5.1 Victor, das Geld ruft
Während die Vier dieses Abenteuer durchstanden
haben, passierte in einem anderen Teil der Welt was anderes. Am Hofe von
Farek haben sich viele Söldner angesammelt, denn König Farek
hat über 25.000 Goldstücke auf den Kopf von Vorsay ausgesetzt.
Darunter ist ein wahrer Meister seines Fachs:
Victor von Grauerz, ehemaliger Ritter eines fernen Königreiches. Nachdem
dessen König dem Wahnsinn verfallen war, verließ Victor das
Land. Seitdem lebt er als Kämpfer für alles. Egal ob es eine
entführte Grafen-Tochter ist oder eine wilde Bestie. Wenn der Preis
stimmt, erledigt Victor den Job. Er ist ein Meister im Schwertkampf, kann
aber auch geschickt mit dem Bogen umgehen. Zu seiner Ausrüstung zählen
viele magische Teile, die ihn unter anderem auch vor Drachen schützen.
Diese Wesen starben, auch durch seine Hand, zu Hauf. Meistens sinnlos und
unschuldig angeklagt. Victor schert sich nicht um die Probleme anderer,
erst recht nicht, wenn man ihm einen Auftrag gibt. Um seine Opfer macht
er sich nie Gedanken. Über die Jahre ist er richtig eisig geworden.
Er hat einen kühlen Ausdruck, wirkt aber sonst nicht weiter negativ.
Im Hof von Fareks Festung sitzt Victor entspannt
auf einem Heuballen und starrt in den Nachthimmel, inmitten dutzender Söldner-Kollegen.
An diesem Abend, der Vollmond steht am Himmel, spricht Farek zu den 40
Söldnern: "Söldner von Zerran! Wie ihr wisst biete ich 25.000
Goldstücke für denjenigen, der mir Vorsay, den schrecklichen
Anführer der Drachen, bringt. Ob nun tot oder lebendig, NUR ich will
seinen Körper! Mir soll JEDES Mittel recht sein! NUR BRINGT MIR DIESEN
TEUFEL!"
Victor spricht leise zu sich selbst, als seine
"Kollegen" aufbrechen: "So, so! Der Drachenkönig... hm! Als ob Drachen
königlich sein könnten...! Es sind gewissenlose und lebensunwürdige
Monster! Es wird mir deshalb ein PERSÖHNLICHES Vergnügen sein...!"
Damit steht der Mann auf und geht zu seinem
Pferd und reitet los.
Der Grund, warum er Drachen so hasst, ist weil
er vor vielen Jahren seine geliebte Frau durch eben einen Drachen verlor.
Aber es war mehr eine Verkettung von Unglücken für den Drachen.
Leider stellte sich aber die Sache ziemlich eindeutig für Victor dar:
Seine Frau tot, blutüberströmt vor dem Maul des bewußtlosen
Drachens.
Die Geschichte, wie es zu diesem Unfall kam,
ist fast komsich, aber mit tragischem Ausgang. Als eben besagter Drache
auf einem Baum vor Victors Anwesen rasten wollte, ging Victors Frau spazieren.
Nachdem eine Biene den Drachen auf dem Baum geärgert hat, versuchte
der Drache diese auf die gewöhnliche Art zu verscheuchen. Dadurch
reizte er sie nur. Schließlich stach sie ihn in die Schnauze, eine
der verwundbareren Stellen eines Drachens. Der Schmerz lässt das Wesen
aufschreien und es verliert gleichzeitig das Gleichgewicht und fällt
vom Baum.
Dummerweise steht Victors Frau gerade dort.
Sie wird voll von dem Drachen erwischt. Wie man sieht: Ein tragischer Unfall!
Aber so wie sich die Endsituation darstellt, eindeutig für einen Ehemann,
der gerade seine Ehefrau verloren hat. Es war sonnenklar, dass Victor den
etwas tolpatschigen, aber dennoch UNschuldigen, Drachen tötete.
Heute erinnern Victor diese Bilder an seine
blinde Wut auf diese Wesen. Endlich hatte er die Gelegenheit, mit einem
Schlag ALLE Drachen auf Zerran zu besiegen. Wenn Vorsay tot ist, sind auch
die anderen verdammt, das weiss er.
