NIDADIN von Marcel Möller |
Eine Geschichte zwischen zwei Völkern |
Die Nicht-Loyalen |
Als ich wieder zu mir kam, befand ich mich in einem großen Raum, gefüllt mit allen möglichen Geräten. Hier und da blinkten Lichter, aber ich konnte nicht genau erkennen, wo ich war . Noch völlig verschwommen sah ich einige Leute, die sich fröhlich unterhielten. Ich hatte schreckliche Kopfschmerzen und konnte die Augen kaum öffnen. Plötzlich hörte ich eine Stimme, die durch den Raum hallte: "Er kommt wieder zu sich. Endlich." Ich war noch zu benommen um mich zu bewegen, also nahmen mich zwei Personen an den Armen und stützten mich, während ich mit aller Mühe versuchte, mich aufzurichten. Als ich es endlich geschafft hatte, wurde mir wieder klar vor Augen und ich sah in die Gesichter der Besatzung von Omega 4. "Hallo Scherald, du Langschläfer." Diese Stimme erkannte ich sogar ohne die Person zu sehen. "Flint, mein Gott bin ich froh dich zu sehen. Was ist mit mir geschehen?" "Du hattest eenen Unfall. Eenige Zeit worst du ohnmächtig, kannst wahrscheenlich keene großen Menschenmengen vertragen. Du hast eene schwere Kopfverletzung abbekommen. Wir hamm dich mit off das Shuttle Delonga genommen. Zum Glück war Dr. Manrow an Bord. Du bist in einem komaartichen Zustand gefallen, aber er sachte es wäre nischt Ernstes. Die medizinischen Helfer off der Station musste diese aach verlassen, deshalb konnte mer dich net dort lassen." Oh Mann, ich muss mehrere Stunden in der Dunkelheit verbracht haben, das hätte bös‘ enden können. Doch daran dachte ich lieber nicht, etwas Wichtigeres interessierte mich jetzt: "Wo ist der Doktor jetzt? Ich würde ihn gerne was fragen.", sagte ich zu meinem Cousin. "Der schläft jetze tief und fest. Du hast ihn ganz scheene off Trab gehalten." Dann würde ich eben warten, bis er aufwacht. Ich erholte mich erstaunlich schnell, selbst Flint war verwundert. "Wie lange sind wir schon unterwegs.", fragte ich ihn neugierig. "Unjefähr 14 Stunden, der Weg zum Kommandostützpunkt is lang, hoffentlich warten die Doofköppe dort auf uns. Die Raumgleiter der Stationen im Omega-Komplex sind nicht gerade de besten. Nur de ach so wichtigen PRC-Alphastationen entlang der Grenze bekommen de neuen Sprungschiffe, die mit Überlichtgeschwindigkeet durch das All sausen. Wir fliechen mit eenen veraltetem Raketenantrieb, da könne die nicht glaaben, dass wir mal schnell von einem Quadranten zur Grenze des Anderen fliechen könne." Ich verstand Flints Aufregung. Die Meldung, dass es eine wichtige Besprechung gab, konnte nicht so dringend sein, wie die PRC behauptete. Ich kannte sie und wusste, dass sie dringende Meldungen immer verfrüht aussendete. Die Forschungsgesellschaft wollte eben, dass auch die Mitglieder, die auf den Raumstationen am anderen Ende des Quadranten stationiert waren, pünktlich ankamen. Die Omega-4 Station war nun mal so eine und deshalb würden wir mit die Letzten sein, die am Kommandostützpunkt ankommen. Unser Shuttle war wirklich so, wie Flint es beschrieb: Langsam und primitiv ausgestattet. Dennoch war es größer, als es von außen den Anschein hatte und ungefähr 30 PRC-Mitglieder, einschließlich mir waren an Bord. Flint hatte anscheinend keine Zeit mehr, nach Epsilon 2 zurückzukehren, deshalb flog er wohl mit uns