Ein Fremder in der Nacht von Falcon An Cu
1: Der Geschichtenerzähler (2)

Er lauschte der Geschichte: An dem, was der Fremde sagte, war etwas Wahres dran. Er war erst wenige Stunden hier, und dennoch fing er an, seine Einstellung zu überdenken. Gut, er war Fürst einer Stadt, aber was hätte er erreichen können! Er war jung, für Elbenmaßstäbe, ein Krieger war er nie gewesen, doch seine Führungsfähigkeiten waren geradezu grandios. Warum gab er sich mit dieser Insel zufrieden? Er war doch schließlich ein Noldor, sollte wie ein König herrschen. Diesen und ähnlichen Gedanken gab er sich hin, während er Lindan zuhörte.

Lindan war seit zehn Tagen in der Stadt. Fast alle Bewohner von Dol Banred hörten seine Geschichten. Heute war selbst der Noldorfürst im Gasthaus gewesen. Ecthelion war sofort Feuer und Flamme gewesen. Er hatte leichtes Spiel hier, diese Bauern waren so vertrauensselig, selbst der Fürst war leicht zu beeinflussen. Sein Herr würde zufrieden mit ihm sein, so zufrieden, dass er nach langem Warten hoffen durfte, seine Belohnung zu bekommen.

Severok, der Kapitän der "Seevogel", war ein guter und ehrlicher Mann aus Umbar, der Hafenstadt im Süden, sein ganzes Leben hatte er auf dem Meer verbracht. Bis vor einigen Tagen war zufrieden mit seinem Leben gewesen, bis vor einigen Tagen! Aber Lindan hatte ihm die Augen geöffnet. Seit Jahren handelte er schon mit Dol Banred und was hatte es ihm bis jetzt gebracht? Einige Münzen, und, ja, sein Schiff war bezahlt. Heute Nacht würde es sich ändern, o ja, alle würden sich an seine Taten und seinen Namen erinnern. Denn er war Severok, der Seefahrer! Sein Urgroßvater war Seeräuber, ein Held und das würde er auch werden. Seine Mannschaft hatte alles vorbereitet. Die Männer von den anderen Schiffen waren auf einer Kaufmannsversammlung an Land, Wachen an Bord wurden schnell und lautlos beseitigt. In wenigen Stunden hatten sie vier Handelsschiffe geplündert. Die Fracht auf die 'Seevogel' gebracht, die Handelsschiffe in Brand gesteckt und versenkt. An Bord der 'Seevogel' beobachtete Severok und seine Mannschaft ihr Werk. Die brennenden Schiffe ließen Dol Banred in einem unheimlichen Licht glühen. O ja, Lindan hatte recht, es war gut ein freier Mann zu sein. Er lächelte, als er in seine Kajüte ging.

Nachdem Thorondor von Ecthelion verabschiedet worden war, machte er sich auf den Weg zu seinem Bruder. Er hatte eine Menge, worüber er nachdenken musste. Das Unwetter der letzten Tage hatte sich gelegt, es schien ein herrlicher Tag zu werden, alles sah im Glanz der aufgehenden Sonne neu aus. Er beschloss, bevor er nach Hause ging, dem Tempel der Stadt einen Besuch abzustatten, es könnte bestimmt nicht schaden. Normalerweise war er kein allzu gläubiger Mensch, aber heute fühlte er im Tempel eine nie gekannte Geborgenheit. Er fühlte sich sicher als er sich an den großen Baum in der Mitte des Tempels lehnte. Seine Augen fielen wie von alleine zu und ein erholsamer Schlaf kam über ihn. Erst spät in der Nacht wurde er wach, die Stadt war in Aufruhr, die Alarmglocken wurden geläutet.
Der Soldat in ihm sprang auf und lief zur Tür. Im Hafen brannte es, die vier Handelsschiffe aus Pelargier, die letzte Woche hier Schutz vor dem Unwetter gesucht hatten, standen lichterloh in Flammen. Er sah aber auch die 'Seevogel', die in Richtung Süden lief. War es ein Zufall oder nicht? Er dachte sofort an Lindan, die Mannschaft der 'Seevogel' war seit dem ersten Abend jedes Mal dabei gewesen, wenn er seine Geschichten erzählte. Konnte es Zufall sein? Eins wusste er, die 'Seevogel' lag sehr tief im Wasser, zu tief.