Die Frage, wie man Vorsay lokalisiert, ist
für Victor einfach. Dank eines magischen Kompasses, was ihn direkt
zu der nähsten magischen Aura führt, kann Victor Drachen ausmachen.
Jeder dieser Wesen wird von so einem mystischen Feld umgeben. Daher auch
die magischen Fähigkeiten!
Zwar sind Fehler inklusive, aber mittlerweile
kann Victor professionell mit seinem Hilfsmittel arbeiten, so dass er die
"richtigen" Felder erkennt. Mit nur drei Fehlern, wo Victors Kompass von
anderen, stärkeren Quellen angezogen wurde, erreicht er die Ruine
der Stadt von Defan.
5.2 Vorsay in Gefahr! (Teil 1)
Jetzt spielt der Kompass völlig verrückt!
Aber das interessiert den Kopfgeldjäger nicht. Er observiert gebannt
die Stadtruine. Überall diese Wesen.
Aber dann erlebt Victor etwas, was er nie
erwartet hätte: Er sieht wie vier Menschenkinder mit zwei Drachenjungen
spielen und toben. Es ist eindeutig, dass es weder ein Kampf noch sonstwas
gewalttätiges ist! Victor meint sich zu versehen, aber es ist definitiv
das, was er sieht. Und die großen Drachen schauen, erheitert lächelnd,
zu. Und das ganz und gar nicht hinterlistig oder böse, so wie er es
gewohnt ist.
Während er das Geschehen weiter beobachtet,
tüftelt er an einer für sich logischen Erklärung. Was könnten
diese "Ungeheuer" mit den Kindern angestellt haben? Oder sind die armen
Kinder besessen??? Aber würde es dann SO aussehen? Jede halbwegs vernünftige
Erklärung scheitert im Ansatz. Aber es wäre doch die naheliegendste:
Sie sind Freunde!
Aber als die Vier - Karel, Takex, Reykahn und
Vorsay - von ihrem Abenteuer heimkehren, sind Victors Überlegungen
sowieso nichtig. Sofort erkennt er den Königsdrachen. Reykahn muss
sich von seiner Schwester eine lange Standpauke anhören. Von wegen,
was er sich dachte, und so. Takex versucht sie zu beruhigen. Reykahn entschuldigt
sich bei ihr. Jola kommt sogleich auf ihren Freund zu und fällt dem
kleinen Drachen um den Hals. Sie hat sich ebenfalls große Sorgen
gemacht.
Victor bekommt von diesem Tumult nichts mit,
denn er hat nur Augen für seinen 25.000-Goldstück-Drachen, Vorsay!
Lange wartet er auf den Abend. Wenn sein "Ziel" so schwer bewacht wird,
muss er mit List arbeiten. Ein Teil davon ist, sein Opfer im Schlaf zu
erwischen. Also macht Victor es sich in dem nahen Gebüsch bequem.
Gegen Abend kommt ein "Kollege", durch purem
Zufall, zu dieser Stadt. Dieser Söldner ist komplett schutzlos, aber
auch unheimlich dumm! Dadurch, dass er wie ein Irrer auf die Stadt zugeritten
kommt, erweckt er die Aufmerksamkeit der Wachen.
Zwar halten die sich bereit, aber greifen
nicht an. Wenn die Drachen eines gelernt haben, dann, dass sie Menschen
eine Chance geben müssen. Vorsay hat dies, sozusagen, "angeordnet".
Victor wird auf das Pferdegetrappel aufmerksam und schaut neugierig zu,
wie sein Kollege "aufspielt". Nachdem Victor sicher ist, dass dieser Söldner
wohl kaum das Geld streitig machen könnte, bleibt er ganz ruhig.
Zu den "Todeskandiaten" und den Wachen. Einer
der Wachen ist ein älterer (68 Jahre) Steppendrache und der andere
ist ein ausgewachsener (31 Jahre) Felsendrache. Neugierig, aber auch mit
einem abweisenden Unterton, fragt der Letztere: "Was ist Euer Begehr?"
Bis der Hampelmann erstmal von seinem Pferd
runtergekommen ist, dauert eine Weile. Die beiden Wachen kichern etwas,
als der Mensch leise fluchend im Steigbügel des Sattels hängenbleibt.
