NIDADIN von Marcel Möller
Eine Geschichte zwischen zwei Völkern
Die Nicht-Loyalen

Als ich wieder zu mir kam, befand ich mich in einem großen Raum, gefüllt mit allen möglichen Geräten. Hier und da blinkten Lichter, aber ich konnte nicht genau erkennen, wo ich war . Noch völlig verschwommen sah ich einige Leute, die sich fröhlich unterhielten. Ich hatte schreckliche Kopfschmerzen und konnte die Augen kaum öffnen. Plötzlich hörte ich eine Stimme, die durch den Raum hallte:
"Er kommt wieder zu sich. Endlich."
Ich war noch zu benommen um mich zu bewegen, also nahmen mich zwei Personen an den Armen und stützten mich, während ich mit aller Mühe versuchte, mich aufzurichten. Als ich es endlich geschafft hatte, wurde mir wieder klar vor Augen und ich sah in die Gesichter der Besatzung von Omega 4.
"Hallo Scherald, du Langschläfer."
Diese Stimme erkannte ich sogar ohne die Person zu sehen. "Flint, mein Gott bin ich froh dich zu sehen. Was ist mit mir geschehen?"
"Du hattest eenen Unfall. Eenige Zeit worst du ohnmächtig, kannst wahrscheenlich keene großen Menschenmengen vertragen. Du hast eene schwere Kopfverletzung abbekommen. Wir hamm dich mit off das Shuttle Delonga genommen. Zum Glück war Dr. Manrow an Bord. Du bist in einem komaartichen Zustand gefallen, aber er sachte es wäre nischt Ernstes. Die medizinischen Helfer off der Station musste diese aach verlassen, deshalb konnte mer dich net dort lassen."
Oh Mann, ich muss mehrere Stunden in der Dunkelheit verbracht haben, das hätte bös‘ enden können. Doch daran dachte ich lieber nicht, etwas Wichtigeres interessierte mich jetzt: "Wo ist der Doktor jetzt? Ich würde ihn gerne was fragen.", sagte ich zu meinem Cousin.
"Der schläft jetze tief und fest. Du hast ihn ganz scheene off Trab gehalten."
Dann würde ich eben warten, bis er aufwacht. Ich erholte mich erstaunlich schnell, selbst Flint war verwundert.
"Wie lange sind wir schon unterwegs.", fragte ich ihn neugierig.
"Unjefähr 14 Stunden, der Weg zum Kommandostützpunkt is lang, hoffentlich warten die Doofköppe dort auf uns. Die Raumgleiter der Stationen im Omega-Komplex sind nicht gerade de besten. Nur de ach so wichtigen PRC-Alphastationen entlang der Grenze bekommen de neuen Sprungschiffe, die mit Überlichtgeschwindigkeet durch das All sausen. Wir fliechen mit eenen veraltetem Raketenantrieb, da könne die nicht glaaben, dass wir mal schnell von einem Quadranten zur Grenze des Anderen fliechen könne."
Ich verstand Flints Aufregung. Die Meldung, dass es eine wichtige Besprechung gab, konnte nicht so dringend sein, wie die PRC behauptete. Ich kannte sie und wusste, dass sie dringende Meldungen immer verfrüht aussendete. Die Forschungsgesellschaft wollte eben, dass auch die Mitglieder, die auf den Raumstationen am anderen Ende des Quadranten stationiert waren, pünktlich ankamen. Die Omega-4 Station war nun mal so eine und deshalb würden wir mit die Letzten sein, die am Kommandostützpunkt ankommen. Unser Shuttle war wirklich so, wie Flint es beschrieb: Langsam und primitiv ausgestattet. Dennoch war es größer, als es von außen den Anschein hatte und ungefähr 30 PRC-Mitglieder, einschließlich mir waren an Bord. Flint hatte anscheinend keine Zeit mehr, nach Epsilon 2 zurückzukehren, deshalb flog er wohl mit uns mit.
Nach ein paar Stunden, in denen ich mich mit meinen Aufzeichnungen beschäftigte, die Flint freundlicherweise mitnahm, atmete der Pilot erleichtert auf und sagte erfreut: "Hey Jungs, wir sind endlich da! Und wir haben auch schon Landeerlaubnis, unsere Kollegen in den anderen Shuttles auch. Scheint so, als ob alles in Ordnung wäre."
Flint machte einen zufriedenen Gesichtsausdruck: "Ach scheene, endlich sind wir da."
Im Shuttle ging ein wildes Gerenne los. Einige holten ihre Arbeitsklamotten raus, die sie während des Fluges durch bequemere Freizeitkleidung ersetzt hatten. Andere schnappten sich schnell ihre Forschungsunterlagen und Datenpads die überall im Schiff verteilt waren. Ich nahm in aller Ruhe meine Aufzeichnungen mit und wartete mit den Anderen. Nach erfolgreichem Landemanöver auf Rampe 3 des Kommandopostens konnte ich es kaum erwarten, aus dem Shuttle rauszukommen. Das erste was ich sah, war der Adler, ein Symbol, das überall da ist, wo die PRC ihre Finger im Spiel hat. Dieser Adler umklammerte einen Planeten und hob seinen Kopf voller Stolz in die Höhe. Ich hatte Hunger wie ein Wolf, konnte nun aber nicht zur Kantine rennen, wir wurden ja noch nicht empfangen und darauf musste ich leider warten. Aus den hinteren Reihen stolzierten Personen in PRC-Standarduniform. Sie arbeiteten wahrscheinlich in direkter Verbindung mit der Company. Das Schott öffnete sich langsam. Endlich kam der Commander der Station zu uns, gefolgt von zwei ranghöheren Offizieren der Security-Army. Es war ein, schon etwas angegrauter, Mann in einer schwarzen Uniform, die mit vielen Verdienstorden geschmückt war. Sein fülliges, grau-schwarzes Haar war kurz geschnitten. Der Vollbart erinnerte mich an meinen Vater, er erzählte mir, wie attraktiv so etwas sei. Meiner Meinung nach sind Vollbärte hässlich, ich selbst habe nur einen Schnauzer, der mir sehr gefällt. Die eben vorgetretenen Personen nahmen Haltung an. In einer Reihe standen sie vor uns, ihre linke Hand seitlich zur Stirn gehoben. Da war ich doch froh, dass ich nicht einer von denen bin. Diese Stellung kam mir irgendwie albern vor.
Der Commander begrüßte uns mit der gleichen Bewegung und sagte: "Willkommen auf dem Kommandostützpunkt der PRC. Ich bin Commander Sheffield. Wir bedauern sehr, dass sie so weit reisen mussten, aber es war notwendig."
Im Hintergrund sagte Flint mit murmelnder Stimme: "Na freelich!"