Ecthelion war, wie alle die Lindan zuhörten, in seinem Bann gefangen. Ein Kurier brachte ihm die Nachricht von der Schiffsverbrennung im Hafen. Er nickte nur und gab Anweisung das Feuer zu löschen. "Das könnte doch wohl nicht so schwer sein." Er fuhr den verdutzten Soldaten an. "Ich habe gerade zu tun, werde mich später drum kümmern. Haben wir nicht genug Leute die für solche Arbeit da sind, also bitte VERSCHWINDE!!!" Lindan beobachtete die Szene mit einem boshaften Lächeln. Sein Meister hatte recht behalten, mit dem Zauber seiner Stimme konnte er jeden bekommen!

Die Besatzungen standen am Hafenbecken und starten wie gebannt auf die sterbenden Schiffe, einige versuchten herauszufinden wie so etwas passieren konnte, doch keiner hatte auch nur ansatzweise eine Idee, was wirklich passiert war. Thorondor versuchte ihnen alles zu sagen, aber niemand schien auf ihn zu achten. Er wollte ihnen erklären, dass die 'Seevogel' verschwunden war, dass er sie gesehen hätte wie sie davon gesegelt war. Schnell wurde ein Sündenbock gefunden, hatte die Stadt nicht eine Schutzheilige, wo war sie denn jetzt, gerade für Seeleute soll sie ein Herz gehabt haben. Hatten wir uns ihren Zorn zugezogen, fragten sich einige. Schnell wurden Gerüchte gestreut von Seeleuten, die nachher niemand je gesehen hatte. Dennoch wurde diese Gerüchte schnell aufgegriffen und weiter erzählt und jedes mal wurde die Geschichte ein wenig länger.

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Gerion, der Wirt, ging wie jeden Morgen seit einer Woche auf den Markt, um seine Vorräte aufzufüllen. Seine Geschäfte gingen hervorragend. In seiner Kammer hinter dem Bild seines Vaters hatte er eine kleine Schatulle, die sich rasch füllte. Herr Lindan war ein Geschenk der Götter. "Gerion, bitte bestell Herrn Lindan schöne Grüße von Belindor und gib ihm bitte diesen Brief von mir", bat die Bäckersfrau den Wirt. "Na, wenn das dein Mann wüsste." Gerion behielt seine Gedanken für sich. Aber natürlich würde er den Brief übergeben. Herr Lindan hatte in letzter Zeit öfters Damenbesuch

Am nächsten Tag verkündigte ein Herold des Fürsten, dass ein Fest abgehalten werden solle. Jeder Bürger der Stadt möge sein Bestes tun, um sein Gelingen zu ermöglichen. Für die Vorbereitungen seien fünf Tage vorgesehen. Die Festlichkeiten mögen dann drei Tage und zwei Nächte anhalten. Und alles zu Ehren Ecthelions. Die meisten Bürger fanden diese Idee grandios. Es gab nur wenige, die ihren Fürsten nicht wieder erkannten. Wie konnte er nach dem Unglück im Hafen nur ans Feiern denken.
Es musste etwas besonderes sein. Kleider die nur für ihn entworfen und gemacht waren, wie es sich für einen Fürsten geziemte, das war ja das mindeste. Seine Farbwahl wahr einfach und schlicht. Schwarz und Silber. Als er sich im Spiegel betrachtete, fühlte er sich wie ein König. O ja, ein echter Elbenfürst, wie die Könige von einst, Fingolfin oder Turgon von Gondolin. Er dachte kurz daran in den Tempel zu gehen für ein kurzes Gebet, doch das hatte noch Zeit, er würde später gehen, ganz bestimmt würde er das tun, später. Seine Kleider saßen perfekt, diese junge Näherin verstand ihr Handwerk. Kurz schossen ihm Bilder von brennenden Schiffen in den Kopf, die aber schnell wieder vergessen waren, er musste sich um so viele Dinge kümmern, das Fest würde ein Erfolg werden.

