Atlanta von Feuerdrachin Bella
Kapitel 3

Am darauf folgenden Morgen war Atlanta schon vor Sonnenaufgang wach.
Sie weckte Hermes voller Erwartung, dass er ihr endlich sagte, was ihr Vater mit der "Prophezeiung" gemeint hatte.
Nach einem kurzen Frühstück rückte Hermes dann doch mit der ganzen Wahrheit heraus.
Er sagte: "Hör jetzt gut zu, Atlanta. Was ich dir nun sage ist sehr wichtig für deine Reise durch diese Welt, du darfst meine Worte nie vergessen. Das wäre das Schlimmste, was dir passieren könnte..."
"Was würde denn so schlimmes passieren, wenn ich diese Worte vergesse?" fragte Atlanta, denn sie wollte alles wissen was sie tun muss, um ihre Eltern zu befreien.
"Habe Geduld! Also, in den Alten Schriften ist die Rede von einem jungen Menschen, der von einem Menschen und einem Gott abstammt. Dieser Mensch bist eindeutig du, denn die Schrift sagt weiter aus, dass dieser Mensch in einem Dorf aufwächst und besser mit dem Schwert umgehen kann als jeder andere Kriegsherr in dieser Welt." Atlanta saß auf dem Stuhl als wäre alles, was Hermes ihr erzählt, nur eine kleine Geschichte, die er sich in der Zeit, in der er geschlafen hat, ausgedacht hatte.
"Dieser Mensch also passt genau auf dich, denn niemand geht so geschickt mit dem Schwert um wie du und das ist nicht übertrieben. Die Alte Schrift sagt auch aus, dass du einen göttlichen Freund mit auf diese Reise nimmst und noch ungefähr fünf andere  menschliche Freunde gewinnst. Diese fünf Freunde werden dich ebenfalls auf dieser beschwerlichen Reise begleiten und noch mehr arme Seelen unterstützen dich, die deine Hilfe benötigen. Deine Aufgabe besteht darin, die Söhne des Bösen zu besiegen oder als Freund zu gewinnen. Wenn du die Söhne des Hades als Freund gewinnst, werden sie dir im letzten entscheidenden Kampf gegen Hades treu zur Seite stehen."
Als Hermes fertig mit erzählen war, konnte Atlanta  nicht begreifen, warum gerade sie diese  kompliziert klingende Aufgabe lösen musste. Doch aus ihrem Munde kam eine völlig andere Frage: "Warum darf ich nur fünf verschiedene  Freunde mit auf diese Reise nehmen? Ist es denn nicht besser, mehrere zu gewinnen?"
Hermes hatte sich schon gedacht, dass Atlanta so etwas fragen würde, antwortete ihr trotzdem: "Du sollst  auf dieser Reise nicht auffallen, sondern dich als normale Wanderin auf der Durchreise ausgeben. Also wähle die fünf Leute mit Bedacht und List aus, um klar im Vorteil zu sein."
Atlanta gab sich damit zufrieden, denn sie verstand nun besser, was es mit den fünf anderen Leuten auf sich  hatte.
"Wann wollen wir aufbrechen?", fragte Atlanta. Sie war voller Zuversicht, dass sie diese Aufgabe sehr schnell lösen wird.
"Am besten sofort. Packe nur das Notwendigste ein, das wären dann Nahrungsmittel, dein Schwert, mehrere Wasserflaschen und einen Bogen, um zu jagen. Die Sachen, die dann noch anfallen, werden wir in den Städten kaufen, die auf unserem Weg liegen."
Nach zwei arbeitsreichen Stunden kam Atlanta mit zwei vollen Reisebeuteln wieder zu Hermes. Die eine Tasche warf sie Hermes zu, die er mit Leichtigkeit fing.
Ihr Schwert hatte Atlanta auf den Rücken gebunden, weil es sie sonst beim Laufen behindert hätte.
Den Bogen hat sie an ihrer Tasche befestigt, damit sie ihn schnell bei der Hand hat.
"Wir werden erst einmal in den Norden gehen müssen. Dort lebt der jüngste Sohn des Hades. Er wird zwar kein leichter Gegner sein, aber immer noch schwächer als die andern drei. Außerdem musst du noch sehr viel lernen."

