Der Wind donnerte heulend über den Pass
und schien die kleine Gruppe von Kamelreitern mit aller Kraft in die Tiefe
fegen zu wollen. Migdo hielt sich so gut er konnte an seinem viel zu großen
Reittier fest, aber dennoch fiel es ihm schwer, sich im Sattel zu halten.
Seine menschlichen Gefährten und der alte Zurgin schienen vergleichsweise
wenig Schwierigkeiten zu haben, sie waren bereits ein gutes Stück
vor ihm und arbeiteten sich gerade um einen scharfkantigen Felsvorsprung.
Das dicke Tau, das Kijenas Kamel mit dem seinen verband, spannte sich durch
die Luft wie eine Eisenstange.
Die rüstige Soldatin schien dies auch
gerade zu bemerken, sie bremste ihr Tier ab und sah zu Migdo zurück.
"Alles in Ordnung, kleiner Mann?" fragte sie.
"Oder hat der Wind dich fort getragen?"
Der Zwerg brummelte und trat seinem Kamel
in die Seite. Das Tier antwortete mit einem wütenden Brüllen
und versuchte, ihn von seinem Rücken zu schütteln. Seit sie sich
vor vier Tagen von der Mine aus auf den Weg gemacht hatten, tat es das
eigentlich andauernd. Aber es hatte feststellen müssen, dass Zwerge
mindestens genauso störrisch und dickköpfig waren wie Hochlandkamele...
Er trieb das Tier voran und schloss zu den
Anderen auf, als Kijena gerade um den Felsvorsprung bog, so dass das Seil
sich um das vereiste Gestein legte. Wenn er sich nicht beeilte, würde
es reißen, und dann war er so gut wie tot.
Hinter dem Vorsprung fiel der Pass merklich
ab und führte in ein kleines, scheinbar völlig von Schnee bedecktes
Tal hinab, in dessen Mitte ein fast unsichtbares Licht brannte.
"Ah, endlich!" rief Malcolm Kelmatson. Er
hatte sich einen Teil seiner Stoffmaske aus dem Gesicht gezogen, sein Atem
kräuselte sich in der kalten Luft. "Der Talposten von Kel Utaz. Hier
werden wir für die Nacht rasten."
Migdo runzelte die Stirn. Da unten war kaum
mehr als eine einzelne Fackel, vielleicht auch eine Kohlenpfanne. Sie ritten
dicht hintereinander den serpentinenartigen Pfad hinab und machten erst
Halt, als sie die Mitte des Tals erreicht hatten. Der Schnee bedeckte hier
eine flache, aus weißen Ziegeln gepflasterte Kuppel, auf der eine
Art kleines Fackelhäuschen stand, das eine rot schimmernde Flamme
behütete. Es war eindeutig ein magisches Feuer, wie die Zwerge in
der Erzmine es zum Schweißen verwendeten.
"Und was nun?" fragte Migdo. Das Heulen des
Windes trug seine Worte fort, und auch so schenkte ihnen niemand Beachtung.
Kijena stieg aus dem Sattel und ging auf eine glatte Felswand am südlichen
Rand des Tals zu. Ein weißer Schneewirbel verdeckte sie für
einen Moment, dann wurde sie wieder sichtbar: sie untersuchte die Wand
mit den bloßen Händen, klopfte an verschiedenen Stellen gegen
den Fels und wartete.
Nichts geschah.
Schließlich kehrte sie zur Gruppe zurück
und sagte in Malcolms Richtung: "Hier stimmt etwas nicht. Die Geheimtür
ist da, aber niemand öffnet."
"Wahrscheinlich haben sie sich in den unteren
Teil verkrochen, als es ihnen hier oben zu zugig wurde", meinte Roban.
"Unsinn", knurrte Malcolm. "Hauptmann Harbert
würde die Tür nie unbewacht lassen." Er blickte kurz zum Himmel,
wo sich immer dunklere Wolken zusammenbrauten. Der Wind wurde immer schärfer.
"Wir haben keine große Wahl, hier draußen erfrieren wir. Aber
wir gehen nicht durch die Vordertür..."
Sie stiegen von den Kamelen ab und führten
sie hinter Malcolm her zum westlichen Rand des Tals, wo ein paar tote Sträucher
den Blick auf die Felswand versperrten. Mit vereinten Kräften schoben
sie sie beiseite und legten so ein etwa einen Meter durchmessendes Loch
frei, das mit einer grob gezimmerten Klappe abgedeckt worden war.
"Schau an", murmelte Zurgin ironisch. "Eine
zweite Geheimtür für alle, denen die erste Geheimtür nicht
geheim genug ist."
