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Shatahr
14. Jastjar, Anno 1035
Likah stand still und unbeweglich an der Brüstung der Stadtmauer.
Sein Gesicht verriet die innere Anspannung nicht, die ihn erfasste, als
er die Armee der Angreifer sah.
"Wirklich beeindruckend, nicht wahr?" Likah nickte nur stumm und
blickte zu Arton, der zu ihm getreten war. Seine Augen blitzten herausfordernd,
als er weiter sprach: "Als man uns anheuerte, hat uns niemand gesagt, mit
WEM wir es zu tun bekommen."
Likah lachte nur abfällig: "Sie hatten wohl Angst, wir würden
ablehnen."
"Und uns diese Herausforderung entgehen lassen? Warum sind wir wohl
Söldner geworden?"
Likah legte einen nichtssagenden Blick auf und wendete sich die
Schultern zuckend wieder den Angreifern zu.
Nach einiger Zeit schüttelte Likah plötzlich den Kopf:
"Nein, das gefällt mir nicht", murmelte er leise vor sich hin.
Arton blickte ihn verwirrt an: "Was?"
Likah schüttelte wieder den Kopf. "Es sind zu wenig."
"Wie!?" Arton riss die Augen auf und starrte auf die Ebene. "Das
sind mindestens zwei Zenturien!"
"Zu wenig", beharrte Likah.
Verständnislos schüttelte Arton den Kopf. "Freu dich doch...."
Jedoch klang es nicht überzeugt.
Likah drehte sich ruckhaft um und lief zu Baron Curtax, der gerade
angespannt mit Likahs Kommandeur Lortac sprach.
"Baron, Sire." Likah verneigte sich kurz.
"Was ist?" fragte Lortac unwirsch.
"Bitte verzeiht, doch ich glaube, uns wurde eine Falle gestellt."
"Wie!?!" Lortac verlor jegliche Fassung.
Likah blickte ihn ernst an: "Seht Euch die Angreifer an. Es sind
zu wenige. Mit denen könnte man diese Stadt doch nicht einmal ernsthaft
bedrohen."
Langsam drehte Lortac sich zu Baron Curtax. "Gibt es geheime Ausgänge
aus der Stadt?" fragte er nachdenklich.
"Natürlich", nickte der Baron. "Wie in jeder Stadt."
"Dann vermute ich einen Verräter", murmelte Likah, der den
Grund für die Frage augenblicklich verstanden hatte.
"Einen Verräter!?" fragte der Baron fassungslos.
Lortac nickte nur ernst: "Ja."
"Wie, bei allen Göttern, kommt Ihr darauf, dass es einen Verräter
gibt?" Verärgert schlug Baron Curtax mit der flachen Hand auf den
Tisch. "Ihr habt keine Beweise!"
Likah, Lortac und Baron Curtax saßen in einer kleinen Stube
eines Wachhauses, um unbelauscht sprechen zu können.
Likah lächelte nur leise über diese aufgebrachte Frage.
Lortac jedoch lehnte sich vor. "Also gut. Noch einmal von Vorne:", seufzte
er und blickte den Baron ernst an, "wie Likah bereits gesagt hat, sind
es unerwartet wenige Angreifer. Lord Feiryn weiß, dass Ihr uns angeheuert
habt und er weiß auch um unsere Stärke." Er nahm einen großen
Schluck Wein. "Also, warum greift er nur mit zweihundert Mann an?"
"Weil er sich überschätzt", beharrte der Baron. "Er versteht
nichts von Kriegführung."
Likah lachte amüsiert vor sich hin, als er Lortacs entgleiste
Gesichtszüge sah. Schließlich machte Lortac eine ärgerliche
Handbewegung. "Nein!" fauchte er den Baron an. "Denkt doch einmal nach!"
Das Gesicht des Barons verfärbte sich tief rot. "Wie könnt
Ihr es wagen, so mit mir zu sprechen?!" fuhr er Lortac an.
Lortacs Blick wurde eisig. "Ihr wollt einfach nicht einsehen", antwortete
er kühl.
"Verzeiht, Baron", mischte Likah sich nun ein, "aber was Sire Lortac
zu erklären sucht, ist, dass wir einen bestimmten Plan hinter dem
Vorgehen des Lords vermuten."
Baron Curtax wurde still und blickte Lortac an. "Welchen?"
Lortac lächelte und lehnte sich wieder zurück. "Ich vermute,
dass dem Feind einer oder mehrere dieser Geheimgänge bekannt sind.
Und woher weiß er davon?" Er blickte den Baron fragend an. "Jemand
muss es ihm verraten haben", beantwortete er seine Frage selbst, als der
Baron schwieg.
Baron Curtax starrte lange Zeit schweigend auf seinen Weinkelch.
"Und dafür kommt nur ein Verräter in Frage", murmelte er tonlos
vor sich hin.
"Also wird die Hauptarmee uns angreifen und ablenken, damit ein Stoßtrupp
durch die Geheimgänge eindringen kann?" wiederholte der Baron Lortacs
Vermutung.
Lortac nickte. "Wahrscheinlich werden sie in der Abenddämmerung
oder während des Morgengrauens angreifen", mutmaßte er.
