie hatten sie eine Elfin übersehen, und die schien jetzt ausgesprochen schlechte Laune zu haben. Der große Ebenholzbogen war bis zum Zerreißen gespannt und der Pfeil mit der häßlichen Widerhakenspitze zeigte, ohne im geringsten zu wackeln, auf Jims Magen. Nein, das sah gar nicht gut aus. Auch Keule war vor Überraschung wie erstarrt. Er hatte noch nie einen Zwerg gesehen, aber schon eine Menge über sie gehört. Als er nun die erhobene Wurfaxt in der Hand des grimmigen Winzlings entdeckte, erinnerte er sich mit Grausen daran, was man ihm über die Fähigkeiten der Zwerge erzählt hatte. Da er nicht pensionsberechtigt war und schon lange keinen Sold mehr gesehen hatte, stellte er vorsichtshalber sämtliche überflüssigen Bewegungen ein. Zu Jims Entsetzen kamen noch mehr Personen die Treppe hinunter, so dass es in dem feuchten Kellerloch allmählich unangenehm eng wurde. "Baumbatz", erklang es begeistert, als der Troll erschien. Jim war verzweifelt. Hier fand anscheinend ein Familientreffen statt.
"Nimm die Pistole vorsichtig mit zwei Fingern aus dem Gürtel und wirf sie auf den Boden!"
Jim zuckte zusammen, als habe man ihm einen Schlag versetzt, so dass Myrana beinahe die Sehne losgelassen und ihn erschossen hätte. Fassungslos starrte er den kräftigen jungen Mann an, der das gesagt hatte. Das schien jemand aus seiner Heimat zu sein. Jim war geschockt. In Gedanken betrachtete er die Welt schon wieder durch ein paar solide Eisenstangen.
"Wie habt ihr mich gefunden?", brachte er mühsam hervor.
"Dirty Harry hat geholfen", sagte Tom und zeigte auf Wirdnix. Der warf sich stolz in die Brust, obwohl er mit Dirty Harry wenig anfangen konnte.
"Wer ist das denn? Eine Spezialeinheit?" Jim sah den kleinen Gnom fassungslos an. Der grinste unverschämt.
"So ähnlich", winkte Tom ab. "Deine Pistole, oder soll Myrana dich durchlöchern?"
"Lange kann ich den Bogen nicht mehr spannen." Der Pfeil zitterte plötzlich, und Jim wurde blaß. Er beeilte sich, der Aufforderung nachzukommen. Mit einem Scheppern fiel die Waffe auf den Boden. Jim kickte sie mit dem Fuß zu den Gefährten rüber. Wirdnix hob sie auf und schaute neugierig in den Lauf.
"An deiner Stelle würde ich das lassen. Das kann ins Auge gehen", sagte Tom und nahm dem Gnom die Waffe ab. Myrana wurde ungeduldig.
"Den Schlüssel, schnell!", herrschte sie den immer noch verblüfften Jim an.
"Den hat Keule." Der wedelte vorsichtig mit dem Schlüssel.
"Aufschließen", befahl Gart. Der Troll ging schnell zu der Zellentür hinüber, wobei er seine Keule schweren Herzens zuvor auf den Boden gelegt hatte. Gart folgte ihm vorsichtig, die Axt immer noch zum Wurf erhoben. Myrana hingegen entspannte den Bogen ein wenig, nahm den Pfeil jedoch nicht von der Sehne. Doch Jim war viel zu erschrocken, um irgendetwas zu unternehmen. Seine Augen glitten hastig über die bunt zusammengewürfelte Truppe, die ihm gegenüberstand, während die Gedanken hinter seiner Stirn hin und her rasten und verzweifelt nach einem Ausweg suchten. Zumindest hatte er hier kein Spezialkommando aus seiner Heimat vor sich. Ob ihm das allerdings etwas nützen würde, bezweifelte er. Sein Blick blieb auf einem älteren Mann hängen, der ihn frappant an einen alternden Hippy erinnerte. Die Hand des Hippys legte sich schwer auf die Schulter des jungen Mannes, der offenbar aus Jims Heimat kam.
"Jetzt habt ihr tatsächlich jemanden aus eurer Welt gefunden", sagte Meister Reno vi´Eren beeindruckt. "Hoffentlich kann er euch auch helfen, zurückzukehren."
"Ich soll ihm helfen?" Jim lachte hysterisch. "Ich bin selbst hier gestrandet. Ich dachte, du wärst gekommen, um mich zu verhaften und zurückzubringen. Ich fürchte, wenn du Hilfe suchst, bist du bei mir an der falschen Adresse."