Als für den Mann dieses Problem gegessen
ist, stellt er sich stolz aber auch kampfbereit hin, und fordert die beiden,
inzwischen leise lachenden, Drachen auf, dass sie Vorsay ausrichten sollen,
dass er ihn hier erwartet. Victor schüttelt mitleidig den Kopf und
sagt leise: "So ein Dummkopf! Er würde nichteinmal gegen einen der
Wachen eine Minute bestehen, da will er offen mit dem Drachenkönig
kämpfen?! Er ist verrückt!"
Aber die beiden Wachen denken nicht im Traum
daran, auch nur einen Muskel, ausser den Lachmuskeln, zu bewegen. Der "Held"
wird ernster. Nachdem es aber langsam extrem beleidigend wird, was der
Typ da den beiden Drachen zuruft, werden die Wachen wütend. Der Steppendrache
ruft sauer zurück: "Jetzt hört' mir mal genau zu! Wir lassen
uns von so einem dahergelaufenen Ritter-Abklatsch nicht beleidigen! Verschwindet!
SOFORT!"
Der Mann entgegnet: "Wenn ihr mich nicht sofort
zu Vorsay bringt, muss ich mir den Weg freikämpfen!"
Der Felsendrache schaut zu seinem Kollegen
und fragt ihn erstaunt: "Was hat der Winzling gesagt? 'Kämpfen'? Der??
Gegen UNS???"
Der Steppendrache antwortet zu dem Söldner:
"Das ist doch hoffentlich ein schlechter Scherz! Ihr würdet, wenn
Ihr klar bei Verstand sein würdet, erkennen, dass ihr keine Chance
gegen zwei ausgewachsene Drachen habt!"
Der Söldner ruft zurück: "Genug
der Worte! Flieht oder sterbt!"
Damit zieht er Heini sein Breischwert und
fängt damit an, wie ein Bekloppter vor den beiden Drachen herumzufuchteln.
Die beiden Wachen sehen sich ratlos an. Karel, die auf das Geschrei aufmerksam
wurde, kommt zum Tor. Sie fragt die beiden Wachen: "Was ist denn hier los?"
Als sie den Schwerschwinger sieht, staunt
sie auch nicht schlecht. Wie im Wahn ächtzt der Söldner: "Ha!
Auch wenn ihr Verstärkung ruft, bin ich noch hundertmal besser als
ihr Höllenkreaturen."
Karel lässt sich von den Wachen aufklären,
was denn dieser Depp eigentlich will. Als sie herausfindet, dass er Vorsay
offensichtlich töten will, sieht sie den Menschen in einem ganz anderen
Licht. Bisher wollte sie ihn nur verscheuchen, falls er nicht selbstständig
gegangen wäre, aber nun ist das auf einem ganz anderen Niveau! Für
sie gilt: Wer Vorsay nur bedroht, wird getötet! Deshalb geht sie auf
den "Kampf" mit dem Knilch ein.
Victor beobactet das genau. Er denkt sich:
"Hmm... ein Trielm-Drache... die schützen immer den Drachenkönig...
das erschwert die Sache ungemein... wenn ich nur wüsste, ob dieser
der Einzige ist!"
Es ist kein Wunder, dass Karel den Mann bald
entwaffnet und an einen Baum gedrängt hat. Inzwischen hat es der andere
eingesehen, dass er nie eine reelle Chance hatte, doch zu spät! Karel
holt aus und packt, mit dem Maul, den Mann am Bauch und wirft ihn senkrecht
nach oben. Sie will ihn schlicht mit einem Blitzschlag zu Asche verbrennen.
Aber noch bevor sie den Blitzschlag ausspeiht,
ruft jemand: "Halt, Karel!" Sie bricht ab und schaut sich nach dem Sprecher
um. Vorsay tritt aus dem Tor. Die beiden Wachen verneigen sich ehrfürchtig.
Karel ist ziemlich überrascht. Reflexartig fängt sie den durch
die Luft segelnden Kerl wieder auf.
Vorsay fragt ernst und laut Karel: "Würdest
du mir erklären, was das soll? Du wolltest doch wohl nicht etwa diesen
Menschen töten, oder?"