"Warum nicht nachts?" fragte der Baron verständnislos.
Likah lächelte nachsichtig, während Lortac einen Stoßseufzer
an den Himmel schickte. "Ihr Götter!" flehte der Hauptmann. "Warum
kann dieser Mann nicht einmal mitdenken?"
Baron Curtax stieß wütend die Luft aus. Likah verkniff
es sich mit größter Mühe, lauthals loszulachen. Lortac
warf Likah einen warnenden Blick zu und wendete sich dann wieder Baron
Curtax zu: "Es widerspricht der Ehre eines Adelmannes, des nachts anzugreifen",
erklärte Lortac in einem großzügigen Ton, "aber auszuschließen
ist es nicht ganz. Doch ich denke, Lord Feiryn wird sich zumindest an diese
Sitte halten."
Baron Curtax schwieg längere Zeit und starrte nachdenklich
vor sich hin. Auch Lortac und Likah versanken in nachdenklichem Schweigen.
"Und was schlagt Ihr vor, das wir unternehmen?" fragte der Baron
endlich in die Stille hinein.
Lortac lachte leise. "Nicht viel", gab er zu, "wir könnten
die Geheimgänge bewachen, aber das wäre nicht besonders klug.
Wir würden den Verteidigungsring zu sehr schwächen. Der Feind
würde es auch bemerken und mit ganzer Stärke angreifen. Dem hätten
wir dann nichts entgegen zu setzen. Und außerdem wissen wir nicht,
ob Euch wirklich alle Gänge bekannt sind." Er schüttelte den
Kopf. "Wenn wir wüssten, welche Gänge dem Lord bekannt sind",
murmelte er zu sich.
"Wir brauchen doch nur den Verräter zu finden und ihn ausfragen",
sagte der Baron, während er mit der Faust auf den Tisch schlug.
Likah hob eine Augenbraue. "Unmöglich", das war das einzige,
was er zu sagen hatte. Lortac nickte nur stumm.
"Warum?" fragte der Baron verblüfft.
Likah stand lachend auf und ging zum Fenster. "Ihr versteht wohl
gar nichts von Militärpolitik?" fragte er amüsiert. Curtax wurde
dunkelrot, doch das interessierte Likah nicht. "Hat Euch Euer Vater überhaupt
nichts beigebracht?" Er seufzte. "Und so etwas passiert, wenn man einem
Jüngling das Land überlässt... Ihr müsst noch viel
lernen."
"Likah!" Lortacs Tonfall zeigte, dass er sehr wütend war. "Noch
so etwas und Ihr verlasst auf der Stelle den Raum!"
Likah presste die Lippen aufeinander und wendete sich wieder zum
Fenster.
Lortac schüttelte den Kopf. "Bitte verzeiht ihm, Baron", entschuldigte
er. "Nun ja. Um wieder zurück zu kommen: Es ist schwer, einen Verräter
ausfindig zu machen. Es bedarf großer Vorsicht und viel Zeit. Und
Zeit ist ein Luxus, den wir leider nicht haben."
"Und was sollen wir dann machen?" fragte Curtax. Lortac starrte
auf seine Hände und schwieg. "Soll das heißen, wir können
nichts unternehmen!?" schrie der Baron entsetzt.
"Leider..." gab Lortac zu. "Wir können höchstens die Feuer
zu Beginn der Dämmerung entzünden und einige Bogenschützen
so postieren, dass sie sowohl nach draußen als auch in die Stadt
schießen können. Wir müssen doppelt so vorsichtig sein."
"Dann kann ich gleich aufgeben..." murmelte Curtax tonlos.
"Ich wüsste noch eine Möglichkeit", mischte Likah sich
ein, "sie ist aber etwas riskant."
Baron Curtax rieb sich die Schläfen. "Es scheint doch sowieso
ausweglos", stöhnte er, "also sprecht. Hauptsache, es hilft, meine
Stadt noch einige Zeit zu verteidigen. Ich will nicht als absolut unfähig
dastehen."
Likah lächelte nur leicht: "Meine Idee mag zwar unkonventionell
sein und verrückt klingen, doch Ihr solltet sie nicht abtun, ohne
vorher genauer darüber nachgedacht zu haben."
Baron Curtax seufzte nur: "Es ist doch schon verrückt, unter
diesen Umständen die Stadt halten zu wollen. Also sprecht Euch aus."
Curtax´ Ton klang bitter.
Likah zuckte die Schultern. "Es ist ganz einfach", lächelte
er, "wir entzünden die Feuer nicht auf den Mauergängen, sondern
außerhalb der Stadt."
"Wie!?" Curtax blickte Likah an, als sei er ein Dämon. Lortac
war kreidebleich geworden. "Und die Stadt in Gefahr bringen? Damit der
Feind uns besser ausräuchern kann?" fragte er unmutig weiter.
Likah lachte lautlos vor sich hin. "Denkt doch einmal nach", zitierte
er Lortac, "wenn wir die Feuer außerhalb der Stadt entzünden,
dann kann sich niemand an die Mauer schleichen, ohne dass er in den Lichtschein
treten muss – Sofern die Feuer in einem geeigneten Abstand zueinander entzündet
werden." Er blickte erst Curtax und dann Lortac an, der nachdenklich nickte.
