Der Sohn der Cith`ren von Nadine Stroscher
Teil 1: Unter Cith`ren
Prolog

Es waren zwei. Der eine war groß, dürr und hatte kurzes fettiges Haar. Der andere war eher kleiner, gut gebaut und besaß blondes kurzes Haar, sowie einen gut gestutzten Bart. Zwei Männer, die ein Gespräch führten. Etwas Alltägliches. Wenn da nicht die Magie wäre, die um die beiden knisterte und Funken sprühte. Deutlich konnte man die Aura der Macht sehen, sowie auch die Richtung. Gräulich mit mehreren schwarzen Symbolen, die im Strudel der Elemente verschwommen zu vernehmen waren.
Zwei Magier, die dem Bösen dienen. Rùvth, der Finsternis.
Die Stände der beiden waren sehr unterschiedlich. Der eine besaß die erste Stufe der Magie, der andere erst die sechste. Fünf Stufen unterschiedlich. Normalerweise würde ein Magier der ersten Stufe einen anderen der fünften einfach ignorieren. Es war fast ein Gesetz unter den Menschen, dass man alle anderen, die schlechter waren als man selber, einfach wie Luft behandelte. Und so war es auch hier der Fall. Zwar sprachen beide miteinander, doch der höher Gestellte beschimpfte, demütigte und schrie den anderen an.
"Wie kannst du es einfach wagen, sie hierher zu bringen! Du Sohn eines Molches ... du Schwein eines Mästers!"
Der dürre Mann war außer sich vor Wut. Seine Magie versprühte Funken und er schritt unruhig umher. Der lockere Boden zeigte deutlich seinen Weg, den er immer und immer wieder beschritt.
"Aber ich dachte...", fing der blonde Mann an und duckte sich ängstlich.
Der andere schnitt ihm das Wort ab. "Du dachtest? Du sollst nicht denken, Kakerlake! Du sollst deinen Auftrag ausführen und dieser lautet deutlich: 'Töte die Frau und bring mir das verdammte Kind!' Was gibt es da noch nachzudenken? Also, Drussus!?"
"Nein, Meister Senlar, aber ..."
"Aber was!! Hä ... was?" Senlar ließ seinen Arm durch die Luft sausen und ein grüner Strahl voller Energie fuhr in den Körper von Drussus. Dessen Augen weideten sich und ein Keuchen entfuhr ihm. "Du wirst deinen Auftrag ausführen, du Hund! Ohne wenn und aber, sonst wirst du ihr Schicksal teilen." Senlar wandte sich von dem anderen Magier ab, der auf dem Boden lag und vor Schmerzen wimmerte. Seine Bewegungen gingen unkontrolliert. Er zuckte hin und her. "Ach noch was." Senlar sah nochmal kurz zu dem Mann. "Das Kind wirst du auch töten!"
Danach schritt der Magier der ersten Stufe weg. Ehe er allerdings aus dem Gesichtsfeld des anderen verschwand, hob er nochmal seinen Arm und die Schmerzen in Drussus verschwanden. Dieser sog die Luft um ihn herum erleichtert ein.
"Wehe du versagst, sonst..."
Drussus lag noch eine Weile auf dem Boden. Sein Atem ging pfeifend und stockend.

Dies ganze beobachtete ein Fremder in grünen knappen Kleidern und einen Bogen in der Hand. Er saß auf einem Ast; in der Nähe, wo das Gespräch stattgefunden hatte. Obwohl einige Meter dazwischen lagen, konnte der Fremde alle gut verstehen.
Nun saß er immer noch auf dem Ast und überlegte, was er tun sollte. Es ging um einen Mord, das war sicher. Und zwar an zwei Unschuldigen, eine Frau und ein Kind. Sollte er eingreifen, oder einfach weggehen und dieses Gespräch vergessen? Immerhin ging es wahrscheinlich um Menschen ...

Der niedrige Magier stand zitternd auf und sah sich um. Ein verbissener Ausdruck hatte sich auf seinem Gesicht gelegt und jegliches Gefühl war aus seinen Augen verschwunden. Sein Strudel voller Magie hatte sich tiefrot gefärbt, so wütend war er.
"Trac knirkschnk! Sargar!"
Drussus zischte die Worte leise und drehte sich mehrfach im Kreis. Er behielt die Umgebung genaustens im Auge, um keine Überraschungen zu erleben. Dabei hatte er einen Dolch aus seinem Gürtel gezogen und diesen in einen Baumstamm gerammt. Lange Zeit verharrte er so, ehe man schlurfende Schritte vernahm. Er sah auf.
Auf der anderen Seite der Lichtung kamen fünf Trolle, die eine junge Frau mit sich zerrten, ebenso hielt der größte - wahrscheinlich ihr Anführer - ein Bündel in den Händen.
Die Frau schrie. Sie schrie um ihr Leben, obwohl sie wusste, dass es schon längst verloren war. Dennoch wollte sie nicht im letzten Moment aufgeben und wehrte sich. Sie schrie, schlug um sich und rief ihren Gott Valion an. Doch dieser schien sie nicht zu erhören.
Der Magier trat den Trollen entgegen und schlug die Frau mitten ins Gesicht. Diese verstummte sofort. Ihre rechte Wange war aufgeplatzt und Blut sickerte hervor.
"Sei still, du Weib! Sonst wirst du noch lange leiden!"
Drussus gab den Trollen ein Zeichen und zwei von ihnen nahmen die Frau in die Mitte. Die anderen traten zu Seite, wobei ihr Anführer dem Magier das Bündel gab. Dieser legte es auf einen Baumstumpf und öffnete es.
Ein kleiner Knabe von wenigen Wochen lag in diesem und er schien zu schlafen.
"Arr ... Verdammt!"
Obwohl Drussus ein böser Magier war und sein Leben der Finsternis gewidmet hatte, so fühlte er sich dennoch nicht wohl ein hilfloses Kind zu töten. Aber er hatte einen Auftrag und diesen musste er erfüllen. Er wandte sich zur Frau, die ihn mit weit aufgerissenen Augen anstarrte.
"Risknak tesk!"
Ein dritter Troll hob seinen Krummsäbel und ohne dass die Frau noch etwas sagen konnte, fuhr die Klinge nieder. Mit einem dumpfen Aufprall fiel der Körper der Frau auf den Boden. Er war in der Mitte gespalten. Die Augen waren immer noch aufgerissen.