Sie antwortet schlicht: "Doch, aber ich habe
meinen Grund, mein König! Er hatte vor, EUCH anzugreifen!"
Sie hält den Mensch, den sie in ihrer
Klaue gefangen hält, Vorsay vor. Der ist noch reichlich durcheinander.
Vorsay fragt den Kerl: "Ist dem so?"
Der stammelt meschugge: "I...i...i..."
Vorsay seufzt, wendet sich ab, spricht aber
im weggehen zu Karel: "Jetzt lass' ihn schon runter! Auch wenn er mir etwas
antun wollte, ist er jetzt kaum noch eine Gefahr!"
Karel erwidert laut: "Verzeiht, mein König,
aber ich vermute, dass das hier kein Held oder so ist, der das nur für
sein Land oder so tut! DAS ist bestimmt ein Kopfgeldjäger!"
Vorsay wendet sich nochmal Karel zu und fragt
sie bestimmt: "Und wie kommst du auf diese Idee?"
Karel hebt eine kleine Schrifftrolle auf,
die in der Wiese liegt. Der Söldner scheint sie vorhin, bei dem "Kampf"
mit Karel, verloren zu haben. Karel rollt sie auf und zeigt sie Vorsay
mit den begleitenden Worten: "Das hat der Kerl vorhin verloren. Es ist
eine Art Steckbrief!"
Auf dem Pergament steht:
"25.000 Goldstücke für den mutigen
Helden,
der den schrecklichen Königsdrachen Vorsay
erlegt.
König Farek von Felsenzinne"
Als Vorsay das laut verlesen hat, kommentiert
Karel: "Erneut eine menschliche Schwäche, auf die dieser Mann anspielt!"
Die Wachen wiederholen leise den Betrag. Vorsay
antwortet kichernd: "So, so! 25.000? Und ich dachte, nur ein Drachenhort
kann so einen Betrag enthalten... Ha ha ha!"
Komischerweise ist Vorsay der einzige, der
lacht. Karel spricht weiter: "Ich bin sicher, dass noch andere Söldner
und Kopfgeldjäger hinter Euch her sein werden!"
Vorsay hört auf zu lachen und ist wieder
todernst. Dann antwortet er zu Karel: "Da könntest du recht haben!
Karel, du bist mir verantwortlich, dass hier niemand rein oder raus kommt!
Zwar gilt die Regel, dass Menschen NICHT angegriffen werden, aber Zutritt
ist NUR mit meinem Einverständnis gestattet!"
Die drei anderen Drachen nicken gehorsam.
Vorsay verschwindet wieder in der Stadt und Victor kocht vor Wut! Da hat
ihm so ein Spinner die Tour vermasselt! Eben besagter Mann wankt, noch
leicht meschugge, davon. Als Genugtuung lauert Victor diesen Mann auf und
enthauptet ihn, aus Rache für dessen Dummheit. Als der tote Körper
vor Victors Füßen liegt und er selbst wütend schauft, kommt
ihm ein neuer Plan! Vorsay ist in großer Gefahr!
5.3 Vorsay in Gefahr! (Teil 2)
Tage später. Die Verteidigung steht wie
eine Eins. Zur Sicherheit hat sich Vorsay in einen geräumigen Keller-Komplex
einquartiert. Und vor dem einzigen Eingang haben sich die drei Leibwächter,
die Trielm-Drachen, postiert. Es ist unmöglich Vorsay zu erreichen.
In engen und regelmäßigen Abständen fliegen die Patrouillen
über der Stadt. Sie achten auf jede noch so kleine Ungereimtheit.
Aber wie lange soll dieser Extremzustand anhalten?
Schließlich kann Farek diesen Preis länger aufrecht erhalten,
als die Drachen ihre Alarm-Position. Denn diese Bereitschaft kostet viel
Kraft und Nerven. Aus diesem Grund überlegt sich Vorsay eine Lösung.
Obwohl er gerne der eigentlichen Mission nachgehen würde, muss er
aber erst dieses Problem lösen. Zwar gelten diese Söldner und
Kopfgeldjäger als nicht besonders stark, dafür aber als gerissen,
eiskalt und berechnend. Ironischerweise trifft dieselbe Beschreibung auf
die Drachen zu, wie sich die Menschen dieselben vorstellen.