Die Menschen ignorierten seinen Spott und
hoben die Holzklappe in die Höhe. Der darunter liegende Gang war schwarz
wie die Nacht und kaum wärmer als der Außenbereich.
"Hier ist etwas oberfaul", flüsterte
Kijena.
"Haltet eure Waffen bereit", gab Malcolm zurück
und legte seinen Fellumhang und seine Bullenlederrobe ab. Darunter trug
er einen eng anliegenden, mit stählernen Nieten beschlagenen Harnisch
aus schwerem Leder und eine feste Fellhose. Kleidungsstücke, die für
den Kampf geschaffen waren. "Roban, du bleibst mit Meister Zurgin hier.
Herr Migdo, versteht ihr euch auf den Umgang mit dem Hammer an eurem Gürtel?"
Migdo nickte. "Ich wurde in der Kampfschule
der Minengarde ausgebildet."
"Gut. Ich gehe voran, ihr folgt nach. Kijena
bildet das Schlusslicht."
Beide nickten. Der hoch gewachsene Anführer
der Menschen zog einen breiten Dolch von seinem Gürtel und ließ
sich kopfüber (!) in das schwarze Loch im Boden fallen. Einen Moment
lang herrschte Stille, dann war ein leises Gepolter zu hören, gefolgt
von einem kurzen Pfiff.
"Alles klar", wisperte Kijena hinter Migdo.
"Rein mit dir!"
Der junge Zwerg kletterte vorsichtig über
den Rand des Lochs und suchte mit den Füssen nach Halt. Zu seinem
größten Unbehagen musste er feststellen, dass es keinen gab.
"Auch gut", brummte er und ließ sich
fallen.
-
Der Sturz war nicht so tief wie erwartet, aber
er landete doch recht unsanft auf seinem Hosenboden.
"Kek ut!" fluchte er leise auf Zwergisch,
ehe er sich aufrappelte und misstrauisch umsah. Der Geheimgang mündete
in eine kleine Höhle, von der zwei weitere Gänge wegführten.
Malcolm hockte im rechten Gang und spähte in die Dunkelheit. Die Luft
roch muffig und tot.
Hinter Migdo kam Kijena den Gang hinuntergeschlittert.
Ihr gelang eine wesentlich elegantere Landung als ihren beiden Gefährten.
"Wie sieht es aus?" hauchte sie sogleich in Malcolms Richtung. Er schüttelte
den Kopf und kroch tiefer in den Gang hinein. Die anderen beiden folgten
ihm vorsichtig.
Der schmale Tunnel führte durch einige
Drehungen und Wendungen nach Süden - Migdos Zwergensinne ließen
ihn dies auch unter der Erde wahrnehmen - und mündete nach endlos
erscheinenden fünf Minuten in einen größeren Raum, der
jedoch ebenso finster war wie alle bisherigen.
"Herr Migdo, was seht ihr?" fragte Malcolm.
Migdo wurde klar, dass er ziemliche Schwierigkeiten
hatte, hier etwas zu erkennen. Die beiden Menschen mussten hier praktisch
blind sein.
"Auf dem Boden liegen ein paar Fässer
und Kisten", raunte er. "Und ein kaputter Tisch und ein paar Säcke..."
"Links von uns müsste eine Tür sein..."
gab der Mensch zurück.
Der Zwerg kniff die Augen zusammen und stierte
in die Finsternis. "Ja", meinte er dann. "Ich sehe sie. Die Türangeln
sind aus der Wand gebrochen, sie ist in den Rahmen geklemmt."
Kijena sog alarmiert die Luft an.
"Also gut", sagte Malcolm. "Sehen wir, was
uns erwartet..."
Sie gingen vorsichtig zu der Tür hinüber
und hoben sie mit vereinten Kräften beiseite, immer bemüht, nicht
unnötig viel Lärm zu machen. In dem Raum dahinter brannte eine
weitere magische Fackel - und eröffnete den drei Neuankömmlingen
ein schreckliches Bild.
Die Kammer, die wohl einmal der Speiseraum
des Talpostens gewesen war, war völlig verwüstet. Tische und
Stühle lagen überall verteilt und waren nur noch schwerlich als
solche zu erkennen. Vorratsschränke und -kisten waren aufgerissen
und umgeworfen worden, und über einem halb zerfetzten Kartoffelsack
lag der blutverschmierte Körper eines menschlichen Soldaten. Der Mann
war nicht älter als zwanzig gewesen, aber von seinem wohlgeformten
Gesicht war jetzt nicht mehr viel übrig, bis auf den deutlich sichtbaren
Schrecken in seinen toten Augen.