"Das werden wir ja noch sehen", sagte Tom enttäuscht. Inzwischen hatte Keule die Zellentür aufgeschlossen, und die Elfen drängten nach draußen. Freudig begrüßten sie Baumbatz und Myrana, allerdings ohne ihre Schußposition zu beeinträchtigen. Myrana stellte ihnen kurz die Gefährten vor. "Draußen wartet noch einer. Also los jetzt, wir müssen hier weg, bevor wir entdeckt werden", drängte Meister Reno vi´Eren.
"Wie ist euer Plan?", fragte die Tochter des Waldfürsten, die von unglaublicher Anmut war. Ihr Blick streifte gelegentlich Jim, und die Art, wie sie ihn dabei ansah, behagte diesem überhaupt nicht. Selbst die Schatten an den Wänden schienen  bei diesen Gelegenheiten plötzlich zuckende, makabre Tänze aufzuführen, die Jim unangenehm an das Zappeln von Gehenkten erinnerte. Auf der anderen Seite fragte Jim sich zurecht, wie seine ehemaligen Gefangenen seiner Mannschaft entkommen wollten. In der Bucht lagen zwei schnelle Segler, die sofort die Verfolgung aufnehmen würden, vorausgesetzt, sie würden es überhaupt schaffen, sich mit einem eigenen Schiff abzusetzen. 
"Wir kapern ihre Schiffe", erklärte Tom mit einem dreisten Grinsen, als hätte er Jims Gedanken erraten, worauf das Gesicht des Piratenkapitäns einen Ausdruck annahm, als habe er gerade auf eine besonders saure Zitrone gebissen.
"Aber wie kommen wir an Bord?", fragte einer der männlichen Elfen zweifelnd. "Die Wache wird Alarm schlagen, lange, bevor wir in die Nähe der Schiffe gekommen sind."
"Nicht, wenn wir die richtige Eintrittskarte dabei haben", sagte Tom. Dann erklärte er ihnen, was ihm soeben in den Sinn gekommen war. Ursprünglich hatten sie ja vorgehabt, nur ein Schiff einzunehmen und damit möglichst schnell abzuhauen. Mit dem Kapitän in ihrer Hand boten sich jedoch erheblich vielversprechendere Möglichkeiten.
"Nicht schlecht", lobte Meister Reno vi´Eren.
"Und was wird mit dem hier?", fragte Gart und sah Keule auf eine Weise an, die diesem gar nicht behagte.
"Sperrt ihn in die Zelle", befahl Meister Reno vi´Eren. Baumbatz schob den Troll daraufhin unter den wachsamen Augen Garts in die nun leere Zelle.
"Aber der wird doch Alarm schlagen, sobald wir hier heraus sind", wandte die Tochter des Waldfürsten ein.
"Dong"
Alle fuhren erschrocken zusammen.
"Wird er nicht", sagte Gart lakonisch und sah zu Baumbatz hinüber, der betrübt seine zerbrochene Keule begutachtete.
"Kaputt", sagte er traurig. Vor ihm lag, alle Viere von sich gestreckt, der Troll, der für die nächste Zeit jedes Interesse an seiner Umwelt verloren hatte. Nachdem sich dieses Problem auf so erfreuliche Weise erledigt hatte, waren alle bereit, den wenig gastlichen Ort zu verlassen. Da die Gefährten den Weg kannten, gingen sie voran. Die Spitze bildeten Gart, Tom, Myrana, Baumbatz und Kapitän Jim, der als Eintrittskarte den Weg zu den Schiffen freimachen sollte. Myranas spitzes Wurfmesser im Kreuz sorgte für die nötige Kooperationsbereitschaft.
"Du würdest einen guten Motivationstrainer abgeben", sagte Tom, der amüsiert beobachtete, wie ängstlich sein Landsmann sich bemühte, es der Elfin recht zu machen.
"Danke, ich gebe mir Mühe."
"Das testiere ich jederzeit", stöhnte Jim, dem die Elfin gerade wieder einen kräftigen Stoß verpaßt hatte, damit er sich schneller die Treppe hinauf bewegte. Baumbatz folgte dicht auf. Er trug die Keule des Wachtrolls und hatte sich auch seine Wachuniform übergeworfen, um eventuell auftauchende Piraten zu täuschen, bevor diese Bekanntschaft mit seiner neuen Errungenschaft machen würden. Gerne hätte er sie zuvor an Jim einem Belastungstest unterzogen, aber die anderen hatten ihm erklärt, dass ein bewußtloser und verbeulter Kapitän wenig überzeugend wirken würde, wenn sie auf das Schiff gelangen wollten. Den Schluß bildeten Meister Reno vi´Eren und Wirdnix, der wieder das Zauberbuch schleppen durfte, dann folgten die befreiten Elfen. Oben angekommen, öffnete Gart vorsichtig die Tür. Nichts geschah. Noch immer lag der Burghof verlassen im blassen Licht des Mondes, der sich immer mehr durch die Wolkendecke kämpfte.
