Das dritte Schwert von Benedikt Julian Behnke
Die Sechs 10 - Der Traum

Badenius erwachte aus dem Traum. Die letzten Zeilen hatte er selbst laut hinaus gerufen und dann war er aufgewacht, aber trotzdem war ihm alles so real vorgekommen! Es war ein heller Tag und die Sonne ließ ihre wärmenden Strahlen durch das offene Fenster gleiten und Badenius’ Gesicht erwärmen. Es tat im gar nicht gut. Licht, er ekelte sich davor und schloss die Augen. Innerlich war er kühl und fiebrig schwitzte er. Das Bettzeug war nass von seinem heißen Schweiß und es roch krank im Zimmer. Es schien ihm eine unendlich schwere Last auf den Schultern zu liegen und kühle lag um ihm, Kälte war nun sein Bedarf, nicht die brüchige Wärme des Tages! Sein Gesicht war dunkel, fast schwarz und doch irgendwie bleich. Ein kranker Blauton lag unter seinen Augen und in seinen Lippen. Seine Pupillen wollten sich einfach nicht an die Helligkeit gewöhnen. Eine Gier nach Blut hielt ihn umklammert und er wollte seine zu Klauenfinger ausstrecken um jemandem in seiner Nähe zu töten und dann seine langen Zähne in dessen Hals schlagen...
Für einen Moment brannte etwas in seiner Brust und er fragte sich was das war. Es klopfte und etwas drüber schien es wiederzubeleben.
"Mein Herz!", stöhnte er, "Ich kriege keine Luft mehr..." er begann zu husten und beugte sich über den Rand seines weißen Bettes mit dem hellbraunen Bettkasten. Wie durch ein Wunder färbte sich seine Haut jetzt wieder normal und sein krankes Aussehen wurde mit etwas grauem Sand, der aus seinem Mund rieselte und sich auf dem Bretterboden zu einem Häufchen zusammenlegte, hinausgerissen. Ein leichter Nebel, ebenfalls mausgrau, stieg von der Asche auf und verflüchtigte sich durch das Fenster in Richtung Hadesfelsen. Badenius entblößte seinen Oberkörper und sah die vielen, langen Lorbeerblätter auf seiner Brust, die von Narben gekennzeichnet war. Man hatte es geschafft, man hatte ihm den Geist des Feueranbeters ausgetrieben.
Etwas klopfte an seine Zimmertür, erst langsam, dann heftig und schließlich energisch, solange, bis Badenius rief:
"Es ist offen!"
Die Tür wurde vorsichtig aufgeschoben, die Gestalt trat ein und schloss sie hinter sich.
"Geht es dir besser?" fragte Isribus, zog einen hochlehnigen Stuhl heran und nahm bekümmert platz.
"Wo sind wir hier?" wollte Badenius wissen, doch er kannte die Antwort bereits. Ihr Ziel war Dalap - Uliga - Darrit gewesen und wahrscheinlich waren sie jetzt auch dort und als er erkannte wie dumm seine Frage war, wechselte er das Thema: "Ich habe geträumt..."
"Das war kein Traum!", unterbrach ihn Isribus, "Es war wirklich so. Wir hatten dich im Wald abgesetzt, um echte Lorbeerblätter für dich zu besorgen!"
"Woher...?"
"Dein Erlebnis war nur zur Hälfte ein Traum!" Er schwieg kurz und fragte sich, ob er die Frage seines Bruders doch beantworten sollte und nach einigem überlegen meinte er irgendwie geheimnisvoll: "Ich habe ihn auch gesehen, den schwarzen Reiter! Er kam als wir dich kurz allein gelassen hatten. Was für ein Fehler von uns! Zu der Zeit ging es dir schon wieder besser, da du dich schon fast vollständig ins Reich der Schatten begeben hattest! Der dunkle hat dir dabei geholfen... Der letzte Schritt wäre gewesen, dich zu töten... Ich habe ihn zwischen Blättern gesehen! Warior auch! Er behauptete, es wäre ein gewisser Sam Halkman gewesen! Ich glaube ihm kein einziges Wort!"