Windthir Levaf stockte kurz der Atem. Obwohl er schon viele hat sterben gesehen, so widerte es ihn an, dass man eine hilflose Frau einfach getötet hatte. Jeder hatte ein Recht auf das Leben, auch wenn es sich um einen Menschen handelte. Der Cith schüttelte den Kopf, nahm zwei Pfeile und spannte seinen Bogen. Er würde nicht zulassen, dass man das Kind auch noch tötete.

Drussus wandte sich dem Kind zu und starrte es lange an. Gedanken wirbelten in seinem Kopf umher. Was sollte er tun. Dann zuckte er mit den Schultern und ging zu dem Baum, wo sein Dolch steckte. Er nahm diesen und betrachtete ihn. Plötzlich vernahm er ein Zischen. Er wirbelte herum.
Zwei seiner Trolle fielen zu Boden. In diesen steckte ein Pfeil.
"Verdammt!"
Sein Strudel der Macht wurde immer unruhiger und er sah um sich. Woher kamen die Pfeile?
Wieder zischte es und zwei weitere Trolle fielen lautlos um.
Drussus, der merkte, dass er verlieren könnte, rannte auf den Baumstumpf zu und hob den Dolch. Noch einige Meter und er würde ...
"Arrrr..."
Ein Schmerz durchfuhr sein rechtes Bein und er stolperte. Ein Pfeil hatte seinen Oberschenkel durchbohrt.
"Sargar risknak!"
Der letzte Troll hob seinen Krummsäbel und wollte ihn auf das Kind niedersausen lassen, als der Magier einen Schatten vernahm. Vor ihm tauchte ein Cith auf, der mit geschickten Schlägen den Troll in Schach hielt. Fast lässig benutzte er sein Schwert, während der Troll vor Wut aufschrie.
Drussus kroch langsam auf den Baumstumpf zu, während er den Cith nicht aus den Augen ließ. Er biss die Zähne zusammen, denn der Schmerz in seinem Bein war unerträglich. Doch dann hatte er fast das Kind erreicht. Ein Grinsen tauchte auf seinem Gesicht auf und er hob den Dolch nochmal.
"Das würde ich nicht machen, Yar!"
Der Magier stöhnte auf, als er den Stiefel des Cith in seinem Kreuz verspürte. Er wurde auf den Boden gepresst.
"Was kümmert es ein Anderswesen, was mit einem Menschen passiert", zischte Drussus und versuchte zu atmen.
Der Druck auf seinen Rücken wurde stärker.
"Wohl wahr! Aber wenn ein Magier im Zeichen der Finsternis jemanden Unschuldigen töten will, dann werde ich es verhindern! Sieh mich an!" Windthir drehte den Magier mit einem Ruck auf dem Rücken. "Ich werden dein Tod sein ... Mein Name ist Windthir Levaf!"
Die letzten Worte hatte er geflüstert, ehe er sein Schwert in die Brust des Magiers rammte. Dieser bäumte sich einmal auf, ehe er mit einem Seufzer reglos liegen blieb.

Windthir Levaf reinigte sein Schwert und wandte sich dem Kind zu. Dieses schlief immer noch ... wahrscheinlich hatte man einen Schlafzauber über es gelegt. Der Cith schaute sich um. Die junge Frau war tot ... das Kind alleine. Nachdenklich starrte er es an. Wieso wollte man es töten? Eine gute Frage ...
Vorsichtig nahm Windthir den Knaben auf den Arm, pfiff kurz, ehe er sich auf das angaloppierte Pferd zog und verschwand.
Hoch über ihm flog ein Falke seine Runden.
 

© Nadine Stroscher
Vor Verwendung dieser Autoren-EMail-Adresse bitte das unmittelbar am @ angrenzende "NO" und "SPAM" entfernen!
.
Und schon geht's hier weiter zum 1. Kapitel...

.
www.drachental.de