mit. Nach ein paar Stunden, in denen ich mich mit meinen Aufzeichnungen beschäftigte, die Flint freundlicherweise mitnahm, atmete der Pilot erleichtert auf und sagte erfreut: "Hey Jungs, wir sind endlich da! Und wir haben auch schon Landeerlaubnis, unsere Kollegen in den anderen Shuttles auch. Scheint so, als ob alles in Ordnung wäre." Flint machte einen zufriedenen Gesichtsausdruck: "Ach scheene, endlich sind wir da." Im Shuttle ging ein wildes Gerenne los. Einige holten ihre Arbeitsklamotten raus, die sie während des Fluges durch bequemere Freizeitkleidung ersetzt hatten. Andere schnappten sich schnell ihre Forschungsunterlagen und Datenpads die überall im Schiff verteilt waren. Ich nahm in aller Ruhe meine Aufzeichnungen mit und wartete mit den Anderen. Nach erfolgreichem Landemanöver auf Rampe 3 des Kommandopostens konnte ich es kaum erwarten, aus dem Shuttle rauszukommen. Das erste was ich sah, war der Adler, ein Symbol, das überall da ist, wo die PRC ihre Finger im Spiel hat. Dieser Adler umklammerte einen Planeten und hob seinen Kopf voller Stolz in die Höhe. Ich hatte Hunger wie ein Wolf, konnte nun aber nicht zur Kantine rennen, wir wurden ja noch nicht empfangen und darauf musste ich leider warten. Aus den hinteren Reihen stolzierten Personen in PRC-Standarduniform. Sie arbeiteten wahrscheinlich in direkter Verbindung mit der Company. Das Schott öffnete sich langsam. Endlich kam der Commander der Station zu uns, gefolgt von zwei ranghöheren Offizieren der Security-Army. Es war ein, schon etwas angegrauter, Mann in einer schwarzen Uniform, die mit vielen Verdienstorden geschmückt war. Sein fülliges, grau-schwarzes Haar war kurz geschnitten. Der Vollbart erinnerte mich an meinen Vater, er erzählte mir, wie attraktiv so etwas sei. Meiner Meinung nach sind Vollbärte hässlich, ich selbst habe nur einen Schnauzer, der mir sehr gefällt. Die eben vorgetretenen Personen nahmen Haltung an. In einer Reihe standen sie vor uns, ihre linke Hand seitlich zur Stirn gehoben. Da war ich doch froh, dass ich nicht einer von denen bin. Diese Stellung kam mir irgendwie albern vor. Der Commander begrüßte uns mit der gleichen Bewegung und sagte: "Willkommen auf dem Kommandostützpunkt der PRC. Ich bin Commander Sheffield. Wir bedauern sehr, dass sie so weit reisen mussten, aber es war notwendig." Im Hintergrund sagte Flint mit murmelnder Stimme: "Na freelich!" Doch Sheffield war sehr hellhörig. "Das habe ich gehört. Treten Sie vor und nennen Sie mir Ihren Namen!" Flint senkte seinen Kopf, als ob er sich schämte. "Schauen Sie mich an, wenn ich mit Ihnen rede. Wie heißen Sie?" "Flint Hamley, Sir. Es tut mir leed das..." "Ruhe! Ich habe Sie nur nach Ihrem Namen gefragt!" Ich hatte das Gefühl, als ob dieser Commander noch eine Menge Ärger machen würde. Dieser Verdacht sollte sich noch bestätigen. "Sie sind also Flint Hamley. Ich habe schon viel von Ihrer Forschung gehört. Sie sollen ja der fähigste PRC-Agent im Epsilon-Komplex sein." Flint zögerte. "Daher, Mr. Hamley, verschone ich Sie diesmal. Aber wenn ich noch einmal so eine abfällige Bemerkung höre, dann wird sich Ihr Ruf schnell ändern, ins Negative natürlich, hähähähä!!" Dieses Lachen gefiel mir überhaupt nicht, es hatte so etwas... mhhh... etwas unnatürliches an