Die Seele Kalikors flog weit, taucht in die fremden, noch unergründlichen Schatten ein und erspäht den Eingang des Hadesfelsen. 

- Sie schwebte durch die Luft, durchtrennte finstre Wolken, durchstreifte die Leiber der toten Orks und erkannte den Ort, an dem sie abgeschlachtet wurden. Der Ort war heiß, es war die Wüste. Fliegen hockten auf den toten Leibern und versuchten ihre Eier ins Fleisch der Gnome, Orks, Trolle oder Monster zu legen, doch standen diese immer wieder auf, ihre Wunden schlossen sich, aber abgeschlagene Arme und Beine zerfielen zu Staub. Sie wählte den oberen Eingang und verschwindet in der Dunkelheit, zwar will sie das nicht, aber sie wird angesaugt, denn sie sollte einen neuen Körper vom Meister bekommen, der sie wieder auferstehen lassen würde.  -
Eigentlich sind es zweit, die Öffnung im Vulkan, der Schlot, und das Huptor der Burgruinen. 
- Die Seele wandte sich plötzlich jedoch vom dunklen Herrn ab, als sie ihren Körper wiederbekam und flüchtete nach Dalap - Uliga – Darrit. Dort tauchte sie in die staubigen Gebeine und war wieder Kalikor. Kalikor zog den Mantel fester um sich, denn es wurde windiger. Er folgte dem ausgetretenen Pfad an den Hängen entlang und kam dann in den Wald.  -
"Scheiß Wetter!", fluchte Kalikor, schützte die Augen mit der Hand vor dem brausenden und heulenden Wind, schaute immer wieder zur Sonne auf, um ihren Stand zu erkunden und lief dann schneller weiter. "Hätte lieber das Angebot von diesem Muragecht annehmen sollen für ihn zu kämpfen, anstatt jetzt wieder auf diese Hinterhältige Natur zu stoßen!" Sein Gesicht zierten große Narben und die Nase war gebrochen, doch die Verletzung von Gisildurs Dolch war geheilt und wurde von einem langen Kettenhemd, was ihm bis zu den Knien reichte, überdeckt. Er ging barfuss und seine Sohlen schmerzten ihm. Ständig trat er auf kleine, spitze Steine, Brenneseln und Disteln und wenn nicht, saß er auf einem Baumstumpf und rieb sich die Zehen und zog Stacheln heraus, dann ging es wieder für einige Zeit.
Zwischen den Stämmen erkannte er schon die grauen Mauern der Stadt und versuchte so möglichst unbemerkt an den Wachen, die hinter den Toren lauerten, hindurch zu kommen, um nicht für einen Bettler gehalten zu werden, denn ausweisen konnte er sich jetzt ja schlecht. Er überlegte, ob seine Freunde ihm verzeihen würden, dass er für einen kurzen Moment willenlos dem Feind ausgeliefert war, doch er war zuversichtlich, dass man seine Lage verstehen würde, wenn er erläuterte, von einem inneren Zwang getrieben worden zu sein, da ihm so ein komischer Virus im Blut steckte, der womöglich vom Feind verursacht worden war. So schlich er weiter um die mauern, immer darauf bedacht sich eine andere, bessere Erklärung einfallen zu lassen und diese dann glaubhaft zu vermerken. Er fühlte sich ehrlich gesagt nicht gut dabei, so zu tun, als bräuchte er eine Ausrede, aber was sollte er sonst sagen? Etwa, dass es körperlich wollte, aber geistig und in seinem tiefsten Herzen nicht, was der Wahrheit entsprach? Seine Freunde würden es ihm nicht glauben. Sie würden denken, dass aus reiner Gier und Hass zum Feind übergelaufen war und deshalb Badenius angegriffen hatte. Genau vor diesem, seinem Bruder, würde er am meisten angst haben. Würde er sich rächen und versuchen ihn zu töten? Er hatte zwar einen Pakt mit Muragecht geschlossen, doch nur indirekt, sodass er ihm zwar nicht wirklich diente, aber trotzdem wiederbelebt wurde, sollte er sterben. Noch immer hallten die Worte des dunklen Herrschers in seinem Kopf, als sie einen Kompromiss schlossen:
"Diene mir als Sichtfenster zur Außenwelt", hatte er mit dröhnender Stimme befohlen, "diene mir als Beobachter und zeige mir eure Abenteuer, denn ich will wissen, welchem Zweck sie gegen mich dienen! Von mir bekommst du die Unsterblichkeit und dein Tun und Handeln ist dir frei!"