Doch Sheffield war sehr hellhörig. "Das habe ich gehört. Treten Sie vor und nennen Sie mir Ihren Namen!" Flint senkte seinen Kopf, als ob er sich schämte. "Schauen Sie mich an, wenn ich mit Ihnen rede. Wie heißen Sie?"
"Flint Hamley, Sir. Es tut mir leed das..."
"Ruhe! Ich habe Sie nur nach Ihrem Namen gefragt!"
Ich hatte das Gefühl, als ob dieser Commander noch eine Menge Ärger machen würde. Dieser Verdacht sollte sich noch bestätigen.
"Sie sind also Flint Hamley. Ich habe schon viel von Ihrer Forschung gehört. Sie sollen ja der fähigste PRC-Agent im Epsilon-Komplex sein."
Flint zögerte.
"Daher, Mr. Hamley, verschone ich Sie diesmal. Aber wenn ich noch einmal so eine abfällige Bemerkung höre, dann wird sich Ihr Ruf schnell ändern, ins Negative natürlich, hähähähä!!"
Dieses Lachen gefiel mir überhaupt nicht, es hatte so etwas... mhhh... etwas unnatürliches an sich.
Er setzte nun seine Rede fort: "Das gilt für alle von Ihnen. Ich bin nicht immer so zuvorkommend wie eben, also tun Sie nichts Unüberlegtes. Doch nun zur Sache. Wir haben alle höheren PRC-Mitglieder und Forschungsbeauftragten im Garlos System zusammengerufen, weil wir wichtige Meldungen besitzen. Die Details erfahren Sie bei der Konferenz in 2 Stunden. Fühlen Sie sich hier wie zu Hause und versuchen Sie, jedem Ärger aus dem Weg zu gehen."
Endlich konnte ich mir etwas zu Essen holen, anscheinend waren wir doch nicht die allerletzten Garlosser, so nannten wir alle, die auf den Stationen des Garlos-Systems arbeiteten bzw. lebten, die gelandet sind. Die zwei Offiziere begleiteten Sheffield nach draußen, kurze Zeit später suchte ich die ganze Station nach der Kantine ab. Das war schwierig, denn zum Einen war der Stützpunkt riesengroß und außerdem war ich noch nie auf einer Alpha-Raumstation gewesen. Diese Raumstationen wurden nur für die Grenzen zwischen den Systemen gebaut. Protzig und budgetfressend zugleich waren sie ein Zeichen der Macht der PRC. Für uns >Hinterwäldler< blieb ja kein Geld mehr übrig. Unsere billigen Raumstationen waren nur mit dem Nötigsten ausgestattet. Naja, man konnte es verkraften. Da findet sich man wenigstens zurecht. Hier im Stützpunkt verläuft man sich ja regelrecht. Auf meinem Weg durch die Korridore der unendlich vielen Start- und Landerampen sah ich zum ersten Mal eines der sagenumwobenen Sprungschiffe aus der Nähe.
Unsere Shuttles waren im Gegensatz zu diesem Gleiter eine Konservendose. Ja, diese Schiffe waren wirklich atemberaubend und natürlich sehr schnell. Ein Raumschiff mit Lichtgeschwindigkeit zu fliegen, der Traum jedes Piloten. Ich bewunderte diesen Anblick, ja fast erstarrt war ich vor der Schönheit, die mich anblickte. Als würde sie wissen, was ich denke. Die Sonnensegel, am Heck des Schiffes angebracht, waren die Hauptenergiesammler. Da sich Wasserstoff als potenzieller Energieträger bewährt hat, machten es sich diese Segel zum Auftrag das Element aus dem interstellaren Raum zu sammeln. Durch ein spezielles Verfahren wird der Wasserstoff zu fast 100% fusioniert. Dadurch ensteht die Energie, die der Photonenantrieb benötigt. Um das Schiff >aufzutanken< muss es sich für kurze Zeit in der Nähe der Sonne eines Raumsystemes befinden. In wenigen Minuten ist die ganze Prozedur abgeschlossen. Diese Technik brachte die neue Ära der Lichtgeschwindigkeit. Ein Meilenstein in der jahrelangen Forschung der PRC. Diese Sprungschiffe standen repräsentativ für alles was die Company jemals geschaffen hatte. Ich fragte mich immer was denn nun passieren würde, wenn der >Treibstoff< während eines Fluges trotz genauen Berechnugen aufgebraucht ist. Nun, ich fand heraus, dass die Sprungschiffe einen alternativen Raketenantrieb besitzen, wie in unseren Shuttles. Da war wirklich alles bis ins kleinste Detail geplant. Ach ja, ich hatte immer schon den sehnlichen Wunsch gehabt, so ein Ding zu fliegen oder wenigstens mitzufliegen, leider hatte man mir nie die Gelegenheit dazu geboten. Vielleicht eines Tages, irgendwann.
Mein Magen holte mich aus dem Gedankenreich und lenkte mich weiter in Richtung Turbolift. Dort angekommen schaute ich mir die Stationskarte an. Wahnsinn, elf Decks hatte dieser Koloss. Nur die Kantine konnte ich nicht finden. Jetzt hatte ich genug der Geheimniskrämerei, ich fragte einfach jemanden der herumlaufenden Leute. Davon gab es ja genug.
Ich sprach eine junge Dame an, die nach ihrer Uniform zu urteilen von den Gamma-Stationen angekommen war. Ihrem Abzeichen zu Folge war Sie ein Nachrichtenoffizier. "Entschuldigen Sie?"
Die Dame drehte sich zu mir herum. "Ja, Mr.."
"Manley, Gerald Manley."
Ihre Augen weiteten sich: "Mr. Manley, der Forscher?"
Ich war überrascht über diese Reaktion.
"Sie sind doch der Leiter des Projektes über den Planten Adin im Epsilon-Komplex, nicht wahr?"
"Ja, der bin ich. Warum fragen Sie?"
Die Frau schaute mich an, als ob ich unwissend wäre: "Wissen Sie es denn noch nicht? Der Planet ist hier auf der Station Thema Nummer eins. Kaum jemand spricht mehr von etwas Anderem."
Es war mir nicht ganz klar, warum gerade der Planet Adin im Gespräch war. "Was ist denn mit dem Planeten, hat es etwas mit meiner Sonde zu tun?"
"Hat Ihnen noch niemand gesagt, was mit Ihrer Sonde geschehen ist?"
Ich hatte es Flint versprochen also tat ich überrascht: "Nein, Madam. Ich habe seit unserer Abreise nichts mehr von ihr gehört."
Die Frau sagte empört: "So eine Schweinerei." Dieses Wort kam mit einem richtig wütenden Ton heraus. "Die PRC erzählt noch nicht mal den Leiter eines Projektes die Wahrheit. Sie tun mir irgendwie leid. Ich habe es auch nur flüchtig mitbekommen, aber Ihre Sonde scheint durch einen ungeklärten Grund verfrüht auf dem Planeten aufgeschlagen sein."
