Tagebuch einer Malkavianerin von Clara Wiesenbach |
1: Im Zug nach Frankfurt (1881) |
Völlig verstört und am ganzen Körper zitternd finde ich mich in einem komplett abgedunkelten Zugabteil wieder. Ich fühle, dass ich zugedeckt bin, doch da meine Augen sich noch nicht an diese absolute Finsternis gewöhnt haben, bin ich völlig blind, was meine Panik nur weiter steigert. Durch die Wogen der Panik, die in meinem Körper aufsteigen, höre ich immer wieder leise abgehackt eine Stimme, die auf mich einredet: "Beruhige dich mein Kind, beruhige dich... auch wenn du mir jetzt nicht glauben kannst, ich hab dir einen Gefallen getan..." Irgendwann kann ich diese mysteriöse Stimme endlich identifizieren, es ist Conrad, der dort auf mich einredet und versucht, mich zu beruhigen... dann kommt die Erinnerung zurück, was er mir angetan hat, und ich schreie und flehe ihn an, mich zu meiner Familie zurückkehren zu lassen, doch seine Stimme ist diesmal hart als er antwortet: "Nein, Clara, nein. Das geht nicht mehr. Liebes, du wirst deine Familie nie wieder sehen... mein Kind, ich bin jetzt deine Familie, ich werde dir alles zu gegebener Zeit erklären, doch ich bitte dich, beruhige dich nun." Er umarmt mich, und zum ersten Mal fällt mir auf, dass seine Haut unnatürlich kalt ist... kalt wie die Haut eines Toten. "Conrad, du, du bist so kalt? Warum bist du so kalt... du machst mir Angst." "Das liegt daran, dass ich tot bin, mein Kind. Genau wie du." Bei diesen Worten streichelt er mir durchs Haar, während ich ihn nur ungläubig anstarren kann. "Du willst mir sagen, du wärst tot? Aber Conrad, das kann doch nicht sein... du läufst, du sprichst, du, du kannst doch nicht tot sein, das ist unmöglich..." Seine Stimme wird wieder weich: "Clara, mein Kind, ich erkläre es dir später, doch nun musst du schlafen, wir haben noch einen langen Weg vor uns, bevor wir unser Ziel erreichen. Ich wecke dich, wenn wir in Frankfurt ankommen." Er will aufstehen, doch das lasse ich nicht zu, ich klammere mich an seinen Arm. "Bitte, Conrad, lass mich nun nicht allein, das ertrage ich nicht, bleib bei mir. Ich habe noch so viele Fragen. Warum sind wir hier, wo sind wir hier...?" Meine Stimme erstirbt als ich wieder in tiefe Hysterie versinke. Nach einer Weile seufzt er :"Na gut, Liebes,
ich erkläre es dir jetzt, wenn du mir versprichst, dich zu beruhigen."
"Clara, schau mich an!"
Er krault mir während er weiter spricht
durchs Haar. "Hör mir genau zu, mein Liebes. Wir sind Kainskinder,
das Blut, das du von mir bekamst, weckte auch in dir den Hunger auf Blut.
Das ist der Nachteil unseres Verdammten Lebens, doch auf der anderen Seite
werden wir ewig jung bleiben. Sag, meine Liebste, für wie alt hältst
du mich?"
© Clara
Wiesenbach
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