NIDADIN von Marcel Möller
Eine Geschichte zwischen zwei Völkern
Prolog

Grünes Licht durchflutete den Raum. Wände, Decken, die gesamte pompöse Inneneinrichtung, alles wurde in diesen unheilschwangeren Schein getaucht, zu einer starren, steifen Formation gezwungen, geometrisch perfekt. Eine Gestalt hockte auf einem der zahlreichen Sessel, von der dunklen Seite abgewandt, in der sich das Licht verlor und die Herrschaft an die Schatten übergeben musste. Mit gekrümmten Fingern, die auf einer Tafel von Symbolen herumhämmerten, saß er da. Mit einer Hand fuhr er über die Tafel, als zur gleichen Zeit unter einem seiner Finger ein Symbol erschien, einem Kreuz nicht unähnlich, welches der Bewegung  kontinuierlich folgte. Mitten im Raum veränderte die Quelle des anfangs grünen Lichtes ihre Form. Aus einer fernen Galaxie formte sich übergangslos ein Sonnensystem, nur um Sekunden später einen Planeten daraus entstehen zu lassen. Das Bild, ein Raum im Raum, fokusierte den Planeten, zoomte so lange an ihn heran, bis dieser bildhafte "Einschnitt in der Realität" wenige Kilometer über der, wie bei einem Gasgiganten, schnell rotierenden Atmosphäre stehen blieb. Die Wolken dieser Atmosphäre rasten in einer irrsinnigen Geschwindigkeit über den Planeten hinweg. Pechschwarz war dieses Abendkleid, das für Außenstehende einen schrecken, erregenden Anblick bot. Plötzlich, ein gleißendes Licht unterbrach das Schauspiel der dahin ziehenden, von Stürmen und atmosphärischen Höhenwinden gebeutelten Strom von Wolkenmassen. Ein glänzendes für die Untersuchung von Planeten konstruiertes Gefährt, angetrieben von dem Feuerschweif, den es hinter sich herzog, bahnte sich den Weg. Es tauchte in die Bewegung der widersprüchlichen Winde und Strömungen ein und verschwand.
"Verdammter Mist!", wetterte die Gestalt und ließ einen Schwall von Beschimpfungen und Flüchen in Richtung des Bildes los, das in der Zwischenzeit die Sequenz schon zweimal wiederholt hatte. Seine Tafel zeigte, grünen Lichtschein ausstrahlend, die Umrisse des interplanetaren Gefährtes und wie dieses von den Kräften des Planeten regelrecht zerfetzt wurde. "Es schien doch alles glatt zu gehen und nun das! Das sieht nicht so aus als würde man eine Sonde auf einem unbewohnten Planeten schicken, sondern ein Metallstück auf einen angeschalteten Schleifbock pressen." Ein neuer Schlag auf die Konferenztafel ließ die dreidimensionale Darstellung des Planeten wanken und für kurze Zeit mit Wellen durchziehen. Das gleichmäßige Licht, das nun durch das Abbild des Planeten erzeugt wurde, schwankte ebenfalls durch den Raum, verlieh der Marmorstatue des Adlers mit ausgebreiteten Schwingen, der einen Planeten in den Klauen hielt, einen Hauch von Bewegung, bevor es sich abermals im Raum verlor. Nun begann die Gestalt unruhig hin und her laufend, die Ausmaße ihrer vergangen Tat abzuschätzen. "Hätte.., hätte ich die Sonde doch nur paar Minuten später auf den verfluchten Planeten angesetzt! Nach dem offiziellen Befehl, dann hätte deren Schicksal in den Händen der Planet Research Company gelegen." Diese Gesellschaft war ein Kollektiv, welches es sich zur Aufgabe machte, den Weltraum zu erforschen und neue Planetensysteme zu entdecken. "Jetzt muss ich für den Verlust von wertvollen Forschungsgeräten gerade stehen. Dabei hat doch die PRC Milliarden von den Dingern. Sicher hängt in deren Zentrale eine riesige Schalttafel wie sie für die Punktanzeige von Antigrav-Ballspielen verwendet wird, die die Anzahl von Sonden herunterzählt." Ein Lächeln stahl sich auf seine Gesichtszüge, das so schnell verschwand wie es gekommen war, als er daran dachte wie sich auf einer anderen Tafel die Anzahl von Scouts um eins verminderte. "Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass der Vorstand die Bestrafung unangemessen hoch ansetzen wird, wenn ich die letzten Untersuchungsergebnisse der Sonde, vor ihrer Zerstörung vorlegen werde." Deshalb war er ja auch hier. "Man hat mir sogar den Konferenzraum zugewiesen um die Präsentation so perfekt wie möglich auszuarbeiten. Wie immer unter Aufsicht."
Im Schattenbereich des Raumes nahm er eine flüchtige Bewegung war. "Sicherheitspersonal..., ich hasse es.", murmelte er, machte sich weiter an die Arbeit.
Einer der Leute trat in den Lichtschein... (wahrscheinlich der Anführer des ganzen Trupps). "Warum benutzen sie nicht dies hier?" In einer Hand hielt er ein zellebrales Übertragungsgerät.