"So könnten wir ein Eindringen jenes Stoßtrupps höchstwahrscheinlich
verhindern", murmelte Lortac, "und die Bogenschützen übernehmen
den Rest, wenn sich jemand anzuschleichen versucht."
"Und außerdem sind dann WIR im Vorteil", lachte Likah.
"Wieso?" fragte Curtax.
"Wir können es sehen, wenn sich jemand der Mauer nähert",
wiederholte Likah, "doch wenn die Mauern in Dunkelheit gehüllt sind,
so muss der Feind in den Feuerschein sehen und kann nicht erkennen, wie
viele Männer auf der Mauer stehen."
Lortac lachte lauthals los und auch der Baron musste grinsen. "Ein
Ausfall", vermutete Curtax.
"So etwas ähnliches." Likah lächelte, während er
diese Worte sprach.
Lortac lächelte ebenfalls. "Wir drehen den Spieß um",
murmelte er, "es gibt doch sicherlich auch einen Geheimgang, der weit außerhalb
der Stadt endet?"
"Hm..." Curtax überlegte einige Zeit. "Ja. Aber nur als Fluchtweg
aus der Burg."
"Ist er der einzige?" Lortac lächelte, als der Baron nickte.
"Likah. Ihr wisst, was Ihr zu tun habt?" Likah verneigte sich schweigend
und verließ den Raum. Lortac prostete Baron Curtax zu: "Ich hoffe,
Ihr wisst, dass Ihr niemanden – wirklich niemanden – einweihen dürft?"
Baron Curtax nickte und trank seinen Wein aus. "Wenn Ihr mir folgen
wollt, so zeige ich Euch den Eingang zu dem Fluchtweg."
Es war bereits dunkel, als Likah und zwanzig Söldner im Empfangsaal
der Burg lautlos auftauchten. Die Feuer waren wie besprochen entzündet
worden und niemand wusste, warum die Söldner sich hier versammelten.
Baron Curtax und Lortac hatten wieder ihre Plätze an der Mauer eingenommen,
um keinen Verdacht zu erregen.
Likah drehte sich schließlich zu den Männern um, die
er ausgewählt hatte. Keiner von ihnen wusste bis jetzt von ihrer Sonderaufgabe.
Und sie zeigten ihren Unmut nun auch offen. Doch Likah wies sie an zu schweigen.
Langsam ging er in die Mitte des Raumes und legte den Kopf lauschend zur
Seite. Die Männer blickten zu Boden. Es gefiel ihnen nicht, dass Likah
so scharfe Ohren zu besitzen schien. Nur Arton wusste den wahren Grund
für Likahs Verhalten.
Schließlich nickte Likah zufrieden und drehte sich zu den
Männern um. "Ihr werdet mich zu einem kleinen Freigang begleiten",
sagte er lächelnd. Die Männer begannen blutrünstig zu grinsen.
Doch Likah schüttelte warnend den Kopf: "Die ganze Sache muss schnell
und sauber laufen."
Er blickte einen nach dem anderen an. Die Männer nickten nur.
Und Likah wusste, dass er sich auf sie verlassen konnte.
"Was sollen wir machen?" fragte Arton.
Cullyn lachte: "Die Waffen- und Proviantversorgung aufmischen? Oder
den Lord entführen?"
"Zweites."
Cullyn pfiff überrascht über Likahs Worte und ein erstauntes
Raunen mischte sich unter die Männer.
"Ich erwarte doch hoffentlich nicht zuviel von Euch?" fragte Likah
misstrauisch.
"Nicht doch!" Arton hatte wieder das Wort ergriffen. "Wir sind doch
nicht aufgrund von Feigheit die besten Söldner geworden!" Die anderen
nickten zustimmend.
"Gut", Likah lächelte wieder, "nähere Einzelheiten erfahrt
Ihr, wenn wir die Stadt verlassen haben. Ich traue dem ganzen hier nicht."
Likahs Miene hatte sich deutlich verfinstert.
In den Gemächern trat Likah zu dem Gemälde, das ihm von
Lortac beschrieben worden war, und drückte auf einen versteckten Knopf
an der unteren rechten Ecke des Rahmens. Mit einem leisen Schnarren schob
sich rechts von dem Gemälde eine getarnte Tür zur Seite.
Cullyn pfiff wieder: "So eine Tür hätte mein Heim auch
gebraucht", er grinste über beide Ohren, "Dann hätten die Wachen
mich nie erwischt."
"Wir wissen, dass du ein Spitzbube bist", lachte einer der Männer
und legte ihm einen Arm um die Schulter.
"War, mein lieber, war!" berichtigte Cullyn.
Likah drehte sich ärgerlich um. "Ich störe Eure Geschichtsstunde
ja nur ungern, aber würde es Euch etwas ausmachen, Euch auch durch
diese Tür zu bequemen?" fragte er gespielt freundlich.
