.
Diese Geschichte wurde von den Drachental-Besuchern zur
besten Fantasy-Fortsetzungs-Story 2007 im Drachental gewählt!

. 
X-Mas Dragon Flight von Tobias Wagner
.
Die Nacht ist kalt, der Schneesturm zog
durch die Wälder, wo auch ein Drache flog.
In des letzten alten Jahres Nächten, 
verfolgt von einem Magier mit dunklen Mächten.
.
Kapitel 1
Der Drache

Tim öffnete die Augen.
In seinem großen Dachgeschosszimmer des Elternhauses war es noch stockfinster.
Der grüne Drache neben ihm, der sich auf dem Teppichboden wie eine Katze zusammengerollt hatte, schlief tief und fest.
Obwohl es schon fast 7 Uhr morgens war, was Tim am Display seines DVD Players unter dem kleinen Fernseher erkannte, war es noch stockfinster. Dies war aber zu dieser Jahreszeit nichts Außergewöhnliches. Immerhin war heute schon Freitag, der 22. Dezember und Tims letzter Schultag vor den Ferien. Seit einer Woche war Tim alleine zu Hause, da sein Vater auf Geschäftsreise war und die Nachbarin solange für ihn sorgte.
Jetzt erst bemerkte er den Drachen Drakota, der nur deshalb in Tims Zimmer Platz hatte, weil es so riesig war. Sein Atem ging ruhig und gleichmäßig.
Schlagartig kehrten die Erinnerungen an den gestrigen Tag zurück, der sein Leben veränderte.
Dann war es also doch kein Traum! dachte sich Tim.
Dieser entsetzliche Schneesturm gestern, der garantiert nicht natürlichen Ursprunges war, setzte ein, als er auf dem Nachhauseweg vom Donnerstagstraining war.
Von einer Minute zur nächsten war er da und plötzlich hatte er diesen Blackout. Erst als er auf dem Rücken des Drachens durch die eiskalte Winternacht glitt, kam er wieder kurz zu Bewusstsein.
Tim richtete sich auf und schob den rechten Flügel des Drachen zur Seite, mit dem er  ihn gestern Abend zugedeckt hatte. Es kam ihm vor, als würde er den Drachen schon ewig kennen - irgendetwas schien er mit ihm heute Nacht gemacht zu haben.
Etwas Magisches?

Leichter Schneefall hatte wieder eingesetzt und das große Dachfenster über ihnen bedeckt. Tim hatte Kopfschmerzen und Schnupfen.
Eine Erkältung kurz vor Weihnachten - das hatte jetzt noch gefehlt! dachte er sich.

Er lächelte, denn er konnte eigentlich ja zu Hause bleiben, wenn er krank war! Doch er wollte weder bei der Schule, noch in der Nachbarschaft auch nur den geringsten Anlass für einen Verdacht geben. Die einzige Chance, dass man den Drachen nicht entdeckte, sah Tim darin, sich so normal wie möglich zu verhalten.
Fröstelnd ging er zur Terrassentür und blickte über Hilpertsau in den Schwarzwald.

Dieser sonderbare Schneesturm, der bis spät in die Nacht andauerte und zirka fünfzig Zentimeter Neuschnee brachte, war jetzt vorbei. Klirrend kalt war es, was Tim am LCD-Thermometer neben der Tür erkannte:  -11 Grad!
Tim grinste, denn irgendjemand hatte schon einen großen Schneemann draußen gebaut, direkt auf der großen Wiese neben dem Wald.

Noch bis gestern dachte Tim, dass dies das langweiligste Weihnachtsfest seines Lebens werden würde, da sein Vater, der hier in Hilpertsau bei der Firma "Smurfit Kappa" arbeitete, ja bis zum 6. Januar auf Geschäftsreise sein würde. Aber einige Dinge im Leben ändern sich schneller, als man glaubt, denn nun hatte er einen leibhaftigen Drachen bei sich zu Hause!
Tim legte eine Hand auf die Schuppen des Drachen. "Drakota, wach auf!" flüsterte er dem Drachen zu.
Er öffnete ein Auge und sah ihn amüsiert an.
Guten Morgen, Kleiner. Bist du wieder aufgetaut?
"Ja", sagte Tim, "aber mein Kopf fühlt sich an, als wäre ein Zug drübergerollt!"

Der Drache sprach in Tims Gedanken, was ihm noch immer völlig neu war. Obwohl Drakota Tim nie seinen Namen gesagt hatte, wusste er ihn. Er wusste auch, dass der Drache seine Gedanken lesen konnte, denn wie hätte er sonst wissen sollen, dass Tim hier wohnte? Tim hatte in seinem tranceähnlichen Zustand gestern, als er halb erfroren und kaum bei Bewusstsein auf seinem Rücken flog, das Gefühl, als durchforstete jemand sein Gedächtnis.
Tim hatte aber gleichzeitig auch etwas erfahren. Necramor, ein böser Schwarzmagier, war hinter Drakota her.
"Weiß Necramor, dass du dich seit gestern hier bei mir versteckst?" fragte Tim.
Der Drache schüttelte den Kopf. Nein, aber ich werde mich vor ihm nicht ewig verstecken können! Ich hoffe nur, dass er uns wenigstens solange nicht findet, bis sich meine magischen Kräfte soweit erholt haben, dass ich wieder in meine Welt zurück kann.
"Solange du hier bleibst, bist du vorerst in Sicherheit. Wie es der Zufall will, sind wir die nächsten zwei Wochen ganz alleine. Heute ist der letzte Schultag, dann habe ich Weihnachtsferien bis Januar!"
Ich hoffe, dass wir solange unentdeckt bleiben! sagte der Drache. Kannst du heute nicht bei mir bleiben?
Tim schüttelte den Kopf. "Darüber habe ich schon nachgedacht, aber ich war erst die letzten zwei Wochen krank. Wenn ich heute - am letzten Tag - nicht in die Schule komme, dann gibt das nur unnötig Zoff mit der Schulleitung und mir. Das bisschen Schnupfen werde ich auch noch überleben."
Tim stand auf und packte seine Sachen. "Freitag ist sowieso ein kurzer Schultag. Ich sollte mich heute ganz normal verhalten, um keinen Verdacht zu erregen. In ein paar Stunden bin ich ja wieder bei dir."
Soll ich dich hinfliegen? fragte Drakota.
"Bist du verrückt?! Jemand könnte dich sehen. Der Schwarzmagier, oder die Menschen!"
Ich kann mich unsichtbar machen. Außerdem ist es stockdunkel. Du musst mir nur den Weg weisen.