sich. Er setzte nun seine Rede fort: "Das gilt für alle von Ihnen. Ich bin nicht immer so zuvorkommend wie eben, also tun Sie nichts Unüberlegtes. Doch nun zur Sache. Wir haben alle höheren PRC-Mitglieder und Forschungsbeauftragten im Garlos System zusammengerufen, weil wir wichtige Meldungen besitzen. Die Details erfahren Sie bei der Konferenz in 2 Stunden. Fühlen Sie sich hier wie zu Hause und versuchen Sie, jedem Ärger aus dem Weg zu gehen." Endlich konnte ich mir etwas zu Essen holen, anscheinend waren wir doch nicht die allerletzten Garlosser, so nannten wir alle, die auf den Stationen des Garlos-Systems arbeiteten bzw. lebten, die gelandet sind. Die zwei Offiziere begleiteten Sheffield nach draußen, kurze Zeit später suchte ich die ganze Station nach der Kantine ab. Das war schwierig, denn zum Einen war der Stützpunkt riesengroß und außerdem war ich noch nie auf einer Alpha-Raumstation gewesen. Diese Raumstationen wurden nur für die Grenzen zwischen den Systemen gebaut. Protzig und budgetfressend zugleich waren sie ein Zeichen der Macht der PRC. Für uns >Hinterwäldler< blieb ja kein Geld mehr übrig. Unsere billigen Raumstationen waren nur mit dem Nötigsten ausgestattet. Naja, man konnte es verkraften. Da findet sich man wenigstens zurecht. Hier im Stützpunkt verläuft man sich ja regelrecht. Auf meinem Weg durch die Korridore der unendlich vielen Start- und Landerampen sah ich zum ersten Mal eines der sagenumwobenen Sprungschiffe aus der Nähe. Unsere Shuttles waren im Gegensatz zu diesem Gleiter eine Konservendose. Ja, diese Schiffe waren wirklich atemberaubend und natürlich sehr schnell. Ein Raumschiff mit Lichtgeschwindigkeit zu fliegen, der Traum jedes Piloten. Ich bewunderte diesen Anblick, ja fast erstarrt war ich vor der Schönheit, die mich anblickte. Als würde sie wissen, was ich denke. Die Sonnensegel, am Heck des Schiffes angebracht, waren die Hauptenergiesammler. Da sich Wasserstoff als potenzieller Energieträger bewährt hat, machten es sich diese Segel zum Auftrag das Element aus dem interstellaren Raum zu sammeln. Durch ein spezielles Verfahren wird der Wasserstoff zu fast 100% fusioniert. Dadurch ensteht die Energie, die der Photonenantrieb benötigt. Um das Schiff >aufzutanken< muss es sich für kurze Zeit in der Nähe der Sonne eines Raumsystemes befinden. In wenigen Minuten ist die ganze Prozedur abgeschlossen. Diese Technik brachte die neue Ära der Lichtgeschwindigkeit. Ein Meilenstein in der jahrelangen Forschung der PRC. Diese Sprungschiffe standen repräsentativ für alles was die Company jemals geschaffen hatte. Ich fragte mich immer was denn nun passieren würde, wenn der >Treibstoff< während eines Fluges trotz genauen Berechnugen aufgebraucht ist. Nun, ich fand heraus, dass die Sprungschiffe einen alternativen Raketenantrieb besitzen, wie in unseren Shuttles. Da war wirklich alles bis ins kleinste Detail geplant. Ach ja, ich hatte immer schon den sehnlichen Wunsch gehabt, so ein Ding zu fliegen oder wenigstens mitzufliegen, leider hatte man mir nie die Gelegenheit dazu geboten. Vielleicht eines Tages, irgendwann. Mein Magen holte mich aus dem Gedankenreich und lenkte mich weiter in Richtung Turbolift. Dort angekommen schaute ich mir die Stationskarte an. Wahnsinn, elf Decks hatte