"Oh nein", fluchte Malcolm und stürmte
an dem Toten vorbei zur nächsten Tür. Hinter dieser erstreckte
sich ein langer Gang, von dem Migdo vermutete, dass er direkt zu der Geheimtür
im Tal führte. Er war ein einziges Schlachtfeld, ein gutes Dutzend
toter Menschen lag mehr oder weniger verstümmelt in einem Chaos aus
geborstenem Holz und zerbrochenen Waffen. Ein Mann mit den Schulterklappen
eines Hauptmanns lag an eine Wand gelehnt da, in seiner Brust steckten
drei schwarze Speere.
"Harbert", meinte Kijena nur.
Migdo atmete schwer. Trotz seiner Kampfausbildung
war dies das erste Mal, dass er ein echtes Schlachtfeld zu Gesicht bekam.
Er spürte, wie sein Magen sich schmerzhaft zusammenzog.
Seine beiden Begleiter traten indes vorsichtig
zwischen die Leichen und untersuchten sie. Danach gingen sie von Gang zu
Gang durch das Höhlensystem, das sich offensichtlich unter der gesamten
Fläche des Tals erstreckte. Sie fanden noch ein Dutzend weiterer Toter
in den Höhlen verstreut, bevor sie schließlich in den Speiseraum
zurückkehrten. "Keine Toten", meinte Kijena knapp, nachdem sie die
Tür zum Geheimgang hinter sich geschlossen hatte.
"Wie bitte?" fragte der Zwerg. "Tote sind
doch hier wirklich genug!"
"Ja, tote Menschen, die Mannschaft des Postens",
meinte die Kriegerin trocken. "Aber kein einziger Angreifer. Es ist mehr
als unwahrscheinlich, dass Harberts Männer keinen von ihnen erwischt
haben."
Eine bedrückende Stille kehrte ein. Sie
alle kannten die Eigenart eines ganz bestimmten Volkes, seine Toten unter
keinen Umständen zurückzulassen.
"Zurück zu den Anderen", befahl Malcolm
schließlich. "Schnell!"
-
Roban hatte die Kamele an den Rand der Felsen
geführt und ihre Zügel an einem der gezackten Vorsprünge
befestigt. Der alte Zurgin häufte derweil einen kleinen Berg aus Schnee
an, den er ordentlich festklopfte, als wolle er einen Schneemann bauen.
Dann zog er eine zierliche Glasphiole aus seinem Brustgurt und träufelte
einige Tropfen einer dunkeln Flüssigkeit auf sein eisiges Kunstwerk.
"Was soll das werden, wenn’s fertig ist?"
fragte Roban.
Zur Antwort zog der alte Zwerg ein kunstvoll
gearbeitetes Zwergenfeuerzeug aus der Tasche, entzündete es und richtete
seine Flamme auf den mit der Flüssigkeit durchtränkten Schnee.
Das gefrorene Wasser knisterte hörbar, dann ging der kleine Haufen
lichterloh in Flammen auf und verbreitete eine Aura der Wärme und
des Lichts.
Der menschliche Soldat trat überrascht
einen Schritt zurück. "Wie kann das sein?" fragte er. "Schnee ist
doch Wasser! Und Wasser brennt doch nicht!"
Zurgin lächelte. "Nennt es Magie. Oder
Chemie, was ihr wollt, eines ist so gut wie das andere. Das Ergebnis zählt."
Verblüfft ließ Roban sich in den
Schnee fallen und betrachtete den winzigen Scheiterhaufen vor seinen Füssen,
der keine Anstalten machte, zu schmelzen. Das Feuer schien von dem Schnee
zu zehren wie eine Kerze vom Wachs. "Ihr seid wahrhaftig ein Meister eures
Fachs, Meister Zurgin", meinte er fasziniert.
Zurgin lachte leise. Er wollte dem Menschen
gerade erklären, dass dies kaum das Wissen war, das man sich aneignen
musste, um ein Meisteringenieur zu werden, als plötzlich Malcolm und
Kijena zwischen sie gestürzt kamen und sie mit sich rissen. Kaum einen
Wimpernschlag später zischten zwei kleine Brandpfeile an ihnen vorbei
und traf die Stelle, an der sie eben noch gesessen hatten.
Malcolm ließ von Roban ab, sprang halb
auf und löschte mit einem gut gezielten Fußtritt Zurgins magisches
Lagerfeuer, das zu tausend kleinen Funken zerstob und dann erlosch.
"Verdammt, wer...?" wollte Roban fluchen,
als ein plötzlich aus dem Nichts auftauchender Schatten sich auf ihn
warf und ihn mit Schlägen und Tritten traktierte.