"Alles klar", informierte er die anderen. "Wir gehen vor. Wenn ich kurz pfeife, führt ihr die Elfen zum Burgtor."
"Verstanden", antwortete Meister Reno vi´Eren.
"Und seid ja leise", ermahnte Baumbatz die Freunde.
"Paß du lieber auf deine Füße auf", knurrte Wirdnix, der sich noch gut an die anmutige Art erinnern konnte, mit der der Troll durch den Wald auf der Klippe geschlichen war. Das Ökosystem würde wahrscheinlich einige Jahre brauchen, um sich davon zu erholen.
Die vier Gefährten, mit Jim im Schlepptau, hasteten eilig zum Burgtor hinüber. Entgegen aller Erwartungen, wurden sie nicht bemerkt. Jim überraschte das weniger. Er wußte, dass sich seine wackeren Piraten abends regelmäßig den Kanal zuschütteten und entsprechend wenig davon mitbekamen, was bis zum Morgen so um sie herum passierte. Diese unfähigen Idioten würden nicht mal merken, wenn die ganze verflixte Elfenbande eine Party in ihrem Schlafsaal abhalten würde, fluchte er still vor sich hin. Nachdem sie also ohne Schwierigkeiten das Tor erreicht hatten, pfiff der Zwerg einmal leise, und der Rest des Flüchtlingskonvois setzte sich in Bewegung. Kurze Zeit später duckten sich alle im Schatten der Burgmauer und beobachteten die beiden Schiffe, die weiter unten im Hafen vor sich hin dümpelten. Dean stieß erleichtert zu ihnen. Während seines Wachgangs war nichts passiert. Jetzt brannte er darauf zu erfahren, was die Freunde erlebt hatten. Neugierig betrachtete er Jim. Tom erzählte ihm kurz, was er in Erfahrung gebracht hatte. Auch Dean war enttäuscht, dass Jim angeblich den Weg zurück nicht kannte. Doch sie hatten keine Zeit, sich mit diesem Problem näher auseinandersetzen. Jetzt gab es vordringlichere Dinge zu erledigen. Dank Myranas leidenschaftslosem Einsatz für die Sache, hatte Jim ihnen gerne bestätigt, dass sich an Bord tatsächlich nur jeweils eine Wache befand. Das Problem war nur, dass die Schiffe wegen des flachen Wassers in dem natürlichen Hafenbecken nicht an dem behelfsmäßigen Steg, sondern weiter draußen im tiefen Wasser ankerten. Ein einzelnes Ruderboot, das mit einer langen Leine an einem Pfosten des Stegs befestigt war, bot die einzige Möglichkeit, zu den Schiffen zu gelangen. Es sei denn, man wollte schwimmen, was mit Waffen allerdings schwierig werden dürfte. Tom erklärte ihnen den Plan.

- 6 -

Der Pirat an Bord des der Küste am nächsten liegenden Schiffes war ausgesprochen schlechter Laune. Die halbe Nacht hatte es schon geregnet, was die Wachrunden nicht eben zu einem Vergnügen gemacht hatte. Wenn man ihn gefragt hätte, was er von der Notwendigkeit des Wacheschiebens hielte, wäre die Antwort ziemlich drastisch ausgefallen. Leider teilte der Kapitän seine Ansicht nicht, und dann gab es da ja auch noch Keule, der Querulanten in der Wache gar nicht leiden konnte. Es war schon ein Kreuz. Plötzlich bemerkte er etwas Ungewöhnliches. Jemand hatte das Ruderboot losgebunden und nahm Kurs auf die Schiffe. Der Pirat war irritiert. Soweit er erkennen konnte, stand Kapitän Jim vorne im Bug. Dicht hinter ihm schien eine der Wachen zu stehen, und zu seinem Entsetzen war auch Keule mit von der Partie. "Na das fehlt mir noch", seufzte er und ließ die Strickleiter über Bord. Eine Inspektion durch Keule war das Letzte, was er heute noch gebrauchen konnte.

Verzweifelt überlegte Jim inzwischen, wie er aus dieser Situation wieder herauskommen könnte. Doch ihm fiel beim besten Willen nichts ein. Dicht hinter ihm stand Tom und wurde nicht müde, ihm Myranas Messer in den Rücken zu bohren. "Mach ja keinen Unsinn", drohte er. "Baumbatz freut sich schon darauf, seine neue Keule auszuprobieren."