dieser Koloss. Nur die Kantine konnte ich nicht finden. Jetzt hatte ich genug der Geheimniskrämerei, ich fragte einfach jemanden der herumlaufenden Leute. Davon gab es ja genug. Ich sprach eine junge Dame an, die nach ihrer Uniform zu urteilen von den Gamma-Stationen angekommen war. Ihrem Abzeichen zu Folge war Sie ein Nachrichtenoffizier. "Entschuldigen Sie?" Die Dame drehte sich zu mir herum. "Ja, Mr.." "Manley, Gerald Manley." Ihre Augen weiteten sich: "Mr. Manley, der Forscher?" Ich war überrascht über diese Reaktion. "Sie sind doch der Leiter des Projektes über den Planten Adin im Epsilon-Komplex, nicht wahr?" "Ja, der bin ich. Warum fragen Sie?" Die Frau schaute mich an, als ob ich unwissend wäre: "Wissen Sie es denn noch nicht? Der Planet ist hier auf der Station Thema Nummer eins. Kaum jemand spricht mehr von etwas Anderem." Es war mir nicht ganz klar, warum gerade der Planet Adin im Gespräch war. "Was ist denn mit dem Planeten, hat es etwas mit meiner Sonde zu tun?" "Hat Ihnen noch niemand gesagt, was mit Ihrer Sonde geschehen ist?" Ich hatte es Flint versprochen also tat ich überrascht: "Nein, Madam. Ich habe seit unserer Abreise nichts mehr von ihr gehört." Die Frau sagte empört: "So eine Schweinerei." Dieses Wort kam mit einem richtig wütenden Ton heraus. "Die PRC erzählt noch nicht mal den Leiter eines Projektes die Wahrheit. Sie tun mir irgendwie leid. Ich habe es auch nur flüchtig mitbekommen, aber Ihre Sonde scheint durch einen ungeklärten Grund verfrüht auf dem Planeten aufgeschlagen sein." "Was heißt das, die Sonde ist wohl zerstört worden?" Mein Hunger war irgendwie wie weggeblasen, auch wenn ich die Neuigkeit schon wusste. "Nicht ganz, Mr. Manley." "Seien Sie nicht so förmlich, sagen Sie einfach Gerald zu mir. Wie heißen Sie denn?" Die Frau lächelte: "Na gut. Ich heiße Juliet Feron, aber sagen Sie ruhig Julie zu mir. Also, ich hörte einigen PRC-Mitgliedern zu, als sie erzählten, wie die Sonde schwer beschädigt auf den Planeten zuraste. Dann erzählten sie etwas über einen Riss in der obersten Schicht, was immer das auch heißen mag. Jedenfalls soll die Sonde genau dann durchgekommen sein, als dieses besagte Loch für kurze Zeit offen war. Dann wurde der Kontakt zur Sonde immer unklarer, bis es dann ganz verschwand. Das Loch schloss sich, aber alle PRC-Vorsitzende erzählen über unerklärbare Daten während der Landung. Aber sie reden hier nicht so viel darüber, um die Öffentlichkeit und die Presse nicht aufzuscheuchen." Diese Informationen waren mehr als merkwürdig. Ich erinnerte mich an das, was Flint mir erzählte. Wie unser Funkkontakt blockiert wurde, wie das Vergessene auftauchte, wie die Sonde abstürzte. Und jetzt soll sie durch eine der seltenen Turbulenzöffnungen hindurchgeflogen sein? Das ist mehr als Zufall. Ich denke ich weiß jetzt, warum wir hierher beordert wurden. Alles wurde jetzt klarer. "Gerald, habe ich Sie beunruhigt? Es tut mir leid, dass ich einfach drauf losgequatscht habe." Ich war nicht unruhig, nein, eher kam der Hunger wieder zurück: "Eigentlich wollte ich Sie ja nur fragen, ob Sie zufällig wissen, wo hier die Kantine ist. Ich habe seit 15 Stunden nichts mehr gefuttert." "Eine Kantine werden Sie hier kaum finden. Die PRC hat ihre gesamten Gelder für diese Station in