"Du hast mal wieder in allen Linien versagt,
du Nichtsnutz!" Nemesar stand im Saal seines Schlosses "Darks Klamm" und
war stinksauer. "Die wichtigsten Informationen für meine Europainvasion
liegen im Drachental verteilt und diese Elsyria hat den Drachenstein!"
Murluck erwiderte hastig: "Ich kann doch nichts
dafür, dass der Drachen-Zauberspruch das Flugzeug ausgerechnet
über die Vulkane beförderte!"
Nemesar brüllte: "Du schnappst dir ein
paar der Goblins und gehst zu dem Flugzeugwrack. Nehme sie gefangen, damit
ich sie verhören kann. Wer sich wehrt wird liquidiert - alles klar?
- Los jetzt!"
Murluck nickte, nahm ein paar Goblins mit
und kehrte zum Flugzeugwrack zurück.
Die Goblins sahen im wahrsten Sinne des Wortes
"zum kotzen" aus. Triefende Schleimgesichter, spitze Zähne wie die
eines Tiefsee-Anglerfisches und schneeweiße Augen ohne Pupillen.
Sie waren mit Schwertern und Armbrüsten bewaffnet.
Am Flugzeug entfernten sich Rafael und Elsyria.
Sie wollten gerade einen Rundgang machen und der Spur des Drachen folgen.
"Aber lauft nicht so weit weg!" sagte Dixon.
"Pflanzen und Tiere, die ihr nicht kennt, nicht anfassen!"
"Okayokay, wir sind ja keine Babys!" kicherte
Rafael.
Murluck und seine Goblins waren an der Lichtung
angekommen. "Da vorne ist das Flugzeugwrack. Wir umkreisen sie, dann schlagen
wir zu!" sagte Murluck.
Rafael und Elsyria waren gerade an einer kleinen
Felskante am Waldrand hochgeklettert, als sie seltsame Geräusche vom
Landefeld hörten. Rafael holte ein Fernglas aus seinem Rucksack und
blickte zum Flugzeugwrack. "Oh Mist, was geht denn da ab...!" Er gab das
Fernglas Elsyria und auch sie sah es:
Eine Gruppe Goblins und dieser seltsame Typ,
der mit ihnen flog, nahmen die anderen gefangen. Thomas und Dixon wehrten
sich zwar, aber gegen die Übermacht waren sie machtlos. Harry killten
sie eiskalt. Murluck entdeckte ein Funkeln auf dem Felsen am Waldrand,
das von dem Fernglas stammte, denn es reflektierte perfekt das Sonnenlicht.
Murluck gab einigen Goblins ein Zeichen und sie rannten auf Elsyria und
Rafael zu.
"Oh Kacke, die haben uns entdeckt und kommen
jetzt auf uns zu. Rafael, lauf!!!"
Rafael verstand sofort, schnappte seinen Rucksack
und rannte mit Elsyria tief in den Wald hinein. Dicht auf den Fersen Murluck
und seine Schergen. Auf einem großen Feld angekommen, stand plötzlich
der Drache von eben vor ihnen.
"Na toll, er hat noch zwei weitere Drachen
mitgebracht!" rief Rafael außer Atem. Dann staunten beide verblüfft.
Auf jedem der anderen Drachen saß ein
Drachenreiter. Einer der Drachenreiter sagte: "Ich bin Akarian. Rake hat
uns gerufen, weil ihr in höchster Gefahr schwebt. Kommt mit uns, wenn
ihr überleben wollt!"
Elsyria und Rafael zögerten. "Kann uns
mal einer erzählen, was zum Teufel hier los ist?"
Akarian sagte zu Elsyria: "Frag nicht so viel,
steig bei Arnur auf, und du kletterst bei mir hoch!"
Arnur reichte Elsyria seine Hand und sie stieg
hinter ihm auf den Drachen. "Halt dich gut fest, wir fliegen gleich!"
Murluck stürmte mit den Goblins auf die
Drachen zu, blieb aber, als er sie sah, schlagartig stehen. Die Goblins
rannten von hinten auf ihn drauf und sie stürzten der Länge nach
auf den Haufen. Währenddessen flogen Akarian/Rafael und Arnur/Elsyria
schon auf 'Draku' und 'Mondkralle'. 'Rake' verkokelte mit seinem Feuerstrahlatem
noch schnell zwei Goblins, dann kam er hinterher.