"Was heißt das, die Sonde ist wohl zerstört worden?" Mein Hunger war irgendwie wie weggeblasen, auch wenn ich die Neuigkeit schon wusste.
"Nicht ganz, Mr. Manley."
"Seien Sie nicht so förmlich, sagen Sie einfach Gerald zu mir. Wie heißen Sie denn?"
Die Frau lächelte: "Na gut. Ich heiße Juliet Feron, aber sagen Sie ruhig Julie zu mir. Also, ich hörte einigen PRC-Mitgliedern zu, als sie erzählten, wie die Sonde schwer beschädigt auf den Planeten zuraste. Dann erzählten sie etwas über einen Riss in der obersten Schicht, was immer das auch heißen mag. Jedenfalls soll die Sonde genau dann durchgekommen sein, als dieses besagte Loch für kurze Zeit offen war. Dann wurde der Kontakt zur Sonde immer unklarer, bis es dann ganz verschwand. Das Loch schloss sich, aber alle PRC-Vorsitzende erzählen über unerklärbare Daten während der Landung. Aber sie reden hier nicht so viel darüber, um die Öffentlichkeit und die Presse nicht aufzuscheuchen."
Diese Informationen waren mehr als merkwürdig. Ich erinnerte mich an das, was Flint mir erzählte. Wie unser Funkkontakt blockiert wurde, wie das Vergessene auftauchte, wie die Sonde abstürzte. Und jetzt soll sie durch eine der seltenen Turbulenzöffnungen hindurchgeflogen sein? Das ist mehr als Zufall. Ich denke ich weiß jetzt, warum wir hierher beordert wurden. Alles wurde jetzt klarer.
"Gerald, habe ich Sie beunruhigt? Es tut mir leid, dass ich einfach drauf losgequatscht habe."
Ich war nicht unruhig, nein, eher kam der Hunger wieder zurück: "Eigentlich wollte ich Sie ja nur fragen, ob Sie zufällig wissen, wo hier die Kantine ist. Ich habe seit 15 Stunden nichts mehr gefuttert."
"Eine Kantine werden Sie hier kaum finden. Die PRC hat ihre gesamten Gelder für diese Station in Technik investiert. Nun, sie mussten wegen Geldmangel anscheinend Arbeitskräfte einsparen. Deshalb ersetzte die PRC-Technikabteilung die Köche durch Protein-Nahrungscomputer. Es erstellt verschiedene Proteine auf künstlichen Weg, setzt die richtigen Geschmackstoffe und visuellen Muster hinzu, um es für uns akzeptabel zu machen."
So eine Technik hatten wir bei uns nicht. Aber die Köche waren mir auch lieber. Doch mein Magen war entschlossen genug, um dieses >Künstliche Essen< zu mir zu nehmen. "Wo finde ich diese Computer?"
Julie führte mich zum Turbolift. "Eigentlich sind diese Dinger in jedem Quartier der Station, aber wir haben ja keine bekommen. Also gehen Sie am besten zum Casino. Da müssen Sie zu Deck 5, dann rechts und dann..."
"Ähhh... im orientieren war ich noch nie gut. Können Sie mir den Weg nicht zeigen, Julie?"
"Na gut, aber nur wenn Sie mir etwas spendieren." Damit war ich natürlich einverstanden, erstens konnte ich einer netten Frau nichts abschlagen und zweitens gab es ja alles umsonst. Unterwegs erzählte mir Julie, dass sie vor 3 Monaten auf einer Station im Gamma-Sektor ihren neuen Job als Nachrichtenoffizier angetreten hatte. Vorher diente sie im Terra-Sonnensystem als Planetenforscher, genau wie ich heute. Als sie eine der Sonden ohne Genehmigung auf einen NLF-Planeten losschickte wurde sie ins Garlos-System strafversetzt, als Kommunikationsoffizier. Das ist einer der langweiligsten und einseitigen Arbeiten, genau das richtige Strafmaß für einen nichtautorisierten Sondenabschuss, dachte die PRC sicherlich.
Während der Lift noch in Richtung Deck 5 fuhr, piepste es plötzlich aus Julies Richtung.
"Was ist das für ein Geräusch?"
Julie holte aus ihrer Tasche ein kleines Gerät, das eine rechteckige Form und einen kleinen Bildschirm in der Mitte hatte. Mit einer seltsam unruhigen Stimme sagte sie mir: "Ähhh, das ist nur ein Fernsprechgerät. So was muss ich als Nachrichtenoffizier immer dabei haben."
Eine logische Antwort, aber trotzdem merkwürdig. Die Tür des Lifts ging auf.
Julie hatte es eilig: "Zum Casino müssen Sie einfach geradeaus gehen. Ich habe dringend was zu erledigen!"
Das Gerät piepste immer noch.
"Aber ich,"
"Los, gehen Sie. Ich komme später nach."
Es kam mir schon komisch vor, aber ich ging trotzdem zum Casino. Im Hintergrund hörte ich noch leise einen Satz, der aber in der Halle verstummte: "Du weißt doch, dass du mich hier nicht ansprechen sollst..." Das war das Einzige, was ich davon verstand. Aber ich wollte mich nicht in die Gelegenheiten anderer Leute einmischen, ich bin ja schließlich nur ein PRC-Planetenerkunder und kein Spion der Army. Also ging ich zum Casino.
Es war vollgestopft mit allen möglichen Personen. Army-Leute, PRC-Mitglieder und weitere Menschenmassen. Ich erkundigte mich nach diesen komischen Computern, wo daraufhin eine unfreundliche Stimme sagte: "Da drüben an der Wand, Blödmann!"
Ich hätte diesem Kerl gerne eine runtergehauen, aber ich dachte an die Worte von Sheffield und beschloss dann lieber nicht ausfällig zu werden. Als ich am Protein-Nahrungscomputer ankam sah ich keinen einzigen Knopf und nichts, was das Ding anschalten könnte. So war es auch bei den anderen vier Geräten. Ich kam mir irgendwie blöd vor, schien ich doch der Einzige hier zu sein, der sich nicht damit auskannte. Voller Wut schimpfte ich mit dieser blöden Maschine: "Weißt du was, die Kantinenleute zu Hause hätten mir jetzt schon lange einen großen Teller überbackenes Würzfleisch mit einem Schuss Wochestersoße und einem Glas Mineralwasser gebracht." Das war mein Lieblingsmenü daheim. Plötzlich brummte das Gerät auf. Ein paar Lichter blinkten im Inneren auf. Dann öffnete sich die Klappe und heraus kam genau das, was ich wollte.
"Aha, man muss also nur da hineinsprechen, tolle Sache. Hoffentlich schmeckt das auch." Ich setzte mich an einen freien Tisch, nahm mir Besteck und kostete das Würzfleisch. Es schmeckte zwar nicht annährend so gut, wie selbstgemacht, aber es mundete mir trotzdem. Ich fand es faszinierend, was die Technik alles leisten konnte.