Karel macht sich in dieser Zeit bei ihren Kameraden
besonders unbeliebt, weil sie die anderen auf eine nicht ganz sanfte Art
"voran" treibt. Dabei erledigt sie nur ihre Pflicht. Auch wenn Vorsay sie
ständig zurückpfeift, nimmt sie diese Aufgabe extrem ernst. Auch
die alten und heranwachsenden Drachen bleiben nicht verschont. Entsetzt
muss Reykahn miterleben, wie Minkate und Takex auf einmal zur Pflicht aufgerufen
werden. Seine Beschwerde trifft auf taube Ohren.
Zwar bedauert Vorsay diese Handlungen, aber
irgendwo ist es verständlich. Es gibt gerade 31 Drachen, die kämpfen
können. Und so stark wie momentan die Belastung ist, sind es noch
weit zu wenig.
Zudem ist die Versorgung mit Nahrung auch
nicht die beste. Die Gruppe der Drachen verfällt wieder in diesen
eisigen Zustand, wovon sie allein nicht rauskamen. Wieder geprägt
von einer Angst, die sie weder kennen noch erwarten können, und erneut
am Ende ihrer Kräfte. Aber diesmal könnte nichteinmal Reykahn
etwas unternehmen. Der Orden des Goldenen Sterns ist ausgelöscht!
Nun gibt es keine menschlichen Verbünteten mehr! Also wäre jede
Unternehmung ausserhalb der Stadt glatter Selbstmord.
Eines abends sucht Reykahn, halb verzweifelt,
Vorsay auf. Aber Karel, die den Eingang zu Vorsays Unerschlupf bewacht,
weigert sich, den Jung-Drachen passieren zu lassen. Sie sieht kein Recht,
warum er es verdient hätte König Vorsay zu sehen.
Unverrichteter Dinge wendet sich Reykahn ab.
Aber dann stoppt er und sagt leise: "...andererseits: Warum sollte ich
auf dich hören?"
Blitzschnell wendet sich Reykahn um und rennt
flink durch die Beine der großen Trielm-Drächin.
Sie ruft überrascht Reykahn hinterher:
"HEY! Bleib stehen, kleiner Wicht!"
So schnell kann es gehen! Erneut jagt Karel
den kleinen Reykahn. Aber Vorsay wird auf den Tumult aufmerksam. Als aus
seiner Kammer in den Unterirdischen Kellergang schaut, sieht er, wie Karel
sehr gewaltsam Reykahn aus dem Unterschlupf entfernt. Sie hat den Kleinen
am Genick gepackt und schleift ihn so wieder in Richtung Ausgang. Vorsay
ist ziemlich überrascht. Dass sie und Reykahn oft Ärger haben,
ist ihm wohlbekannt, weil Reykahn so der typische "junge Rebell" ist, was
oft mit der übermäßigen Korrektheit von Karel ins Gehege
kommt. Aber das jetzt ist übertrieben.
Vorsay fragt Karel irritiert: "Karel... was...was
soll das?"
Sie wendet sich zu Vorsay, verneigt sich und
antwortet: "Nun, ich 'entferne' nur diesen Eindringling!"
Reykahn röchelt, weil Karel ihn ziemlich
fest gefangen hält: "Stimmt nicht! Ich... ich wollte nur mit euch
sprechen...! Ehrlich!"
Karel schimpft laut zu Reykahn: "Wirst du
wohl in Gegenwart deines Königs deine vorlaute Klappe halten?!"
Vorsay spricht ernst zu Karel: "Erstens bin
ich nicht nur SEIN sondern auch DEIN König, Karel, zweitens, wenn
mich jemand aus unserem Volke sehen will, sehe ich keinen Grund, diese
Bitte abzuweisen. Erst recht nicht, denjenigen SO zu behandeln!"
Der Drachenkönig hebt seine Stimme und
ruft sauer und entrüstet: "KAREL! Das ist noch ein Kind! Würdest
du auch so mit deinen eigenen Kindern umgehen?!"
