Die legendären Krieger von Rohan von Benedikt Julian Behnke
1. Teil: Der Herr der Winde / 1. Buch
Der Zerfall des Reiches - Vorwort

Gebrochen war die Macht, wie mit einem Schlag verbannt, und die kräftigen Sturmböen, die sich zu einem eisigen Keil zusammengekrampft hatten, trugen jetzt nur noch als laue Lüfte die Blätter des Herbstes durch die Gegend, raschelten im Laub, oder strichen sanft über grasige Wiesen und Auen. Die Sonnenaufgänge waren nun klar und schön und in den Herzen der Menschen keimte endlich Frieden auf, die großen Festen gerieten in Vergessenheit und die strengbewachten Grenzen verloren an Sicherheit; doch während dies alles geschah, hatte sich eine eisige Macht zurückgezogen, vergessen wart auch sie gewesen und tauchte sie wieder aus den düsteren Schichten ihres Jahrhunderte andauernden Schlafes, weckt etwas verborgen und verbotenes aus den tiefen Wäldern und erschafft den größten Schrecken der Neuzeit...
Es war zu der Zeit, nachdem der Herr der Winde verblasst war, verschwunden aus den Windungen der Stürme und der Luftzüge. Die Wellen auf dem Wasser kräuselten sich nur noch in den leblosen Bahnen eines Fremden. Nun war es Zeit eine neue Herrschaft anzutreten, eine Herrschaft der Kälte. Es war an der Zeit ein Reich aus Eis zu fertigen, die Natur gegen ihre Bewohner aufzuwiegeln und selbst den kleinsten Grashalm gegen das Leben zu stellen. Die tiefe Schwärze der Nacht war eingekehrt, ein neuer Mond erschaffen, der nun mit seinem silbernen Zwillingsbruder über den nächtlichen Sternenhimmel zog.
Die neuen Gestirne am Himmel erweckten tiefe Furcht und Unwissenheit in den Herzen der Lebenden und die lustigen Wahrsager und Gaukler verstummten, als sich die schattenhaften Umrisse von todbringenden Gestalten zeigten, allesamt hochgewachsen und mit langen, feinen Gliedern. Die neue Bedrohung war es, die sie stark machte, und ihnen neue Kräfte gab, die es ihnen erlaubte in jede nur erdenkliche Gestalt der Erde zu gleiten...
Wer hatte sich in den Tagen, da der Tod die Welt eisig geküsst, in seinen dunklen Turm zurückgezogen? Waren es die obsidianschwarzen Berge, die sich spiegelnd um ihn geschlossen hatten? Waren wirklich alle Muragechts, die Generäle des Bösen, in den Schatten der Vergangenheit versunken? Hatte die letzte große Schlacht das Böse von den großen Reichen von Rohan getilgt? Oder waren das alles nur Fantasien eines einzigen Wesens?
Muragechts waren mächtige Krieger, die unter dem Schutze des Allmächtigen standen und der, welcher einer dieser Teufelsgeneräle vernichtete, wurde selbst zu einem Höllenhund des Satans und durfte Tausende von Dämonen befehligen. Der Herr der Winde war allmächtig, eine Erahnung in der Luft, der mit der Welt sein Spiel spielte, wie mit einem Blatt, das vom Wind bewegt wird... 
Als der Herr der Winde diese Welt mit all seiner schwarzen Magie verließ, spross aus einem einzigen Korn der Magie jemand hervor, älter als die Zeit, doch jung und schön, verführerisch und dennoch... War es nicht sie, die im Hintergrund bei Muragecht gestanden hatte, die Eisfrau, untertänigste Dienerin des einen Generals? Konnte es sein, dass sie es war, welche die Welt in ein Reich aus tiefster Düsternis und Schnee verwandelt hatte?
Das Erbe war weitergegeben worden, hatte sich nicht im Rad der Zeit verfangen, war erhalten geblieben und entfaltete sich nun so, wie noch nie zuvor. Nun waren es die Kinder, die den Zerfall des Reiches als einzige aufhalten konnten, sie waren es, in denen noch die Magie ihrer Vorfahren schlummerte. Würden sie bereit sein sich gegen die ganze Welt aufzulehnen, einzig und allein das Ziel vor Augen, zu befreien, die Welt aus den Klauen des Todes zu retten?
Ja, sie werden es sein, die Söhne und Töchter der alten Magie, die legendären Krieger von Rohan...
Der Zerfall des Reiches - Prolog