Jim schwitzte. Er mußte jetzt dringend etwas unternehmen. Aufmerksam beobachtete er das näher kommende Schiff in der Hoffnung, der dortige Wächter möge die Farce erkennen und Alarm schlagen. Doch der stand nur stramm an der Reling und schien überhaupt nichts zu bemerken.
"Ahoi Kapitän", rief er, als das Schiff auf Rufweite herangekommen war. "Was verschafft mir die Ehre Eures Besuches?"
Die Klinge bohrte sich unangenehm in Jims Rücken.
"Routineinspektion", brachte er mühsam hervor, während er sein Gesicht zu allerlei Grimassen verzog und mit den Augen rollte, um der Wache zu signalisieren, dass etwas nicht stimmte. Doch der Pirat kratzte sich beim Anblick dieses seltsamen Schauspiels nur verwirrt am Kopf.
Voll wie eine Haubitze, dachte er. Das kann ja heiter werden.
Auch der Wächter auf dem zweiten Schiff hatte bemerkt, dass der Kapitän im Anmarsch war. Dankbar, dass er sich nicht sein Schiff ausgesucht hatte, versuchte er, sich möglichst unsichtbar zu machen. Bloß nicht auffallen lautete das Motto, vor allem, wenn Keule in der Nähe war.
Das Boot hatte zwischenzeitlich an dem Schiff festgemacht. Von ihrem Versteck aus beobachteten die Zurückgebliebenen aufmerksam das Geschehen. Myrana hatte ihren Bogen abgenommen und einen Pfeil eingelegt, obwohl sie wußte, dass sie auf diese Distanz niemals treffen würde, aber es beruhigte ihre Nerven.
"Wenn sie ihm etwas antun, bringe ich diese Ratten eigenhändig um", flüsterte sie leise. Gart, der sehr gute Ohren besaß, hatte das gehört.
"Ihm?", fragte er neugierig. Myrana schaute ihn abweisend an.
"Ich weiß nicht, wovon du sprichst." Dann drehte sie demonstrativ den Kopf weg, um dem Geschehen weiter folgen zu können.
Interessant, dachte Gart. Wer wohl "ihm" ist? Irgendwie glaubte er nicht, dass die Elfin sich um Baumbatz sorgte. Da mußte man sich schon eher Sorgen um die armen Wächter machen. Er schüttelte den Kopf. "Beim bartlosen Zwerg, als wenn das alles nicht schon schwierig genug wäre", seufzte er leise.
An Bord des Schiffes registrierte die Wache unangenehm berührt, dass der vermeintliche Keule als erster die Leiter hochkletterte. Den Hut hatte er tief ins Gesicht gezogen.
"Scheint schlechte Laune zu haben", stellte die Wache besorgt fest. Während Baumbatz in akrobatischer Bestleistung die filigrane Strickleiter emporkletterte und der Schwerkraft trotzte, brach Dean und Tom der Angstschweiß aus. Dies war der riskanteste Moment des ganzen Manövers. Sollte die Wache die Täuschung bemerken, würde ein lauter Ausruf genügen, und der Wächter des zweiten Schiffes hätte alle Zeit der Welt, um seine Kameraden auf der Burg aus dem Schlaf zu reißen.
Die an Land Wartenden beobachteten ebenfalls gebannt das Schauspiel. Wirdnix dachte mit Entsetzen an die Ungeschicklichkeit des Trolls. "Der fällt noch von der Leiter und versenkt das Boot und dann gute Nacht du schöne Großmutter", flüsterte er, während er ängstlich an seinen Fingernägeln knabberte. Auf diese Entfernung sahen Baumbatz Kletterbemühungen in der Tat noch gewagter aus, als aus der Bootsperspektive. Nervös schärfte Gart seine Axt. Auch Meister Reno vi´Eren schien hinsichtlich des Erfolges des Unternehmens seine Zweifel zu haben. Emsig las er in dem Kapitel "Wie werde ich unsichtbar". Der Rest der Elfen hielt vor Aufregung die Luft an. Fast konnte man die Spannung, die in der Luft lag, mit den Händen greifen.
Endlich war Baumbatz oben angekommen und kletterte über die Reling. Zufrieden stellte er fest, dass sich auch diese Wache im Troll irrte. Ich sollte Schauspieler werden, dachte er, während er dem unglücklichen Wächter die Funktion seiner Keule näher brachte. Ein dumpfes Dong signalisierte den im Boot Wartenden die vorzeitige Wachablösung. Die Freunde atmeten auf, nur Jim fluchte vor sich hin. Oben über der Reling erschien Baumbatzs Gesicht. Die kleinen Augen strahlten vor Vergnügen.