Zaghaft lässt sie Reykahn los. Der muss
erstmal tief Luft holen und geht mehrere Schritte fort von Karel. Sie spricht
gehorsam zu Vorsay, aber mit eisigem Blick zu Reykahn: "Wie Ihr wünscht,
mein König!"
Damit geht sie wieder nach draußen.
Vorsay spricht besorgt zu Reykahn: "Ich hoffe, sie war nicht zu grob!"
Reykahn antwortet, halbwegs zufrieden: "Mittlerweile
bin ich es gewohnt..."
Vorsay fragt den Kleinen: "Also, weswegen
wolltest du mich sprechen?"
Reykahn überlegt kurz wie er den Satz
formulieren soll und spricht dann: "Ich wollte fragen, wie lange Ihr diese
Abwehrhaltung aufrecht erhalten wollt. Großvater und Minkate tun
mir so leid."
Vorsay entgegnet traurig: "Ich verstehe deine
Sorge, und ich wünschte, ich könnte etwas daran ändern,
aber leider bin ich dazu gezwungen. Wie du bemerkt hast, stehen wir erneut
allein da. Ich wünschte, es wäre anders, aber leider sind starke
und böse Mächte hinter unserem Volk und mir her. Aber glaube
mir: Ich versuche eine Lösung zu finden."
Reykahn fragt den Drachenkönig: "Sind
wir wirklich allein? ... Das kann ich nicht glauben! Jetzt, nachdem wir
soviel erreicht haben? Sollten wir nicht dann wirklich versuchen...?"
Vorsay schüttelt langsam den Kopf. Reykahn
gibt ein enttäuschtes "Oh...!" von sich, dann schleppt sich Reykahn,
traurig, in Richtung Ausgang.
5.4 Vorsay in Gefahr! (Teil 3)
Da sprintet ein aufgeregter Höhlendrache,
der eigentlich draußen am Tor Wache halten sollte, an Reykahn vorbei.
Er überrennt den Kleinen wortwörtlich. Der Drache ruft schnaufend
zu den überraschten Vorsay: "Vor'm Tor ist... ein Mensch... er scheint
verletzt zu sein!"
Vorsay entgegnet: "Am Tor? HIER?! Das will
ich sehen!"
Reykahn schaut den beiden hinterher, wie sie
in Richtung Tor gehen. Vorsay wird sofort von Karel und einem von Karels
Gattungs-Kollegen begleitet.
Kurze Zeit später entschließt sich
Reykahn selbst die Sache anzuschauen. Heimlich schleicht er zum Tor, klettert
auf einen Baum und späht über die Mauer. Tatsächlich! Da
liegt jemand!
Vorsay flattert auf die Mauer, gefolgt von
Karel und dem anderen Trielm-Drachen. Es sieht merkwürdig aus. Es
riecht deutlich nach einer Falle. Dennoch: Was ist, wenn es keine ist?
DAS wäre DIE Gelegenheit, der Menschheit zu beweisen, dass Drachen
keine blutrünstigen Ungeheuer sind. Vorsay schickt einen noch relativ
jungen Steppendrachen runter, damit dieser herausfindet, was da los ist.
Der gleitet vorsichtig runter, umkreist den Menschen einige male in der
Luft und landet schließlich vor ihm.
Der Mann liegt mit dem Gesicht zu Boden. Man
kann also nicht feststellen, ob er lebt. Gerade will der Drache prüfen,
ob das eben der Fall ist, da regt sich was. Mit einem Husten hebt der Mann
seinen Kopf.
Was eben keiner ahnt ist, dass dieser Kerl
niemand anderes als Victor von Grauerz ist! DAS ist sein Plan! Er hat sich
mit einem Kaufmann unterhalten, der früher einer der wenigen war,
der mit den Leuten in dieser Stadt gehandelt hat, und so auch von der Freundlichkeit
und Mildherzigkeit dieser Wesen erfahren hat. Der restliche Plan ist wohl
klar!
Träge schaut er sich um, aber als er
den Drachen sieht, erschrickt er. So lässt er es zumindest scheinen.
Mit zittriger Stimme ruft er: "B...bitte tu' mir nichts... Hab' Gnade!"
Der Drache antwortet ruhig: "Keine Furcht!