Sie gingen ganze drei Tage ohne Rast und sie sprachen nicht viel miteinander. Die einzigen Worte, die gefallen waren: "Wann sind wir endlich da?" und "ich habe Hunger."
Diese Worte stammten alle aus dem Mund von Atlanta und immer sagte Hermes darauf: "Habe doch etwas Geduld. Diese Aufgabe fordert etwas mehr Verantwortung von dir und deine Geduld lässt zu wünschen übrig."

Sie erreichten die Stadt Drachental ohne Verletzungen oder andere Probleme.
Atlanta konnte nicht glauben, dass diese Stadt wirklich so groß ist, dass ungefähr 8000 Einwohner hinein passen, denn die Stadt wirkt sehr klein.
Am Stadttor wurden sie von einem Wachposten des Königs aufgehalten. Er war schon etwas älter, aber er war immer noch so fit, um ganz alleine vor den Toren Wache zu schieben oder der König traute dem alten Mann einfach zu viel zu.
"Was wollt ihr hier und warum wollt ihr in die Stadt?" fragte der Mann, als sie näher kamen.
"Wir sind zwei Wanderer auf der Durchreise und wollen in der Stadt unsere Vorräte ein wenig auffrischen", sagte Hermes, der das Wort ergriffen hatte, ehe Atlanta etwas Falsches sagen konnte.
Der alte Mann nickte zustimmend und ließ sie passieren.
Atlanta hatte sich das etwas schwieriger vorgestellt in die Stadt zu kommen, aber so wie der Mann aussah, kommen ihm wohl jeden Tag Leute entgegen, die auf der Durchreise waren und in der Stadt ihre Vorräte aufstocken.
Aber als sie in der Stadt waren, dachte sie keine einzige Sekunde mehr an den alten Mann vor dem Stadttor. Sie konzentrierte sich nur noch auf die Stadt Drachental. In der Mitte ragte das große Schloss  heraus, das "Drachenfestung" genannt wird, weil das Schloss noch nie von einem Feind besetzt worden war.
Atlanta hatte schon viele Geschichten über den König des Schlosses gehört. Eine davon ist, dass er gegen einen sehr mächtigen Drachen kämpfen musste. Der Drache hat diesen Kampf verloren, jedoch der König trug eine Narbe davon, die ihn immer an diesen einen verhängnisvollen Tag erinnern sollte.
Sie gingen die Straße entlang, die sie in die Mitte zum Marktplatz führte, dort ging Atlanta als erstes zum Stadtschmied.
"Kannst du uns zwei Schwerter an einem Tag schmieden?" fragte Atlanta, die noch ein Schwert für sich und eins für Hermes anfertigen lassen wollte.
Der Schmied hörte auf, das heiße Metall mit seinem Hammer zu bearbeiten und sah Atlanta prüfend an.
"Was will ein Mädchen mit einem Schwert aus meiner hochwertigen  Schmiede?"
Die Stimme des alten Mannes vor dem Stadttor war nichts im Vergleich zum Schmied, dessen Stimme ein gewisses Kratzen in seinem Hals zu verursachen schien.
Atlanta versuchte ruhig zu bleiben, was ihr sehr schwer fiel, denn der alte Mann hat einen Unterton in seiner Stimme als wäre sie ein Stück Dreck.
"Hör zu, wir brauchen die Schwerter, um uns in der Wildnis zu verteidigen", sagte Atlanta, die es satt hatte sich mit dem Schmied noch weiter herum zu streiten.
"Soweit konnte ich auch schon denken, aber was will ein Mädchen damit?"
Nun war es mit der Freundlichkeit von Atlanta geschehen. Sie konnte sich nicht mehr beherrschen und wollte den Schmied schon in seine Schranken  weisen,  aber Hermes hielt sie davon ab.
"Was willst du denn noch? Glaubst du etwa, dass das Mädchen nicht die Wahrheit sagt?" fragte Hermes den ungläubigen Schmied, der nur mit dem Kopf schüttelte.
"Willst du es mir nicht glauben, dann werde ich dir zeigen was ich kann. Sollte ich gewinnen, dann bekommen wir die Schwerter ohne etwas dafür zu bezahlen. Willigst du ein oder nicht?"
Mit diesen Worten gab Atlanta dem Schmied die Hand. Er willigte ein und sagte: "Gerne, aber nicht ich, sondern mein Sohn Bennet wird gegen dich kämpfen und zwar da drüben auf dem Marktplatz." Er zeigte auf einen Ring, der abgesperrt war. "Ich glaube, er ist schon im Ring."
Atlanta ging mit zielstrebigen Schritten auf den Ring zu. Sie legte ihre Sachen vor der Absperrung ab und sprang in den Ring. Die ganze Menschenmenge, die um den Ring herum stand, drehte sich zu Atlanta herum und begutachtete sie.
"Wer von euch Leuten ist Bennet?" fragte Atlanta die Menschen, die ihr als Antwort nur Stille gaben. Bis eine Männerstimme diese Stille wie mit einem scharfen Messer durchschnitt: "Ich bin Bennet, der beste Kämpfer vom Drachental, und was willst du von mir, Mädchen?"
Atlanta sah Bennet an und musste fasst anfangen zu lachen, doch ihre Höflichkeit ließ es nicht zu. Das Lachen verschwand wieder aus ihrem Gedächtnis und sie sagte: "Ach ja? Das wollen wir doch erst einmal sehen, wie gut du wirklich bist oder ob du nur große Reden schwingst."
"Gut, aber erst einmal: Wie ist dein Name?"
"Namen sind unwichtig, in einer Welt voll davon. Aber vielleicht sage ich ihn dir, wenn du am Boden liegst und ich gewonnen habe."
Ein kleines Lächeln huschte über Bennets Lippen als er sagte: "Du wirst als Erste am Boden liegen, dafür sorge ich schon. Da du eindeutig im Nachteil bist, darfst du die Waffe wählen, mit der wir kämpfen."
Atlanta zog ihr goldenes Schwert aus der Scheide. Ein Staunen ging durch die Masse als das Schwert im Sonnenlicht glänzte.
"Ich weiß zwar nicht welchem Herren du dieses Schwert abgenommen hast, aber du hast die falsche Waffe gewählt."
Bennet zog ebenfalls das Schwert und ging direkt auf Atlanta zu, um sie am linken Arm zu verletzen, aber sie konnte ausweichen und parierte den Schlag. Der Aufprall der Klingen war in der ganzen Stadt zu hören und zog noch mehr Menschen an, die das Spektakel nicht verpassen wollten. Sogar die Wachen des Königs vernachlässigten ihre Aufgaben, um diesen Kampf mitzuerleben.