Ein solches Wesen hatte Zurgin schon seit
sehr langer Zeit nicht mehr gesehen. Es war nicht viel größer
als ein Zwerg, aber so dürr und knochig, dass sich selbst ein Vulgoblin
vor Ekel geschüttelt hätte. Auf seinen spitz zulaufenden Schultern
saß ein langer Schädel mit spitz zulaufenden Ohren und einer
schnabelartigen Hakennase. Die winzigen Augen waren unter den tiefen, grauen
Brauen kaum zu erkennen. Seine Haut war fast schwarz und von einem widerlichen,
klebrigen Glanz.
Entsetzt versuchte der alte Zwerg sich aufzurichten,
während er mit ansah, wie der kreischende Dunkelelb immer neue Schläge
auf den viel größeren Menschen niederprasseln ließ, der
jedoch viel zu langsam war, um sich ihrer zu erwehren. Schon kratzten die
scharfen Klauen nach seinem Hals und suchten sich einen Weg zu seiner Kehle.
Da schoss plötzlich ein wirbelndes Etwas
durch die Luft und traf das schwarze Geschöpf mit solcher Gewalt in
den Rücken, dass seine Wirbelsäule mit einem hörbaren Krachen
zersprang, es wurde vom Schwung mitgerissen und landete mehrere Meter weiter
im Schnee. Migdos Kampfhammer löste sich von ihm und polterte ein
wenig weiter.
Zurgin sah sich erschrocken um. Sein junger
Zwergenfreund stand über dem Loch, aus dem er offenbar gerade erst
mit Mühe hinausgeklettert war, und atmete schwer.
Roban kam inzwischen wieder auf die Füße
und zog sein Schwert. Sie sahen sich um und stellten fest, dass etwa ein
Dutzend Dunkelelben sich ihnen näherten, ihre roten Augen glühten
in der zunehmenden Dunkelheit des Schneesturms. Malcolm und Kijena hatten
bereits zwei von ihnen niedergestreckt, die kleine Schleudern bei sich
getragen hatten, und kehrten mit schnellen Schritten zu den Anderen zurück.
Im Lauf schnappte die Kriegerin Migdos Hammer und gab ihn an ihn zurück,
als sie ihn erreichte.
"Rücken an Rücken, mit den Füssen
fest auf die Erde!" rief Malcolm und stellte sich dicht neben Roban. "Migdo,
behaltet eure Waffe ab jetzt in der Hand! Ihr werdet keine weitere Gelegenheit
bekommen, sie euch wiederzuholen!"
Der junge Zwerg nickte und stellte sich breitbeinig
zwischen Kijena und Zurgin, den Hammer mit beiden Händen fest umklammert.
Sie rückten noch ein wenig enger zusammen und richteten ihre Waffen
gegen den Feind.
Die Dunkelelben keiften, geiferten und knurrten,
entblößten verzerrte Mäuler mit unendlichen Reihen langer
Stiftzähne. Die meisten von ihnen waren unbewaffnet, schabten mit
ihren bloßen Klauen durch den Schnee. Nur zwei trugen Waffen, einer
eine grob aus seinem Stück Holz gehauene Keule, der anderen einen
an beiden Enden zerborstenen Speer.
"Haltet euch bereit", ließ Malcolm vernehmen.
Wie auf Kommando stürzten die Dunkelelben
vorwärts, eine kreischende und geifernde Wand aus Krallen und Zähnen,
die Augen von wildem Hass erfüllt. Einer von ihnen stieg im Lauf auf
seinen Nebenmann und sprang von dessen Schultern aus auf die kleine Gruppe
von Menschen und Zwergen zu.
Malcolm sprang vor, wirbelte sein Langschwert
durch die Luft und hackte den Leib der Kreatur noch im Flug entzwei. Bevor
die Leiche auch nur zu Boden gefallen war, hatte der Mensch sich bereits
ein weiteres Mal um sich selbst gedreht und einem zweiten Angreifer, dem
Elb mit dem Speer, seine Klinge in die Brust gerammt. Blut spritzte und
Knochen splitterten, und dann waren die Dunkelelben heran und verwickelten
auch die übrigen Kämpfer in wilde Gefechte. Ein schrill keifendes
kleines Monstrum mit langen weißen Haaren und einem vernarbten, blinden
Auge ging auf Migdo los und riss bereits mit dem ersten Schlag eine tiefe
Wunde in seinen rechten Arm. Er wich erschrocken zurück, benutzte
aber gleichzeitig seinen Hammer, um den Gegner auf Distanz zu halten.