Technik investiert. Nun, sie mussten wegen Geldmangel anscheinend Arbeitskräfte einsparen. Deshalb ersetzte die PRC-Technikabteilung die Köche durch Protein-Nahrungscomputer. Es erstellt verschiedene Proteine auf künstlichen Weg, setzt die richtigen Geschmackstoffe und visuellen Muster hinzu, um es für uns akzeptabel zu machen." So eine Technik hatten wir bei uns nicht. Aber die Köche waren mir auch lieber. Doch mein Magen war entschlossen genug, um dieses >Künstliche Essen< zu mir zu nehmen. "Wo finde ich diese Computer?" Julie führte mich zum Turbolift. "Eigentlich sind diese Dinger in jedem Quartier der Station, aber wir haben ja keine bekommen. Also gehen Sie am besten zum Casino. Da müssen Sie zu Deck 5, dann rechts und dann..." "Ähhh... im orientieren war ich noch nie gut. Können Sie mir den Weg nicht zeigen, Julie?" "Na gut, aber nur wenn Sie mir etwas spendieren." Damit war ich natürlich einverstanden, erstens konnte ich einer netten Frau nichts abschlagen und zweitens gab es ja alles umsonst. Unterwegs erzählte mir Julie, dass sie vor 3 Monaten auf einer Station im Gamma-Sektor ihren neuen Job als Nachrichtenoffizier angetreten hatte. Vorher diente sie im Terra-Sonnensystem als Planetenforscher, genau wie ich heute. Als sie eine der Sonden ohne Genehmigung auf einen NLF-Planeten losschickte wurde sie ins Garlos-System strafversetzt, als Kommunikationsoffizier. Das ist einer der langweiligsten und einseitigen Arbeiten, genau das richtige Strafmaß für einen nichtautorisierten Sondenabschuss, dachte die PRC sicherlich. Während der Lift noch in Richtung Deck 5 fuhr, piepste es plötzlich aus Julies Richtung. "Was ist das für ein Geräusch?" Julie holte aus ihrer Tasche ein kleines Gerät, das eine rechteckige Form und einen kleinen Bildschirm in der Mitte hatte. Mit einer seltsam unruhigen Stimme sagte sie mir: "Ähhh, das ist nur ein Fernsprechgerät. So was muss ich als Nachrichtenoffizier immer dabei haben." Eine logische Antwort, aber trotzdem merkwürdig. Die Tür des Lifts ging auf. Julie hatte es eilig: "Zum Casino müssen Sie einfach geradeaus gehen. Ich habe dringend was zu erledigen!" Das Gerät piepste immer noch. "Aber ich," "Los, gehen Sie. Ich komme später nach." Es kam mir schon komisch vor, aber ich ging trotzdem zum Casino. Im Hintergrund hörte ich noch leise einen Satz, der aber in der Halle verstummte: "Du weißt doch, dass du mich hier nicht ansprechen sollst..." Das war das Einzige, was ich davon verstand. Aber ich wollte mich nicht in die Gelegenheiten anderer Leute einmischen, ich bin ja schließlich nur ein PRC-Planetenerkunder und kein Spion der Army. Also ging ich zum Casino. Es war vollgestopft mit allen möglichen Personen. Army-Leute, PRC-Mitglieder und weitere Menschenmassen. Ich erkundigte mich nach diesen komischen Computern, wo daraufhin eine unfreundliche Stimme sagte: "Da drüben an der Wand, Blödmann!" Ich hätte diesem Kerl gerne eine runtergehauen, aber ich dachte an die Worte von Sheffield und beschloss dann lieber nicht ausfällig zu werden. Als ich am Protein-Nahrungscomputer ankam sah ich keinen einzigen Knopf und nichts, was das Ding anschalten könnte. So war es auch bei den anderen vier Geräten. Ich kam mir irgendwie blöd vor, schien ich doch der Einzige hier zu sein, der