Tim zögerte. Der gestrige nächtliche Drachenflug durch den Schneesturm war alles andere als gemütlich. Aber anderseits lag so viel Schnee auf der Straße...
"Na schön, aber ich muss das noch meiner Nachbarin sagen. Solange mein Vater auf Geschäftsreise ist, ist sie für mich verantwortlich."

Im selben Moment schalteten sich über Zeitschaltuhr die Lichterketten am Haus an. Das Geländer der Terrasse leuchtete farbig unter der dünnen Schneedecke.
Der Drache zuckte erst kurz zusammen und ging in Angriffsstellung, doch dann betrachtete er interessiert die Fensterbeleuchtung, als er merkte, dass es sich nicht um feindliche Magie oder ähnliches handelte.
Tim hoffte, dass das Telefon klingelte und die Schule anrief. Normalerweise wäre bei solcher Witterung "Schneefrei".
"Keine Sorge! Wenn was sein sollte - ich bin kurz gegenüber frühstücken", sagte Tim und ging aus dem Haus über die Straße zu Herr und Frau Sellner, die ja gegenüber wohnten.
Auf den Straßen war es stockfinster und an vielen Häusern brannte die Weihnachtsbeleuchtung. Da Tims Vater schon seit einer Woche auf Geschäftsreise war (zum Glück, denn sonst könnte es im Haus einige Probleme bezüglich des Drachen geben), kümmerten sich die Sellners um Tim.
Sie hatten ja den ganzen Tag Zeit, da sie schon Rentner waren.
Gerade als Tim den Messingklingelknopf drücken wollte, öffnete Frau Sellner selbst. "Ach Tim, du frühstückst heute bei uns? Ich wollte gerade die Zeitung holen. Du bist spät dran!"
In Wirklichkeit kam Tim nur deshalb zu den Sellners rüber, damit Frau Sellner nicht zu ihm rüber kam und beim Frühstück Machen eventuell etwas Verdächtiges aus Tims Dachgeschosszimmer hörte. Immerhin wohnte da jetzt ein Drache!

"So ein Blödsinn wieder!" sagte Herr Sellner kopfschüttelnd hinter seiner Zeitung, während er seine Kaffeetasse abstellte. "Die Bundesregierung verschleudert 
Milliarden - natürlich auf pump - indem sie wieder pünktlich zu Weihnachten ihren Bonzen die Diäten erhöht, oder an blödsinnigen Reformen rumbastelt, die die Bürger noch weiter finanziell verzweifeln lassen. Allein die Erhöhung der Mehrwertsteuer im Januar ist ein Skandal! Aber die wissen ja, dass das dumme Volk brav zahlt - es braucht ja nicht mal gefragt zu werden!!"
Er schüttelte den Kopf. "'Bürokratieabbau' hat man uns versprochen, passiert ist aber mal wieder nichts. Wie immer nichts gewesen... außer Spesen!"
Oh ja, das kannte Tim!
Jeden Tag regte sich Herr Sellner unnötig über Ereignisse aus der Zeitung auf. Im Sommer, wenn die Sellners auf der Terrasse frühstückten, motzte er so laut, dass man es in der ganzen Nachbarschaft hörte! Selbst wenn er im Hintergarten war, hörte Tim oft kernige Satzstücke wie beispielsweise: "Zum Teufel mit den sozialistischen Ex-Genossen!" oder: "Haut den Bonzen auf die Finger!"
Dann kamen meist noch ein paar andere Nachbarn zum Gartenzaun und dann wurde stundenlang diskutiert und geschimpft.
"So was Ähnliches ist bei uns auch wieder", warf Tim ein. "Wir müssen jetzt wieder eine neue Rechtschreibung lernen, weil ein paar Bleistiftlutscher in der Regierung meinen, das wäre notwendig. Was tut denn das zur Sache, wenn beispielsweise 'Flusschiffahrt' jetzt wieder 'Flussschifffahrt' heißt?"
"Das liegt daran, dass man die vielen Beamten und Bürokraten ja irgendwie beschäftigen muss. Sonst könnte jemand auf die Idee kommen, dass man die meisten von ihnen ja gar nicht mehr braucht!" sagte Herr Sellner sauer.

Frau Sellner stellte Tim eine Tasse heißer Schokolade hin. Anscheinend mochten die Sellners den Winter nicht, denn hier in der Wohnung hatte es fast dreißig Grad! Das Wohnzimmer war fast so groß wie Tims DG-Zimmer. Ein großer Bullerjan- Kanonenofen brannte in der Ecke.
Tims Vater hatte letztes Jahr einige dieser Öfen aus Russland mitgebracht, von einer seiner zahllosen Geschäftsreisen. Auch Tim hatte so ein Ding in seinem Zimmer, allerdings war dieser kleiner und hatte nur 4 KW.
Die Sellners sahen mit ihren 75 Jahren noch sehr jung aus. Frau Sellner hatte dreißig Jahre als Näherin gearbeitet, ihr Mann arbeitete nach dem Krieg vierzig Jahre in einer Automobilfabrik. Jetzt waren sie Rentner.
Tim ekelte sich, während er den viel zu süßen Kakao probierte, zeigte dies aber möglichst nicht nach außen. Schwarze Klumpen schwammen in der Tasse.
Die Frau konnte nähen, verstand aber gar nichts von Kakaozubereitung!

Herr Sellner saß in seinem Sessel neben dem Wohnzimmerfenster, trank wie jeden Tag Kaffe und rauchte seine Pfeife. Meistens war er schon früh wach und las Zeitung. Genauso wie heute.
 Wütend schimpfte er:
"Tim, der Volksmund sagt: "Wer lügt, der kommt damit nicht weit" und im wirklichen Leben stimmt das auch. Merke dir das, Junge.
Wenn ein Arbeiter beispielsweise seinen Chef anlügt, kann er gefeuert werden.
Wenn ein Handwerker pfuscht und seinen Bauherrn beschwindelt, muss er Schadensersatz leisten. Wenn ein Geschäftsmann das Finanzamt bescheißt, wäre er auch sofort ein Fall für die Justiz.
Ganz anders ist das aber hierzulande in unserer Politik!
Durch Lügnerei, Schönreden und bunte Wahlversprechen haben sich schon seit Jahrzehnten unsere 'Volksvertreter' ihre Stimmen erkauft. Sie lügen und kommen absolut straflos davon! Wer als Abgeordneter das Volk jahrelang 
systematisch verarscht, muss sich hinterher vor keinem Richter verantworten!
Im Gegenteil: er kriegt noch eine fette Rente nachgeschoben, wenn er mit 52 den Stuhl räumt, und durch drei ersetzt wird! Aber die Bürger lassen es ja alle mit sich machen. Wie bei einer Ehe, gehören ja bekanntlich immer zwei dazu! Ganz anders ist es da bei den Franzosen. Wenn es in Frankreich so eine Regierungsführung gäbe wie bei uns, käme vom Volk nur eine Gegenantwort: 'Generalstreik!'"
"Musst du wieder so schimpfen? Und dann auch noch vor dem Kind!" sagte Frau Sellner, während sie wieder ins Wohnzimmer kam und Tim ein Stück Kuchen hinstellte.
Tim hatte mit seiner Vorahnung recht, als er vorsichtig probierte:
Das Kuchenstück schmeckte wie ein Stück Matratze!