Thorondor verbrachte die letzten Tage zur Hälfte bei seinem Bruder und im Tempel, er konnte nicht verstehen was hier vorging. Die ganze Stadt schien verrückt zu sein, vielleicht lag es ja auch an ihm, er war sich seiner Sache nicht mehr so sicher. Er hatte getrunken und wenig geschlafen. Vielleicht war der Überfall in der Gasse nur Einbildung gewesen. Wie konnte er sich noch sicher sein. Er war verwirrt, aber im Tempel an diesem Baum hatte er ein wenig Frieden. Zwei Tage nach der Ankündigung des Fürsten, träumte er zum ersten Mal von ihr, eine silberhaarige Schönheit in einem grünen Kleid, ihre Gestalt wurde immer von einem feinen Nebel umgeben, es hatte den Anschein, sie wolle ihm etwas sagen. Doch er konnte sie nicht verstehen, jedes mal wenn er versuchte näher zu kommen, verschwand sie im Nebel. Aber im letzten Traum sah er etwas vertrautes, die Schönheit stand an Bord eines Schiffes das er kannte, es war die 'Taluga' eine Galeere der Stadt. 

Die 'Taluga' lag still im Hafen, aber Thorondor sah schnell, dass der Kapitän sehr wohl auf der Hut war, denn die Wachen an Deck waren verdoppelt, und es gab mehr Licht als gewöhnlich. 
"Bitte an Bord kommen zu dürfen, mein Name ist Thorondor Melevitar und ich möchte mit dem Kapitän sprechen", rief er der Bordwache zu. Er bekam keine Antwort, doch das hatte er sich schon gedacht. Nach einigen Minuten kam ihm eine groß gewachsene Gestalt entgegen. "Mein Name ist Pellendur und ich bin der, den Ihr sprechen wollt, was kann ich für dich tun, Soldat", sagte er, als er sah mit wem er sprach. "Nun, Herr Pellendur, ich weiß nicht, wo ich anfangen soll, es ist recht schwierig für mich. Sagt, besucht Ihr hin und wieder Gerions Gasthaus?" Thorondor sprach mit leiser Stimme. 
Pellendur starrte ihn an, bevor er eine Antwort gab. "Mein junger Freund, ich wüsste nicht, warum ich Euch sagen sollte, wo ich mich in meiner Freizeit aufhalte. Und nun sagt mir schnell, warum Ihr mich von meinem Abendmahl holtet, ich leite ein Kriegsschiff und habe viel zu tun, also was nun?" 
"Ich sah, wer die Schiffe in Brand gesetzt hat", platzte Thorondor heraus, sein Mut hatte ihn plötzlich verlassen. "Ist Euch aufgefallen, dass die 'Seevogel' verschwunden ist? Macht Euch das nicht stutzig? Und auch unser Fürst benimmt so eigenartig. Wie kann er nach so einem Unglück ein Fest veranstalten? Und außerdem sehe ich in meinen Träumen eine silberhaarige Frau auf Eurem Schiff. Und da dachte ich, ich geh dahin und überhaupt..." "Junger Freund, holt doch mal Luft", lachte Pellendur, aber sein Lachen war gezwungen. "Kommt doch erst mal auf mein Schiff und erzählt mir Euere Geschichte von Anfang an." Thorondor bemerkte die besorgte Miene des Kapitän nicht, doch seine Mannschaft wusste diesen Gesichtsausdruck sehr gut zu deuten, in naher Zukunft würde es Ärger geben.
Das Kristallglas, in das Pellundur den roten Wein aus Dorwinadan goss, war ein Erbstück seiner Mutter, eine herrliche Arbeit aus Minas Tirith. "Mein junger Freund, beruhigt Euch erst einmal, nehmt einen Schluck und dann sagt mir alles über Eueren Traum und vor allem über diese Frau, die Ihr gesehen habt." Seine Stimme zitterte, als er das sagte. Es dauerte eine ganze Weile, bis Thorondor seinen Bericht beendet hatte. "Und du weißt wirklich nicht, wen du da gesehen hast", fragte Pellendur nach. "Nein, diese Frau habe ich noch nie gesehen, aber sie war wunderschön in meinen Träumen, und ich würde sie gerne wiedersehen, um ehrlich zu sein." "Du dummer Kerl, du hast die Hüterin dieser Insel gesehen. Die Lage muss ernst sein, wenn sie sich DIR in deinen Träumen zeigt. Es gehen Gerüchte um, sie sei eine Freundin unseres Fürsten, aber anscheinend kommt sie nicht zu ihm durch, so wie du sagst. Schlafe dich jetzt erst mal richtig aus, du kannst Schlaf gebrauchen, so wie du aussiehst. Habe keine Angst mehr, wir werden dir helfen."
Pellendur ging zu einem Bücherregal und holte ein in Leder gebundenes Buch hervor um darin zu lesen. 