Allagan kniete neben seinem toten Meister. Blutüberströmt lag dieser da, mit entsetzten Augen, gekrampften Fingern, erhatte noch versucht an der Magie festzuhalten, doch diese war ihm durch den Fingern geronnen wie feiner Wüstensand. Die geschwärzte Axt steckte tief, mit der geschwungenen Vorderseite, in seiner Brust. Sie war mit der Schneide durch die wallenden Gewänder hindurchgetaucht und hatte ihn wie die Schale einer Orange angeritzt, der hohe Blutverlust hatte schließlich das seine getan und ihm das Leben gestohlen. Der Boden war überspült mit von Wasser verdünntem Blut und Senragor konnte nicht anders als zu weinen, die Waffe aus der Brust Zoraks zu ziehen und sie durch die Luft wirbeln zu lassen, sie auf die Orks und Gnome zu schleudern. Warum hatte sein Meister sich einer solchen Gefahr ausgesetzt? War es wegen seiner Anspielung seines Alters? Er fühlte sich schuldig, dachte, nur durch ihn war sein Meister, sein Lehrer jetzt tot wollte es jetzt ebenfalls sein, denn was für einen Sinn hatte sein Leben jetzt noch? Er schüttelte den Gedanken wie eine Last ab, wischte sich die Augen, schniefte und versuchte sich Mut zu machen:
"Ich, Senragor Allagan, aus dem Hause Sendinior Allagans, gelobe heute feierlich, dass ich nur noch dem Willen der Länder dienen will! Wenn es nötig wäre, würde ich mich für den Tod Muragechts opfern!" Er holte tief Luft und ballte die Faust, wobei er in die klare Nacht hinaufstarrte und wieder zu weinen begann: "Ich werde nicht nur einem Königreich dienen, sondern zum Wohle aller stehen, selbst wenn die anderen Elfen, Zwerge, Gnome oder Trolle sind!" Orks, Schattenwesen oder Monster waren keine eigene Rasse, sondern nur Produkte von Muragechts Phantasie, die Gnome und Trolle kämpften nur in diesem Kampf mit, da sei hofften, dass sie ebenfalls etwas von dem goldenen Kuchen abbekommen würden, och in Wirklichkeit war ihr Hass auf die Menschheit schon lange verflogen. Die Menschen beherrschten zwar die größten Kontinente, aber trotzdem ließen sie die anderen Rassen zufrieden in ihren Behausungen ruhen und ihren Geschäften nachgehen.
Plötzlich schlug der alte noch einmal die glasigen Augen auf, sein Mund zitterte und um etwas zu verstehen, beugte sich der Druide tief zu ihm herab, er war überrascht über das Leben seines Meisters, war wirklich noch so viel Magie in ihm? Doch richtige Laute konnte der Zauberer nicht verstehen, es war eher ein Gemurmel und Gebrabbel, was alte Leute nun mal so an sich haben, aber bei weiterem Lauschen, kapierte er den Sinn, denn es war ein alter Zauberspruch, den er jetzt leicht übersetzen konnte:
"Der Wind schlägt sachte an den toten Baum, gibt ihm ein bisschen Leben, für kurze Zeit, doch der Baum bedarf des Lebens nicht und nutzt es aber, um der schwachen Erde etwas Kraft von sich zu geben, denn die Erde war wie ein weiser Vater für ihn, nur dass der Baum älter war..."