"Die Kinder sollen nur früh genug erfahren, wie es in unserem Land wirklich abgeht, anstatt ihnen nur Lügen und Frasen zu erzählen, wie man es mit uns Erwachsenen macht!" erwiderte ihr Mann und blätterte zur nächsten Seite.
"Aha!! Da haben wir´s schon wieder! Einige Bundestagsabgeordnete bedienten sich im Sommer kostenlos an den Tickets für die Fußball-WM?! Wo bleibt denn da die Justiz und sperrt dieses korrupte Nehmerpack wegen unerlaubter Vorteilnahme endlich hinter Gitter?!" Die Stimme von Herr Sellner hatte inzwischen eine überdurchschnittliche Lautstärke angenommen.

"Das wird es nie geben", sagte Tim, während er aufstand und sich für die Rückkehr zu seinem Drachen vorbereitete.
"Den Richter will ich mal sehen, der seine eigenen Arbeitgeber einlochen lässt! Eher predigt der Papst den Islam, bevor das passiert!"

Herr Sellner schüttelte den Kopf. "Tja, so ist das. Wenn aber bei der nächsten Wahl viele Bürger lieber rechts wählen, fragen sich plötzlich unsere Obersten wieder, wie denn sowas nur passieren konnte!"
"Schatz! Du bist hier nicht an deinem Kegelstammtisch!" tadelte Frau Sellner ihren Mann. "Wenn du dich jeden Tag über die Dinge in der Zeitung aufregst, kriegst du es irgendwann auch noch mal am Herz."
Tim sagte zu Frau Sellner, dass er jetzt zur Schule müsse. Er konnte den Drachen in seinem Kopf spüren, der ja mithörte.
"Soll ich dich hinfahren?" fragte sie.
"Nein, nein", entgegnete Tim knapp, "ich komm schon mit dem Fahrrad hin!"
"Aber sei vorsichtig", mischte sich Herr Sellner ein, "die Autofahrer rasen zurzeit wieder wie die Bekloppten!"
Auf Drakotas Rücken brauche ich mir um die Autofahrer keine Sorgen zu machen, dachte sich Tim.
Zum Glück wusste Frau Sellner nichts von Tims abenteuerlichen Heimweg gestern im Schneesturm.

Tim eilte aus dem Haus der Sellners wieder rüber, wo er wohnte, und hastete hoch in sein Dachgeschosszimmer zu Drakota.
Der Drache sah ihn fragend an.
"Wir können fliegen. Keine Sorge, die Sellners können zwar hier mit dem Zweitschlüssel ins Haus, aber in MEIN Zimmer hier oben kommen sie nicht rein!" sagte Tim, während er seine Schulsachen nahm.
Dann öffnete er die Dachterrassenschiebetür, so wie er es gestern Abend halb erfroren getan hatte. Drakota war zwar groß, aber die Glastüren konnte man in zwei Teilen aufschieben, sodass der Drache gerade so durchpasste. Tims Dachterrasse dagegen war riesig. Drakota hatte hier genug Platz zum Starten und Landen.
Im Sommer stellte er oft seinen kleinen aufblasbaren Swimmingpool auf.
Tim schloss die beiden Türhälften wieder und stieg mit seiner Schultasche auf Drakotas Rücken.
Pass gut auf und halt dich fest!
Drakota breitete seine grünen, fledermausartigen Flügel aus und flog los. Für einige Sekunden stand Tims Herz still, als unter ihm die Häuser vorbeizogen.
Keine Sorge, uns kann niemand sehen!
Der eisige Flugwind schnitt sich in Tims Körper, während er seine Arme um Drakotas Hals schlang. Seine grünen Schuppen waren zwar schön warm, aber der Flugwind machte die aufgenommene Wärme gleich wieder wett.
Da Hilpertsau ein kleines Nest war, waren sie auch schnell bei der Schule. Es war ein rechteckiger Flachbau am anderen Ende der Kleinstadt. Tim dirigierte den Drachen auf eine Fabrikhalle, die etwa hundert Meter neben der Schule war. Auf dem Dach lag ein halber Meter Neuschnee.
Drakota landete und sank etwas ein.
Ich warte hier auf dich, Kleiner!
"Das geht aber schon ein paar Stunden", sagte Tim, während er abstieg, "du kannst mir in meinen Gedanken ja folgen."
Natürlich.
"Bis nachher", sagte Tim, bevor er sich durch den Schnee bahnte und eine eiserne Wendeltreppe hinab stieg.

Tim kannte die Fabrik, die schon seit Jahren stillstand und langsam aber sicher verfiel. Inzwischen hatte sich der Nachthimmel in einen metallgrauen Morgen verwandelt.
Tim wollte gerade über die Straße in den Schulhof abbiegen, da sah er neben einer anderen Fabrik in einem großen Hinterhof eine Holzbaracke. Tim wusste, dass dies das Jugendhaus war und im Erdgeschoss die 'Senkogang' wohnte.
Als er vorbeiging, kamen plötzlich drei Jugendliche auf ihn zu und versperrten ihm provokativ den Weg. Das hatte jetzt noch gefehlt!
Tim kannte sie nur zu gut.
Der größte von ihnen war Senko. Er trug eine dicke Bomberjacke, zerknitterte Jeanshosen und schwarze Springerstiefel.
Die anderen beiden waren Kevin und Walther, Senkos 'rechte' und 'linke' Hand.
Sie gingen längst nicht mehr zur Schule, hielten aber in der Stadt ständig Ausschau nach Konfliktstoff und waren auch schon in den Kriminalakten eingetragen.
Tim ahnte, dass es jetzt Ärger geben wird und er überlegte sich, was er tun sollte.
Wenn die Sache aus dem Ruder laufen würde, hatte er ja noch den Drachen!