Ein Windstoß erfasste ihn, seine Kleidung blähte sich auf, wo er sich befand wusste er nicht. Er konnte nicht weit sehen, ein silberner Nebel war um ihn herum. Unter seinen Füßen war Gras, feuchtes Gras und der Klang der Brandung war in der Ferne zu hören. Wieso war er hier und nicht auf dem Schiff? "SEI UNBESORGT! HIER KANN DIR NICHTS GESCHEHEN. DU BIST IN MEINEM REICH: DU KANNST MICH NICHT SEHEN UND DENOCH BIN ICH DA. GLAUBST DU?", hörte Thorondor laut in seinem Kopf. "An was?", entfuhr es dem jungen Mann, seine Stimme war schrill im Gegensatz zu dem lieblichen Klang der Frauenstimme. "KOMME WIEDER, WENN DU DEINEN GLAUBEN GEFUNDEN HAST!" Er schlug die Augen auf und war wieder in Pellendurs Kabine. Thorondor verließ noch am selben Abend das Schiff und begab sich wieder in den Tempel.

Ein schwarz gekleideter Elb betrat den Schankraum. Seine zweihändige Klinge trug er offen in den Händen und versuchte auch gar nicht diese zu verbergen. In seinen Augen konnte jeder die Verachtung sehen, die er für diese schäbige Spelunke hegte. Lindan, der sich so sicher gefühlt hatte in dieser Stadt, verlor den Faden seiner Geschichte. Er kam ins Stottern als er diesen Riesen in Schwarz sah. Er konnte eine Aura der Macht um den Elben sehen, ein Tiefelb, oder ein Noldor. Er hatte noch nie selber einen gesehen, dennoch erkannte er ihn auf Anhieb. "Gerion, Elender, wo steckst du? Wieso ist MEIN Tisch nicht frei?" Seine Stimme war wie ein Glockenschlag. "Du brauchst mir nicht zu antworten, mach ihn frei und bringe mir was zu Essen, aber nicht das was du deinen Gästen bringst, ist das klar?" Gerion verscheuchte einige Gäste von einem großen Tisch an dem gut und gerne sieben Personen Platz nehmen konnten. Lindan staunte nur, dieser Elb brauchte nur hier zu erscheinen und er war vergessen, niemand interessierte sich mehr für seine Geschichte, er musste etwas unternehmen. Er stand auf und näherte sich dem Fremden. "Seid mir gegrüßt, edler Elb", begann Lindan das Gespräch. Der Noldor blickte unter seinem dunklen Haar empor und starrte ihn lange an, bevor er antwortete. "Ich grüße euch auch, bei Elbereth. Ihr müsst Lindan Sato der Geschichtenerzähler sein. Ich habe viel von euch gehört, und ich muss sagen, dass mir nicht alles gefallen hat, was mir zu Ohren gekommen ist. Ich gebe euch Zeit bis morgen Früh diese Stadt zu verlassen, sollte ich euch danach noch hier sehen, werde ich dafür sorgen das Ihr im Kerker landet." Bei diesen Worten legte er seine Hände demonstrativ auf sein Schwert. Lindan sah ihn ungläubig an, zweifelte aber keinen Augenblick daran, dass dieser Elb meinte was er sagte, er musste sich etwas einfallen lassen. "Werter Herr ich weiß nicht womit ich euren Zorn auf mich gezogen habe, da ich noch nicht einmal euren Namen weiß, wüsste ich nicht warum ich auf euch hören sollte." In dem Augenblick als er das aussprach bereute er auch schon seine Worte. Der Noldorkrieger stand auf wie eine wütende Raubkatze. Lindan hatte noch nie jemanden gesehen der so schnell seine Waffe zog, wobei es sich auch noch um eine Zweihandwaffe handelte. Die Spitze der Klinge berührte seinen Kehlkopf.
"Meinen Namen braucht ihr nicht zu wissen, elender Zauberwirker. Scher dich dorthin woher du kommst, sonst vergesse ich mich." Lindan wusste wann er sich zurückziehen musste, dies war gerade so ein Augenblick. "Nun, da ihr stichhaltige Argumente habt, werde ich mich eurem Willen beugen und die Stadt verlassen, auch wenn ich immer noch nicht weiß womit ich mir euren Zorn zugezogen habe, mein Herr:" "Ihr solltet euch glücklich schätzen, dass ich euch nicht so behandele wie ihr es verdient habt." Ein schneller Hieb und der Geschichtenerzähler blutete aus einer kleinen Wunde über der Stirn.
Unterdrückte Rufe wurden laut im Gasthaus, der Krieger drehte wütend den Kopf in Richtung der Gäste, die verängstigt und verwirrt an ihren Tischen saßen. Schlagartig herrschte Stille im Raum. Diese scheinbare Gelegenheit nutzte Lindan zur Flucht; er drehte sich um und sprang mit einem Satz durch ein offenes Fenster auf die Straße. Der Elb würdigte ihm keines Blickes mehr, säuberte sein Schwert am Tischtuch des Nachbartisches und ließ sich mit einem schwachen Lächeln wieder an seinem Platz nieder.
Nachdem Lindan das Gasthaus so fluchtartig verlassen hatte, lief er direkt hinunter zum Hafen. Dort hatte er sein kleines Schiff in einem Bootshaus versteckt. Er würde die Stadt verlassen, ja das würde er, und dann würde er sich an diesem verfluchten Elb rächen. Niemand sprang ungestraft so mit ihm um, auch kein Noldor. Er hatte da sogar schon einen Plan. Severok hatte ihm schon einmal geholfen bei seinen Plänen.

