.
Dieses Gedicht wurde von den Drachental-Besuchern
zum zweitbesten Fantasy-Gedicht 2005 im Drachental gewählt!

. 
Die Vampirhochzeit von Hyphistos

Ihre Augen stolz und funkelnd, 
und doch gefüllt mit Ungewissheit. 
Ihre Haut so sanft und zart, 
und doch geprägt von Rauheit. 

Die Braut steht beim Altar, 
doch kein Priester ist in Sicht. 
Der Raum erstrahlt so bleich, 
doch nirgendwo brennt Licht. 

Ihr Kleid so weiß wie Schnee, 
und doch scheint es befleckt. 
Den Schleier tief ins Gesicht, 
und doch keine Träne verdeckt. 

Mit einem Mal öffnet sich die Türe, 
die Turmuhr in der Nacht schlägt viere. 
Das Publikum, das gar nicht da, 
wendet die Blicke ab vom Traualtar. 

Der blasse Schein strahlt auf die Gestalt, 
die soeben den Raum betrat. 
Kalte Luft strömt durch den off'nen Türspalt, 
ehe sie sie zu schließen volltat. 

Die Braut am ganzen Körper zittert, 
die Gestalt zweifellos der Bräutigam. 
Sie die Gefahr an ihm wittert, 
er sich ihr schrittlos nähert, wundersam. 

Seine Gesichtszüge sind sanft, gar wunderschön. 
Nie sie solch ein perfektes Wesen gesehn. 
Doch seine Augen ihn verraten, 
lodern voll Blut und Gräueltaten. 

Seine Arme sich um ihre Hüfte legen, 
sie fängt an sich seltsam zu bewegen. 
Die beiden scheinbar zu tanzen beginnen, 
und die gefallenen Engel dazu singen. 

"Sie dürfen die Braut nun küssen", 
hätte der Priester nun wohl gesprochen. 
Doch hier kein dürfen sondern müssen, 
der Wille der Braut längst gebrochen. 

Seine Lippen berühren ihren Hals, 
sie beginnen sich zu vereinen. 
Und stöhnt sie auch vor Lust, 
vernimmt man doch ihr Weinen. 

Ein letzter Schrei aus ihrer Kehle, 
denn das Spektakel heute und hier, 
war der Untergang ihrer Seele, 
gestohlen von einem Vampir. 

Das Ritual ist nun vollbracht, 
die Hochzeitsglocke schrill und laut. 
Verheiratet sie mit der Nacht, 
feiert sie, die wunderschöne Braut.
 

© Hyphistos
Vor Verwendung dieser Autoren-EMail-Adresse bitte das unmittelbar am @ angrenzende "NO" und "SPAM" entfernen!
.
www.drachental.de