"Sie ist besser als die alte", verkündete er glücklich.
"Schön für dich", rief Dean zurück. "Jetzt komm wieder runter, es gibt noch mehr zu tun." 
Auch die Eroberung des zweiten Schiffes verlief sehr zum Leidwesen von Jim ohne größere Schwierigkeiten. Während Baumbatz die beiden Piraten und Jim liebevoll verschnürte und unter Deck verstaute, ruderten Tom und Dean zurück, um die anderen zu holen. An Land hatten die Elfen und die Gefährten ängstlich das Manöver verfolgt. Als sie sahen, dass die Freunde wie besprochen zurückkamen, atmeten sie erleichtert auf und begaben sich zum Steg hinunter. Meister Reno vi´Eren hatte inzwischen ausgerechnet, dass sie insgesamt mindestens vier mal hin und her fahren mußten, bis alle an Bord waren, da das Ruderboot nur über eine begrenzte Kapazität verfügte. "Also schön", sagte er, während er beobachtete, wie Tom und Dean gerade an dem wackeligen Steg anlegten und von Myrana und Gart freudig begrüßt wurden, "die Elfen gehen zuerst an Bord. Von uns versteht niemand etwas vom Segeln und je eher die Schiffe startklar gemacht werden, desto sicherer ist das." Wirdnix war entsetzt.
"Wir sollen als letzte gehen?", brachte er ächzend hervor und sah Meister Reno vi´Eren mit seinen großen Augen an.
"Ist ja wohl Ehrensache", sagte Tom, der zu ihnen gestoßen war.
"Außerdem macht es wenig Sinn, wenn es sich die einzigen Waffenträger als erste schon mal an Bord gemütlich machen", ergänzte Gart.
"Aber Baumbatz...", entgegnete Wirdnix, wurde aber von Myrana unterbrochen.
"...wird gebraucht, um das Schiff startklar zu machen. Er ersetzt vier Elfen und da wir uns auf zwei Schiffe verteilen müssen, brauchen wir ihn dringend dort."
"Das wäre also geklärt", sagte Meister Reno vi´Eren. "Wir sind gemeinsam gekommen und gehen auch gemeinsam."
"Myrana sollte als Frau aber trotzdem schon vorfahren", schlug Dean vor.
"Was?" Myrana war außer sich. "Kommt gar nicht in Frage. Ich bin für die Piraten dreimal gefährlicher als du. Sag mir also nicht, was ich tun soll", sagte sie aufgebracht und drehte sich demonstrativ um. Dean war verwirrt.
"Versteh einer die Frauen", grummelte er. Gart hätte ihm gerne etwas zu Myrana erzählt, unterließ es aber. "Soll er es doch selbst herausfinden", murmelte er leise.
Inzwischen hatte das erste Ruderboot mit Elfen an Bord abgelegt. Die anderen sahen dem sich entfernenden Boot sehnsüchtig hinterher und warfen immer wieder ängstliche Blicke in Richtung Burg, doch dort rührte sich nichts - noch nichts.
Die Evakuierung verlief weiterhin reibungslos. Auch die zweite Bootsladung Elfen war an ihrem Bestimmungsort angelangt. An Land befanden sich jetzt nur noch die Gefährten. Langsam wendete das Boot und nahm wieder Kurs auf den Anleger. "Gleich sind wir von dieser verfluchten Insel herunter." Dean atmete gerade erleichtert auf, als ein lautes Geschrei plötzlich alle zusammenzucken ließ.
"Alaaarrrrmmm, alle Mann auf den Posten, Alaaaaarrrrmmm."
Slide war außerplanmäßig im Burggraben erwacht und hatte mit einem Blick erfaßt, was da unten vor sich ging. Wie von wilden Furien gehetzt, rannte er in die Mannschaftsquartiere, wobei er pausenlos brüllte.
"Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben." Tom schaute abwechselnd zur Burg und zu dem immer noch weit entfernten Ruderboot hinüber. Auch dort hatte man den Schrei gehört und verdoppelte die Anstrengungen, doch die Zeit arbeitete gegen sie.
"Schätze, wir kriegen gleich lieben Besuch." Dean sah nervös zur Burg hinüber.
"Und wir haben keine Kekse da", feixte Tom. Myrana nahm routiniert Ihren Bogen ab und beobachtete den Burgeingang. "Statt der Kekse", sagte sie böse lächelnd, als sie Toms fragenden Blick registrierte. "Man weiß ja, was sich gehört."
