Das Drachentor von Florian Großmann
15. Kapitel - von Pai

Lina wurde von lautem, hektischem Stimmengewirr und jeder Menge schneller Fußtritte geweckt. Semera schnaufte nur unzufrieden, schlief aber weiter. Beneidenswert.
Noch immer etwas ermattet verließ Lina die Schlafstätte von Semera und machte sich auf die Suche nach dem Grund der Aufregung. Schon nach wenigen Metern war sie auf dem breiten Weg von jeder menge Leute umgeben, die hastig Nutztiere und Gegenstände ins Innere des Horstes trieben oder transportierten. Stand wohlmöglich ein Angriff der Dunklen unmittelbar bevor? Lina hätte es vorgezogen in solch einem Fall sich schon einige Flugmeilen entfernt wiederzufinden.
Da jedoch keiner der Kampfdrachen und deren Reiter Anstalten machte aufzusteigen, hielt sie es doch für besser, mal jemanden zu fragen, was denn hier eigentlich los war. 
Schließlich war es ein jüngerer Mann, der gerade eine Gruppe von Rebhühnern vor sich hertrieb, den Lina anhielt. "Verzeih, sag mir, was bedeutet dieser Aufruhr?"
Der Mann sah Lina für einen Moment verständnislos an, bevor er sich scheinbar auf seine Manieren besann und entgegnete: "Wir ziehen in den Kampf. Falls ihr es überhört haben solltet, die Kampfplattform wird gleich ihre Reise an die Front antreten. Ihr solltet euch einen sicheren Platz suchen." Mit diesen Worten nickte der Mann Lina noch einmal kurz zu und beeilte sich dann sein Geflügelvieh, das Anstalten machte, sich zu zerstreuen, wieder zusammenzutreiben und dann mit ihnen zwischen den anderen Menschen zu verschwinden.
Kampfplattform? Lina ahnte Übles. Sie hatte auf ihren Botengängen einige dieser fliegenden Festungen besucht, aber war dieser Ort hier nicht eigentlich Teil der Erde gewesen, als sie gekommen war? Offenbar mussten sie sich, während sie geschlafen hatte, in die Luft erhoben haben. Das würde zumindest die kleinen Erschütterungen erklären, die immer wieder durch den Boden liefen. 'Na großartig.' Lina hielt es für besser zu Semera zurück zu kehren. Vorläufig musste sie sich wohl damit abfinden an diesem Ort des Kampfes gestrandet zu sein. Lina hoffte, dass dies aber nicht für unnötig lange der Fall war.

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Unten in dem Cockpit griff Kajlo nach einem großen roten Hebel und zog ihn langsam zu sich hin. Im Ersten Moment geschah gar nichts, und Jim blickte verwundert zu Yaa, der das Gesicht zu einem unschönen Flunsch verzog. Ganz offensichtlich war dies, was jetzt nicht geschah, genau das Falsche. Kajlo ließ den Hebel los und wollte nach einem kleinen Zylinder greifen, der vor ihm auf den Armaturen steckte, als ein gewaltiges Geräusch, wie das Anschlagen eines überdimensionierten Gongs, durch den gesamten Horst erschallte und alles vibrieren ließ. Jeder, der konnte, hielt sich die Ohren zu, nur, um im nächsten Moment sprichwörtlich aus den Socken gehauen zu werden. Die ganze Plattform tat einen gigantischen Satz nach vorne, bevor sie erneut auf der Stelle verharrte und dann im Schneckentempo langsam Fahrt aufnahm.
"Yaa, was zum Henker war das?"
Noch bevor Kajlo sich zum Angesprochenen umdrehen konnte, war dieser schon aufgesprungen und auf dem Weg hinunter zum Speicher. Jim blickte ihm nur noch hinterher, während er sich vom Boden erhob, auf dem er sich rückwärts langgelegt hatte. 
Die anderen Leute im Cockpit hatten sich mittlerweile auch wieder hochgerappelt und standen nun an einigen Pulten und nahmen Schadensberichte und Statusmeldungen entgegen. Das, was sich auf den Gesichtern der meisten wiederspiegelte, ließ eindeutig erahnen, dass es nicht so lief, wie es laufen sollte.
"Kajlo..." - "Jetzt nicht. Du siehst doch, ich hab zu tun." Noch bevor Jim seine Hilfe anbieten konnte, auch wenn er nicht die leiseste Ahnung hatte, wobei er helfen konnte, hatte Kajlo ihm schon das Wort abgeschnitten. Nun, vielleicht war es ja besser, wenn er selbst loszog und schaute, wo er helfen konnte.
So erhob Jim sich, und verließ das Cockpit durch den selben Gang, den Yaa eben schon benutzt hatte.
Nach einigen Wegbiegungen hatte er die Räume erreicht, die auch die 'Vorratskammern der Drachen' genannt wurden.
Dort herrschte ein heilloses Chaos. Die gesamten Tiere, die dort lebten, waren in heller Aufruhr und die paar Leute, die sich dort aufhielten, hatten alle Mühe, sie in Schach zu halten, wobei sie noch Gefahr liefen, von den größeren Paarhufern, wie Rinder, überrannt zu werden, die in ihren Gehegen in Panik hin und herliefen. Einzig und allein die Holzgatter und einige wenige, auf die schnelle erstellten Hindernis- und Fesselzauber hinderten die Tiere daran, ihren derzeitigen Aufenthaltsort zu verlassen und durch den ganzen Horst zu rasen, wo sie zweifelsohne das eh schon bestehende Chaos noch weiter verschlimmert hätten.
 

15. Kapitel: © Pai
Anfangs-Story: © Florian Großmann
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Und schon geht's weiter zum 16. Kapitel...

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