Senragor verstand, dass damit ein Vergleich gemeint war, doch welcher war ihm nicht sicher. Während er also die verschiedenen Möglichkeiten ausprobiere, die Hand des alten fest umklammert, durchstieß ihn die Erkenntnis wie ein Schock. Er ist die Erde und der Wind, mit dem Baum ist Zorak gemeint, er will ihm seine Zauberkraft schenken. Allagan wollte protestieren, doch ihn hielt etwas zurück, etwas unbegreifliches, etwas wunderschönes... es war die grenzenlose Magie selbst, die ihn umfasste und hielt. Wie weiche Blitze durchzuckte sie ihn, stärkte ihn und ließ ihn grauenhafte Sachen vergessen...
Dann, wie auf Kommando, war alles still, erfüllt von Kraft und Weisheit. Der Druide richtete sich auf, blickte sich im Raum um und griff schließlich in den Schrank mit den Büchern. Er zerrte einen dicken Band hervor mit gelblichem Papier, scharfen Kannten und scharf gestochener Schrift. Es waren  Zauberbücher, älter als die Zeit, aufgeschrieben von vor etlichen Jahren, als die Welt noch jung war, mächtig und unumgänglich. Jetzt, mit seiner neuen Kraft, vermochte er sie zu lesen, zu entziffern und sogar zu korrigieren und so lernte er in wenigen Sekunden, nur mit dem Finger über die Buchbände gleitend, jegliche Art von Zauber. Ein Zeichen brannte sich nun unter seiner Stirn ein, ein Zeichen, das auch Zorak besessen hatte und welches die zauberhafte Vollkommenheit bedeutete: 
Das Zeichen glomm wieder und wieder weißblau auf, zog sich aber dann wieder zu dem schwarzen Ding zusammen und wurde fast ganz von seinen dunklen Haaren übersetzt. Seine Mine war ernst und zeugte von unglaublicher reife, stärke und härte, die man in diesem Alter wahrscheinlich nie erreicht hätte. Aus einem Buch zog er den Bauplan der Burg heraus, steckte ihn zusammengefaltet in seine tiefe Manteltasche, packte seinen Meister mit Beiden Händen, umklammerte ihn, drückte ihn und schmolz einfach mit ihm zusammen, unter hellen Funken hatte er sich so mit ihm vereinigt. In seinen Augen spiegelte sich nun glasig die eben erst errungene Macht, kalt und unkontrollierbar. Ab jetzt würde ein Schattenwesen kein Problem mehr für ihn darstellen und so  stieg er zuversichtlich die Stufen in die Tiefe hinab, um sich dort mit den Kämpfern zu messen.

Unten erwartete ihn der König, ungeduldig von einem Bein auf das andere tretend. Erst jetzt fiel ihm auf, dass der Druide sich in irgendeiner Weise verändert hatte, er kniff die Augen prüfend zusammen, beäugte die große, geheimnisvolle Gestalt eindringlich, die Hände hinter dem Rücken zusammengelegt, bemerkte aber nicht das schwarze Zeichen auf dessen Stirn, welches nun von einer breiten Haarsträhne überdeckt war. Der Zauberer sah ihn mit kalten, vielsagenden Blicken an, griff in seine Manteltasche, suchte darin nach dem Zettel, fand ihn und warf ihn dem König mit auffordernder Geste zu.
"Lest, wenn ihr lesen könnt und glaubt, wenn ihr glauben könnt!", befahl der dunkle und wandte sich mit starrem Blick zu Shar um, "Wir werden jetzt gehen! Durch den Keller!"
"Aber ich dachte...", fing der junge Schmied verzweifelt an.