Murluck brüllte, dass es durch das ganze
Drachental hallte. Auch Nemesar hatte das ganze Geschehen durch den zweiten
Drachenstein beobachtet. Sein zorniges Gebrüll war keinesfalls leiser...
"Dieser Nichtsnutz! Wenn er doch nur einmal
etwas richtig machen kann!"
Währenddessen landeten die drei Drachen
vor dem Tor von Schloss Lanciata.
"Wow! Das war riesig, wir sind geflogen, Elsyria!"
Rafael war außer Atem, doch Elsyria sagte: "Für heute habe ich
wirklich genug vom Fliegen! Erst der Absturz, dann wollen uns diese Monster
killen – und dann fliegen wir auf Drachen! Das kann doch alles nur ein
Albtraum sein!"
Elsyria beruhigte sich wieder und sah die
Drachenreiter an.
"Okay, Okay, wer seit ihr? Woher kommt ihr?
Wieso habt ihr uns gerettet?"
Der Drache 'Rake' sagte: "Typisch Menschen!
Ihr müsst immer so viele Fragen auf einmal stellen!"
Elsyria starrte den Drachen fassungslos an
und stammelte: "Du, du kannst ja sprechen! Warst du das, der mir vorhin
diese merkwürdigen Gedanken in den Kopf gesetzt hast?"
Der Drache sagte: "Natürlich kann ich
mit euch Menschen sprechen. Wenn ich will sogar in allen Sprachen. Ich
kann sogar deine Gedanken lesen!"
"Ja, klar - natürlich, und ich bin der
Bundeskanzler!" sagte Rafael sarkastisch.
Draku sah ihn an. "Du glaubst uns nicht?!"
sagte er und man sah dem Drachen an, dass er jetzt nicht in Stimmung war
für Witze.
"Wir sind die Drachenreiter von Dracania."
sagte Akarian. "Wir sind für jeden da, der unsere Hilfe braucht. Wir
haben gesehen, wie gerade eben eure Flugmaschine brennend vom Himmel gestürzt
ist. Jeder Drache in Dracania weiß, dass man die Vulkanberge nicht
überfliegen soll, das wäre glatter Selbstmord. Dass ihr noch
am Leben seit, ist beinahe ein Wunder!"
Rafael starrte die Drachen immer noch an,
wie eine Halluzination.
Elsyria sagte: "Das war einzig und alleine
die Schuld von diesem Typen, der mit uns im Flugzeug war. Er hatte mit
diesem komischen Kristall die Dimensionsreise und den Absturz ausgelöst.
Dann ist er in einer Zauberwolke verschwunden und wenig später mit
diesen
Ork-Monstern zurückgekommen.
"Murluck!" zischte 'Mondkralle', der Silberdrache.
"Er hat unseren Drachenstein gestohlen. Wenn ich den in meine Klauen kriege...!"
"Wartet mal!" Rafael holte aus seinem Rucksack
den Drachenstein heraus. Elsyria und die Drachenreiter sahen ihn erstaunt
an.
"Du hast ihn eingepackt?" fragte Elsyria erstaunt.
"Ja, weißt du, der Drachenstein hat
mir eben gefallen und..."
Die Drachen seufzten. "Jetzt hat Nemesar nur
noch einen der Steine."
"Es gibt drei Drachensteine. Zwei haben wir
jetzt und Nemesar hat den letzten. Die Drachensteine bergen eine unglaubliche
Kraft in sich. Mit ihnen kann man Städte ausradieren, Dimensionsreisen
durchführen oder Berge versetzen, wenn es sein muss!"
Einige Wachen standen an der Burgmauer.
Arnur und Akarian riefen: "Wir sind Drachenreiter!
Wir wollen zu König Sadorey!"