Cullyn wurde bleich und ging sofort eine Entschuldigung murmelnd
durch die Tür. Likah blickte den jungen Mann an, der nun auch durch
die Tür verschwand. Langsam drehte sich Likah wieder zu dem Gemälde
und betätigte den Schalter erneut. Er huschte durch die sich wieder
schließende Tür. Im letzten einfallenden Licht des Raumes sah
er eine Wendeltreppe, die nach unten führte. Einige der Männer
waren bereits am Abstieg.
"Welch Glück, dass ich das sich Herumdrücken in der Dunkelheit
schon gewohnt bin", murrte Arton, "sonst würde ich mir wahrscheinlich
schon nach vier Schritten etwas brechen." Likah lachte leise.
"Hast du etwa Angst?" neckte ihn Cullyn.
Nun wurde Likah doch etwas säuerlich. "Würdet Ihr bitte
still sein?" zischte er. "Es braucht ja nun nicht jeder wissen, dass wir
hier sind!" Und die Männer schwiegen gehorsam.
Nach kurzer Zeit hatten sie sich halbwegs an die Dunkelheit gewöhnt.
Cullyn, der mit seinen Elbenaugen gut sehen konnte, hatte die Führung
übernommen und warnte die Männer vor Änderungen des Weges.
Der Weg war sehr kompliziert gebaut. Nach der Wendeltreppe, die unter dem
Kellergewölbe der Burg endete, liefen sie durch einen dunklen Gang,
der sich alle zehn Meter verzweigte. Und der richtige Weg war immer ein
anderer.
Bei jeder Verzweigung blieb Cullyn stehen und fragte nach dem Wohin.
Likah überlegte von Abzweigung zu Abzweigung immer länger. Als
Baron Curtax ihm den richtigen Weg erklärt hatte, hatte er Likah ein
Schema genannt, das er nun nachvollziehen musste. Likah wusste, wenn er
sich einmal irrte, dann würden sie da unten wahrscheinlich sehr lange
umherirren, bis sie vielleicht durch Zufall zurückfänden. Darum
ging er kein Risiko ein.
Nach fast zwei Stunden unter Tage stieg der Gang schließlich
in einem leichten Winkel an. Und nach weiteren fünfzig Metern standen
sie vor einer Wand. Die Männer murrten leise, ob man sich verlaufen
hätte, doch Likah verneinte und trat an die Wand heran. Seine Finger
glitten die linke Seite der Wand ab und nach kurzem Suchen fand er den
beschriebenen Schalter.
"Zurücktreten", lachte Likah leise, während er den Schalter
betätigte. Mit einem leisen knirschen schob sich die Wand nach vorne.
Vorsichtig traten die Männer aus dem Gang in den Schatten der Nacht.
Sofort gingen vier Männer los, um die nähere Umgebung abzusuchen.
Sie kamen zurück mit der Meldung, dass sie niemanden entdeckt hätten.
Likah nickte zufrieden und verschloss nun wieder den Eingang.
"Also", sagte Likah zu seinen Männern, "wir gehen folgendermaßen
vor:" Mit einem Dolch zeichnete er eine vage Landschaftsskizze. Die Männer
konnten sie im fahlen Licht des Mondes Thard gut erkennen. "Wir sind hier"
- er deutete auf eine Stelle nahe des Flusses - "das Lager des Feindes
ist von hier aus ungefähr eine halbe Stunde entfernt" - er blickte
seine Männer an - "Das Problem ist nur, dass der Wald nur bis 300
Meter an das Lager heranreicht."
"Also müssen wir sehr vorsichtig sein", warf Cullyn grinsend
ein, "aber, wer hier ist das nicht?" Die Männer lachten leise. Alles
ehemalige Mörder oder andere Verbrecher, die einst gefangen worden
waren und bei Lortacs Söldnertruppe einen Neuanfang gemacht hatten.
Likah nickte: "Darum habe ich Euch ja auch ausgewählt. Also
weiter: Das Zelt des Lords liegt in der hintersten Abteilung, mittig. Wir
müssen also an den Pferden vorbei durch das Nachschublager" - er hob
den Kopf - "und das ist der leichteste Teil." Die Männer nickten zustimmend.
"Wir müssen noch an den mindestens fünfzig Mann vorbei, die den
Lord bewachen. Und es sind wahrlich gute Kämpfer. Man berichtet viel
von ihnen." Leise murmelten die Männer vor sich hin.
"Schreckt Euch das etwa ab?" fragte Arton herausfordernd. "Ich würde
es allein mit fünf von denen gleichzeitig aufnehmen - und gewinnen!"
"Pah! Ich schaffe mindestens zehn!" knurrte einer der Männer.
Auch die anderen murrten zustimmend.
Likah schüttelte ärgerlich den Kopf: "Ein Kampf ist der
letzte Ausweg!" feixte er. "Wir wollen doch kein Aufsehen erregen! Oder
könnt ihr es mit einer ganzen Armee aufnehmen?" Die Männer senkten
den Kopf. "Dachte ich es mir doch." Likah wendete sich wieder der Skizze
zu. "Also wir vermuten, dass mindestens fünf der Soldaten wach sind
und das Zelt bewachen. Vielleicht auch mehr. Doch ich schätze mal,
dass nicht alle direkt am Zelt stehen. Wir brauchen also einen, der die
ganze Sache in Augenschein nimmt. Und das werde ich machen!" Er blickte
die Männer scharf an. "Oder hat irgend jemand etwas einzuwenden?"