"Dass dort ein Schattenwesen ist? Na und wenn schon, verglichen mit meiner neuen Macht ist diese Wesen machtlos!" Er hatte die Worte förmlich ausgespuckt und hielt die Faust erregt geballt. Shar wich einen Schritt zurück, was war mit Allagan passiert?
"Ach, ihr meint die Gänge unter den Kerkern!", verstand der König ängstlich, lachte unpassend und erklärte sich dann wissend selber für verrückt, weil er in so einer Situation eigentlich nicht Lachen sollte. "Nein, den haben wir nicht bewachen lassen.", gab er schließlich müde zu, "Aber das spielt jetzt auch keine Rolle mehr. So oder so werden sie hereinkommen!" Das klopfen der Trollfäuste an den Toren wurde lauter und langsam begann die Tür zu splittern. Senragor lächelte. Jetzt würde er beweisen können, wozu er fähig war! Er hob die Hände, schloss beschwörerisch die Augen, murmelte einige unverständliche Worte in den Wind. Das  auf seiner Stirn begann zu leuchten, in gleißendem Licht zu glimmen und im selben Moment formte sich ein mächtiger Ball aus blauem Feuer vor seinem Körper und mit einem mächtigen Kampfzauber schleuderte er den Ball der Tür entgegen, explodierte in blauen Flammen auf der Haut der hereinbrechenden, steingrauen Trolle und streckte einen dieser nieder. Der Druide flüchtete sich hinter eine Steinseule, denn er brauchte Zeit um genügend Energie für einen weiteren Zauber aufzubringen. Der Troll hatte dünne, muskulöse Beine, einen fetten Wanst und lange Arme. Er ging leicht gebückt und sein bulldoggenähnliches Gesicht war breit und scharfen Zähnen gespickt, die wie Hauer aus seinen Mundlappen herausstachen. Durch die flache Nasen hatte man ihm einen goldenen Ring gezogen, seine Ohren waren kleine Löcher, rechts und links an seinem gewaltigen Schädel. Er hatte große, beaderte Muskeln und brüllte aus voller Kehle, während er seine große Keule durch die kühle Luft schwang. Draußen lagen lauter kleine Knochen und Rüstungen von Orks, Gnome oder Menschen herum und die Felsen waren glitschig nass vom Regen. Sofort wurde das riesen Vieh von Pfeilen und Speeren in Angriff genommen. Die feinen Herren verteidigten sich wacker mit ihren Schwertern gegen die restlichen Orks und Gnome. Brennende Pfeile sirrten durch die Luft und steckten Vorhänge oder Teppiche in brand, die den Feinden Angst machen sollten. Irgendjemand schaffte es das Fallgitter am Tor herunterzulassen und der dunkle Stahl schnitt sich durch die Schulter des wütend schnaubenden Trolls, unter dem Angriff in die Brüche ging, sich aber dann wieder aufrichtete und mit dem noch verbliebenem Arm nach den Schwertkämpfern schlug. Eine ganze Breitseite wurde hinfortgefegt und diese landeten in den Feuern. Der ganze Trollkörper war übersäht mit Pfeilen, doch immer noch war dieser wild, griff nach dem ängstlich zitternden König und schwenkte ihn über seinem kahlen Kopf. Sofort stellten die Schützen den Beschuss ein und warteten, was nun geschehen würde, denn kein Bewohner der Burg wollte, das ihr König sterben müsste. Die Orks waren alle tot und die Gnome bereits geflüchtet, sodass eine drohende Stille im Raum herrschte. Plötzlich hatte Shar eine grandiose Idee:
Er hob einen Bogen und eine Pfeil mit schwarzen Federn vom Boden auf, die Waffe eines Orks, bat Allagan die Spitze in brand zu setzen, was dieser, bestürzt über seine doch nicht so große Kraft, tat, ohne zu murren und legte an. Vorsichtig und ohne ein unnötiges Geräusch zu machen, zog er die Sehne zurück zielte auf das rechte Auge des Wesens, ließ den Fade los und der Pfeil bohrte sich rasend schnell durch die Luft, grub sich dann in das linke Auge des Trolls und lies die magischen Flammen auf den Riesen überspringen. Der König wurde fallengelassen, krabbelte verzweifelt über den Boden, zwischen brennenden Hölzern hindurch und suchte nach seiner geliebten Krone aus purem Gold, besetzt mit Edelsteinen und Diamanten.