Dallmann machte sich langsam Sorgen um seinen Herrn, er benahm sich wirklich seltsam. Die Vorbereitungen zum großen Fest liefen auf vollen Touren. Alle Bewohner der Stadt waren eingeladen, klar sie alle würden etwas zum Gelingen des Festes beitragen, und jetzt solle er Einladungen an Margul einen Händler aus Umbar senden, ( von dem Dellmann wusste das er Orkblut in den Adern hatte ), bei seinem letzten Besuch hatte dieser geschworen den Fürsten zu töten, wenn er ihn noch mal sehen würde. Und nun wollte der Fürst "seinen alten Freund wiedersehen".

Ecthelion stand vor seinem Spiegel und betrachtete seinen, wie er fand, makellosen Körper, seine Haut leuchtete rot im Schein des Kaminfeuers. "Mein Geliebter willst du nicht in dein fürstliches Bett kommen und mich wärmen?" Marleein die Tochter des Schneiders lag verführerisch auf dem Bett, sie hielt einen kostbaren Weinkelch in ihren zierlichen Händen, in dem ein noch kostbarerer Wein war. Sie legte ihren Kopf in den Nacken und sah ihren Geliebten an. "Lindan hatte Recht, ich habe mehr zu bieten als mein Vater annimmt," dachte sie. "Ich werde jetzt zu dir kommen, sofort meine Liebe. Ich muss nur noch vorher in den Tempel", antwortete der Fürst. "Mein Liebster, das kann doch warten, was willst du im Tempel, wenn ich hier bin und voller Sehnsucht auf dich warte?" Ecthelion drehte sich zu ihr um. "Eine Menschenfrau, was machte er hier, was war los mit ihm?" Doch diese Gedanken waren genauso schnell wieder verflogen, wie sie gekommen waren. Mit langsamen Schritten näherte er sich Marleein, er merkte wie die Leidenschaft in ihm hochkam. Es würde eine lange Nacht werden.

