Der Elfenlord von Bastian Bernig
Aufbruch

Es war ein kühler Sommerabend im Wald von Görks. Der Druidenmeister `Sgarek blickte wehmütig durch die Bäume, er würde all das hier vermissen. Denn er wusste, er würde heute sterben, das wie oder warum war egal, nur dass es innerhalb der nächsten Stunde passieren würde. `Sgarek blickte auf sein langes Leben zurück, er war zufrieden darüber, wenn da nicht sein Schüler gewesen wäre.
Xuji´scor war von außerordentlichem Talent, er würde vielleicht, mutmaßte ´Sgarek, mehr Magie entfalten, als je ein Mensch vor ihm. Zwölf Jahre hatte er ihm alles beigebracht, was er wusste, und doch war es zu wenig. Unwissenheit war die größte Gefahr im Umgang mit der Magie. Egal, ´Sgarek würde sterben und er hatte es akzeptiert, leise schloss er Xuji´scors Beutel. Er überlegte, als er zu dem Jugendlichen ging, was er sagen sollte: "Xuji, seit deine Mutter dich
mit vier Jahren zu mir brachte, spürte ich Magie in dir... Nein. Du hast großes Talent, gehe zu irgendeinen anderen Druiden und lerne weit... Ach, was soll´s!"
Mit seinem Druidenstab klopfte er kurz auf den Boden, um die Aufmerksamkeit des Jugendlichen zu gewinnen. "Xuji ich werde jetzt sterben, nimm deinen Beutel und verlasse den Wald. Ziehe hinaus in die Welt, erlebe Abenteuer, suche deine Eltern oder was weiß ich", rief ´Sgarek.
us dem Schatten des Waldes trat ein schwarz gekleideter Mann, der ein großes Schwert durch das Herz des Druiden bohrte.
"Nein", schrie Xuji und ´Sgarek ließ den Mann in Flammen aufgehen. Schnell übergab der alte Mann dem Jugendlichen noch seinen Stab bevor er starb.

Xuji blieb nichts anderes übrig, als den Wald zu verlassen der seit seinem vierten Lebensjahr sein Zuhause war. Aber natürlich wusste er auch von dem Leben außerhalb des Waldes, von Elben und Zwergen, Gnomen und Trollen, Riesen und Kobolden, Elfen und Dämonen, normalen Menschen und anormalen Menschen. Zumindest in der Theorie. Also hatte der Jugendliche den Mörder seines Meisters nach etwaigen Informationen durchsucht, er fand nichts außer einer Münze mit einer schwarzen Elfe darauf, er kannte das Zeichen allerdings nicht.
Als er den Waldrand verließ, hatte er sich ungefähr überlegt was er tun wollte: "Erstens: Ich sollte vielleicht mal nach meinen Eltern sehen, wäre doch ganz interresant zu wissen, was das für Leute sind. Zweitens: Rache an demjenigen, der ´Sgareks Mörder beauftragt hat. Drittens: Ein paar Abenteuer erledigen, das kann ich ja nebenbei machen oder wenn es mir gerade langweilig ist!"
Nach wenigen Stunden erreichte Xuji einen Weg, dort kam ihm ein Mann, der ebenso gekleidet war wie der Mörder seines Meisters, entgegen. "Bist du ein Druide?" fragte er und zog sein
Schwert.
"Ich sehe doch nicht etwa so aus, oder?" meinte Xuji´scor sarkastisch.
"Nach Befehl des Elfenlords müssen alle Druiden getötet werden", rief der Mann, zog ein Zweimeterschwert heraus und umkreiste den Jugendlichen.
´Sgarek hatte Xuji zwar im Umgang mit dem Kampfstab und mit Kampfzauber trainiert, er hatte aber nur sehr wenig Übung. Xuji  beschwor einen kleinen Flammenball herauf und warf ihn auf den Mann, etwa einen Meter vor ihm verschwand er jedoch einfach. Der Mann grinste nur und schwang sein Schwert gefährlich nahe an Xujis Hals vorbei. Der hob seinen Stab und auf diesem bildete sich eine Lichtkugel, die in den Himmel schoss.
"Daneben", lachte der Mann, als plötzlich ein Blitz vom Himmel zuckte und den Mann tötete.
"Vielleicht weißt du gar nicht, worauf ich gezielt habe", dachte Xuji sich und bückte sich nach einem Pergament, das aus der Tasche des Mannes gefallen war:

Nach Befehl des Elfenlords müssen:
1. Bis zur nächsten Sommersonnenwende alle Druiden des alten Reiches getötet werden.
2. Alle anderen magisch begabten Menschen bis zum Herbstanfang getötet werden.
3. Vom Zwergenvolk sowohl die oberirdisch lebenden Zwerge als auch die in den unterirdischen Städten lebenden, bis zur Herbsttagnachtgleiche, umgebracht werden.
4. Die im alten Reich so seltenen Elben bis zur Wintersonnenwende ermordet werden.
5. Bis zu Neujahr alle Drachen, Einhörner, Greife und sonstige magischen Tiere ausgerottet werden. 
6. Auch alle Nixen und Dryaden des alten Königreichs bis zum Frühlingsanfang getötet werden.
Bis zur übernächsten Sommersonnenwende müssen alle magischen Wesen aus dem alten Reich vernichtet werden.

Als Xuji das las, packte ihn das Grauen, nicht nur, dass der Elfenlord den Tod seines Meisters befohlen hatte. Nein, das Massaker ging weiter: Es musste mehrere zehntausend Wesen im alten Königreich geben, die sich der Magie bedienen konnten (Xuji eingeschlossen). Dem Jugendlichen wurde fast schlecht, als er daran dachte. Um seinen Magen zu beruhigen suchte er in seinem Beutel nach etwas Essbarem. ´Sgarek hatte ihn mit Hunderten von Schriftrollen, Pulvern, getrockneten Kräutern und Tränken gepackt. Aber er fand tatsächlich noch einen Apfel, den er essen konnte. Dann untersuchte er die beiden Münzen auf denen die schwarzen Elfen gezeichnet waren. Xuji fand heraus, dass die beiden Münzen schwache Magie absorbierten und den Träger so vor leichten Angriffzaubern schützte. So konnten sie gegen magische Wesen kämpfen, gegen die sie im Normalfall keine Chance hätten. Der junge Mann beschloß, auf seiner Reise so viele magische Wesen zu warnen wie möglich. Nebenbei wollte er herausfinden, was der
Elfenlord mit diesem Massenmord plante. Was brachte es einem Volk, das Magie nutzen konnte, wenn es das einzige war (außer, dass das viel Macht bedeutete)?
Noch dazu warum gerade das alte Reich. Es war, wie der Name schon sagte, sehr alt und besaß weder Adel, noch eine richtige Regierung: Die Bürgermeister der zehn größten Städte trafen sich einmal pro Jahr und zu Krisensitzungen.
Ansonsten waren vor allem die reichen Kaufmannsfamilien am herrschen beteiligt.
Xuji beschloß, dem Weg nach Süden zu folgen. Nach wenigen Stunden brach die Dämmerung herein und zwei der vier Monde gingen auf. Er lauschte dem Wind und schloss die Augen. Hinter einer Biegung mündete der Weg in eine gepflasterte Straße. Dieser folgte Xuji´scor und nach einiger Zeit sah er eine seltsame Gruppe etwa zweihundert Meter entfernt.
Es waren Elben: Jene geheimnisvollen magischen Wesen, die über achthundert Jahre alt werden konnten und in den tiefen Wäldern meist abgeschottet von den restlichen Lebewesen lebten. Elben waren durchschnittlich zwei Meter groß, schlank und gewandt, fast zerbrechlich wirkend. Ihr Haar und ihre Haut waren meist hell gehalten. Die Augen der Elben waren glasig und fast durchsichtig in den Farben blau, grau und hellbraun.
Als sie aufeinander trafen rief der Elb, der die anderen anführte: "Sei gegrüßt, Sohn der Magie. Nimm dich in acht: Die Beauftragten des Elfenlords töten jeden, der Magie anzuwenden versteht!"
"Ich weiß, ich wurde bereits von einem angegriffen und bin nun auf der Reise, um andere zu warnen", antwortete Xuji.
"Dann ziehe in Frieden weiter, so wie wir, und warne andere vor der Gefahr, so wie wir. Lebe in Frieden, Sohn der Magie", meinte der Elb und verneigte sich vor dem Jugendlichen. Dieser tat das ebenfalls. Minuten später waren die beiden Gruppen weitergezogen und liefen gemächlich weiter. Xuji´scor lief den Weg immer weiter entlang...
 

© Bastian Bernig
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