Während ich aß, hörte ich zufällig ein Gespräch gegenüber am anderen Tisch mit.
"...zerstört. Wenn ihr mich fragt, dann wollte dieser Gerald, dass die Sonde abstürzt, vielleicht ist er einer von ihnen. Wer sonst würde die Kommunikation im Omega-Sektor ausschalten wollen. Es ist doch mehr als ein Zufall, dass sie genau vor dem Zielort der Sonde ausfiel, oder?"
"Du könntest Recht haben. Vielleicht will Mr. Manley verhindern, dass die PRC Daten über diesen Planeten bekommt."
"Es könnte auch sein, dass die Sonde so programmiert wurde. Wer weiß das denn?"
Dann tuschelten sie, so dass ich nichts mehr verstehen konnte. Ich konnte es nicht glauben, diese Verrückten dachten wirklich, dass ich die Sonde abstürzen ließ. So ein schwerer Vorwurf konnte mich zu einem nicht-loyalen Mitglied machen. Ich wusste zwar, warum die Sonde abstürzte und dass ich nichts damit zu tun hatte, aber wie sollte ich das den Vorsitzenden erklären, wenn diese Idioten so etwas bei der Besprechung ausplauderten. Mir war das Essen vergangen also stellte ich das Tablett auf eine kleine Metallscheibe auf der "Essens-Entsorgung" stand. Wieder brummte es und die Reste verschwanden in einem kurzen Lichtblitz vom Tablett. Ich dachte wieder an Julie und fragte mich, wo sie sein könnte.
Ohne dass ich mir viele Gedanken darüber machen konnte, donnerte eine Stimme aus dem Lautsprecher, der zentral an der Decke befestigt war: "Sofort alle PRC-Mitglieder und Forschungsbeauftragten des Garlos-Systems zum Konferenzsaal. Die Besprechung wurde vorverlegt."
Das war Commander Sheffield, diese rohe Stimme hatte ich nicht vergessen. Ich verließ das Casino und traf auf dem Weg zum Turbolift Julie.
"Hallo Gerald, ich habe leider keine Zeit alles zu erklären. Ich muss mich jetzt schnellstens mit Commander Sheffield treffen, bevor die Besprechung beginnt. Wir sehen uns nachher wieder."
Verwundert kratzte ich mich am Kopf und ging weiter zum Fahrstuhl. Dort stand eine große Menschenmenge, die mich an Omega 4 erinnerte. Zum Glück war nicht so eine Enge, sonst wäre mir wieder schwarz vor den Augen geworden. Ich war erleichtert, als mich der Lift sicher nach oben transportierte. Zusammen mit einigen miesgelaunten Leuten verließ ich die enge Kammer und ging zum Versammlungsraum.
Dort hatten schon fast alle Platz genommen. Mir kam dieser Raum unglaublich groß vor. Er war zwar genauso steril, wie alle anderen Räume hier, aber irgendetwas faszinierte mich an ihm. Ich weiß nicht ob es das unvorstellbare Ausmaß war, welches locker mit vier Fußballfeldern samt Tribüne gefüllt werden könnte, oder ob es der grandiose Ausblick war, der den Weltraum in seiner ganzen Pracht zeigte. Die Baumeister dieser Station müssen Jahre, vielleicht Jahrzehnte gebraucht haben, um dies alles zu erschaffen. An einer der großen Wände glänzte der Eagle of Destiny in einer Pracht, wie ich es noch nie gesehen hatte. Er hielt den Planeten fest umklammert, er gehörte ihm und niemand würde ihn dazu bringen können, ihn loszulassen. Er spiegelte die Charakterzüge der PRC wieder. Irgendwie schien ich der einzige Mensch zu sein, der sich interessiert umschaute. Alle anderen grummelten und setzten sich auf ihr faules Sitzfleisch.
Im Hintergrund erklang eine mir vertraute Stimme: "Scherald, da bist du ja!"
Ich brauchte einen Moment, bis ich Flint in der Menschenmasse zu sehen bekam. Er saß einige Plätze neben dem Podest, an dem der Commander seine Rede halten würde.
"Beäl dich, Scherald. Ewig kann ich den Platz bestimmt nich mehr freehalten."
Das war leichter gesagt als getan, denn ich musste erst mal um den ganzen Tisch herumlaufen und das dauerte wegen der enormen Länge etwas. Ich setzte mich neben Flint und fragte ihn: "Sag mal, hast du schon mal so etwas großes gesehen. Das ist unglaublich, so was gibt es nicht mal im PRC-Hauptquartier im Garlos-System."
Flint machte eine gelangweilte Miene: "Ach weeßt du, ich war vor vielen Jahren hier im Dienst, musste Forschungsanträge unterzeechnen und Berichte schreeben. Glaub mir, wenn du hier so lang wie ich gearbeetet hättest, dann käme dir das nich so unglaablich vor."
Wahrscheinlich hatte er Recht, also zuckte ich mit den Schultern und wartete zusammen mit meinen Aufzeichnungen auf den Beginn der Konferenz. Ich machte mir immer noch Sorgen um die verrückten Leute im Casino, die mich für die Zerstörung der Sonde verantwortlich machten.
Als ich meine Besorgnis Flint ins Ohr flüsterte, begann er zu lachen: "Mein Gott Scherald, das waren doch sturzbesoffene Kerle, die Alles und Jeden verantwortlich mache. Mach dir doch keenen Kopf darüber."
"Wenn du meinst. Aber... Na endlich, da kommt der Commander."
Ja, Sheffield war im Anmarsch, aber Julie waren nirgends zu sehen. Ich schaute kurz in die große Menschenmasse, aber irgendwie sahen da alle gleich aus. Vielleicht saß sie ja irgendwo in den hinteren Reihen. Der Commander stieg mit gehobenen Kopf auf das Podest, testete das Mikrofon und begann seine Rede, die er fein säuberlich von einem >Spickzettel< ablas.
"Sehr geehrte Mitglieder und Arbeiter der PRC, Sie fragen sich sicher, warum Sie so weit reisen mussten, nur für eine Besprechung." Die Stimme durchdrang den Raum wie ein Holzwurm ein Brett. Seine Stimme klang kalt, aber glaubwürdig. "Zu aller erst möchte ich Ihnen allen sagen, dass diese Besprechung in die Geheimhaltungsstufe 1 eingestuft wird, Sie wissen was das bedeutet."
Natürlich.