"Lass mich in Ruhe!" protestierte Tim und versuchte, sich an ihnen vorbei zu schieben, doch Senko stieß ihn lässig zurück. Tim wusste, dass er viel stärker war als er.
"Der Wech vor da Disco jehört uns. Wenn de hier vorwei willst (rülps), mussde Jeld locka machn!" lallte Kevin neben Senko, der zu dieser Zeit offensichtlich schon einige Alcopops getankt hatte. "Ansonsten jibts´n paar auf de Fresse!" 
Tim wusste, dass ihre wahre Stärke - falls man das überhaupt so nennen kann -  nur darin bestand, Kinder und Jugendliche vor der Schule zu bedrohen und 'abzuziehen', wenn diese alleine und schwächer waren, während sie selbst meist in der Clique unterwegs waren.
Tim blickte die drei mit verachtendem Blick an und sagte zu Senko: "Ach, das hier ist eure Disco? Wusste ich nicht. Ich hab gedacht, hier wohnt unsere Bundeskanzlerin!"

Senko trat drohend vor ihn. "Hey, spar dir deene blöden Sprüche, Kleena, sonst schmeckste gleich den Dreck da Straße!"
"Solche Hillbillies wie du, sollten lieber wieder in die Ex-DDR gehen. Da könnt ihr von mir aus die Leute anpöbeln!" sagte Tim wütend und versuchte wieder an ihnen vorbeizukommen.
Senko war eine Sekunde überrascht. Was erlaubte sich dieses Würmchen, so mit ihm zu reden?!
Er packte Tim wütend am Kragen, holte mit der rechten Hand, die er zur Faust geballt hatte, aus und wollte gerade zuschlagen, da spürte er plötzlich einen Polizeiknüppel, der ihn sanft am Rücken berührte.
Wütend fuhr Senko herum, auf den nächsten Ärger gefasst.
Herr Gerbrand, der Stadtpolizist, stand direkt hinter ihm. Weder Senko, noch die anderen hatten ihn bemerkt. Auch nicht den Polizeivan, der fünf Meter neben ihnen am Baum parkte.
Tim spürte im Gedanken, dass Drakota kurz davor war, vom Dach zu stürzen, um Senko zu zerfetzen. Doch er konnte den Drachen gerade noch rechtzeitig zurückhalten.
"Ganz ruhig Freundchen!" sagte der Polizist zu Senko. "Lass den Jungen in Ruhe. Zu dritt gegen einen... ist das etwa fair?"
"Der hat mick´n Ossi-Hinterwäldla jenannt!!" fuhr Senko den Polizisten hitzig an. "Könn se sich det vorstelln, Meesta?!"
Der Polizist steckte seinen Knüppel wieder ein, ließ aber weiter seine Hand darauf ruhen.
"Worauf es mir - gerade jetzt zur Weihnachtszeit - am meisten ankommt, ist Ruhe und Ordnung in meinem Revier! Und in diesem Augenblick bist du der einzige, der die Leute stört. Also, lass das Kind jetzt in Frieden und mach dir nachher vorne auf dem Weihnachtsmarkt einen schönen Abend."
Walter und Kevin sahen schon den Ärger mit der Polizei kommen und versuchten Senko zum Weitergehen zu bewegen, doch der machte keinerlei Anstalten, sich vom Fleck zu rühren. Er war sauer und wollte heute diese Zecke platt machen!
"Niemand hier im Schwarzwald nennt mick´n Hinterwäldla!" rief er wütend.
"Na und? Hast du etwa Angst, du könntest einer sein?" fragte der Polizist trocken belustigt.
Senkos Glatze wurde kochend rot vor Wut.
"Soweit ich mitgekriegt habe, hast du ihn zuerst provoziert", fügte der Polizist hinzu, "also, ich sage es dir jetzt zum letzten Mal! Wenn du nicht willst, dass ich dich mit meiner Acht an der Hand aufs Revier mitnehme, so wie deinen betrunkenen Vater Dieter letztens in Gernsbach, dann sei jetzt schön friedlich und lass den Kleinen in Ruhe."
Jury Tschenkow, ein Arbeitskollege von Tims Vater, kam im selben Moment vorbei. Tim kannte ihn. Er war auf dem Weg ins Geschäft und verstand sofort, was da vor sich ging.
"Sperren sie endlich diese Kriminellen weg!" rief er den Beamten in russischem Akzent zu, "die haben gestern wieder bei Smurfit Kappa am Firmenzaun mit Graffiti rumgespritzt!"
"Hald die Schnauze, Kommunist!" rief Senko zu ihm rüber. "Dich kriegn wa
ooch noch!"
"Hey!" fuhr der Polizist Senko an. "Noch eine solche Bemerkung und ich sperr dich auf der Stelle ein! Du scheinst dich mit jedem anzulegen, solche Sprüche dulde ich nicht in meiner Stadt!"
Ein zweiter Polizist, Herr Gerbrands Kollege, war inzwischen auch schon dazugekommen. In der rechten Hand hatte er sein Funkgerät, die andere ließ er auf seiner Dienstwaffe ruhen.
"Komm schon", drängte Kevin, während er an Senkos Arm zog, "lass uns endlich gehen! Das ist doch den ganzen Ärger nicht wert!"
"Hör lieber auf deinen Freund, Senko", stimmte der Polizist gereizt zu, "oder willst du dich jetzt auch noch mit mir anlegen!?"

Senko strich sich über die Glatze und zog mit übertriebenem Kraftaufwand seine schwarze Bomberjacke zurecht. Er blickte Tim aus schmalen Augen an, was ein 'Ich krieg dich noch, Zecke!' bedeuten sollte.
Dann stapfte er mit seinen beiden Trinkkumpanen zur Disco zurück.