Das Burgtor ging knarrend auf. "Ihr müsst
keine Angst haben", sagte Arnur, "Lanciata ist ein friedliches Land und
König Sadorey ist gut und gerecht. Aber wundert euch nicht, wenn er
euch einige Fragen stellt, denn die Trümmerteile eures Flugzeuges
sind über ganz Dracania verteilt. Ein paar davon sind sogar in der
Burg gelandet!"
Die Wachen führten Rafael, Elsyria, die
Drachenreiter Arnur und Akarian, sowie die drei Drachen zum Schlossplatz
in der Mitte der Burg.
König Sadorey kam herangelaufen in einem
langen Gewand und einer mit Diamanten besetzten Krone. "Seid gegrüßt
Reisende, ihr seid also die, die vom Himmel gefallen und von den Drachen
gerettet worden sind?"
"Nicht alle", sagte Rafael. "Die Meisten von
uns sind beim Absturz draufgegangen oder wurden von Murlucks Schergen verschleppt."
Rafael senkte den Kopf.
"Aber wir haben einen weiteren Drachenstein!"
sagte Mondkralle.
"Nun gut, lasst uns das weitere beim Abendmahl
besprechen" sagte der König. "Die Drachen dürfen natürlich
in unseren königlichen Ställen übernachten und die ehrenwerten
Drachenreiter bekommen einige unserer Gemächer."
Während die anderen redeten, wühlte
Elsyria in ein paar Trümmern des Flugzeuges herum, die sorgfältig
gestapelt neben der Hütte des Schlossschmiedes standen. Zwischen Teilen
der Motoraufhängung und Instrumenten aus dem Cockpit, stolperte sie
plötzlich über eine Box mit der Aufschrift "FLIGHT RECORDER*
- DO NOT OPEN !"
Sie nahm die Box und brachte sie zu den anderen.
"Schaut mal, was ich hier gefunden habe, das könnte euch alle interessieren!"
Rafael staunte. "Das ist die 'Black Box',
aber das können wir uns ja später noch ansehen. Sei uns nicht
böse Elsyria, aber ich habe einen Kohldampf, dass ich den Putz von
der Burgmauer verschlingen könnte!"
Die Sonne stand schon tief am Horizont als
der König Elsyria, Rafael und die Drachenreiter in den Speisesaal
führte. Die Drachenreiter begleiteten ihre Drachen noch zu den Ställen.
Akarian kraulte seinem Drachen Draku hinter
den Hörnern und sagte: "Mach dir keine Sorgen, mein Freund. Zwei der
Steine haben wir schon und den dritten finden wir auch noch!" Die Drachen
legten sich seufzend in das Heu. "Gute Nacht Draku, gute Nacht Rake, gute
Nacht Mondkralle!"
Die Drachenreiter kamen mit den anderen in
den Speisesaal und dort wurde schon fleißig gefuttert. Rafael hatte
- natürlich - wieder den größten Teller, die anderen Wachen
und Krieger erzählten sich Witze und grölten, dass es im ganzen
Schloss hallte. Die Drachenreiter, Rafael und Elsyria saßen am Tisch
des Königs.
Rafael stellte seinen Rucksack, den er bei
sich trug, an seinen Stuhl und schenkte sich eine lilafarbene Flüssigkeit
ein. Elsyria und die Drachenreiter nahmen reichlich von den Früchten,
die Elsyria noch nie in ihrem Leben gesehen hat. "Köstlich!" schmatzte
Rafael.
Nach etwa einer Stunde waren alle satt und
zufrieden. Rafael und Elsyria erzählten den Drachenreitern und dem
König alles, was sich zugetragen hatte. Von dem Land, aus dem sie
kamen, der gewonnenen Reise und dem Absturz ihres Flugzeuges.
"Das war ein Ereignis." sagte ein Krieger
am Nebentisch. "Wir haben von unserem Wachturm gesehen, wie ein brennendes
Etwas über den Himmel zog, sich während des Fluges zerlege und
hinter den Wald knallte. Man konnte den Crash bis hierher hören."
Ein anderer Krieger sagte: "Wir gingen in
Alarmbereitschaft, weil wir dachten, es wäre wieder ein Plan von Nemesar,
denn man kann ja nie wissen...!"
"Wer genau ist dieser Nemesar?" fragte Rafael.
