Immer langsamer und ruhiger bewegten sich
die Flanken des mächtigen, golden schimmernden Drachens. Immer leiser
wurde das sanfte, melodische Klirren seiner übereinander gleitenden
Schuppen. Sein langer, geschwungener Hals rollte sich enger um seinen Körper
und fast unbewusst nahm er unter seiner langgezogenen Schnauze die in ihm
lodernde Hitze wahr. Seine Klauen zuckten leicht, als sich die ersten Traumbilder
in seine Gedanken schlichen. Er begrüßte sie freudig. Schlaf
senkte sich über ihn.
Wärme und Geborgenheit begrüßten
ihn auf seinem Weg in das Traumland der Drachen. Die Gewissheit seiner
eigenen Existenz und die große Hoffnung diese mit jemandem teilen
zu können, trieben ihn wie schon so oft immer weiter. Gaben den kraftvollen
Schwingen seines Traumselbst den nötigen Auftrieb und ließen
ihn immer weiter und höher kreisen auf der Suche nach einem gleichgesinnten
Wesen, dessen Freude und Glück sich mit der seinen verbinden solle.
Ein goldenes Strahlen aus seinem innersten
Selbst, wie es in der Realität nie möglich wäre, zeichnete
seinen Weg. Das Geräusch, das seine Schwingen hervorbrachten, als
sie die Luft dieses Reiches durchschnitten, erinnerte in seiner beharrlichen
Kraft an die, die Ewigkeit überbrückende, Brandung des Meeres.
Langsam, fast träge bewegten sich seine
Muskeln unter seiner Haut. Gerade so sehr, wie es nötig war, um seinen
suchenden Flug zu ermöglichen. Gerade so stark, daß seine Schuppen
ihr ewiges Lied, in kristallener Harmonie, sangen.
Hier war der Drache ein Abbild seiner Seele.
Nichts war verborgen. Sein ganzes Wesen spiegelte sich in seinem Traum.
Sein ganzes Sehnen, seine Wünsche, sein Verlangen.
Weithin strahlte er so und leuchtete in dieser
Welt, die allen Drachen offen ist.
Doch nicht sein eigener Glanz war es, der seine
Aufmerksamkeit fesselte.
Ein silberner Schimmer fesselte seine Sinne
und ließ ihn sich ihm zuwenden, auch wenn Ort und Raum hier nur eine
Illusion war und nur das Gefühl die einzig bestimmende Konstante.
So war dieser Schimmer auch der Ausdruck eines
anderen Drachen. Eines Weibchens seiner Rasse. Das Leuchten ihres Seelenbildes.
Hingerissen nahm der Drache sie wahr. Erfreut
über die sanfte, umschmeichelnde Stärke ihres Lichtes, über
die strahlend, silbrigen Bänder, die ihren anmutigen Körper umtanzten.
Seinen Blick in ihren Bann zogen und ihn in einem Moment reiner, bewundernder
Verzückung gefangen setzten.
Nicht kalt und abweisend war ihr Strahlen,
sondern warm und einladend in seiner Reinheit, der darin zum Ausdruck kommende
Güte und Freundlichkeit.
Beglückt nahm er wahr, daß ihr Leuchten
dem seinen in nichts nachstand, auch wenn ihre Gestalt ein wenig kleiner
als die seine war. Doch eben auf diese elegante, bezaubernde Weise, die
sie neben seiner eigenen kraftvollen, ja im Vergleich groben Gestalt, zu
einem Wesen der Anmut und Schönheit werden ließ.
Der Schlag ihrer Flügel vermischte sich
mit dem Klirren ihrer Schuppen zu einem Lied von eindringlicher Harmonie,
das sein Innerstes berührte und mit den Geräuschen seines eigenen
Fluges begann einen Traumgesang zu weben, der sie beide umhüllte.
Behutsam umkreisten die beiden einander in
dieser Welt, in der außer ihnen nichts existierte, aber auch nichts
anderes nötig war.
Silbernes und goldenes Licht berührte
sich, umtanzte einander, schrak bisweilen in seiner Unsicherheit zurück,
nur um sich dann wieder heranzutasten um die Liebkosung des anderen zu
spüren.
Strahlende Bänder wanden sich zwischen
den beiden Drachen, als sie einander umkreisten doch nie nahe genug aneinander
herankamen, um sich wirklich zu berühren. Auch wenn sie beide die
Nähe des anderen immer deutlicher spürten.
Die schimmernden Bänder umschlangen einander
behutsam, verflochten sich zu immer neuen Mustern, spielten miteinander
und erkannten so auf die behutsamste, aber auch eindringlichste Weise das
Wesen und das Sehnen des Anderen.
Lange währte dieser Tanz der Drachen.
Immer mehr verwob sich ihr Licht und immer enger wurden ihre Kreise bis
nur noch der Wunsch nach einer Berührung zwischen ihnen stand. Eine
Barriere, die sich mit spielerischer Leichtigkeit überwinden ließ.
So streiften sich ihre Flügelspitzen
und ein Schauer durchfuhr ihre Traumbilder. Eine Erinnerung an eine reale
Berührung, die hier, in dieser Welt, ihren Ausdruck in einem Aufblitzen
ihres Strahlens und einem Anschwellen ihrer gemeinsamen Musik fand.
Beide genossen dieses Gefühl gemeinsam
und waren sich der einfachen Wahrheit bewusst, daß nur die Anwesenheit
des anderen ihnen dieses Glück schenkte. Sie in ihrem Inneren mit
Frieden und Freude erfüllte und sie so in einem perfekten Moment miteinander
verband.
Als sich ihre langen Drachenhälse umeinander
wanden, ihre Schnauzen sich aneinander legten, war beiden klar, daß
sie sich im Anderen verlieren würden, nur um sich immer wieder selbst
zu finden, neu geschaffen in ihrer Zweisamkeit.
Ihr Leuchten war zu einem neuen Farbton verschmolzen,
der sich in seiner Einzigartigkeit beiden auf ewig einprägte und heller
leuchtete, als Gold und Silber alleine.
Dieser Farbton war es, den der Drache vor seinem
inneren Auge tanzen sah, als er letztendlich aus seinem tiefen Schlafe
erwachte.
Dieser Farbton war es, der ihn sich erheben
und seine machtvollen Schwingen ausbreiten ließ, bevor er sich mit
einem tiefen, melodiösen Brüllen der Freude in die Luft erhob,
um die zu finden, deren Welt gleich seiner um ein Leuchten reicher geworden
war.
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