"Keine zivile Person, kein PRC-Mitglied im Terra-System und niemand anderes außerhalb dieses Raumes darf vom Thema dieser Konferenz Wind bekommen. Die Folgen wären verheerend und würden große Panik auslösen, also halten sie sich um Gottes Willen an diese Anweisung." Er schien es ernst zu meinen. "Wie Sie alle wissen, ist die Aufgabe der PRC die Erforschung und eventuelle Kolonarisierung fremder Planeten und das Vordringen in immer weitere Galaxien." Dann hielt er einen ewig langen Vortrag über die glorreiche Arbeit der PRC, die Fehltritte, für die aber immer irgendjemand anders verantwortlich war und die erfolgreiche Erforschung der Planeten. "Seit mehr als 1000 Jahren ist die PRC jetzt schon durch die Galaxis gereist, hat aber bis jetzt noch keine ungewöhnlichen Planeten entdecken können. Doch eines Tages bahnte sich ein Sprungschiff seinen Weg zurück zum Stützpunkt, als es plötzlich ungewöhnliche Werte auf den damals noch primitiven Scannern bemerkten. Sie zeigten einen Planeten an, der eine mysteriöse Eigenschaft hatte. Zwei Sonnen umkreisten ihn und die Scanner konnten aus irgendeinem Grund keine Daten von der Oberfläche erhalten."
Es ging also um Adin, war das Zufall?
"Als sich im Laufe der Zeit die Technik weiterentwickelte, versuchte die PRC vergeblich, Sonden auf den Planeten zu schicken. Zum Entsetzen der Forscher wurde jede einzelne von ihnen zerstört. Doch dann im Jahre 2389 meldete sich ein junger Forscher freiwillig, um eine Sonde so zu modulieren, dass sie wenigstens vom Orbit aus Daten über die Beschaffenheit hergab."
Ich starrte Flint sehr verwundert an, er lächelte.
"Und tatsächlich, er schaffte es, die Sonde so zu verändern, dass sie uns fast perfekte Daten über die Atmosphäre, Ionosphäre und Stratosphäre des Planeten gab. Leider konnten wir nicht herausbekommen, ob irgendetwas da unten war, obwohl wir erdähnliche Beschaffenheiten erkennen konnten. Der Planet wurde und wird heute immer noch von einer mysteriösen Atmosphärenoberschicht umklammert, die chemische Reaktionen durch die Sonnen auslöst, die den Planeten für circa 13 Stunden erhellen und dann für nochmals 13 Stunden verdunkeln lassen. In unregelmäßigen Abständen bilden sich Risse in dieser Schicht, aber sie sind zu instabil und kurzweilig, um Sonden, geschweige denn Schiffe hindurchzuschicken. Sie würden zerrissen werden und das nützt uns auch herzlich wenig."
Während er noch längere Zeit über die chemischen Zusammensetzungen der Atmosphäre, den Temperaturverhältnissen und so weiter erzählte (wen interessiert denn sowas), dachte ich über Julie nach. Wo war sie nur, sie wollte doch mit Sheffield reden. Aus Langeweile wurde Müdigkeit, mir kam dieser Vortrag wie eine Ewigkeit vor. Ich hoffte er würde bald auf den Teil kommen, der geheim gehalten werden soll, vielleicht wäre das spannender. Ich konnte mir zwar denken worum es ging, aber warum musste dieser Commander so viel um den heißen Brei reden.
Flint stupste mich kurz an: "Hey Scherald, schloaf net een. Es geht schließlich um dein Forschungsgebiet."
"Das ist leicht gesagt, bei dem Gefasel kann man doch nur einschlafen." Ich hörte, wie die Stimme von Sheffield immer leiser wurde.

"Wo sind die nur alle hin?"
"Keine Ahnung, aber...Moment! Da oben bewegt sich etwas..."

"Und so möchte ich den Forschungsleiter des Planeten 4654a Adin zu mir ans Rednerpult bitten, damit er uns etwas zu seinem Projekt sagen kann. Mister Gerald Manley, bitte treten Sie vor...Mr. Manley, bitte treten Sie vor! Verdammt, wo sind Sie denn?"
Ich spürte einen kurzen Ruck neben mir. "Scherald, wach auf. Der Commander hat dich zu sich gebeten."
Wie peinlich, ich bin wirklich eingeschlafen. Das ist mir noch nie passiert. Ich nahm mein Datenpad und ging zum Rednerpult.
"Ach da sind Sie ja. Ich möchte Sie bitten, uns etwas über Ihr letztes Forschungsprojekt zu erzählen. Aber bitte halten Sie sich kurz. Die Zeit wird knapp."
Was er wohl damit meinte? Ich erklärte den mindestens 2000 Konferenzteilnehmer über meine Pläne und die Sonde, die neuen Erkenntnissen, die ich erhalten hatte und über das mysteriöse Verschwinden dieser Sonde. Mein Wissen über den Grund ließ ich im Hintergrund, schließlich durfte das niemand von mir erfahren und außerdem würde der Commander sicherlich etwas darüber berichten. In den gelangweilten Gesichtern einiger Leute erkannte ich das allgemeine Desinteresse. Trotzdem redete ich munter weiter und als ich meinen Vortrag mit den Worten >Und bis heute weiß ich nicht, welches Mysterium diesen Planeten umgibt.< beendete, trat der Commander wieder in den Vordergrund.
"Danke Mr. Manley, diese Erkenntnisse sind von größter Wichtigkeit für unseren Plan."
Ich wusste nicht, was er für einen Plan hatte, auch wunderte es mich später, warum ich allen meine Forschungsarbeit erklärt hatte. Ich bin sicher, dass die das alle schon erfahren hatten, denn größtenteils wird man ja elektronisch überwacht. Man könnte ja ein Spion sein. Es schien so, als ob der Commander etwas Zeit schinden wollte, doch wofür?
Sheffield ergriff wieder das Wort: "Dank Mr. Manleys Forschung und dank dem schnellen Eingriff der Leute des Epsilon-Komplexes konnten wir von der Sonde wichtige Informationen erhalten." Dann nahm er einen tiefen Luftzug, machte einen freudigen Ausdruck und begann den nächsten Satz: "Die Sonde hatte es geschafft und unsere Forschung kam endlich einen Schritt weiter. Wir haben den letzten bekannten Planeten des Garlos-Systems für kurze Zeit scannen können. Kurz nachdem Mr. Hamley letzte Daten sichern konnte, bevor sich das Atmosphärenloch schloss, hatte unsere Sonden-Abteilung Daten erhalten, die bis zum heutigen Tag, bis zu diesem Treffen hier geheimgehalten wurden. Niemand, der davon wusste durfte seinen Posten verlassen, niemand durfte darüber reden, doch jetzt werde ich das Geheimnis lüften. In dieser Versammlung, in diesem Raum wird eine neue Ära der Wissenschaft anbrechen."
Mit diesen Worten drückte er einen kleinen, roten Knopf an der linken Seite des Mikrofons. Daraufhin fuhr ein riesiger Monitor herunter, der die gesamte Nordwand bedeckte. Ein Bild, das einer Sondenaufzeichnung gleichzusetzen war, erschien darauf.
"Dies ist die Sonde SDL-87, jene Sonde, die von Mr. Manley gebaut und von unseren Wissenschaftlern mit einer neuen Legierung versehen wurde, die ebenfalls von unserem geschätzten Kollegen geplant wurde."