"Danke", sagte Tim mit erleichterter Stimme, "aber warum haben sie diese Kerle nicht gleich eingesperrt, so wie die sich verhalten?"
Der Polizist sagte zu Tim: "Hätte dich Senko eben angegriffen, trüge er jetzt Handschellen. Soweit wollte ich es aber erst gar nicht kommen lassen, denn da er eh erst in einem Jahr 18 Jahre alt wird, wäre ihm heute sowieso nicht viel passiert.
Erst vor zwei Wochen hat er vom Jugendgericht ein paar Sozialstunden aufgebrummt gekriegt. 'Graffitischmiererei und Verstoß gegen Paragraph 86a', oder so ähnlich hieß es. Die Sache mit dem Kappa Firmenzaun werde ich aber auch noch überprüfen."
"Ich verstehe diese schizophrenen rechten Kerle eh nicht," sagte Tim, "die grölen ständig ausländerfeindliche Parolen, aber auf der anderen Seite sehen sie sich amerikanische Filme an, gehen Döner und Pizza essen und fahren japanische Autos. Was soll denn das?"
Der Polizist lachte. "Haha, genau das ist das Problem! Ich bin sowieso fest davon überzeugt, dass es ihnen dabei nicht um politische Hintergründe geht."
Frau Schönberg, die Musiklehrerin, war auch dazugekommen und hörte zu.
"Die wollen einfach nur Krawall machen und sind auch noch stolz darauf." sagte sie.
Herr Gerbrandt nickte und sah die Lehrerin an. "Der Freitag heute fing sowieso schon gut an: Zuerst vier (!) Kaufhausdiebstähle hintereinander in Karlsruhe, dann mussten wir noch einen Autofahrer anhalten, weil er beim Abbiegen keinen Blinker setzte. Na ja, das war eigentlich nichts besonderes, aber die Ausrede des Fahrers war erstklassig. Ich fragte ihn, warum er nicht blinkte, da sagte er: 'Ich konnte nicht, weil ich mit der einen Hand mein Handy am Ohr hatte und mit der anderen mich noch schnell angeschnallt habe, als ich Sie im Rückspiegel sah...!'
Trotzdem mussten wir ihn mit einem Punkt verwarnen, wegen dem Handy."
Tim lachte. Er kannte Herr Gerbrand ja. Er war fast jeden Morgen vor der Schule.
"Ähm, ich muss jetzt los", sagte Tim, als er feststellte, dass der Unterricht schon seit zehn Minuten begonnen hatte.
Eilig hetzte er über den Schulhof, während Frau Schönberg noch mit den Polizisten redete.
Wahrscheinlich würde Tim jetzt einen Anpfiff vom Lehrer kriegen, weil er so spät kam, doch heute hätte er ja wenigstens eine gute Entschuldigung!
Zu Tims Überraschung war der Klassenlehrer noch nicht da. Auch die restliche Hälfte seiner Klasse fehlte. Die paar Schüler, die da waren, hingen müde und unausgeschlafen in den Bänken.
Tim ging eilig zu seinem Platz und tat so, als wäre er schon die ganze Zeit da gewesen.
Das Klassenzimmer war nicht sehr groß, da es die Parallelklasse war. Rechts neben der Tafel hing ein großes Poster: 'Das Periodensystem der Elemente', daneben ein Plakat, das die Kontinente der Erde zeigte.
"Wird ja heute ein lockerer Tag!" sagte Tim, während er sich auf seine Schulbank neben Franco setzte, der gelangweilt auf seiner Handytastatur rumtippte.
"Wo bleibt denn Herr Albrecht?" fragte Tim Franco.
"Der steckt mit seiner Karre im Schnee fest und kommt erst zur zweiten." sagte dieser, ohne vom Display seines Handys aufzublicken.
"Oh, Kacke!" sagte Tim. " Jetzt hab ich auch noch die Hausaufgaben vergessen!"
Nach dem außergewöhnlichen Abend gestern hatte er daran nun wirklich nicht mehr gedacht.
"Die Hausaufgaben hab ich mir gestern aus dem Web ausgedruckt. Mache ich ständig und spart viel Zeit. Wie war eigentlich die Weihnachtsfeier bei Kappa vorgestern?" fragte Franco.

Tim zuckte mit den Schultern. "Keine Ahnung, mein Vater war ja nicht dabei. Der hockt in Moskau bei einer Auslandssitzung und friert sich die Eier ab. 'Das ist ein Großauftrag, ein riesiger Fisch!' hatte er gesagt. Normalerweise wäre die Firmenweihnachtsfeier schon am 13. gewesen, aber der Chef hat sie auf den vorgestrigen Mittwoch verschoben. Er feiert nie am 13ten!"
"Wieso denn? Ist er abergläubisch?" fragte Frank grinsend.
"Hab ich mich auch schon gefragt, denn die Einweihung des neuen Betriebsgeländes, die diesen Sommer am 06.06.06 war, hat er strikt abgelehnt, dieser Knallkopf! Selbst einen Großauftrag hat er mal sausen lassen, weil er nie am 11ten mit einem Flugzeug fliegt. Mein Vater hat sich so auf die Weihnachtsfeier gefreut, jetzt ist er auf der Betriebs-"
Eine Hand legte sich plötzlich auf Tims Schulter. Er drehte sich um und Marco stand grinsend hinter ihm. Er war ja gestern mit ihm und den anderen beim Donnerstagstraining gewesen.
"Was ist?" fragte Tim.
"Hast du gestern bei der Heimfahrt den Schneesturm gesehen??"
Tim nickte. "Oh ja, den hab ich gesehen. Warum?"
Er befürchtete schon, dass Marco etwas über seinen Drachen wusste.
"In Neudorf gab es einen Stromausfall. Stefan hat die Gelegenheit genutzt und gestern mit seiner Bande einen feinen Bruch gemacht."
"Was für Brüche? Knochenbrüche?"
"Einbrüche, du Idiot!" zischte Stefan und blickte sich um, um sich zu vergewissern, dass gerade kein Lehrer in der Nähe war.
"Du kennst ihn doch, den Stefan. Der hat eine richtige Bande. Na ja, die meisten von ihnen haben noch nichts Großes gemacht - vielleicht mal einen Zigarettenautomaten geknackt, oder einen kleinen Warenhausdiebstahl. Aber bei Stefan ist das anders. Obwohl er erst in der sechsten Klasse ist, hat er schon achtzehn Brüche auf dem Kerbholz!" Es klang sehr stolz und bewundernd.
"Warum erzählst du mir das?" fragte Tim. "Hat man die noch nicht geschnappt?"
Doch, letzte Woche waren die Bullen bei Stefan, konnten ihm selbst aber nichts nachweisen. Einer von seiner Bande war ein Vollidiot!"
Marco drehte einen zweiten Stuhl um und setzte sich neben Tim und Frank.
"Der Knirps hat Stefan letztens die Ohren vollgetextet, er wüsste einen coolen Bruch. 'Ganz ungefährlich und mindestens dreitausend Euro wären da zu holen!' schwärmte er.
Stefan war skeptisch, aber die anderen aus seiner Bande wollten unbedingt mitmachen. Drei Steine sind ein Haufen Geld in dieser Zeit.
Natürlich war das kein richtiger Bruch. Einfach mit der Chipkarte zur Haustür vom Altenpflegeheim rein, wo der Knirps jobbte, mit der Chipkarte die Wohnungstür aufgeschlossen und bei seinem eigenen Opa (!) die dreitausend Euro unter der Matratze geklaut. Das war doch überhaupt kein richtiger Bruch! Beim Verlassen des Seniorenstiftes hatte sich der Knallkopf noch mit seiner Karte und der Zimmernummer abgemeldet, wie er es sonst immer bei der Arbeit machte.
Als der Opa heimkam, hat er natürlich gleich gemerkt, dass seine Knete unter der Matratze weg war und hat sofort das gesamte Altenheim zusammengezetert.
Und für die Bullen war das dann natürlich ein Kinderspiel rauszukriegen, wer die drei Eier geklaut hatte. Die brauchten ja bloß im Computerdatensystem nachzuschauen, wer zuletzt in dem Zimmer war.
Noch am selben Abend waren sie bei Stefan und sein dummer Kumpel hat natürlich ausgepackt. Nicht nur den Diebstahl im Altenheim, sondern auch noch die restlichen 18 Brüche. Er hat gesagt, Stefan hätte ihn verführt, dabei war das meiste davon seine Idee!"
"Der wird später noch wie Senko!" sagte Tim verachtend.
Frank schüttelte jetzt den Kopf. "Nee, Senko ist ein Skinhead. Stefan macht eher einen auf Punk."
"Was passiert jetzt mit dem Knirps?" fragte Tim.
Marco zuckte mit den Schultern. "Der wird jetzt vom Jugendamt zu hören kriegen."
Im selben Moment kam der Schuldirektor höchstpersönlich ins Klassenzimmer und knallte einen dicken Stapel Din A4 Blätter auf den Pult, so dass diejenigen schlagartig aufwachten, die den Kopf auf der Schulbank 'ausruhten'.
"Guten Morgen!" rief er übertrieben laut ins Klassenzimmer. "Marco, setz dich auf deinen Platz und nimm den Kaugummi raus. Nun, da euer Klassenlehrer Herr Albrecht dummerweise witterungsbedingt verhindert ist, schreiben wir heute noch einen schönen Aufsatz, der natürlich benotet wird."
Das löste natürlich nicht gerade Begeisterung aus, am letzten Schultag!