Ich werde dir nichts antun!" Der Steppendrache schaut zu Vorsay auf die
Mauer, der das ganze beobachtet. Als der "arme und halb-tote" Mensch gaukelt
er perfekt den Drachen diese Geschichte vor.
Jetzt muss Vorsay eine Entscheidung treffen:
Helfen, ja oder nein? Es KÖNNTE eine Falle sein! Das zumindest meint
Karel kritisch. Sie glaubt nicht, dass dieser Mann Hilfe braucht, auch
wenn es so wäre, würde sie ihn eiskalt ignorieren.
Reykahn widerum empfindet Mitleid mit dem
vermeindlich armen Kerl.
Schlussendlich ringt sich der Drachenkönig
dazu durch, dem "Verletzten" Hilfe zu gewähren. Karel erhebt schärfsten
Protest.
Der Steppendrache, draussen, hilft dem Mann
in die Stadt. Damit legt sich Vorsay selbst ein Kuckucks-Ei ins Nest! Es
läuft genau nach Victors Plan: Er ist in der Stadt, die Wachen sind
darauf aus, einen Feind AUSSERHALB der Stadt zu suchen, den sie aber kaum
finden werden, und Vorsay ist zum Greifen nahe! Einzig und allein Karel
behält ihn in den Augen. Sie traut dem Menschen nicht. Diesmal zu
recht!
Um die Verletzungen anzudeuten, hat sich Victor
das Blut eines toten Tiers über seinen Körper verteilt. Karel
begleitet den Steppendrachen, der Victor in ein Haus bringt, wo er sich
erholen soll. Vorsay und die Walddrachen sind die einzigen Drachen, die
Heilkräfte besitzen. Zumindest kann Karel Vorsay die Idee ausreden,
selbst die Verletzungen des Menschen zu heilen. Der Mann würde es
noch sicher überleben, bis der erste Walddrache mit dessen Patrouille
fertig ist.
Karel bewacht das Haus. Reykahn schleicht sich
von hinten an das Haus, weil er sich eben Sorgen macht, aber vielmehr,
weil er neugierig ist, wer das ist. Aber was der da durchs Fenster sieht,
lässt ihn erstaunen: Da steht der Mann, quiklebendig! Aber nicht nur
das! Der Typ entledigt sich seines tarnenden Umhangs und bereitet seine
Waffen vor.
Reykahn stockt der Atem. Wie konnte er sich
nur SO irren? Dann geht Victor aus Reykahns Sichtbereich. Neugierig lehnt
sich der kleine Drache weiter durch das Fenster ins Zimmer. Victor ist
weg! Aber auf einmal wird Reykahn am Hals und an der Schnauze gepackt und
ins Zimmer gezogen. Victor hat ihn bemerkt! Sofort hält er einen Dolch
an die Kehle von Reykahn, während er mit der anderen Hand ihn weiter
an der Schnauze feshält und seinen linken Fuß auf dem Rücken
zwischen den Flügeln stemmt. Victor spricht sauer zu dem kleinen Wesen:
"Hab' ich doch's gewußt! Du kleiner Wicht, hast mich ausspioniert!"
Reykahn hat Mühe einen verständlichen
Laut rauszubringen, deshalb klingt es so: "W..r se...d Ih..r?" (Im Klartext:
"Wer seid Ihr?")
Victor antwortet: "Das geht dich nichts an!
Aber ein Laut, und du bist tot!"
Victor holt ein Seil raus und fesselt Reykahn
an Maul, Vorder- und Hinterbeinen. Dann wirft er ihn in einen kleinen finsteren
Raum des Hauses. Darauf späht Victor aus einem Fenster nahe der Eingangstür.
Karel liegt knapp vor der Tür und hat einen finsteren Gesichtsausdruck.
Victor denkt sich: "Wenn ich DEN überlisten
kann, habe ich es geschafft. Nur dieser Trielm-Drache scheint meinen Trick
zu durchschauen! Wie kann ich...?" Dann kommt ihm ein Einfall! Erneut muss
der Elite-Kopfgeldjäger tief in seine Trickkiste greifen. Der junge
Spion kommt Victor gerade recht, weil Victor erneut einen bösen Plan
ausgeheckt hat.
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