Der Scout hielt einen Finger in Richtung Schläfe. Aber nicht um zu zeigen, dass der Gesprächspartner nicht zurechnungsfähig ist, sondern dass er selber nicht über diese Schnittstelle verfügt. "Ich hasse diese Dinger,  sie machen den Menschen zu einer kontrollierbaren Maschine. Das ist natürlich Blödsinn," dachte er bei sich, "aber die Operation, die vor der Benutzung solch eines Ding vorausgeht, birgt mir zu viele Gefahren."
Der leitende Sicherheitsbeamte der PRC-Station zuckte unschlüssig die Schultern. "Ich habe eine Mail von der Führung der Station bekommen, dass sie sich gefälligst für die Konferenz fertigmachen sollen." Im zackigen Militärschritt schwang er herum, um im Dunkel des Raumes zu verschwinden.
"Eine halbe Stunde habe ich Zeit, um die Daten zu checken. Das müsste reichen." Er suchte in seiner Datenbank die Dateien über den Planeten GARSYS 4654a ADIN. Der Name des Planeten war eigentlich nur Adin, aber die PRC quetschte noch ein Stück des Quadrantennamens, GAR(los) und eine Registrierungsnummer davor. Das machte sie bei jedem Planeten so, warum auch immer. Schnell lud er sich verschiedene Abbildungen in einen Holoprojektor. Eine zeigte Adin am Tag -, ein anderes im Nachtzustand, wieder ein anderes das gesamte Planetensystem mit den 2 Sonnen und der Umlaufbahn des Planeten. Dokumentiert wurden diese von seiner eigene Stimme, da er in der Regel ein Mensch war, der nicht viel von Rhetorik und Händeschütteln hielt und schlecht schwierige Sachverhalte vor einer Generalversammlung darstellen konnte. So lauschte er seiner eigenen Stimme, um sich die Angst vor der Zukunft verändernden Zusammenkunft zu nehmen.
"...Der Planet GARSYS 4654a ADIN ist einer der ungewöhnlichsten Körper im Garlos-Sonnensystem. Bei einem bestimmten Einfallswinkel der zwei Sonnen findet eine umfassende chemische Reaktion in der obersten Schicht des Planeten statt. Aus einer schwarzen Substanz, dessen Zusammensetzung für die Sonde und die Wissenschaftler zur Zeit unbekannt ist, bildet sich eine neue oberste Schicht, die geballte Ladungen von Lichtwellen und Wärme dem Planeten entgegenschickt. Die Wärmeausstrahlung im Zustand zwo an der Oberfläche des Planeten entspricht dem der Sonne von der Erde an einen normalen Sommertag in der gemäßigten Zone. Dies trifft ebenfalls für Zustand Nr. 1 zu, nur das hier die Wärmeerzeugung der einer Sommernacht auf der Erde in der gemäßigten Zone entsprechen. Lichtwellen werden nicht ausgesendet. Nach ungefähr 13 Stunden wechseln die Zustände. So dauert dort 1 Sonnentag ca. 26 Stunden, zwei mehr als auf der Erde. Wie schon gesagt, die chem. Reaktion ist umfassend, also gibt es keine Tag-Nacht Unterschiede zwischen Nord- und Südhalbkugel. Die Turbulenzen in der obersten Schicht rühren von der Reibung zwischen der untersten primären Atmosphärenschicht (die ebenfalls der Zusammensetzung der von der Erde entspricht und 1% mehr Stickstoff aufweist) und der obersten, schon beschrieben Atmosphärenschicht. Für normale Raumgefährte unpassierbar." Der Hologrammprojektor zeigte ein explodierendes Abbild der Sonde. "In bestimmten Abständen reißen diese Turbulenzen Löcher in die erste primäre Atmosphärenschicht die den Sensoren ermöglichen für kurze Zeit die Oberfläche von GARSYS 4654a ADIN zu scannen. Dabei wurde pflanzliches Leben festgestellt. Leider sind sie zu instabil um Raumschiffe durchzuschicken..."
Er unterbrach seine Selbstpräsentation, als das Raumlicht auf normale Stärke erhöht wurde und ihn blendete. Im Eingangsbereich des Konferenzraumes sah er einige Umrisse von Gestalten, (wahrscheinlich die Führung). Mit einer Tastenkombination schickte er die Daten, die seine Sonde empfangen hat an seinen Freund, von allen >Der Forscher< genannt. "Ich hoffe der hat Zugangsberechtigung für diese Daten, sonst handle ich mir noch ein sehr unangenehmes Disziplinarverfahren wegen fahrlässigen Umgangs mit nicht freigegebenen Informationen ein. Es wird schon nichts deswegen passieren", redete er sich ein. "Ich habe alles mit meinen Vorgesetzten abgesprochen. Doch die Firma ist groß und ihre Wege oft unergründlich."
Währenddessen nahmen alle Personen auf ihren Sesseln Platz...

In einer Entfernung, die ein PRC-Sprungschiff nicht in einem Monat schaffen könnte, öffnete ein von Natur aus graues Fell tragendes Wesen die kleinen lichtempfindlichen Augen und rieb sie mit seinen mächtigen Pranken, die in spitzen Krallen endeten. "Verrückter Traum..."
 

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Und schon geht's zum 1. Kapitel: Der Forscher
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Denkt bitte daran: auch diese Geschichte nimmt am Drachentaler-Wettbewerb teil.
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