Die Luft war kühl hier oben und der raue Granitfels fühlte sich kalt und hart unter meinen Füßen an. Immer und immer wieder, vernahm ich den Klang meines Namens, dumpf und hallend, ein vom Wind herbeigetragenes Geräusch in der Ferne. Vor mir lagen die Schatten eines saugenden Abgrundes, auf seltsame Weise verschmolzen mit Feuer und hell lodernden Flammen, deren beißender Schwefelgeruch mir selbst von dieser Höhe aus zu wider war, als er mir in die Nase stieg.
Das beunruhigende Grollen und Donnern von abbröckelndem Stein an den Rändern und Seiten der Schlucht weckte mich wie aus einem unsäglich langen Schlaf. Das Geröll kullerte donnernd in die heiß wirbelnde Lava und Spritzer roten Glühens stoben aus der kupferglänzenden Flüssigkeit hervor. 
Als ich den Blick hob, entdeckte ich dunkle Umrisse von  grotesken Wesen, die sich um die Schlucht versammelt hatten und von denen einige ausgebreitete Schwingen und sichelförmige Klauen besaßen. Doch war da noch etwas, etwas drohenderes, grausameres als all diese Schrecken zusammen, eine Burg, gehauen aus schwarzem Stein, die sich mitten auf einem Podest erhob, das Keilförmig aus dem glühenden Magma emporragte, schier unberührt von der dampfenden Flammensbrunst. Rauchschwaden stiegen wie dreckige Wolken aus den drohenden Feuern hervor und legten sich wie ein dichter, dunkler Nebel über die Senke. 
Das schwarze Schloss war mehr, als es auf den ersten Blick vermuten ließ, keine einfache Heimstätte eines heimtückischen Dämons - hatte aber tatsächlich auch etwas davon -, sondern viel eher ein Treffpunkt aller schwarzen Magie, ein steinernes Monument, das alle Energie und Kraft aus einem zu saugen schien und dort unerbittlich auf dem Fels thronte, die Zinnen, Wehrgänge und Türme wie barbarische Hörner in den tiefschwarzen Nachthimmel gestoßen, in dem selbst in so einer klaren Nacht kein Stern pulsierend leuchtete. Nur der Mond stand voll da, in blutrote Farben getaucht, kreisrund wie ein eingetrockneter einzelner Blutstropfen und mitten in sein mattes Licht wand sich der höchste Turm der düstren Behausung, krumm und verzerrt mit spitzen Giebeln und Schindeln, die in der Farbe des Lebenssafts schimmerten.
Jetzt änderte sich das Bild und ich erkannte das volle Ausmaß der Zerstörung, rettendes Licht war versiegt und überall war der Tod höchstpersönlich anwesend. Geschundene und verkohlte Leiber, zu verkrüppelten, mickrigen Wesen zusammengekauert lagen in großen Massen über den trüben Ebenen wie ein einziger, pechschwarzer Teppich und Blutrinnsäle quollen aus den verschiedenen Öffnungen der Lebewesen, und kein Leben regte sich in den purpurnen Flüssen...
"Stirb!", schrie eine Stimme in meinen Gedanken und ein dumpfes Lachen verflog im Wind, ein eisiger Schauer nach dem anderen jagte mir über den Rücken und bei jedem Aufschrei des dunklen Wesens erbebte meine angstbleiche Gestalt.
"Tod!"
"Verderben! Ha, ha, ha..."
Der Terror nahm abrupt sein Ende, als sich in einem weiteren verzerrten Bild, in dem es nur so von flackerndem Rot und hetzenden Schatten wimmelte, ein riesiger Komet mit flammendem Schweif auf eine unruhige Kulisse von verzweifelten Menschen und ruhigen Holzhäuschen zu bewegte. Er schien unglaublich real, so real... Ich konnte seine Hitze spüren und meine feinsten Härchen kräuselten sich in der wallenden Hitze von Feuern, sodass es mir den Schweiß auf die Stirn trieb.
In diesem Land ging gerade die Sonne unter und ihr Rot flackerte noch einmal hell und gleißend auf, bevor sie in den tiefsten Schatten, die man sich nur vorstellen konnte, verschwand und mit ihrem Verschwinden wendete sich alles der manifestierten Dunkelheit zu.
Mit einem ohrenbetäubendem Krachen und Echoen eines einzigen, gewaltigen Aufpralls weit, weit weg in der Nacht, explodierte die kurze Stille danach in ein Meer aus treibenden Flammen, die über den Himmel und den Boden rasten, alles in einer heillosen Druckwelle mit sich rissen und ein Leben nach dem anderen auslöschten...
 
© Benedikt Julian Behnke
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Und schon geht's weiter zum 1. Kapitel: "Das verlorene Bollwerk"

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