"Das Thema zum Aufsatz dürft ihr frei wählen, die Zeit läuft!" Mit diesen Worten ging der Direktor aus der Klasse, schickte aber kurz darauf eine Vertretung herein. Wahrscheinlich um sicherzustellen, dass nicht der ein oder andere Schüler einfach etwas aus einem Buch abschrieb, um eine gute Note einzukassieren.

Tim überlegte eine geschlagene Viertelstunde, über was er eigentlich schreiben sollte. Bis er auf eine Idee kam:
Drakota, kannst du mich hören?
Natürlich, Tim! kam die überraschend schnelle Antwort des Drachen. Er hatte gerade zum ersten Mal versucht, Drakota im Geiste zu rufen, was ihm auf Anhieb gelungen war.
Schreib doch etwas über Drachen!
Tim hatte seine Frage noch gar nicht gestellt, aber Drakota wusste schon die Antwort, woraus Tim schloss, dass der Drache die ganze Zeit in seinen Gedanken war und alles beobachtete, was er tat! Das gruselte Tim ein wenig, da es so etwas wie Privatsphäre für ihn nun nicht mehr gab.
Nein. Wenn ich einen Aufsatz über Drachen schreibe, dann halten mich alle für verrückt!
Plötzlich fielen Tim die Hausaufgaben wieder ein und er fing an zu schreiben:

Die Vor und Nachteile unserer Zukunftsenergien:

Das größte wirtschaftliche Problem der Zukunft ist die Energie von morgen. Erdöl wird immer knapper und teurer. Dabei gibt es allerhand Alternativen, wie beispielsweise die Sonne. Milliarden Megawatt fallen täglich auf die Erde, die kaum genutzt werden. Würde man ein fünftel der Saharawüste mit Solarzellen bebauen, wäre der Energiebedarf der Erde (!) gedeckt. 

Solarenergie ist schon jetzt ein Zukunftslieferant, der aber wegen der teuren Anschaffungskosten noch nicht großflächig genutzt wird. Anders ist es da bei Windenergie, der jetzt schon einen großen Prozentsatz des Stromnetzes deckt. In der Schweiz und in anderen Alpenregionen finden gerade bei Bauernhöfe Holz und Methankraftwerke wieder Zuwachs, wegen der Effizienz und den geringeren Kosten gegenüber Öl. Staudammkraftwerke bringen gleich zwei Vorteile: Energie und Wasserspeicher. Doch sie haben ein anderes Problem- Platz! Meistens muss ein komplettes Tal unter Wasser gesetzt werden (wie in China am Jangtsekiangfluss), um ein Stauseeprojekt umzusetzen. Eine andere Energiequelle ist Wasserstoff. Als Treibstoff für Autos hätte er große Vorteile: Null Prozent Schadstoffe, null Prozent Umweltverschmutzung. Einziges Problem: Wasserstoff herzustellen ist (noch) verdammt teuer und würde weitaus mehr kosten als Öl oder Gas. Wieder eine andere Alternative, die von Forschern jetzt erprobt wird, ist das Thermokraftwerk. Es funktioniert mit Luft, die in einer großen Treibhausähnlichen Halle erwärmt wird, nach oben durch einen Schornstein aufsteigt und dabei mehrere Propeller antreibt, die an Generatoren hängen und Strom erzeugen. 
All diese Energiequellen sind teuer, doch früher oder später werden wir sie nutzen müssen...