Als Antwort bekam er nur betroffenes Schweigen. "Gut. Also, Cullyn, Arton,
Hugh, Randsai, Tellarh und Norton" - er blickte einen nach dem anderen
an - "Ihr werdet die Wachen sauber und vor allem leise entsorgen! Kann
ich mich auf Euch verlassen?"
Die sechs Männer lachten boshaft. "Natürlich. Ein Assassine
verlernt seine Kunst nie", knurrte Cullyn endlich.
Likah nickte. "Ihr anderen gebt ihnen Rückendeckung. Wer hat
seine Armbrust nicht dabei?" Alle schwiegen. "Gut. Dann wisst ihr ja, was
ihr zu tun habt, wenn jemand Aufstand machen will. Und der Lord muss in
kürzester Zeit gefesselt und geknebelt werden, damit er nicht um Hilfe
rufen kann! Ich hoffe, das schafft ihr?" Die Männer raunten bestätigend.
"Also gut, dann los."
Die Männer schlichen leise durch das Unterholz des Waldes,
immer auf Wächter gefasst. Doch sie begegneten nur zwei Wächtern.
Und diese wurden getötet, ehe sie wussten, wie ihnen geschah. Am Waldrand
blieben sie stehen.
"Also, wie besprochen", erinnerte Likah mit gesenkter Stimme, "Ihr
bleibt hier und lasst Euch nicht erwischen. Wenn ich zurückkomme,
dann geht alles nach Plan. Wenn ich in einer Stunde nicht zurück bin..."
- er blickte Arton an - "dann hat Arton das Kommando. Und ihr werdet die
Sache trotzdem durchziehen. Verstanden?" Die Männer nickten stumm.
Likah huschte von Schatten zu Schatten davon. Schon nach wenigen
Metern konnten ihn die Männer nur noch mit Mühe erkennen.
"Erstaunlich", murmelte Cullyn, "er überrascht mich mit seinem
Können immer wieder."
Arton lachte leise. "Er ist schließlich ein Esthar. Und Esthar
sind bekanntlich besser im Anschleichen als Elfen." Bei dem letzten Satz
blickte er Cullyn von der Seite an, doch dieser lächelte.
"Ja", nickte er bedächtig, "das ist wirklich ein mysteriöses
Volk."
Likah kam dem Lager sehr schnell näher. Er beäugte die
Pferde misstrauisch. Es gefiel ihm nicht, dass unter den Pferden auch Schlachtrösser
standen. Sie würden sofort Alarm geben, wenn sie ihn bemerkten. Also
einen anderen Weg, dachte er.
Er lächelte leise und wendete sich ein wenig nach rechts. Muss
ich wohl ein wenig durch das Lager gehen. Langsam trat er aus dem Schatten
einer Kiste, die am Rand des Lagers stand. Er blickte sich genau um, während
er von Zelt zu Zelt huschte. Die Soldaten, die er sah, schliefen alle.
Lord
Feiryn hat wohl die Taktik geändert. Was er wohl jetzt schon wieder
ausgeheckt hat?
Er blickte auf den Platz, auf dem das Zelt des Lords stand. Wie
er vermutet hatte, standen dort sechs Soldaten Wache. Doch zu seinem Erstaunen
brannte noch Licht im Zelt des Lords. Likah fluchte innerlich. Er wird
jetzt sicherlich den Rest der Nacht mit Pläne schmieden beschäftigt
sein! So eine Schande! Aber wir müssen es trotzdem wagen...
Langsam stand Likah wieder auf und umrundete den Platz einmal. Keine
weiteren Wachen. Zumindest ein kleiner Trost. Er blickte zum Himmel
und wandte sich wieder dem Wald zu. So unbemerkt, wie er gekommen war,
verschwand er auch wieder.
"Wo bleibt er so lange?" Arton leckte sich nervös über
die Lippen und starrte zum Himmel. "Die Stunde ist gleich vorbei."
Auch die anderen waren nervös geworden. "Sie werden ihn doch
hoffentlich nicht geschnappt haben?" fragte Norton.
"Ich gehe, nach ihm sehen." Arton stand entschlossen auf.
"Das werdet Ihr nicht." Cullyn hielt ihn am Arm fest. "Ich weiß,
Ihr zwei seid Freunde. Doch er ist auch immer noch Lortacs rechte Hand.
Ihr müsst Euch seinem Befehl beugen. Und der besagt, dass wir keine
Rücksicht nehmen sollen. Außerdem ist noch etwas Zeit."
"Habt Ihr so wenig Vertrauen in mich?" Likahs spöttische Stimme
ließ die Männer herumfahren. Likah stand an einen Baum gelehnt,
nur drei Meter hinter den Söldnern. Entsetzt keuchten die Männer.