Mitten im Liebesspiel klopfte es an der Türe des fürstlichen Gemachs. "Verflucht hat man den nie seine Ruhe hier?" Marleein war genauso wütend wie Ecthelion "Du bist der Fürst dieser Stadt, für diese Störung solltest du deinen Diener auspeitschen lassen", riet sie ihm. Ein Stirnrunzeln überzog das Gesicht des Fürsten. "Wie kam diese Person auf solche Ideen, und überhaupt wie in sein Bett?", dachte er. Die Tür wurde aufgerissen und der schwarz gekleidete Noldorkrieger aus Gerions Gasthaus stand mitten in der offenen Tür. "Gilmor! Was tust du hier? Ich dachte du wärst an den Anfurten." Ecthelion war sichtlich überrascht. "Es sieht nicht so aus als wenn du denkst, mein Freund." Der Blick des Noldor ging am Fürsten vorbei auf das junge Mädchen hinter ihm, das verzweifelt versuchte einige Decken an sich zu raffen. "Ich glaube ich komme gerade zur rechten Zeit, um dich vor noch mehr Dummheiten zu bewahre." Ein Lächeln überzog sein Gesicht. "Weiß deine Frau davon?" Ecthelion wich seinem Blick verlegen aus, er wusste ja selber nicht wie dieses, gutaussehende junge Ding in sein Bett gekommen war. Das Letzte woran er sich erinnern konnte war, dass er in seinem Arbeitszimmer einen jungen Mann Namens Thorondor empfangen hatte. Gilmor war inzwischen eingetreten und nahm sich ein Glas Wein. "Wann warst du das letzte Mal im Tempel, oder nur am Wasser unten?" Gilmor sah ihn über den Rand des Glases hinweg durchdringend an. "Und was sollen diese bunten Kleider, die passen nicht zu dir, wenn ich das als Freund sagen darf."

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Zur gleichen Zeit, einige Kilometer Stromaufwärts.
"Du willst was?", rief Severok "Du willst, dass ich mit meinen Männern einen Noldorelben töte? Du scheinst nicht zu wissen wer das ist, oder? Nein, du weißt es nicht, sonst würdest du nicht hierher kommen und so einen Vorschlag machen. Man geht nicht einfach hin und tötet Gilmor, den Berater des Fürsten, und nebenbei einen der besten Schwertkämpfer den ich je sah. Man sagt von ihm er hätte alleine vier Trolle erschlagen, und eine ganze Horde Orks so nebensächlich weggefegt, wie Gerion seine Stube fegt! Vergiss es, such dir einen anderen Verrückten. Ich mache es nicht, und das ist mein letztes Wort." Lindan ließ sich die Worte durch den Kopf gehen,. Jetzt hatte er zumindest einen Namen, das war schon mal was. Aber das würde nichts nützen, da der nicht auf seine Stimme hereinfiel, warum auch immer. Er musste sich was anderes überlegen. "Schau mein guter Severok, es wäre für uns beide zum Vorteil, wenn dieser Gilmor nicht mehr in Dol Banred wäre, nicht war. Es müsste doch für einen so hartgesottenen Kapitän ein Leichtes sein ihn irgendwie zu beseitigen, mir ist egal wie du das machst, ich will es auch gar nicht wissen. Dies sollst du als Anreiz haben und mehr davon wenn Gilmor nicht mehr ist sollst du haben." Er überreichte Severok einen Lederbeutel mit einigen Juwelen. Ein Lächeln breitete sich auf dessen Gesicht aus. 

"Es war gut, dass du dich entschieden hast, mit zum Tempel zu kommen Ecthelion. Diese Frau nun wie soll ich es sagen? Lass es mich vorsichtig ausdrücken, passt zu dir wie ein Orkhintern zu Königin Arwen." "Gilmor bitte, nicht solche Vergleiche, ich bitte dich! Ich sagte dir bereits, dass ich unter einem bösen Zauber gestanden habe, und nicht wusste was ich tat." "Sag mein Freund, wann hast du das letzte Mal gedacht? Dafür hast du doch mich und dabei sollten wir es auch belassen." "Vorsicht Gilmor, treibe es nicht zu weit mit deinem Spott, denke daran mit wem du so sprichst." "Verzeiht edler Fürst, wenn ich euch in irgendeiner Weise zu nahe getreten bin, aber der Vergleich mit dem Orkhi..." "Gilmor beherrsche dich endlich, wir sind gleich am Tempel."