Wirdnix sah die Sache weniger locker.
"Ich habe ja gewußt, dass das schief geht", jammerte er. Vielleicht wäre jetzt der geeignete Zeitpunkt, seine Berufung als Pirat preiszugeben. Er bezweifelte nur, dass die Piraten ihm zuhören, geschweige denn glauben würden.
Inzwischen waren die ersten Piraten oben auf der Zugbrücke erschienen. Unschwer war Keule zu erkennen, der die Meute anführte. Irgendwie war ihm wohl der Ausbruch gelungen. Mit einem greulichen Geheul rannten sie den Weg hinunter. Myrana legte einen Pfeil ein und schoß, doch auf die Distanz ging er daneben, wenn auch nur knapp. Erschrocken zog Keule den Kopf ein, als der Pfeil über ihn hinweg zischte und blieb abrupt stehen, was auf dem schmalen Pfad zu einer Massenkarambolage führte. Jetzt heulten die Piraten noch lauter, allerdings aus anderen Gründen. "Vergiß es", sagte Gart. "Zum Kämpfen sind wir zu wenige. Wir hauen besser ab."
Sehnsüchtig betrachtete Wirdnix das immer noch weit entfernte Boot. Myrana stieß ihn unsanft an, so dass er fast vom Steg gefallen wäre.
"Los jetzt, hör auf zu träumen. Das Boot schafft es nicht mehr rechtzeitig. Wir ziehen Leine."
"Und wohin?", fragte Dean nervös. "Wenn wir zu dem Boot wollen, mit dem wir hergekommen sind, kreuzen wir direkt ihren Weg."
"Dann nehmen wir eben die andere Richtung. Jetzt müssen wir erst einmal Distanz zwischen uns und diese Wilden bringen. Ich glaube nicht, dass die uns zum Tee einladen wollen", drängte Gart. Diese Vermutung wurde allseits geteilt. Eilig traten sie daher den Rückzug an. Nur Wirdnix war vor Angst noch immer wie erstarrt, so dass ihn Tom einfach am Kragen packte und hinter sich her zog, bis der Gnom von selbst die Beine in die Hand nahm. Im Ruderboot hatte man die unglückliche Wendung der Ereignisse verfolgt und Kurs zurück auf das Schiff genommen. Baumbatz verfolgte hilflos die Flucht der Gefährten. Diese rannten gerade einen Hang zu den Klippen unterhalb der Burg hinauf. Dann verschwanden sie im Unterholz.
Myrana und Gart liefen vorweg, da sie über die beste Nachtsicht verfügten. Ihnen folgten Tom und Dean. Das Schlußlicht bildeten Meister Reno vi´Eren und Wirdnix, der wieder fluchend das dicke Zauberbuch schleppte. Eine Weile rannten sie parallel zur Küste, das Geheul der Piraten immer im Nacken. Dann bogen sie im rechten Winkel zur Inselmitte ab, wo der Boden schnell anstieg.
"Ich kann mich nicht erinnern, eine Bergtour gebucht zu haben", beschwerte sich Wirdnix, als der Weg immer steiler wurde. Aus dem Dickicht unter ihnen erscholl noch immer das Piratengeheul.
"Hör auf zu jammern", fuhr ihn Tom an. "Hier wird dir doch was geboten. Außerdem haben wir von hier oben einen besseren Überblick und können unsere Möglichkeiten besser einschätzen." Das ärgerliche Gebrüll der am Hafen zurückgebliebenen Piraten schallte plötzlich bis zu ihnen hinauf. Anscheinend hatten die Schiffe abgelegt. An Bord herrschte ebenfalls helle Aufregung. Das einzige, was Baumbatz davon abhielt, über Bord zu springen, war die Tatsache, dass er wahrscheinlich nur zwanzig bis dreißig Meter zurücklegen würde, nämlich abwärts zum Meeresgrund. Trolle zeichnen sich nicht gerade durch ihre Schwimmfähigkeit aus.
"Wir werden vor der Küste kreuzen und bis zum Morgengrauen warten. Wenn wir nichts von ihnen hören oder sehen, fahren wir zu dem Treffpunkt, den sie erwähnt haben. Vielleicht schaffen sie es ja zurück an Bord dieses Handelsschiffes", entschied die Tochter des Waldfürsten. Baumbatz nickte unglücklich. Bestimmt brauchten die anderen ihn jetzt dringend.

"Wenn bloß dieser dicke Troll hier wäre", fluchte Wirdnix in diesem Moment, während er sich mit hängender Zunge den anderen hinterher den Berg hinauf quälte, "dann könnte er das blöde Buch schleppen."