"Wie um alles in der Welt habt Ihr das geschafft?" japste Cullyn.
Likah lächelte nur und trat aus dem Schatten. "Ihr wart so
sehr auf das Lager und Euer Gespräch konzentriert..."
Tellarh blickte ihn kopfschüttelnd an: "Ich habe Wache gehalten,
und Euch nicht bemerkt!" Likah kicherte als Antwort nur vor sich hin.
"Können", stammelte Cullyn.
Likahs Blick wurde wieder ernst. "Genug geschwätzt! Wir haben
eine Aufgabe!" Sofort waren die Männer wieder ganz bei der Sache.
Likah blickte die sechs ehemaligen Assassinen an. "Also, es sind sechs
Wächter um das Zelt. Sonst schlafen alle... bis auf den Lord und eventuell
seine Generäle." Die Männer zischten.
"Es wird also zu einem Kampf kommen", murmelte Cullyn.
Likah nickte. "Also, Cullyn, Ihr und die anderen fünf geht
wie besprochen vor. Ihr werdet auch das Kommando haben, Cullyn" - er fasste
ihn scharf ins Auge - "und keine Extranummern!" warnte er. Cullyns Blick
verfinsterte sich, aber er nickte. "Die anderen werden sich ebenfalls aufteilen"
- Likah blickte in die Runde - "Damos, Ihr wählt neun Männer
aus, die unter Eurem Kommando für die nötige Rückendeckung
sorgen. Die übrigen kommen dann mit mir. Wir kümmern uns um den
Lord und den Generalstab. Also wählt gut, Damos."
Damos nickte und suchte sich die besten Armbrustschützen aus.
"Noch etwas", fügte Likah hinzu, "wenn das Ganze misslingt, dann...."
- er blickte sich um - "tötet den Lord, wenn möglich, und verschwindet
so schnell es geht. Jeder ist sich dann selbst der Nächste."
Die Männer nickten bedrückt. Sie mochten nicht einmal
daran denken, dass ein Scheitern mehr als nur möglich war.
Sie schlichen den Waldrand entlang, so dass die Pferde sie nicht
bemerken konnten. Der Trupp um Damos bezog in fünfzig Metern Abstand
zum Lager Stellung.
Likah blickte seine Männer kurz an. "Wenn Cullyn und seine
Männer die Wachen außer Gefecht setzen, müssen wir schnell
handeln. So wenig Aufsehen, wie möglich, denkt daran!" Die Männer
nickten. Von nun an hieß es zu schweigen.
Cullyn und seine Männer waren bereits ein Stück vorgeschlichen
und bezogen Stellung hinter den Zelten um den Platz. Nun folgten auch Likah
und seine Männer. Sie schlichen um den Platz herum, bis sie sich nur
vier Meter von dem Eingang des Zeltes entfernt in den Schatten niederkauerten.
Likah blickte in das Zelt hinein und drehte sich zu seinen Männern
um. Er zeigte vier Finger, also vier Generäle. Die Männer zogen
ihre Dolche und spannten sich an, die Strecke schnell und leise zum Zelt
zu laufen. Likah drehte sich um und blickte zu Cullyn. Er hob leicht seine
Hand und machte eine Fingerbewegung in Richtung der Wachen. Cullyn hob
ebenfalls die Hand und deutete seinen Männern anzugreifen.
Leise schlichen sie sich an die Wächter heran. Likah konnte
nur Hugh und Randsai beobachten, die sich an die Wachen links und rechts
des Einganges schlichen. Wenn das nur gut geht, flehte Likah in
Gedanken die Götter an. Er hob die Hand und die Männer hinter
ihm richteten sich halb auf. Als Hugh und Randsai den Wachen die Hand vor
den Mund legten, senkte Likah seine Hand und die Männer schlichen
vorwärts. Sie erreichten das Zelt nur wenige Sekunden nachdem den
beiden Wächtern die Kehlen durchgeschnitten worden war.
Links und rechts des Einganges bezogen sie Stellung. Likah lauschte
kurz. Die Generäle stritten sich heftig mit dem Lord um die neue Taktik.
Sie hatten also noch nichts bemerkt. Cullyn und seine Männer gesellten
sich zu Likahs Mannen und zeigten mit dem Daumen nach oben: Alles glatt
gegangen.
Likah wies die Männer an, ihm zu folgen, und trat mit schnellem
Schritt in das Zelt. Seine Männer folgten ihm auf dem Fuße.
"Was zum..." keuchte einer der Generäle. Doch er konnte nicht zuende
sprechen. Mit Likahs Dolch in der Brust sank er mit einem leisen seufzen
zu Boden. Die übrigen Generäle griffen nach ihren Schwertern,
doch sie wurden ebenfalls sehr schnell überwältigt.
Während Likah und die anderen sich um die Generäle kümmerten,
übernahmen Cullyn, Arton und Norton den Lord. Er wollte gerade nach
Hilfe rufen, als Cullyn ihm den Mund zuhielt und seinen Dolch an die adlige
Kehle legte. Der Lord versteifte sich sichtlich, aber er schwieg. Arton
und Norton fesselten und knebelten den Lord sorgfältig. Das ganze
Manöver hatte nicht einmal zwei Minuten gedauert. Und keiner der Generäle
hatte um Hilfe rufen oder entkommen können. Likah lächelte und
deutete zum Rückzug.
