Das Schicksal Lyvniens von Dragon Whelp |
Kapitel 2: Rettung |
Es war still. In der Ferne tschilpten die ersten Vögel und langsam graute der Morgen. Er zog sich ein frisches Hemd an, dann ging er hinunter zum Fluss. Das kalte Wasser tat gut. Zufrieden blickte er sich um. Doch was war das? Etwas Großes hatte sich an einem im Fluss liegenden Baumstamm und in dessen Ästen verfangen. Ein Mädchen! Schnell watete er zu ihr hin, befreite sie von ihren pflanzlichen Fesseln und brachte sie an Land. Sie trug ein Gewand aus Lumpen und ihre Haut war eiskalt. Aber sie lebte. Wie lange mochte sie schon im Fluss gelegen haben? Er wickelte sie in seinen Umhang, entfernte aber vorher den Fetzen, der anscheinend Kleidung darstellen sollte. Dabei bemerkte er, dass sie tausend kleiner Schnitte hatte. Diese Wunden waren jedoch nicht gefährlich. Ihre Unterkühlung machte ihm viel mehr Sorgen. Er schürte gleich mehrere kleine Feuer und legte sie in die Mitte dieses Feuerkreises. Die Wärme würde hoffentlich bald in ihren Körper zurückkehren. Er machte sich auf die Suche nach mehr Feuerholz. Nach dem Stand der Sonne war es schon weit
nach Mittag. Sie war noch immer nicht erwacht. Die ganze Zeit war er in
der Nähe geblieben und hatte sich darum gekümmert, dass die Feuer
nicht ausgingen. Mehrmals musste er neues Holz suchen gehen. Zwei Tage
waren vergangen, seit er das Mädchen gefunden hatte und so lange er
nicht wusste, wie es um sie stand, war ein Weiterreiten unmöglich.
Seine Heimatstadt war nur einen Tagesritt entfernt, dennoch schien sie
endlos weit weg. Seine Frau würde bestimmt schon warten...
Ihr Retter hatte ein nicht unfreundliches Gesicht.
Sein dichter Bart war etwas dunkler braun, als sein Haupthaar. Er mochte
um die vierzig sein. Seine Augen blickten sie besorgt an und dann gab er
ihr einen Krug Wein vermischt mit Wasser. Sie lächelte ihn dankbar
an. Doch als sie sprechen wollte, kam nur ein Krächzen aus ihrem Mund.
"Keine Sorge, das wird schon wieder", beruhigte er sie. Sie nickte. Ihr
Kopf schmerzte, sie war unendlich müde. Die Augen fielen ihr zu und
sie schlief bis zum nächsten Tag durch.
Er sah ihr eine Weile beim Essen zu und als
sie schließlich nicht mehr ganz so schnell das Gericht verschlang,
fragte er endlich nach ihrem Namen. Sie blickte ihn verwirrt an.
Sie begann in stummem Entsetzen zu zittern. Das konnte nicht sein! Und er hatte doch so freundlich gewirkt! Endlich begannen ihr die Tränen über die Wangen zu laufen. Funkelnd wie Perlen rannen sie hinab und befleckten den Boden. Sie musste schlucken. "Sie werden mich umbringen! Bitte, bringen Sie mich nicht zurück, Sir! Man wird mich töten." Diese Offenbarung schockte ihn. Er kannte genug
Geschichten von grausamen Herren, die ihre Sklaven für jeden noch
so winzigen Fehler hart bestraften, aber noch niemals von solchen, die
sie dafür töteten. Welcher Herr würde seine Arbeiter, für
die er jede Menge gezahlt haben musste, einfach umbringen? Noch dazu ein
so junges Mädchen? Letztendlich waren diese Herren doch nur
auf Profit aus. Etwas stimmte nicht. "Sie werden dich doch nicht umbringen,
nur weil du geflohen bist!" "Es macht keinen Unterschied. Ob ich da geblieben
wäre, oder nicht, sie bringen mich um, wenn sie mich finden. Mich
zurückzubringen wäre mein Todesurteil." Sie sah ihm in die Augen.
Riesige braune Augen hatte sie und langes schwarzes Haar. Das Mädchen
konnte nicht älter als fünfzehn sein. Er musste nachdenken und
während er das tat, zog er sein Wams und darüber das Kettenhemd
an. Als letztes warf er sich seinen blauen Umhang über. Er trug nun
die komplette Uniform eines Sekuris.
Immer noch zitternd sah sie ihm zu. Wie wird
er sich entscheiden? Er hatte noch nichts weiteres gesagt. Da bemerkte
sie es. Ihre Augen weiteten sich vor Entsetzen. Das konnte doch nicht sein!
Die Stickerei auf seinem Ärmel kannte sie. Gehörte er etwa dazu?
"Mein Name ist Sir Gregor Athal. Ich bin Erster
Sekuri des Königs. Ich nehme dich mit in mein Haus. Komm, steig auf."
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Und schon geht es weiter zum
3. Kapitel: Im Hause Athal
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