Die beiden kämpften bis in den späten Nachmittag hinein. Niemand schenkte dem anderen etwas.
Am Ende war es Bennet, der als erster vor Erschöpfung zusammensackte. Atlanta erging es nicht anders. Erst nach fünf langen Minuten konnte sie sich nur mit Mühe wieder aufrichten.
Atlanta ging mit schwankenden Schritten zu Bennet und gab ihm die Hand, um ihm wieder auf die Beine zu helfen. Er nahm das Angebot mit Dank entgegen und sagte: "Du bist die beste Schwertkämpferin, die ich je gesehen habe. Nun sage mir wie dein Name lautet, um dich nicht zu vergessen."
"Mein Name ist Atlanta und ich bin auf jeden Fall die einzige Schwertkämpferin, die du je gesehen hast."
"Ja, das stimmt, was willst du eigentlich hier in dieser großen Stadt?"
"Mein Begleiter und ich sind auf einer sehr beschwerlichen Reise, die sich bestimmt noch sehr lange hinziehen wird. Wir könnten also jede helfende Hand gebrauchen. Willst du mit uns auf diese Reise kommen? Ich würde mich freuen, einen so starken Kämpfer wie dich an meiner Seite zu wissen."
"Ja, ich gehe sehr gerne mit dir mit. Hier hält mich sowieso nichts mehr." Bennet konnte wieder alleine stehen und lief direkt auf Hermes zu, der nicht sehr begeistert aussah.
"Hermes, Bennet will uns begleiten und mit uns kämpfen."
"Schön und was wollen wir nun tun?" wollte Hermes wissen, doch Atlanta konnte nicht mehr warten. Sie wollte schnell zum Schmied gehen, um sich ihre zwei Schwerter abzuholen. Doch bis zur Schmiede kam sie erst gar nicht, denn einer der Wachen des Königs packte sie an der Schulter und sagte: "Der König wird dich bestimmt kennen lernen wollen."
Atlanta wusste nicht, warum sie unbedingt zum König gehen sollte und nahm in Gedanken Kontakt zu Hermes auf. Was soll ausgerechnet ich beim König? Aber Hermes waren die Lippen wie versiegelt, nur ein kurzes Nicken machte Atlanta klar, dass sie mit den Wachen mitgehen sollte.
"Gut, ich gehe mit. Aber nur unter einer Bedingung."
"Was ist deine Bedingung, Atlanta?" wollte der Ritter wissen.
"Ich möchte, dass die zwei Personen hier neben mir mitgehen dürfen. Ohne diese beiden gehe ich sonst nirgendwo mehr hin."
Der Mann in der Rüstung nickte: "In Ordnung, und nun, bitte, kommt mit mir mit."
Atlanta und ihre beiden Freunde gingen mit, obwohl Bennet gar kein gutes Gefühl bei dieser Sache hatte.