Es scheint so, als ob sich doch jemand für meine Pläne interessierte. Aber warum zeigt Sheffield so etwas, was hat er denn nun entdeckt und was meinte der Commander mit >Neue Ära<? Was könnte in jemanden solches Erstaunen auslösen? Das Bild auf dem Monitor begann sich zu bewegen. "Hier sehen wir nun den Planeten 4654a Adin. Die Sonde ist bereits im Orbit des Planeten und versucht nun die Atmosphäre zu durchdringen."
Die Bilder waren unscharf und rauschten auch, das war aber bei jeder Sonde so. Die Minikamera hat nur eine begrenzte Sensorreichweite, nachdem eine Sonde durch eine Planetenatmosphäre getreten ist, kann kein visueller Kontakt mehr hergestellt werden, aber die Daten, die die Sonde sammelt, können weiterverarbeitet werden. Das Rauschen wurde stärker, obwohl das Gerät noch nicht in der Atmosphäre war. Ein grüner Blitz erschien, dann war der Bildschirm schwarz.
"Wir wissen leider nicht, was der Sonde geschehen ist, was sie getroffen hat, dennoch konnten wir die Daten weiterverarbeiten."
Warum vertuschte er den Abschuss der Sonde, warum erwähnte er nichts. Viele Mitglieder wussten es doch schon, warum wollte er nichts erzählen?
"Viele von Ihnen hörten sicher von dem Gerücht, dass die Sonde abgeschossen wurde, doch ich bitte Sie um Gottes Willen, vergessen Sie das. Es entspricht nicht der Wahrheit. Die Sonde ist wahrscheinlich von einer atmosphärischen Plasmaentladung erwischt worden. Es wird vielleicht noch viele geben, die Zweifel an meinen Worten haben, aber überlegen Sie bitte mal folgendes. Was würde es mir für Vorteile bringen, Sie anzulügen. Beruhigung? Nein. Viele von Ihnen machen unsere längst verschollenen Erzfeinde dafür verantwortlich."
Es wurde ruhig im Saal.
"Warum sollten sie nach so vielen Jahren der Ruhe wieder auftauchen. Warum sollten sie unsere Sonden angreifen, anstatt die PRC-Kommandoposten zu überfallen. Wir haben die nicht-loyale Flotte der Defector Incorporation, wie sie sich stolz nannten, in einer großen Schlacht bei Terra 7 ausgelöscht. Die kläglichen Überreste dieser Menschen verstecken sich feige in uns unbekannten Gefilden der Galaxie. Nie würden sie es wagen, uns noch mal herauszufordern."
Aus den hinteren Reihen stand jemand auf und fragte: "Wie können Sie sich da so sicher sein? Vielleicht haben Sie ja neue Technologie, die unserer überlegen ist."
Der Commander wurde etwas wütend: "Nein! Nie wird eine Gruppe von niederen Leuten bessere Technik besitzen als die PRC. Wir werden immer die Nase vorn haben."
Flint stand auf und fragte: "Ähm... Könnten wir jetzt bitte mit den Daten weetermachen. Ich würde gerne wisse, was daraas geworden is."
Sheffield beruhigte sich: "Sie haben Recht Mr. Hamley. Also fahren wir fort. Durch einen einmaligen Glücksfall wurden die Datenübertragungssysteme der Sonde nicht beschädigt. Ein weiterer Zufall war eine Öffnung in der obersten Schicht der Atmosphäre, durch die SDL-87 zur Oberfläche gelangte. So lange diese Spalte offen war, bekamen wir einen sehr kurzen Einblick auf die Bodenbeschaffenheiten." Eine Tafel mit verschiedenen Zahlen und Daten erschien auf dem Bildschirm. "Die Planetenoberfläche ähnelt unserer in fast jedem Punkt. Es gibt Bäume, oder baumähnliche Gebilde, Gewässer und Berge, sowie Täler. Die Atmosphäre, Ionosphäre und Stratosphäre weisen erdidentische Merkmale auf. Auch würden dort Menschen keine Schwierigkeiten haben zu atmen. Die Sonde schickte uns die letzten Daten, bis sich die Öffnung schloss."
Ich konnte es kaum glauben. Meine Sonde hatte es geschafft, den Planeten Adin zu durchdringen und ihn als bewohnbar einzustufen.
Doch ich hatte doch noch Zweifel: "Commander? Ich hätte eine Frage."
Sheffield drehte sich zu mir um und nickte. "Ich würde gerne wissen, ob es nicht auch Fehlmeldungen durch die Interferenzen sein könnten."
"Da brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen, Mr. Manley. Wir haben es mehrmals geprüft, es waren keine Störungen zu entdecken."
"Dann haben wir jetzt wirklich im Garlos-System einen bewohnbaren Planeten. Ich kann es einfach noch nicht glauben." Ich konnte meine Gefühle nicht beschreiben. Am liebsten wäre ich aufgesprungen und hätte einen Freudenschrei losgelassen, doch das übernahmen schon alle anderen Konferenzteilnehmer, die voller Freude jubelten. Trotzdem wunderte ich mich. Der Commander schien etwas unruhig und auch ängstlich zu wirken. Es kam mir so vor, als ob er auf etwas wartete. Immer wieder schaute er in Richtung des Eingangs.
Doch dann sagte er: "Ruhe! Bitte seien Sie ruhig! Hören Sie mir zu. Wir können den anderen noch nichts davon erzählen. Denken Sie doch mal nach. Wir können kein Raumschiff auf den Planeten schicken solange wir keine Lösung für die ungewöhnliche Oberschicht des Planeten finden. Durch den unbeabsichtigten Absturz der Sonde können wir nicht feststellen, ob die Legierung gehalten hat. Durch die Öffnung würde nämlich auch ein Schiff hindurch kommen, wenn es schnell genug wäre. Dieses Loch ist ja nie länger als 50 Sekunden geöffnet. Es könnte noch Jahre dauern, bis wir die notwendige Technik haben um..."
Der Alarm dröhnte: >Warnung: Unautorisierter Eintritt in den Konferenzraum.<
Eine dunkle Gestalt rannte mit keuchendem Atmen zu Sheffield: "Sie...sie haben uns entdeckt."
"JULIE?!" schrie ich auf und rannte zu den beiden hinüber.
Plötzlich stürzten zwei Männer der Security Army in den Raum: "Bleiben Sie stehen. Sie können uns nicht entkommen."
Julie griff nach ihrer Tasche: "Ich werde niemals aufgeben!"
Sie zog blitzschnell eine Strahlenkanone aus dem Inneren uns schoss auf einen der beiden Soldaten. Er fiel schwerverletzt zu Boden. Ohne zu zögern schoss der andere Soldat einen Betäubungsstrahl ab, Julie brach zusammen.