Auch beim Drachenfelsen und dem Adlerfelsen tobten Kämpfe, doch schienen die Menschen nachzugeben, zu verlieren. Ein Reihe an letzten Bogenschützen tauchten die Spitzen ihrer Pfeile in das Flammenmehr vor ihren Füßen, legten an, ließen die hölzernen Geschosse durch die Lüfte auf ihre Feinde hinabgleiten und taten dann wieder das gleiche. Die Leute, die mit ihren Schwertern gegen die Orks und Gnome kämpfen sollten, waren bereits alle vernichtet oder zum Feind übergelaufen. Die letzten Reste an mutigen Leuten klammerten sich an ihre Schießscharten und versuchten wenigstens noch etwas von diesem Kampf zu gewinnen, dann ging die Sonne auf, überdeckte die Wüste mit Strahlen und die Gegner zogen sich in ihre dunklen, kokonartigen Behausungen mit der lilaaufblitzenden Farbe zurück und begann wieder den Tag zu überschlafen.

Arth Patrinell war aus der Festung mit einer Hand voll Leuten zu den Dünen mit den Kokons aufgebrochen, um auf diese Weise vielleicht den Ansturm auf die Burg zu verringern und somit Zeit zu gewinnen, wieder neue Gefechttürme aus Brettern und Nägeln auferstehen zu lassen, auch wurden die Schäden an der Burg nun wieder repariert und die Tore ausgebessert.
Der Wüstenwind wehte ihnen sachte und schleierhaft entgegen und brachte ihnen kleine Mengen von Sand mit, die sich dann aber doch auf dem Boden und in ihren Kleidungen verloren. Arth und seine Leute waren als Aufklärungssoldaten und Späher ausgebildet worden und ihr Interesse lag in der Entdeckung und Aufklärung jeglicher Art von Ungereimtheiten in den östlichen und westlichen Gegenden der Länder. Sie ritten auf stämmigen Pferden, deren schweißbedeckte Felle in der Wüstensonne beinahe goldbraun glänzten. Ihre dunklen Mähnen wehten im Wind und die Tiere schnaubten bei jeder kleiner Bewegung ihres Reiters. Patrinell war groß, hellhaarig und trug einen ungepflegten Stoppelbart und einen blechernen Helm auf dem Schädel mit den kurzgeschnittenen Haaren. Seine Augen waren geheimnisvoll, verräterisch und hatten eine leichte Brise von Arrogantheit in sich, doch kannte man ihn besser, wusste man, dass das nur eine Verspieltheit des Schicksaals war, so leuchteten sie in hellem Blau den Dünen entgegen und der Hengst trabte vorsichtig, einen Fuß vor den anderen Fuß setzend. Überall lagen Leichen, Rüstungen und Schwerter herum und die Reiter wussten, dass ihre Burg früher oder später an den ewig angreifenden Feinden zu Grunde gehen würde, wenn der König nicht gleich Leute und Bauern aus den anderen Stätten und Dörfern holen würde. Doch dazu war ihr werter Herr viel zu angeberisch und eitel und so beschlossen die fünf Reiter, sich nach ihrem Auftrag nicht zurück zur Festung zu begeben, sondern sich im 'Wachturm von Pakin' zu verschanzen und dort mit Hilfe von Morsezeichen aus den anderen Ländern Hilfe zu holen.