Erstaunt sah er mit an, wie Zurgin neben ihm
eine kleine Armbrust aus seinem Gürtel zog, sie mit einem einzigen
Handgriff spannte und in Richtung des Dunkelelben abfeuerte. Der kleine
Stahlbolzen traf das Geschöpf genau zwischen die Augen und schleuderte
es zurück.
Um sie herum drängten ihre menschlichen
Gefährten den Gegner mehr und mehr zurück. Nachdem Roban einmal
wieder auf die Beine gekommen war, wütete er nun wie ein Berserker
unter den Dunkelelben. Kijena und Malcolm bewegten sich Rücken an
Rücken durch den Schnee und hieben immer wieder auf die heulenden
Kreaturen ein, die jetzt merklich im Nachteil waren, da sie keine Waffen
bei sich trugen. Eines der Monster wandte sich von den Menschen ab und
sprang Zurgin an, wurde aber noch in der Luft vom Robans Schwert durchbohrt.
Die Klinge riss den Elb mit sich und verfehlte den alten Zwerg nur um eine
halbe Armeslänge.
"He!" kreischte Zurgin. "Passt doch auf!"
Der kräftige Mensch ignorierte ihn, zog
sein Schwert aus dem reglosen Körper und ging auf den nächsten
Dunkelelb los, der ihm seine Keule entgegenschleuderte. Roban tauchte unter
dem tödlichen Geschoss hinweg und sprang vor, seine Klinge trennte
seinem Gegner den Kopf von den Schultern, bevor dieser auch nur einen Schritt
tun konnte.
Nur Sekunden später rammte Malcolm dem
letzten noch stehenden Angreifer den Ellenbogen seines Schwertarms ins
Gesicht und stieß ihm mit der Linken seinen Dolch in die Kehle. Das
Geschöpf starb mit einem ungläubigen Röcheln und kippte
nach hinten in den Schnee.
"Holt die Kamele", rief Malcolm, kaum dass
er seine Waffen wieder in den Gürtel geschoben hatte. "Wir müssen
sofort weg von her!"
Alle nickten und wandten sich ihren Reittieren
zu, die am Rande des Tals unruhig im Schnee scharrten. Als Zurgin sein
Kamel fast erreicht hatte, wurde er plötzlich von einem schwarzen
Schatten zu Boden geschleudert, der ihn am Kragen hochriss und ihm eine
kleine Klinge an den Hals hielt. Der Dunkelelb hatte sich offenbar um die
Kämpfer herumgeschlichen und zwischen den pelzigen Tieren verborgen.
"Kainarührtsichhhh!!!" kreischte die
zitternde Kreatur, und Migdo erfasste erst nach einigen Sekunden, dass
es sich in der Sprache der Menschen auszudrücken versuchte. "Ikmachintotwensichainarührt!!!"
"Ruhig", rief Malcolm. "Keiner bewegt sich."
Langsam näherten sie sich dem schlotternden
Dunkelelb, der Zurgin fest an sich drückte und sie abwechselnd fixierte.
In seinen kleinen, roten Augen glänzte pure Panik.
"Ganz ruhig, mein Freund" sagte Malcolm leise.
"Alles ist in Ordnung. Niemand wird dir etwas tun – Nein, Roban!"
Der andere Mensch hatte sich an die rechte
Flanke des Gegners geschlichen und griff blitzartig nach einem kleinen
Dolch an seinem Stiefel. Der Dunkelelb reagierte mit einem wütenden
Kreischen und holte aus, um Zurgin das Messer in den Hals zu rammen.
Als er gerade zustechen wollte, durchfuhr
plötzlich ein Ruck seinen Körper. Seine Augen weiteten sich und
sein hässliches Maul stieß einen ungläubigen Seufzer aus,
er blickte an sich herab und sah gerade noch, wie die Spitze einer schmalen
Klinge sich aus seiner Brust ins Freie schob.
"Was zum...?" fluchte Roban.
Der Dunkelelb ließ Zurgin los und kippte
nach vorn.
"Das glaub’ ich nicht", keuchte Migdo.
Der sichtlich verstörte Zurgin erhob
sich und drehte sich um. Mit einem verlegenen Grinsen auf den Lippen griff
sein Retter nach seinem Dolch und zog ihn aus der Leiche des Dunkelelbs.
Seine langen, aschgrauen Ohren zitterten im Wind, und seine kleinen, schwarzen
Augen glitzerten spitzbübisch. Mit einer übertriebenen Geste
schob Xergi, der Vulgoblin, seine Waffe wieder zwischen seine Kleider und
meinte: "Äh... hallo, Leute."
© Imladros
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