Da der Pfad stetig anstieg, erreichten sie nach und nach eine respektable Höhe, doch die Piraten waren ihnen weiterhin dicht auf den Fersen. Sie schienen sogar langsam aufzuholen. Der Boden war nun felsig und nur noch spärlich bewachsen. Steil ragte der Rest des Höhenzuges vor ihnen auf.
"Ich kann nicht mehr", keuchte Meister Reno vi´Eren. "Wenn wir nicht bald ein Versteck finden, kann ich einpacken." In der Tat erweckte er den Eindruck, als würde er Reklame für Herzkreislaufpräparate machen, und zwar für die besonders schweren Fälle. Die Gefährten sondierten also die Lage, doch die Gegend war nicht vielversprechend.
"Hey Gart", stieß die Elfin erschöpft aus, die auch von dem Aufstieg ein wenig außer Atem war, "du kennst dich doch mit Höhlen aus. Siehst du hier irgendetwas, wo wir uns verstecken können."
Gart sah sich sorgfältig um. Dann zeigte er auf eine Felsnadel, die in einiger Entfernung in den Himmel ragte. "Dort hinten vielleicht", sagte er zweifelnd. Die Freunde hatten zwar ihre Bedenken, mangels Alternative machten sie sich aber auf den Weg dahin.
"Gib her", sagte Tom und nahm dem keuchenden Wirdnix das Zauberbuch ab. Der war überrascht. "Danke", sagte er erfreut.
"Nicht der Rede wert," winkte Tom ab. "Hilf lieber Meister Reno vi´Eren." Der stützte sich sofort mit seinem ganzen Gewicht auf den armen Gnom, der daraufhin merklich in die Knie ging. Irgendwie hatte er das Gefühl, vom Regen in die Traufe gekommen zu sein. Das Geheul der Piraten klang jetzt lauter und die Freunde beeilten sich, vorwärts zu kommen. Nach fünf Minuten war die Felsnadel erreicht. Dunkel und schwarz schimmerte sie. Nichts wies auf ein Versteck hin. "Prächtig", stöhnte Dean, der die hohe Felsnadel und die glatte Wand dahinter musterte. "Jetzt wäre es mal wieder an der Zeit für ein Wunder."
Gart, der ein paar Meter weitergegangen war, winkte die Freunde aufgeregt heran. Triumphierend wies er auf die schwarze Wand.
"Habe ich es euch nicht gesagt?"
Die anderen musterten erst die Wand und dann besorgt den Zwerg.
"Die Höhenluft bekommt ihm nicht", stellte Wirdnix fest. Gart war beleidigt.
"Ihr seid blind", sagte er und schritt schnurstracks auf die Wand zu. Zur Verblüffung aller, verschwand er darin. Die Freunde traten überrascht näher. Erst jetzt konnten sie schwach den Unterschied erkennen. Die Felsnadel warf einen so dunkeln Schatten, dass der Höhleneingang in der schwarzen Wand völlig unterging. "Nicht schlecht", lobte Myrana. "Das kann selbst ich mit meinen guten Augen kaum erkennen." Dean und Tom war weniger wohl zumute. Der Anblick der schwarzen Höhle rief unangenehme Erinnerungen in ihnen wach. Wenn die Alternative allerdings lautete "Ein Schwatz mit Keule", war man leicht geneigt, etwaige Bedenken zu ignorieren und so fanden sich kurze Zeit später alle in der Höhle wieder. Von unten klang das Brüllen der Piraten herauf.
"Dass die nicht heiser werden", wunderte sich Dean.
"Hier werden sie uns jedenfalls nicht so schnell finden", sagte Gart überzeugt. Die anderen schwiegen und hofften, außer Meister Reno vi´Eren, dem alles egal war. Völlig erschöpft saß er auf dem Boden an die Wand gelehnt und versuchte wieder zu Atem zu kommen. Am Eingang standen Tom, Dean und Myrana dicht beieinander und lauschten dem näherkommenden Brüllen der Piraten, während Gart die Höhle nach alter Zwergenmanier erst einmal nach Bodenschätzen untersuchte. Enttäuscht zuckte er die Achseln. Die Höhle schien nichts herzugeben. Sie war lediglich ein zirka fünfzig Quadratmeter großes Loch im Felsen, nicht mehr und nicht weniger.
"Was macht der bloß dahinten?", fragte Dean und versuchte zu erkennen, was der Zwerg im hinteren Teil der Höhle trieb.
"Keine Ahnung, vielleicht sucht er eine Ferienhöhle", erwiderte Tom grinsend.