Solarenergie (Photovoltaik): 
+ Keine Umweltverschmutzung
+ Unbegrenzte Ressource
- Unregelmäßiger Energieertrag (Tageszeit und Wetterabhängig)
- Sehr teure Technologie

Windenergie:
+ Keine Umweltverschmutzung
+ Unbegrenzt verfügbare Energie
- Unregelmäßiger Energieertrag
- Landschaftsbildveränderung

Atomenergie:
+ Regulierbarer Ertrag
+ Hohe Effizienz
- Anfallender radioaktiver Giftmüll
- politischer Streitpunkt

Wasserkraftwerk (Staudamm):
+ Saubere Energie
+ Trinkwasser und Energiespeicher
- Schwerer Natureingriff, Landschaftsbildveränderung

Bioenergie ('Bauernhofkraftwerk'):
+ Umweltfreundliche Energieerzeugung durch Tiere
+ Ideal für isolierte Alpenhöfe, da keine weite und teure Kabelverlegung
- Großflächig aber kaum nutzbar

Holzkraftwerk (Pellets etc.)
+ Ständig nachwachsender Rohstoff
+ CO2 neutral
- Teure Technologie

Wasserstoff (Hydrogen)
+ Saubere Energie
+ Überall verfügbar
- Hochexplosiv
- Herstellung noch sehr teuer

Thermokraftwerk (Luftkraftwerk)
+ 100 Prozent saubere Energie
- nur bei starker Sonnenstrahlung effektiv
- sehr hoher Platzbedarf

Neben all diesen Zukunftsenergiequellen gibt es natürlich noch die Möglichkeit, mit Energie gewissenhaft umzugehen. Viele Menschen tun das nicht und merken es nicht einmal. So entstehen beispielsweise in den Haushalten unnötig 'Standby Kosten' von mehreren Milliarden Euro. Außerdem verwenden viele noch Glühbirnen, die im Gegensatz zu Leuchtdioden und Röhren reine Energiefresser sind. Glühbirnen wandeln nur 4 Prozent der elektrischen Energie tatsächlich in Licht um, die restlichen 96 gehen als Wärme ungenutzt verloren...

Tim zeichnete noch ein paar technische Skizzen, die er noch genauer erklärte. Immer wieder sah er ungeduldig auf die Uhr über der Tafel. Merkwürdig, dass der letzte Schultag vor den Ferien immer so verdammt lange dauerte!

Als er nach einer weiteren endlos langen Stunde fertig war, kam der Direktor wieder herein. Wortlos sammelte er alle Aufsätze ein, dann ging er vor zur Tafel.
Tim verdrehte die Augen, weil er wusste, dass jetzt wieder die 'Jahresabschlussrede' kam. Franko wusste das auch, denn er hatte schon seine MP3 Kopfhörer auf.

"Na gut, Kinder. Das Jahr ist fast vorbei und es ist mal wieder an der Zeit, euch einige Worte mit ins Weihnachtsfest zu geben. Der eine von euch wird wahrscheinlich Skifahren gehen, der andere sich am Computer austoben. Aber wie auch immer:  Feiert Weihnachten bitte so, wie man es machen sollte: ruhig und besinnlich. Genießt die Feiertage und erschreckt an Silvester nicht die Leute, indem ihr euch besauft, randalierend durch die Stadt zieht, oder Sachen in die Luft jagt.
Viele Feuerwerkskörper sind erst ab einem bestimmten Alter zugelassen, bitte haltet euch auch daran! Raketen und Mörserbatterien sind gefährlich und kein Spielzeug! Bastelt euch keine Böller selber! Auch die bei Jugendlichen in Mode gekommene Pyromunition, die mit der Schreckschusspistole abgefeuert wird, hat es in sich! Viele eurer Eltern lassen euch sorglos mit dem Zeug hantieren, deshalb lege ich es euch noch mal persönlich nahe!"
Fast schon gelangweilt hörte Tim eine endlos lange Zeit zu, bis es endlich kurz vor zwölf war und die Schuluhr klingelte.
Das 'Frohe Weihnachten' vom Direktor konnte man nicht mehr hören, da alle Kinder mit fröhlichem Jubelgeschrei aus der Klasse stürmten.
Tim packte seine Schulsachen und eilte ebenfalls aus der Klasse.
Anders als heute Morgen, machte er einen kleinen Umweg zu Drakota, um nicht wieder diesem bekloppten Senko in die Arme zu laufen. Er kletterte wieder über die Wendeltreppe auf das Flachdach der Fabrik, wo Drakota schon ungeduldig wartete.
Da bist du ja!
Tim kletterte wieder auf Drakotas Rücken. "Nichts wie weg hier! Ein paar Bürger da unten haben mich gesehen, wie ich aufs Dach geklettert bin!"
Gut festhalten, Kleiner!
Drakota stieß sich vom Dach ab und wirbelte mit den Flügeln eine große Schneewolke auf. 
Im selben Moment flogen sie schon und Tim sah unter sich seine Schule immer kleiner werden. Der Weihnachtsmarkt sah aus dieser Perspektive unfassbar schön aus - wie in einer Wintergeschichte.
Im nächsten Moment schon setzte der Drache wieder zum Landeanflug auf Tims Terrasse an. Um ein Haar hätte er mit seinem Schwanz den Windgenerator umgerissen, den Tim mit seinem Vater im Sommer dieses Jahr montiert hatte. Auch die Pflanzenkübel erwiesen sich beim Landeanflug als hinderlich, da jetzt im Winter sowieso keine Blumen in den Kübeln wuchsen.
Im selben Moment, als Tim von Drakotas Rücken stieg, löste der Drache den Tarnzauber und sie waren beide wieder sichtbar.
"Solange du bei mir bist, sollte ich die Blumenkübel, die Solarmodule und den Windgenerator vom Balkongeländer abmontieren", stellte Tim fest, "sonst verletzt du dich noch. Aber heute nicht mehr. Ich hab Hunger!"
Ich auch!
Als Drakota wieder in Tims Zimmer war und Tim gleich die Terrassentüren schloss, sah er schon Frau Sellner rüberkommen.
Tim schaffte es gerade noch, ein paar Schulbücher auf den Küchentisch zu legen und tat so, als lerne er eifrig.
Sie kam mit dem Zweitschlüssel ins Haus und ging mit einigen Zeitschriften in der Hand in die Küche.
"Du bist heute aber früh da. Bist du geflogen?" scherzte sie.
Wie recht sie hat, dachte sich Tim grinsend.
"Was ich dich heute Morgen noch fragen wollte: Ich habe bei dir im Zimmer gestern Abend komische Geräusche gehört - als ob ein großes Tier dort oben wäre!" sagte Frau Sellner.
Tim wurde plötzlich bleich.
"Ähm, ich hab noch am PC 'Gothic II - Die Nacht des Raben' gespielt!" entgegnete er hastig.
"Dann spiel in Zukunft leiser! Die andere Nachbarin ist 77 Jahre! Du weißt ganz genau, dass sie jede Gelegenheit nutzt, um dir einen reinzuwürgen! Sie kann Kinder auf den Tod nicht ausstehen."
Tim kannte die andere Nachbarin, Frau Kotter, nur zu gut! Sie war eine Giftschlange und erzählt im Dorf immer Sachen herum, die zur Hälfte erfunden waren. Als beispielsweise die Postbotin kürzlich ins Haus kam, wegen eines Einschreibebriefes, behauptete Frau Kotter, sie hätte mit Tims Vater eine Affäre! Und als Tim sein Fahrradlicht reparierte, erzählte sie, er habe Altöl ins Grundwasser gekippt. Warum sie so eine Abneigung zu ihren Mitmenschen hatte, weiß niemand. Nur dass sie jeden Sonntag heuchlerisch in der Kirche sitzt und all ihre Erlebnisse der Gemeinde erzählte.
Tim ahnte aber an ihrem Gesundheitszustand, dass es nicht mehr lange dauern würde, bis sie das Gras von unten sieht. Er konnte sich noch ganz gut an letztes 
Jahr erinnern:
Es war Silvesterabend und Tim hatte allerlei Freunde bei sich Zuhause. Auch viele Erwachsene aus der Firma und dem Bekanntenkreis hatte sein Vater eingeladen.
Es war eine tolle Silvesterparty - bis 19.30 Uhr.
Denn da klingelte es prompt an der Haustür und Frau Kotter hielt wieder eine ihrer Standardbeschwerden, die in Kraftausdrücken wie 'Kifferbande' und 'Drogenparty' endete.
Als daraufhin wenig später auch noch Herr Gerbrand und sein Kollege mit Blaulicht und Sirene anheizten, da Frau Kotter der Polizei etwas von 'Organisiertem Drogenverkauf' erzählte, änderte sich vorerst der Abend. Die Polizisten ordneten nach einer kurzen Durchsuchung an, dass bis zum Feuerwerk um 0 Uhr etwas 'ruhiger' gefeiert werden sollte.
Frau Kotter bekam aber auch eine saftige Verwarnung von den Polizisten. "Falsche Beschuldigungen können auch strafbar sein, nach Paragraph soundso..." sagte Herr Gerbrands Kollege.
Doch Tim rächte sich. Um Mitternacht warf er ihr Knaller in den Vorgarten unter ihr Schlafzimmerfenster - (extra laute Würfelkanonenschläge!)