sich nicht damit auskannte. Voller Wut schimpfte ich mit dieser blöden Maschine: "Weißt du was, die Kantinenleute zu Hause hätten mir jetzt schon lange einen großen Teller überbackenes Würzfleisch mit einem Schuss Wochestersoße und einem Glas Mineralwasser gebracht." Das war mein Lieblingsmenü daheim. Plötzlich brummte das Gerät auf. Ein paar Lichter blinkten im Inneren auf. Dann öffnete sich die Klappe und heraus kam genau das, was ich wollte. "Aha, man muss also nur da hineinsprechen, tolle Sache. Hoffentlich schmeckt das auch." Ich setzte mich an einen freien Tisch, nahm mir Besteck und kostete das Würzfleisch. Es schmeckte zwar nicht annährend so gut, wie selbstgemacht, aber es mundete mir trotzdem. Ich fand es faszinierend, was die Technik alles leisten konnte. Während ich aß, hörte ich zufällig ein Gespräch gegenüber am anderen Tisch mit. "...zerstört. Wenn ihr mich fragt, dann wollte dieser Gerald, dass die Sonde abstürzt, vielleicht ist er einer von ihnen. Wer sonst würde die Kommunikation im Omega-Sektor ausschalten wollen. Es ist doch mehr als ein Zufall, dass sie genau vor dem Zielort der Sonde ausfiel, oder?" "Du könntest Recht haben. Vielleicht will Mr. Manley verhindern, dass die PRC Daten über diesen Planeten bekommt." "Es könnte auch sein, dass die Sonde so programmiert wurde. Wer weiß das denn?" Dann tuschelten sie, so dass ich nichts mehr verstehen konnte. Ich konnte es nicht glauben, diese Verrückten dachten wirklich, dass ich die Sonde abstürzen ließ. So ein schwerer Vorwurf konnte mich zu einem nicht-loyalen Mitglied machen. Ich wusste zwar, warum die Sonde abstürzte und dass ich nichts damit zu tun hatte, aber wie sollte ich das den Vorsitzenden erklären, wenn diese Idioten so etwas bei der Besprechung ausplauderten. Mir war das Essen vergangen also stellte ich das Tablett auf eine kleine Metallscheibe auf der "Essens-Entsorgung" stand. Wieder brummte es und die Reste verschwanden in einem kurzen Lichtblitz vom Tablett. Ich dachte wieder an Julie und fragte mich, wo sie sein könnte. Ohne dass ich mir viele Gedanken darüber machen konnte, donnerte eine Stimme aus dem Lautsprecher, der zentral an der Decke befestigt war: "Sofort alle PRC-Mitglieder und Forschungsbeauftragten des Garlos-Systems zum Konferenzsaal. Die Besprechung wurde vorverlegt." Das war Commander Sheffield, diese rohe Stimme hatte ich nicht vergessen. Ich verließ das Casino und traf auf dem Weg zum Turbolift Julie. "Hallo Gerald, ich habe leider keine Zeit alles zu erklären. Ich muss mich jetzt schnellstens mit Commander Sheffield treffen, bevor die Besprechung beginnt. Wir sehen uns nachher wieder." Verwundert kratzte ich mich am Kopf und ging weiter zum Fahrstuhl. Dort stand eine große Menschenmenge, die mich an Omega 4 erinnerte. Zum Glück war nicht so eine Enge, sonst wäre mir wieder schwarz vor den Augen geworden. Ich war erleichtert, als mich der Lift sicher nach oben transportierte. Zusammen mit einigen miesgelaunten Leuten verließ ich die enge Kammer und ging zum Versammlungsraum. Dort hatten schon fast alle Platz genommen. Mir kam dieser Raum unglaublich groß vor. Er war zwar genauso steril, wie alle anderen Räume hier, aber irgendetwas faszinierte mich an ihm. Ich weiß nicht ob es das unvorstellbare