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Severok war kein Narr, er würde sein Leben nicht aufs Spiel setzen für ein paar Juwelen, dieser Krieger war eine Nummer zu groß für ihn, das wusste er. Aus diesem Grund hielt er sich in dieser Spelunke in Pelargier auf, hier würde er auf seinen alten Freund Bregond de Bress treffen, einem Kopfgeldjäger mit exzellenten Fähigkeiten. Bregond schuldete ihm noch was, das würde er heute Nacht einlösen. Er bestellte sich einen Wein, der so wie er schmeckte schon fünfmal verlängert worden war. Kurz vor Mitternacht war der Kopfgeldjäger immer noch nicht da und Severok wollte die Hafenkneipe verlassen. "Du willst schon gehen? Jetzt wo ich hier bin? Das ist nicht nett von dir, du alter Halunke." Severok drehte sich herum, vor ihm stand Bregond. Er hatte sich in all den Jahren die Severok ihn nicht gesehen hatte kaum verändert. Er bevorzugte immer noch Schwarz und Silber für seine Kleidung, die schwarzen Haare trug er schulterlang, und in seinen Augen sah Severok das, was er erhofft hatte. Bregond kämpfte immer noch mit zwei Langdolchen, die er offen an der Hüfte trug, und einer kleinen Armbrust die er vor Jahren einem Zwergenhändler *abgekauft* hatte. "Setze dich mein alter Freund, und berichte wie es dir in den letzten Jahren ergangen ist. Und erzähle mir warum ich heute hier her kommen sollte. Und vergiss bei deinen Ausführungen nicht, dass ich ein vielbeschäftigter Mann bin." Severok berichtete Bregond in kurzen Worten, was sich zugetragen hatte, oder zumindest das, was er für wichtig hielt.
"Soso, du hattest Ärger in dieser Stadt, und nun möchtest du das ich ihn für dich kläre? Einen Noldorkrieger. Nun das wäre wahrlich eine große Herausforderung für mich. Du bist wahrscheinlich der Meinung ich würde dir diesen Gefallen noch schulden, doch da unterliegst du einem Fehler." Bregond machte eine Pause und sah Severok scharf an, der sich gar nicht mehr so sicher war ob es eine gute Idee war hierher zu kommen. "Ich werde dir jetzt mal etwas erzählen. Ich bin seit einigen Jahren im Dienst von Gondor und mache Jagd auf Halunken wie dich, und soll ich dir noch was sagen? Genau dieser Gilmor hat mich vor zwei Tagen aufgesucht und hat mir für dich einen Steckbrief gegeben, das ist doch mal was, oder?" Severok konnte nicht fassen was er da hörte, das konnte nicht sein. Er sprang auf und zog dabei sein Entermesser um auf Bregond loszugehen. Mit einem wilden Schrei sprang er nach vorne, doch hatte er die Armbrust vergessen die Bregond schon seit einigen Minuten auf ihn gerichtet hatte. Ein Schuss ins Bein ließ ihn zurücktaumeln. "Ach, und was ich vergaß zu sagen, es ist egal ob du tot oder lebendig bist", fügte Bregond mit einem kalten Lächeln hinzu. Severok verfluchte den Tag an dem er Lindan Sato begegnet war. Seine Verteidigung war lächerlich, er war Bregond nicht gewachsen. Der durchbrach sie mehrere Male bevor er merkte das er tot war.
Lindan hatte sich dieses Schauspiel aus einer Nische angesehen. Dieser Kopfgeldjäger war verdammt gut, er hatte keine Probleme mit Severok, einem alten Seemann, gehabt. Diesen Mann musste er im Auge behalten. Der Tumult ihres Kampfes hatte die Stadtwachen alarmiert. Bregond zeigte den herangeeilten Männern den Steckbrief, unterzeichnete dem Sergeanten ein Papier und verschwand in der Nacht. Allerdings nicht ohne vorher den Lederbeutel mit den Juwelen an sich zu nehmen. 