Endlich waren sie hoch oben auf der ersten Düne, zogen an den Zügeln der Pferde um ihnen Einhalt zu gebeten und sahen sich um. Vor ihnen erstreckte sich ein Meer schwarzen Kokons, große wie kleine. Zwischen diesen hatten Trolle und Gnome in Zelten platz genommen.
"Tut den Gnomen und Bergtrollen auf keinen Fall etwas! Sie sind nicht die waren Feinde und außer dem werden sie von Muragecht nicht mehr wiederbelebt! Sie ziehen nur mit. Erst wenn sie durch eine Orkklinge geschnitten wurden, überträgt sich auf sie der Virus, den sie anhänglich macht!", stieß Arth flüsternd aus, er hatte sich flach in den Sand geworfen um nicht gesehen zu werden, auf seinem Rücken protze eine Breitschwert in seiner Scheide. 
"Was für ein Virus? Davon habe ich ja noch gar nichts gehört!", zischte einer seiner Leute und drehte sich auf den Rücken, um sich die Sonne zu besehen, wobei ihm sein Schwert in den Rücken stach, "Ich bin das mit den großen Waffen einfach nicht gewöhnt!"
"Die Seuche stammt ursprünglich aus dem Inneren des Hadesfelsen. Alle Monster Orks oder Schattenwesen waren früher einmal Menschen, Elfen, Trolle oder Zwerge gewesen, die dann den Virus als Gas eingeatmet hatten. Hast du in Geschichte nicht aufgepasst? Muragecht hat sich durch einen Zauber geschützt und wurde somit nicht Infiziert.", erklärte Patrinell und spähte nach ihrem ersten Opfer, "Wir fangen da drüben an, bei den kleineren!" Die großen würden sie nämlich nicht mit einem Schlag erlegen können, sondern nur mit mehreren und dazu hatten sie keine Zeit.
Als Arth sie Schwert in den Kokon grub, spritzte im lila Schleim mit Orkblut entgegen und er wischte sich das Zeug aus dem Gesicht. Ähnlich ging es den anderen und so beschloss er, es anders anzugehen. Ab jetzt würde er die Gegner nur noch durch die Mitte teilen, um so den Spritzfaktor etwas hinunterzudrehen. 

Die letzten überlebenden von der Schlacht auf der Waldenburg standen mitten in einem gemetzelten Kreis aus Leichen, abgehackten Körperteilen und Blut. Überall hörte man das stöhnen von Erschöpften, Verwundeten oder kranken Leuten, die sich blutend über den boden wälzten. Eine abgekämpft aussehende Wache betrat den Saal und keuchte, sich vor den zerzausten König kniend.
"Nein, Herr, es wurde nicht bei uns durch den Keller eingedrungen!", schnaufte sie und wartete auf den nächsten Befehl ihres Königs. Dieser war still und sann hinaus auf die Leichen. Sicher würden sie bald wieder aufstehen und ihre Leute ganz auslöschen, doch bevor er weiter trauern konnte, erhob der Druide das Wort:
"Zerhackt die noch bewegungsfähigen Körperteil und dann öffnet das Tor, wir wollen gehen!"
Als sich keiner unter den andern Männern regte, brüllte der König:
"Tut was er sagt, er und der Schmied haben uns vor den zwei Trollen befreit! Sie sind Männer mit Ehre!" 
Erst jetzt machten sich einige daran den Befehl auszuführen und so verließen die zwei Gefährten das Schloss, ohne weiter aufzufallen durch den vorderen Eingang. 