Ausmaß war, welches locker mit vier Fußballfeldern samt Tribüne gefüllt werden könnte, oder ob es der grandiose Ausblick war, der den Weltraum in seiner ganzen Pracht zeigte. Die Baumeister dieser Station müssen Jahre, vielleicht Jahrzehnte gebraucht haben, um dies alles zu erschaffen. An einer der großen Wände glänzte der Eagle of Destiny in einer Pracht, wie ich es noch nie gesehen hatte. Er hielt den Planeten fest umklammert, er gehörte ihm und niemand würde ihn dazu bringen können, ihn loszulassen. Er spiegelte die Charakterzüge der PRC wieder. Irgendwie schien ich der einzige Mensch zu sein, der sich interessiert umschaute. Alle anderen grummelten und setzten sich auf ihr faules Sitzfleisch. Im Hintergrund erklang eine mir vertraute Stimme: "Scherald, da bist du ja!" Ich brauchte einen Moment, bis ich Flint in der Menschenmasse zu sehen bekam. Er saß einige Plätze neben dem Podest, an dem der Commander seine Rede halten würde. "Beäl dich, Scherald. Ewig kann ich den Platz bestimmt nich mehr freehalten." Das war leichter gesagt als getan, denn ich musste erst mal um den ganzen Tisch herumlaufen und das dauerte wegen der enormen Länge etwas. Ich setzte mich neben Flint und fragte ihn: "Sag mal, hast du schon mal so etwas großes gesehen. Das ist unglaublich, so was gibt es nicht mal im PRC-Hauptquartier im Garlos-System." Flint machte eine gelangweilte Miene: "Ach weeßt du, ich war vor vielen Jahren hier im Dienst, musste Forschungsanträge unterzeechnen und Berichte schreeben. Glaub mir, wenn du hier so lang wie ich gearbeetet hättest, dann käme dir das nich so unglaablich vor." Wahrscheinlich hatte er Recht, also zuckte ich mit den Schultern und wartete zusammen mit meinen Aufzeichnungen auf den Beginn der Konferenz. Ich machte mir immer noch Sorgen um die verrückten Leute im Casino, die mich für die Zerstörung der Sonde verantwortlich machten. Als ich meine Besorgnis Flint ins Ohr flüsterte, begann er zu lachen: "Mein Gott Scherald, das waren doch sturzbesoffene Kerle, die Alles und Jeden verantwortlich mache. Mach dir doch keenen Kopf darüber." "Wenn du meinst. Aber... Na endlich, da kommt der Commander." Ja, Sheffield war im Anmarsch, aber Julie waren nirgends zu sehen. Ich schaute kurz in die große Menschenmasse, aber irgendwie sahen da alle gleich aus. Vielleicht saß sie ja irgendwo in den hinteren Reihen. Der Commander stieg mit gehobenen Kopf auf das Podest, testete das Mikrofon und begann seine Rede, die er fein säuberlich von einem >Spickzettel< ablas. "Sehr geehrte Mitglieder und Arbeiter der PRC, Sie fragen sich sicher, warum Sie so weit reisen mussten, nur für eine Besprechung." Die Stimme durchdrang den Raum wie ein Holzwurm ein Brett. Seine Stimme klang kalt, aber glaubwürdig. "Zu aller erst möchte ich Ihnen allen sagen, dass diese Besprechung in die Geheimhaltungsstufe 1 eingestuft wird, Sie wissen was das bedeutet." Natürlich. "Keine zivile Person, kein PRC-Mitglied im Terra-System und niemand anderes außerhalb dieses Raumes darf vom Thema dieser Konferenz Wind bekommen. Die Folgen wären verheerend und würden große Panik auslösen, also halten sie sich um Gottes Willen an diese Anweisung." Er schien es ernst zu meinen. "Wie Sie alle wissen, ist die Aufgabe der PRC die Erforschung und