"Weiß Frau Kotter eigentlich, dass ich dieses Weihnachten alleine bin?" fragte Tim.
Frau Sellner schüttelte den Kopf. "Zum Glück nicht! Sonst würde sie bis Neujahr rund um die Uhr mit dem Fernglas an ihrem Fenster hocken und euer Haus begaffen - mit dem Notruf-Handy in der rechten Hand und den Herzinfarkttabletten in der anderen. Wenn deine Mutter noch leben würde, Tim, dann hätte sie das schon längst abgestellt!"
Frau Sellner stellte Tim nach einer Viertelstunde ein Fischgericht auf den Tisch. Auch das noch! Tim konnte Fisch auf den Tod nicht ausstehen und es graute ihn jedes Mal, wenn Freitag war!
"Hast du noch Hausaufgaben auf?" fragte Frau Sellner.
"Hausaufgaben?! Jetzt sind Weihnachtsferien!" entgegnete Tim entrüstet.
"Du hast gesagt, du fährst mit dem Fahrrad in die Schule." wechselte sie überraschenderweise das Thema.
"Ja und?"
"Dein Fahrrad stand aber die ganze Zeit in der Garage!"
Tim wurde heiß. Er konnte ihr ja schlecht sagen, wie er heute Morgen wirklich zur Schule gekommen war!
"Ich bin bei jemandem mitgefahren", log er.
Jetzt wurde Frau Sellner erst recht misstrauisch. "Du fährst einfach so bei jemandem im Auto mit?! Weißt du eigentlich wie gefährlich das ist! Es gibt so viele Kinderschänder da draußen -"
"Ich bin bei Francos Vater mitgefahren! Er war heute Morgen gerade zufällig hier in der Straße und hat mich mitgenommen."
Sie sah ihn skeptisch an, hörte aber endlich auf zu fragen.
"Wenn du fertig bist, kannst du das Geschirr spülen. Ich komme nachher noch mal rüber." sagte sie, während Tim am Küchentisch saß und gelangweilt mit der Gabel ein Auge aus seinem Karpfen herausbohrte.
"Du kannst in den Ferien ruhig ab und zu mal in deine Schulbücher sehen. Das schadet dir gar nicht. Dein Vater hat sogar darauf bestanden." sagte Frau Sellner.

"Mein Vater sagt viel. Der will auch unbedingt, dass ich Abitur mache, studiere und so´n Quatsch." sagte Tim gelangweilt. Er hasste Fleisch. Früher aß er ab und zu mal ein Würstchen, oder Hähnchen, doch nach den jüngsten Ereignissen (BSE, Vogelgrippe, Gammelfleisch) war ihm der Appetit auf Fleisch ganz vergangen!
Frau Sellner verlies das Haus und ging über die Straße.
Tim sprang im selben Moment auf und ging mit dem Fisch und vier Hähnchen, die er aus der Tiefkühltruhe im Keller geklaut und schnell in der Mikrowelle erhitzt hatte, wieder zu seinem Drachen hoch.
Na endlich!!! Ich verhungere!
"Bedien dich! Fisch schmeckt mir nicht." sagte Tim, als er die Zimmertür hinter sich schloss. Noch ehe er sich versah, hatte der Drache den Fisch verdrückt.
Tim schaltete am Schreibtisch seinen Computer ein. "Ich freu mich schon auf die Spiele, die ich zu Weihnachten bekomme!" sagte er. "Ich habe die Vorschau im August bei der GC in Leipzig gesehen. Vor allem Gothic3 hat mir gefallen!"
Tim wusste, dass sein Vater die ganzen Weihnachtsgeschenke schon gekauft und vor seiner Abreise bei den Sellners deponiert hatte, mit der klaren Anweisung (woran sich Frau Sellner hielt) sie nicht vor Heiligabend, 19,00 Uhr herauszurücken!
 

Vor Verwendung dieser Autoren-EMail-Adresse bitte das unmittelbar am @ angrenzende "NO" und "SPAM" entfernen!


Und schon geht es hier weiter zum 2. Kapitel...

.
www.drachental.de