Sie schafften es ungehindert bis zum Rand des Lagers. Dort sahen
sie zwei getötete Männer liegen. Jeder trug einen Armbrustbolzen
in der Stirn. Gut getroffen, formte Cullyn lautlos mit dem Mund.
Likah nickte. Er deutete zum Waldrand, von wo ihnen Damos entgegenwinkte.
Likah scheuchte daraufhin die Männer energisch vorwärts.
Am Waldrand angelangt fragte Likah Damos, was los sei.
"Es kommen zwei Generäle vom Hauptlager!" keuchte Damos nervös.
"Dann schlage ich vor, dass wir ganz schnell das Feld räumen",
murmelte Likah nachdenklich. Die Männer nickten.
Likah wies Arton an, Lord Feiryn die Augen zu verbinden, bevor sie
sich in Bewegung setzten. Doch der Lord stellte sich beim Gehen absichtlich
tollpatschig an, so dass Hugh gezwungen war, ihn zu schultern.
Sie hatten sich bereits fünfhundert Meter in den Wald zurückgezogen,
als aus dem Lager ein Schrei ertönte. "Nun aber hurtig!" fluchte Cullyn
und trieb die Männer an.
Likah wies auf das Gestrüpp: "Da entlang. Dann sind wir im
Vorteil."
Sie schlugen sich fast eine Stunde durch das dichte Gestrüpp.
Unterwegs mussten sie immer wieder innehalten, weil Reiter in beachtlicher
Nähe an ihnen vorbei kamen. Doch die halbe Stunde waren sie vollkommen
ungestört.
Likah ging ein kurzes Stück voraus, damit der Lord nicht mitbekam,
dass er eine Geheimtür öffnete. Als die Männer mit dem Lord
ihn erreichten, war die Tür schon offen. Likah wies die Männer
schweigend an, hineinzugehen. Arton, der nun den Lord trug, ging voraus.
Erst als Arton an der Geraden des Ganges angekommen war, schloss Likah
die Tür wieder.
Leise fluchte Cullyn. "Wie sollen wir jetzt den Weg finden?" knurrte
er.
Likah lächelte. "Wir können doch Licht machen", versetzte
er, "die Mission ist erfüllt."
Wieder fluchte Cullyn: "Und woher soll ich die Fackeln nehmen?"
Likah schüttelte nur den Kopf und wies ihn an zu schweigen.
Sie gingen zu dem Lord. Likah blickte ihn kurz an. "Ich glaube,
seine Lordschaft kann jetzt selber gehen", sagte er zu Arton. Dieser nickte
nur.
"Was ist nun mit dem Licht?" erinnerte Cullyn.
Likah seufzte. Er hob seine Hände vor die Brust und formte
eine Kuhle. Leise murmelte er ein paar unverständliche Worte. Die
Männer keuchten entgeistert auf. Nur Arton schwieg. Eine kleine Kugel
aus sanftem blauen Licht schwebte plötzlich vor Likahs Gesicht und
erhellte den Raum.
"Das, das, das...." stammelte Cullyn.
Likah fuhr herum. "Kein weiteres Wort!" warnte er ihn und deutete
auf den Lord, dem noch die Augen verbunden waren. "Jetzt nicht und später
nicht!" Die Männer nickten verängstigt. Sie hatten schon zuvor
vor Likah großen Respekt gehabt, aber dass er Magier war, verschaffte
ihm nun endgültig wortlosen Gehorsam. Cullyn blickte Arton an, der
als einziger nicht auf den Boden blickte. Wusstet Ihr davon? fragte er
lautlos. Arton nickte nur lächelnd. Und Cullyn schwieg.
Sie gingen den Weg schweigend zurück. Lord Feiryn hatte anfangs
wieder versucht, die Männer durch ungeschicktes Benehmen aufzuhalten.
Doch er wurde jedes Mal, wenn er es versuchte, grob in den Rücken
gestoßen. So gab er es schnell auf. Auf halbem Weg fragte er plötzlich:
"Wer hat Euch geschickt? Was wollt Ihr von mir?"
Cullyn grunzte nur unmutig. Doch Likah lachte leise. "Nichts weiter",
spottete er, "wir sollen nur ein kleines Gespräch herbeiführen."
"Und dafür tötet Ihr meine Generäle? Für wie
dumm haltet Ihr mich?" Er bekam eine allgemeines Lachen als Antwort.
"Mylord möge es verstehen, wenn wir uns dazu nicht weiter äußern",
höhnte Cullyn. Und wieder lachten alle.
Als sie aus dem Geheimgang in die Räume der Burg traten, warteten
Baron Curtax und Lortac bereits auf sie. Sie hatten sich unter dem Vorwand,
noch etwas besprechen zu müssen, schon vor längerer Zeit zurückgezogen.
"Endlich!" seufzte Cullyn, als sie aus dem Gang heraustraten.
"Das hat ja lange genug gedauert!" schimpfte Lortac.