Plötzlich wurde es totenstill im Saal.
Die Drachenreiter sagten: "Nemesar ist der
Herrscher von Ost-Dracania. Er treibt dunkle Magie und terrorisiert die
freien Dörfer. Er bereitet zur Zeit irgendetwas vor, wozu er einen
der Drachensteine braucht."
Eine dunkle Vorahnung zog plötzlich durch
die Köpfe von Rafael und Elsyria. "Nemesar will Europa erobern !!"
sagten sie fast gleichzeitig.
"Erst schnüffelt Murluck in unserer Welt
herum, sammelt Landkarten und strategische Informationen über uns,
dann bucht er einen Flug, wo er den Drachenstein aktivierte und so das
Dimensionstor zu Dracania öffnete. Deshalb müssen wir Nemesar
den letzten Drachenstein abjucken!"
Noch bis spät in die Nacht interpretierten*
und diskutierten sie, wie sie Nemesar in die Suppe spucken sollten. Dann
zogen sich alle in ihre Zimmer zurück.
Elsyria hatte gerade neue Kleider angezogen,
die ihr ein Diener des Königs brachte, als einer der Drachenreiter
(nachdem er angeklopft hatte) ihr Zimmer betrat.
"Rafael will dir was zeigen!" sagte Arnur.
Elsyria kam in Rafaels Zimmer, als er gerade
mit der Black Box hantierte.
"Ich will genau wissen, was sich heute Vormittag
zugetragen hat." sagte er.
"Das Ding ist so verbeult und verkratzt, das
kannst du wegwerfen!" sagte Elsyria.
"Nein nein, das ist nur die Panzer-Schutzhülle,
die den Festplattenspeicher schützt." Rafael hatte den Flight Recorder
zerlegt und die Elektronik freigelegt. Auch die zwei Drachenreiter waren
inzwischen anwesend.
Rafael holte seinen Laptop aus dem Rucksack.
"Elsyria, kannst du mir bitte das USB*-Kabel geben?"
Sie erwiderte schnippisch: "Sonst noch einen
Wunsch? Vielleicht ein Stück Kuchen??" Doch sie gab es ihm. "Wie viel
Krempel schleppst du denn in deinem Rucksack mit dir rum?" fragte sie und
holte die Sachen heraus, die Rafael nach der Notlandung eingepackt hatte:
Ein Taschenmesser, ein Kompass, Taschenlampe, Leuchtpistole, eine Solarzelle
zum aufklappen, Digi-Cam*, eine Flasche Wasser
und sein Handy.
"Du kriegst kein Empfang, versuch`s erst gar
nicht." sagte Rafael. Inzwischen hatte er den Laptop angeklemmt und spielte
den Speicher der Black Box ab. Das ganze Szenario beobachteten sie zusammen.
Der Felsbrocken, der den Copiloten killte, die Daten der Instrumente, der
Notruf und dann der Aufprall. Das Bild verschwand.
"So hat es sich zugetragen." sagten die Drachenreiter
staunend. "Ihr könnt vergangenes wieder zeigen?"
Elsyria grinste. "Das sind eben die Vorteile
der technisierten und digitalisierten Welt. Aber wenn der Akku leer ist,
nützt dir der Computer nicht viel."
"Was glaubst du, wozu ich die Solarzelle noch
mitschleppe?" sagte Rafael.
Dann sagte Arnur: "Wir sollten uns jetzt schlafen
legen, morgen wird ein langer Tag!"
Elsyria, Rafael und die Drachenreiter legten
sich schlafen. Nachts träumte Rafael von seinem ersten Drachenflug
vom Tag zuvor. Elsyria dagegen hatte einen furchtbaren Albtraum. Sie sah
Europa zerstört und zerbombt von Nemesars Goblinarmee. Grinsend stand
er auf seinem Turm und sah sich das Spektakel an, wie seine Streitmacht
die Erdenwelt zerstörte.
*
Flight Recorder |
= Flugschreiber |
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= Auslegung, Ausdehnung |
USB |
= Universal serial Bus |
Digi-Cam |
= Spitzname für Digitalkamera |
© Tobias
Wagner
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