Ich griff ein: "Was ist hier los."
Der Commander umklammerte mit seinen Arm meinen Hals und schrie: "Keinen Schritt weiter oder dieser Mensch stirbt."
Die Verstärkung war inzwischen eingetroffen, doch sie konnten nichts tun, ohne dass ich verletzt worden wäre.
"Lassen Sie die Geisel frei. Wir können doch sicher alles klären.", rief einer der Army-Leute.
Der Commander holte ein kleines, rundes Gerät aus der Tasche. "Ihr werdet mich niemals kriegen. Die Defector Inc. wird ewig existieren und Adin werden Sie uns niemals wieder abnehmen!!!" Mit diesen Worten drückte er den Knopf.
Ich fühlte einen kurzen Moment der Benommenheit, dann war da ein Gefühl der Leere. Niemals hatte ich so etwas gespürt, die Zeit schien sich zu zerreissen. Diese Leere, das Nichts, war das der Tod, wurde ich wirklich aus dem Leben gerissen? Nein, so einfach konnte es nicht sein, ich spürte nichts mehr, die Erinnerungen waren zerstreut und durcheinander. Ich schwebte im Nirgendwo und doch schien ich am Leben. Was war bloß geschehen? Ein Blitzen, ein kurzer Schmerz, ich schien wieder ich selbst zu sein. Plötzlich befand ich mich in einem kleinen, dunklen Gang. Ich tastete mich nach links und rechts, aber ich sah keinen Ausgang.
"Wo bin ich?", fragte ich vorsichtig. Ein Licht begann zu leuchten.
Es war der Commander, der eine Minilampe in der Hand hielt. "Versuchen Sie gar nicht erst zu entkommen. Ich nehme Sie als Geisel, dann wird mich die Army in Ruhe ziehen lassen. Es wäre doch schade, wenn ein Forscher mit solch hohen Fähigkeiten von meiner Hand getötet würde, nicht wahr. Doch jetzt müssen wir uns beeilen, bevor mich die Army erwischt. Ich würde Ihnen raten, nicht aufständisch zu sein. Wenn Sie kooperieren werde ich Sie am Leben lassen. Folgen Sie mir."
Ich kroch hinter ihm her und am Ende des schmalen Ganges öffnete er ein Gitter das direkt auf die Brücke eines Raumschiffes führten. Die Instrumente ähnelten denen eines Shuttles aber die Größe war überragend. Das musste ein Sprungschiff sein, dachte ich mir.
"Der Crew-Transport wird eingeleitet. Alle Informierten bitte fertig machen. Transport in 5, 4, 3, 2, 1, LOS!"
Er betätigte einen Knopf. Daraufhin erschienen viele Leuchtfragmente die sich langsam aber sicher zu formen begannen. Es standen auf einmal überall Menschen herum, die den Commander begrüßten.
"Keine Zeit zu verlieren. Wir müssen hier raus. Die Schutzklappen werden geöffnet. Startsequenz wird eingeleitet. Alle Crewmitglieder auf ihre Plätze. Wir starten jetzt."
Die Systeme des Schiffes aktivierten sich und der Antrieb schaltete sich ein. Die Startrampe fuhr nach oben. Wer waren die? Was hatten sie mit mir vor. Ich hatte panische Angst. Ich dachte wirklich, jetzt sei es aus mit mir.
"Käpt’n? Hier ist eine Nachricht mit Priorität 1!"
"Stellen Sie durch, Lieutenant."
Mit rauschendem Geräusch rief eine Stimme: "Defector-Crew, brechen Sie den Start sofort ab, oder wir werden ihr Schiff zerstören. Ich wiederhole..."
Sheffield lachte: "HAHAHA! Ihr werdet mich niemals kriegen. Ich werde Adin erforschen und ihr werdet nie unsere Technik erlangen, HAHAHA!" Die Rampe rastete ein und Sheffield gab das Kommando zum Start.
"Wir haben Sie gewarnt, Defector Crew. Traktorstrahl wird aktiviert."
Ein Ruck durchzog das Schiff.
"HAHAHA! Neutralisieren Sie den Traktorstrahl."
"Einen Moment... Traktorstrahl deaktiviert."
"Defector-Crew, wir sehen uns gezwungen ihr Schiff zu zerstören."
Die Waffensysteme der Raumstation wurden aktiviert. Das Sprungschiff wurde vom Kommandostützpunkt beschossen.
Sheffield ließ einen Warnspruch los: "Hey, ihr da auf der Station, wir haben hier Mr. Manley als Geisel, überlegen Sie sich noch einmal ihr Vorhaben."
Die Waffen der Station bombadierten immer noch das Schiff. Doch Sheffield schien das nicht zu stören. "Die können unseren modifizierten Schilden nichts anhaben. Vorbereiten auf Sprunggeschwindigkeit SP4, Kurs 146-435, DFHQ."
Das Schiff begann schneller zu werden, einen kurzen Moment lang schien ich weggedrückt zu werden, dann stabilisierte sich die Flugbahn.
"Sind auf Sprunggeschwindigkeit SP4 gegangen. Geschätzte Zeit bis zum Treffpunkt: 15 Stunden."
"Willkommen auf dem Sprungschiff Jumpstar Mr. Manley, der neusten Errungenschaft der Defector Inc. Dieses Schiff ist viermal so schnell wie eines Ihrer Sprungdosen. Ihr von der PRC haltet euch für SO schlau und fortgeschritten, doch ich werde jedem beweisen, dass das nicht stimmt! Genau wie Sie denken, Sie seien der Obermotz, nur weil Sie ein paar Pläne gezeichnet haben. Diese primitive Legierung konnte vielleicht der Atmosphäre standhalten, aber unseren DFA-Lasern ist sie nicht gewachsen!"
"SIE WAREN ES! SIE HABEN DIE SONDE ZERSTÖRT!" schrie ich und stürmte zu Sheffield. Zwei Leute hielten mich fest.
"Hey, warum schreien Sie so laut, ich hab’ doch gar nichts gemacht. Ich bin nicht der einzige bei der Defector Inc. der so ein Schiff fliegen kann, doch ich hätte zu gerne selbst auf den Auslöser gedrückt."
Ich war verwirrt. Sheffield war wirklich ein Spion der Nicht-Loyalen. Ich wusste, dass sich mein Verdacht bestätigen würde. Jetzt verstand ich auch, warum er alle Schuld von dieser Gruppe auf der Konferenz abgewiesen hatte. Doch was hatten die dort für Technik. Ich riskierte es einfach. Sie würden mich sowieso töten, wenn sie alles aus mir herausgequetscht hatten. Also hatte ich nichts zu verlieren: "Wie kamen wir so schnell auf dieses Schiff und wie können wir so schnell fliegen."