eventuelle Kolonarisierung fremder Planeten und das Vordringen in immer weitere Galaxien." Dann hielt er einen ewig langen Vortrag über die glorreiche Arbeit der PRC, die Fehltritte, für die aber immer irgendjemand anders verantwortlich war und die erfolgreiche Erforschung der Planeten. "Seit mehr als 1000 Jahren ist die PRC jetzt schon durch die Galaxis gereist, hat aber bis jetzt noch keine ungewöhnlichen Planeten entdecken können. Doch eines Tages bahnte sich ein Sprungschiff seinen Weg zurück zum Stützpunkt, als es plötzlich ungewöhnliche Werte auf den damals noch primitiven Scannern bemerkten. Sie zeigten einen Planeten an, der eine mysteriöse Eigenschaft hatte. Zwei Sonnen umkreisten ihn und die Scanner konnten aus irgendeinem Grund keine Daten von der Oberfläche erhalten." Es ging also um Adin, war das Zufall? "Als sich im Laufe der Zeit die Technik weiterentwickelte, versuchte die PRC vergeblich, Sonden auf den Planeten zu schicken. Zum Entsetzen der Forscher wurde jede einzelne von ihnen zerstört. Doch dann im Jahre 2389 meldete sich ein junger Forscher freiwillig, um eine Sonde so zu modulieren, dass sie wenigstens vom Orbit aus Daten über die Beschaffenheit hergab." Ich starrte Flint sehr verwundert an, er lächelte. "Und tatsächlich, er schaffte es, die Sonde so zu verändern, dass sie uns fast perfekte Daten über die Atmosphäre, Ionosphäre und Stratosphäre des Planeten gab. Leider konnten wir nicht herausbekommen, ob irgendetwas da unten war, obwohl wir erdähnliche Beschaffenheiten erkennen konnten. Der Planet wurde und wird heute immer noch von einer mysteriösen Atmosphärenoberschicht umklammert, die chemische Reaktionen durch die Sonnen auslöst, die den Planeten für circa 13 Stunden erhellen und dann für nochmals 13 Stunden verdunkeln lassen. In unregelmäßigen Abständen bilden sich Risse in dieser Schicht, aber sie sind zu instabil und kurzweilig, um Sonden, geschweige denn Schiffe hindurchzuschicken. Sie würden zerrissen werden und das nützt uns auch herzlich wenig." Während er noch längere Zeit über die chemischen Zusammensetzungen der Atmosphäre, den Temperaturverhältnissen und so weiter erzählte (wen interessiert denn sowas), dachte ich über Julie nach. Wo war sie nur, sie wollte doch mit Sheffield reden. Aus Langeweile wurde Müdigkeit, mir kam dieser Vortrag wie eine Ewigkeit vor. Ich hoffte er würde bald auf den Teil kommen, der geheim gehalten werden soll, vielleicht wäre das spannender. Ich konnte mir zwar denken worum es ging, aber warum musste dieser Commander so viel um den heißen Brei reden. Flint stupste mich kurz an: "Hey Scherald, schloaf net een. Es geht schließlich um dein Forschungsgebiet." "Das ist leicht gesagt, bei dem Gefasel kann man doch nur einschlafen." Ich hörte, wie die Stimme von Sheffield immer leiser wurde. "Wo sind die nur alle hin?"
"Und so möchte ich den Forschungsleiter des Planeten 4654a Adin
zu mir ans Rednerpult bitten, damit er uns etwas zu seinem Projekt sagen
kann. Mister Gerald Manley, bitte treten Sie vor...Mr. Manley, bitte treten
Sie vor! Verdammt, wo sind Sie denn?"
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Denkt bitte daran: auch diese Geschichte nimmt am Drachentaler-Wettbewerb
teil.
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