Der Weg war felsig und steinig und immer wenn sie sich herumdrehten, sahen sie die Lichter der Waldenburg auf- und abflammen. Das silberne Mondlicht spiegelte sich rau auf den nassen Felsen und den glitschigen, dunkelgrünen Blättern der Gummibäume an den Wegrändern. Das Grün war schön, geheimnisvoll und unerwartet finster, weil es von mehreren Schatten und Steinen durchzogen war. Als sie an eine Wegkreuzung kamen, war bereits die Sonne aufgegangen und durchfurchte die Bäume mit ihren wärmenden Strahlen. Der Tag brach an und die Pflanzen lichteten sich um sie herum, der Boden war mit Laub bedeckt und die Gräser, obwohl es erst geregnet hatte, trocken und gelblich, regten sich in abgehakten Bewegungen im eisigen Wind. Nun stieg der Pfad einen steilen Hügel hinauf an, der mit Hecken besehen war und etappenweise, fast wie eine Treppe hinaufführte. Oben angekommen standen sie wieder vor einer Kreuzung. Der Weg gerade aus stellte einen ausgetretenen, schlammigen Pfad dar, der mit Nadeln und goldgelben bis rotbraunen Blättern übersäht war. Es war ein Zeichen, das nun ganz der Herbst angebrochen war und das Wetter öfter verrücktspielte als sonst und sie wendeten ihren Blick dem weg nach rechts zu: Er war mit saftigem, hellgrünem Gras bewachsen, breiter und schien öfter befahren, fiel leicht ab und führte dann wieder bergauf. Allagan schüttelte den Kopf.
"Das ist er nicht, wir nehmen den Pfad!" 
Im Moment war alles noch überwiegend voll mit Nadelbäumen und nur wenigen Laubbäumen, doch das änderte sich im Laufe ihrer Wanderschaft, da der Pfad schmäler und das Gefälle auf ihrer linken Seite immer steiler abging. An einer Bank machten sie Rast und blickten auf die ihnen zu Füßen liegende Stadt 'Dingtao' hinunter, die sich an der linken Seite des Pfades weit bis nach Westen erstreckte, wo das Tal endete und in ein Gebirge überging.
Als sie fertig waren gingen sie weiter nach Norden, immer auf dem Pfad bleibend und sich umsehend. Plötzlich, als fast nur noch hohe Eichen, schmale Lärchen, dicke Weiden und Buchen zu sehen waren, gebot Senragor dem Schmied inne zu halten und hauchte ihm zu:
"Ich habe etwas knacken gehört. Bin gleich wieder da!"
Schnell und behände, ohne ein überflüssiges Geräusch zu machen verschwand er zwischen den Bäumen. Shar blieb bewegungslos stehen und sah sich mit einem mulmigen Gefühl um. Der Wind pfiff in sein rechtes Ohr hinein und lies es zu Eis erstarren. Fröstelnd zog er seinen Mantel enger um sich und tat ein paar wohltuende Schritte von der Stelle.

Der Zauberer übersprang eine, sich am Boden befindende, grüne Hecke, tauchte unter einem abgeknickten Baum hindurch, als hätte man dort eigens einen Eingang platziert und fand sich mitten zwischen am Boden zertrampelten Pflanzen und Farnen wieder, die sich hell von der Erde abhoben. Ohne spuren zu hinterlassen sprang er über eine weitere, kleinere Hecke und stand wieder in einem Kreis mit zerdrückten Blättern und abgeknickten, dunklen Baumstämmen.
"Bergtrolle!" bestätigte er seine Vermutung und wollte gerade weiter in den Wald vordringen, als er ein weiteres krachen aus dem Dickicht, keine zwanzig Meter vor ihm, vernahm. Zögernd legte er die Hand auf dem Boden. Die Spur war noch warm, ihn erfasste ein kleiner Hauch von Angst und er musste schlucken. Alleine hätten sie keine Chance gegen eine Horde von Bergtrollen und so rannte Allagan, so schnell er konnte, wieder auf Shar zu, winkte ihn in die Richtung, wo der Pfad weiterführte und bog dann selbst, über die Hecke mit den vielen kleinen Fliegen springend, nach rechts ab.
 

© Benedikt Julian Behnke
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Und schon geht's weiter zum 16. Kapitel (11. Kapitel des 2. Buches): Der weiße Drache

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