Als sie im Thronsaal ankamen mussten sie einige Minuten warten, bis der König kam, doch als er dann vor ihnen stand, verbeugten sie sich vor Ehrfurcht.
"Bitte, bitte erhebt euch, meine Freunde!"
Ohne ein Widerwort erhoben sich die drei Freunde und sahen in das Gesicht von König Friedrich Vollbart  III. Endlich  wusste Atlanta, was es mit dem zweiten Namen des Königs, auf sich hatte, denn er trug einen Bart und nicht ohne Stolz. Sie inspizierte den König noch mehr und endete bei der Narbe. Von dieser Narbe sie die Geschichte mit dem Drachen gehört hatte. Es war kein Gerücht, wie sie dachte, sondern die eiserne Wahrheit. Die Narbe verlief von der linken Augenbraue bis zur rechten Wange, doch das komische an dieser Narbe war, dass sie den König nicht entstellte sondern ihn noch mächtiger und mutiger aussehen ließ als er es zugeben würde.
"Mir ist zu Ohren gekommen, dass du, Mädchen, den besten Schwertkämpfer meiner Stadt besiegt hast."
Seine Stimme ließ Atlanta beben und sie konnte nur sagen: "Ja, das habe ich und mein Name ist Atlanta. Aber nur, weil ich gegen Bennet gewonnen habe, habt ihr mich hierher geschickt oder hat es noch einen anderen Grund?"
Atlanta konnte ihre Nervosität gegenüber dem König nicht verbergen, aber er ließ sich dadurch nicht aus der Ruhe bringen.
"Ja, Atlanta. Der Grund, dass ich dich holen ließ, ist, dass du den Drachen Flammenzunge zur Strecke bringen sollst. Denn Flammenzunge zerstört die Felder und die Häuser der Bauern. Er ist eine große Gefahr für uns alle!"
Atlanta konnte spüren, dass von diesem Drachen wirklich eine große Gefahr ausging, das sagte ihr schon alleine der Gesichtsausdruck des Königs.
"Ich werde diesen Drachen mit meinen zwei Gefährten aufsuchen und ihn zur Strecke bringen, aber eine Frage bleibt  immer noch offen."
"Frage nur, ich erkläre dir alles, was du über den Drachen wissen musst."
"Warum geht ihr nicht selber gegen den Drachen vor?"
"Das würde ich ja gerne, Atlanta, aber ich bin auch nicht mehr der Jüngste und ich habe schon sehr viele Männer an diesen Drachen verloren. Noch mehr kann ich nicht entbehren."
Atlanta wusste genau wie der König sich fühlen musste und das mit dem "nicht mehr der Jüngste" kaufte Atlanta ihm sofort ab, denn in seinem Bart und Haupthaar sah man schon die einzelnen grauen Haare herauswachsen.
"Aber könnten wir erst morgen früh zu diesem Flammenzunge gehen? Wir sind drei Tage ohne Rast bis hierhin gelaufen und könnten ein wenig Ruhe gebrauchen, aber nur, wenn es euch nicht stört?"
Diese Frage kam von Hermes, dem man die Müdigkeit ansah. Auch ein Gott muss sich einmal ausruhen, dachte Atlanta im stillen bei sich.
"Natürlich. Ihr könnt bei mir im Schloß schlafen und euch etwas zu essen machen lassen. Ihr seit hier immer willkommen. Herbert wird euch die Zimmer zeigen."
Der König zeigte auf einen groß gewachsenen Mann, der gleich neben dem Thron des Königs stand, er verbeugte sich und gab ein Zeichen, dass sie ihm folgen sollten.
Sie verbeugten sich noch vor dem König und gingen Herbert hinterher. Er zeigte ihnen die Zimmer. Bennet musste ein Zimmer alleine nehmen, aber das machte ihm nichts aus.
Atlanta und Hermes erzählten noch lange miteinander. Bis der erste von ihnen den Kampf gegen den Schlaf verlor.
 

© Feuerdrachin Bella
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Und schon geht es hier weiter zum 4. Kapitel...

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