"Neugierig wie. Na ja, ich werde es Ihnen verraten. Sie werden sicher nicht unterwegs aussteigen, oder?" Alle lachten. "Wir haben ein Transportersystem entwickelt, welches es uns ermöglicht, die menschliche Materie zu dematerialisieren, sie durch den Raum zu befördern und sie an einer anderen Stelle wieder materialisieren zu lassen. Zu Ihrer zweiten Frage kann ich sagen, dass wir ein erfolgreiches Kühlungs- und Lebenserhaltungssystem entwickelten, welches es uns ermöglicht, bei dieser Geschwindigkeit nicht zu rösten. Durch jahrelange Technikforschung ist es uns gelungen, alle Störungen der vierfachen Lichtgeschwindigkeit zu beheben."
"Sie sind abtrünnige Bauern. Niemand kann es mit der PRC aufnehmen, weder in der Technik, noch in militärischer Hinsicht."
"Vorlaut, wie? Ich will Ihnen sagen, warum wir besser sind als die Company. Die PRC widmet sich immer tausenden von Forschungen auf einmal. Wir spezialisieren uns immer nur auf einen Schwerpunkt und deshalb hat die Company lang nichts mehr von uns gehört. Doch als wir vom Interesse der PRC an Adin hörten mussten wir eingreifen. Wir entdeckten den Planeten zuerst und wollten daher keine Eindringlinge in unser >Revier<."
Diese Schweine schienen sich ihrer Sache recht sicher zu sein und ich war mich sicher, dass Sie mich nicht lange am Leben lassen würden. Warum sonst sollte mir dieses Scheusal von Sheffield diese ganzen Dinge erzählen? Ich schaute mich noch etwas auf der riesigen Brücke um. Da war ich nun, in einem Sprungschiff, das von den Nicht-Loyalen gebaut wurde. Ich konnte es nicht glauben. Es war immer ein Traum von mir, auf so ein Schiff zu kommen, aber dass es so passiert, das hatte ich nicht vorausgesehen. Ich war eine Geisel und ich fragte mich immer wieder warum gerade ich, warum musste ich zu Julie rennen, als sie in den Konferenzraum stürmte und zusammenbrach. Es ist meine eigene Schuld, man könnte sagen, ich bin dem Geiselnehmer direkt in die Hände gelaufen. Wo ich gerade darüber nachdachte, was mit Juliet passiert sein könnte, öffnete sich ein Schott. "Julie.", rief ich.
Der Commander war stutzig: "Sie kennen sie schon?"
"Ich habe sie auf der Station getroffen, was haben Sie mit ihr gemacht, Sie Mistkerl?"
Julie kniete völlig erschöpft auf dem Boden.
"Wie konnten sie dich entdecken, du solltest doch unauffällig sein.", fragte Sheffield wütend.
Julie antwortete keuchend: "Dieser Idiot Francis hat mich kontaktiert, kurz vor der Konferenz. Er berichtete mir, dass alle Adin-Daten im Garlos-System von den Stationen entfernt wurden. Nach 20 Minuten hatte die Army diese Funkverbindung bemerkt. Sie verfolgten mich bis in den Konferenzraum. Ich musste Sie doch warnen."
Julie sah nicht gerade gut aus: "Sie ist verletzt, gibt es hier keinen Arzt."
"Was geht Sie das an, PRC-Abschaum?"
"Hey, Jack. Sei etwas freundlicher zu ihm. Er scheint ein netter Mensch zu sein und ich bin sicher, dass er unsere Lage verstehen wird.", hustete Julie.
"Sie wird zur Krankenstation geführt. Keine Sorge."
Da ich einen solchen Hass auf Sheffield aufgebaut hatte, begleitete ich lieber Julie mit einigen anderen zur Krankenstation, sonst wäre ich sicher ausfällig geworden.
"Halt Mr. Manley!", schrie Sheffield, "Wohin wollen wir denn?"
Mit ärgerlicher Stimme antwortete ich: "Ich weiß nicht wohin >wir< wollen! Aber ich gehe zu Julie auf die Krankenstation."
Sheffield lachte: "Sie mögen die Kleine wohl! Ich sag’ Ihnen was. Lassen Sie die Finger von ihr. Sie gehört meinem Neffen Hazzard."
>Gehört?< Er sprach es so aus als ob Julie ein Gegenstand wäre.
"Wenn ich es mir recht überlege, bin ich ganz froh darüber, wenn Sie von der Brücke verschwinden. Ihre Naivität und Ihre Unlogik halte ich nicht länger aus. Jungs, bringt ihn zur Krankenstation und passt mir gut auf diesen Verrückten auf."
Die zwei Männer, die mich festhielten, zerrten mich hinter sich her.
Ich rief noch im Korridor: "DAMIT WERDEN SIE NIEMALS DURCHKOMMEN SHEFFIELD! SIE SIND NUR EIN ABTRÜNNIGER!"
Das Lachen von Sheffield erklang kurz danach in den Gängen der Station. Er schien es sehr amüsant zu finden. Es nützte nichts, ich konnte nichts machen. "Gerald, bleib’ ruhig, du wirst es schon schaffen.", sagte ich zu mir selber.
Einer der beiden Wachen sagte mit rauher Stimme: "Halt endlich die Klappe, ich kann dein blödes Gefasel nicht mehr hören."
Ich antwortete nicht darauf. Endlich kamen wir bei der Krankenstation an. Die Wache tippte ein paar Zahlen am Pult neben der Tür ein und sie öffnete sich. "Setz dich da hin und verhalte dich ruhig, Flucht wäre zwecklos, überall sind Wachen postiert und..."
"Ist ja gut, ich habe verstanden.", sagte ich genervt.
"Hoffentlich. Einen schönen Tag noch, HAHAHA!" Die schienen eine Einheitslache zu haben, klang bei jedem gleich.
Da saß ich nun, auf einem Drahtgitterbett in einem kalten Krankensaal. Ich dachte über die ganze Geschichte noch mal nach. Ich hatte Angst, denn ich wusste nicht, was sie mit mir machen würden, wenn das Schiff sein Ziel erreichte. Aber ich musste mich erst mal etwas ausruhen, denn ich würde durch Fluchtversuche und Rumgefluche nicht weiter kommen. Also beschloss ich zu warten und den Lauf der Dinge zu beobachten.
Julie ging es soweit in Ordnung. Sie machte einen zufriedenen Gesichtseindruck als sie mich sah: "Na Gerald, wie gefällt es dir hier. Es tut mir leid, wenn es dir alles so schnell ging, aber wir mussten handeln."
"Ist es Zufall, oder wolltet ihr mich auf euer Schiff entführen."
"Es war notwendig, dich zur Defector Inc. zu bringen. Nur du kannst uns helfen, etwas mehr über unsere ehemalige Niederlassung zu erfahren..."
"Was zur..."
 

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Und schon geht's zum 6. Kapitel: Die falsche Beute
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Denkt bitte daran: auch diese Geschichte nimmt am Drachentaler-Wettbewerb teil.
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