Die Nächte wurden immer kälter, und auch der Fluss wurde unruhiger. Bregond stand an der Reling der ‚Abendstern’ einem kleinen Schoner aus Pelargier. Er wollte sich dieses Dol Banred doch mal ansehen. Dieser Lindan schien ein interessanter Bursche zu sein, er würde doch bestimmt ein gutes Kopfgeld abgeben. Sein linkes Bein schmerzte wieder, eine alte Verletzung die er sich bei einer Schlägerei zugezogen hatte. Es würde Sturm geben, wie immer wenn sein Bein schmerzte.

Ecthelion und Gilmor kehrten aus dem Tempel zurück. Der Fürst spürte, dass etwas nicht stimmte. Es war anders heute Nacht, das gute Gefühl, das er sonst hatte, wenn im Tempel gewesen war, fehlte. Er machte sich große Sorgen, in den letzten Tagen war zuviel schiefgelaufen. Der Verlust der Schiffe, Tote in seiner Stadt und nun auch noch dieses Gefühl. "He, lass den Kopf nicht hängen, ich verrate keinem das du mit einer Menschenfrau zusammen warst." Gilmor versuchte seinen Freund und Fürsten aufzuheitern. "Es sei denn, du erzählst ich sei ein schlechter Schwertkämpfer", fügte er mit einem Grinsen hinzu. "Es geht nicht um diese Frau, nein wirklich nicht. Aber wie leicht war es für diesen Geschichtenerzähler mich, und auch viele andere zu beeinflussen. Ich frage mich wo er diese Macht her hat. Wenn du nicht gekommen wärest um ihn zu vertreiben, wer weiß was dann passiert wäre, gar nicht auszudenken. Du musst mir helfen diesen Thorondor zu finden, ich brauche ihn." "Dein Wunsch sei mir Befehl, mein Fürst." Gilmor verbeugte sich, ansatzweise, drehte sich um und ging davon. Ecthelion konnte mit seinen Elbenohren noch die Worte auffangen, - mit einer Menschenfrau- und dann war Gilmor verschwunden.

Bregond setzte bei Anbruch der Nacht seinen Fuß zu ersten Mal auf die Insel, die Überfahrt war für ihn grausam. Als Dorwinadan war er es nicht gewohnt per Schiff zu reisen. Er war froh wieder festen Boden unter den Füßen zu haben. Seine Schritte waren im feuchten Gras nicht zu hören. Er ließ die lärmende Mannschaft der * Abendstern * schnell hinter sich. Er brauchte Ruhe und die würde er in dem nahen Waldstück vor ihm finden, außerdem würde der kleine Wald Schutz vor dem Unwetter bieten. Es war zwar noch nichts zu sehen am Himmel, dennoch es würde Stürmen, das wusste er.

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Thorondor hatte das Gespräch des Fürsten mit seinem Berater mitbekommen; er hatte sich in einer Nische verborgen und gelauscht. Was er gehört hatte machte ihm Mut, dieser Noldorkrieger schien einen guten Einfluss auf Ecthelion zu haben. Nachdem die beiden verschwunden waren, beschloss er dem Krieger zu folgen. Was aber gar nicht so einfach für ihn war, wie er schnell feststellte. Gilmor bemerkte den jungen Mann recht schnell, wollte aber wissen was dieser vorhatte und ließ sich nichts anmerken. Im Gegenteil er ging sogar langsamer damit er ihn nicht verlor.

Marleein fühlte sich elend und ausgenutzt. Was hatte ihr der Fürst nicht alle versprochen. Und kaum war dieser Gilmor aufgetaucht, ließ er sie fallen. Sie ging durch die Straßen von Dol Banred, sie fühlte sich wie eine Dirne. Sie würde ihrem Vater und ihrer Mutter niemals wieder in die Augen schauen können. Sie ging ohne es zu merken in Richtung Wasser, vielleicht war das der Ausweg aus dieser Misere. Sie konnte so nicht mehr leben, nicht mit dieser Schande. Als menschliche Schlampe bezeichnet zu werden, alle würden über sie lachen, das könnte sie nicht ertragen. Es wäre besser so, keiner würde um sie weinen.
 

© Falcon An Cu
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