"Wenn ihr fertig seid mir eurem Blödsinn, können wir uns vielleicht wieder auf die wichtigeren Dinge des Lebens konzentrieren", zischte Myrana, als gerade das Brüllen der Piraten in neuer Bestform erscholl.
"Gerne", antwortete Tom leutselig, "wie lautet deine Telefonnummer?"
In diesem Moment ließ sich der gestreßte Wirdnix seufzend auf einem runden Felsbrocken nieder.
"Nimm deinen Hintern aus meinem Gesicht!"
Wie von der Tarantel gestochen fuhr Wirdnix hoch und die anderen herum. Nichts war zu sehen, außer dem schwarzen, unförmigen Felsbrocken, auf dem der Gnom eben noch gesessen hatte. Dann begann sich dieser zu bewegen. Mit Entsetzen sahen die Freunde, dass es sich bei dem vermeintlichen Felsbrocken um ein zusammengerolltes Lebewesen handelte, das nun aufstand und sich gähnend streckte. Dean registrierte mit gesträubten Haaren, dass das einen Meter große, pechschwarze Wesen über zwei kleine Hörner verfügte und einen Spieß in der Hand hielt. Zu seiner Beruhigung endeten die Füße jedoch nicht in Hufen sondern in etwas, was ihn an kleine Bärentatzen erinnerte, und einen gegabelten Schwanz konnte er auch nicht ausmachen. Das schwarze "Teufelchen" sah die Gefährten mit seinen gelben Augen unfreundlich an. "Schon mal was von Hausfriedensbruch gehört?", fauchte es wütend. Die Gefährten waren sprachlos. So was hatten sie nicht erwartet. Selbst Wirdnix stand mit offenem Mund da und starrte das kleine Wesen an. Gart fand als erster die Sprache wieder: "Man sollte eben doch lieber glauben, was einem die Einheimischen erzählen."
Das Teufelchen sah ihn feindselig an. "Was erzählt man denn so?"
"Nur das Beste", warf Tom hastig ein, der befürchtete, dass eine entsprechend unsensible Äußerung Garts über gräßliche Dämonen das offensichtlich empfindliche Kerlchen verärgern könnte. Nicht jeder wurde gerne als Monster bezeichnet. Vielleicht hatte das Teufelchen ja noch ein paar große Brüder, und die wollte Tom nun wirklich nicht kennenlernen. Dann schon lieber Keule. Beschwörend sah er den Zwerg an. Doch der hatte das Interesse an dem Teufelchen schon wieder verloren und bewachte lieber den Höhleneingang.
"Die Bewahrer des Steins", flüsterte dafür Meister Reno vi´Eren ehrfürchtig, der wieder zu Atem gekommen war und sich erhoben hatte. "Und ich dachte immer, sie seien ein Mythos."
"Ihr kennt uns?", erklang überrascht die Stimme eines neuen Teufelchens, das halb aus der Höhlenwand neben ihnen heraussah, als würde es aus einem Fenster gucken. Den Freunden standen die Haare zu Berge. Selbst Gart war zum ersten Mal beeindruckt. Sogleich überlegte er, wie man die Teufelchen nutzbringend in Medara einsetzen könnte. Meister Reno vi´Erens Blick irrte bewundernd zwischen den zwei Teufelchen hin und her.
"Nein", antwortete er schließlich, "aber ich habe über euch gelesen, über die Bewahrer und Steinformer, die Hüter der Unterwelt." Das erste Teufelchen war ein wenig besänftigt. Seine Hörner leuchteten grün auf. Wenn die rot werden, bin ich weg, dachte Wirdnix, der der ganzen Sache nicht traute.
"Schön, ihr wißt also wer wir sind. Trotzdem gibt das euch kein Recht, einfach hier einzudringen und mich als Sitzgelegenheit zu mißbrauchen", meckerte es und zeigte mit dem Spieß auf Wirdnix, "selbst, wenn man so aussieht, wie der da." Nach und nach tauchten nun immer mehr Teufelchen auf und sahen die Gefährten neugierig an. Inzwischen war das Geheul der Piraten sogar in der Höhle deutlich zu hören. Myrana stieß Tom an.
"Ich glaube, der Tanz beginnt."
"Was ist denn da draußen eigentlich los?", wollte ein Teufelchen wissen. Tom grinste. Hier bot sich eine ungeahnte Möglichkeit, aus ihren Schwierigkeiten herauszukommen.
"Nuuunnn jaaa", sagte er gedehnt im verschwörerischen Tonfall, "ich glaube, ich habe eine schlechte Nachricht für Euch."
 

© Klaus-Peter Behrens
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Und sicher schon bald geht's hier weiter zum 16. Kapitel...

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