Likah lachte. "Alles gut gegangen", berichtete er und deutete auf
Lord Feiryn, der gerade hereingeführt wurde. Baron Curtax jauchzte
entzückt.
Und auch Lortac nickte zufrieden. "Bringt ihn erst einmal in eine
Kammer und lasst ihn bewachen", wies er die Männer an. "Dann ruht
Euch ein wenig aus. Es ist ja schon fast Morgen." Likah lachte.
"Erst?" fragte Cullyn erstaunt, "Dann gehen ja noch ein oder zwei
Bierchen. Wer kommt mit?" Fast alle schlossen sich Cullyn an. Nur Likah,
Arton und Norton blieben zurück.
Arton verneigte sich jedoch gleich. "Man möge mir verzeihen",
entschuldigte er sich mit einer Verbeugung, "ich werde mich um den Gefangenen
kümmern und mich dann zur Ruhe legen."
Norton nickte. "Das werde ich auch", murrte er. "Der Herr Lord ist
immerhin verdammt schwer zu tragen." Lortac lachte über diesen Kommentar.
Doch der Lord verzog das Gesicht. "Wie könnt Ihr es wagen?"
beschwerte er sich.
"Nicht aufregen", riet ihm Lortac spöttisch, "wir können
es wagen, weil wir Euch in unserer Gewalt haben. Und jetzt bringt ihn fort.
Er soll sich erst einmal ein wenig abreagieren." Arton und Norton verneigten
sich und verließen mit dem Lord das Zimmer.
Als die Tür geschlossen war, wendete der Baron sich an Likah.
"Erzählt, wie ist es gelaufen?" forderte er ihn neugierig auf.
Likah lächelte und trat zum Tisch. "Unerwartet gut", gestand
er, während er sich einen Kelch Wein einschenkte. Er trank ihn in
einem Zug leer und schenkte sich ein weiteres Mal nach, bevor er zu erzählen
begann. Lortac und Baron Curtax hörten aufmerksam zu und unterbrachen
ihn nicht ein einziges Mal.
Als Likah geendet hatte, nickte Lortac beeindruckt und der Baron
pfiff erstaunt. "Ihr habt verdammt viel Glück gehabt", murmelte Lortac,
"Ihr hättet sehr leicht scheitern können."
Likah lachte. "Wir sind eben die Besten!" zitierte er Cullyns Lieblingsspruch
gespielt überheblich. Das einiger seiner Männer ehemalige Assassinen
waren, hatte er dem Baron bewusst verschwiegen.
Baron Curtax nickte nur bewundernd. "Jetzt verstehe ich, warum jeder
versucht, Euch anzuheuern, wenn es Krieg gibt – egal wie teuer", murmelte
er vor sich hin. Lortac lachte.
"Und wieder eine Tat, die unser nächstes Honorar in die Höhe
treibt", spottete Likah.
Lortac blickte ihn nur unwirsch an. "Und dann verhungern wir, weil
wir zu teuer sind..." fügte er hinzu.
Likah lachte. "Wenigstens ein würdevoller Tod!" Auch Lortac
lachte lauthals los.
"Nun wird es aber Zeit, dass Ihr Euch ebenfalls hinlegt!" lachte
er. "Der Wein scheint Euch nicht zu bekommen."
Likahs Miene verfinsterte sich. "Das glaube ich nicht", murmelte
er, "Das ist wohl eher Cullyns schlechter Einfluss", grinste er plötzlich.
Wieder lachte Lortac, scheuchte Likah aber dennoch hinaus. Dann
wendete er sich Curtax zu: "Wir haben so gut wie gewonnen."
.
Am nächsten Morgen wurde Lord Feiryn zu Baron Curtax und Lortac
gebracht. Er trug dieses Mal jedoch keine Fesseln. Der Lord blickte stolz
geradeaus und schenke Baron Curtax nur ein verächtliches Lächeln.
Doch Curtax beherrschte sich, ganz so, wie Lortac es ihm geraten hatte.
Lortac lächelte Lord Feiryn an und lud ihn, sich zu setzen.
Feiryn setzte sich, als sei es eine Ehre für Lortac, dass er das Angebot
annahm. Lortac amüsierte sich mehr über das Verhalten des Lords,
als dass es ihn ärgerte. Er schenkte dem Lord auch großzügig
Wein ein.
"Ich habe Euch wohl unterschätzt, Sire Lortac", sagte Feiryn
nach einigem Schweigen. Baron Curtax beachtete er nicht. "Eure Idee mit
dem Feuer war wirklich beeindruckend."
Lortac lächelte freundlich: "Ich danke Euch. Doch was verschafft
mir die Ehre zu solch einem Kompliment?" Er war neugierig, was Lord Feiryn
mit diesem Spielchen bezweckte.
"Aber, dass Ihr einen Trupp aussendet, mich gefangen zu nehmen,
das hätte ich nicht erwartet. Das erschien mir selbst für Euch
zu dreist", gestand Feiryn. "Ich hätte eigentlich damit rechnen müssen,
nach dem, was man sich über Eure Erfolge erzählt."
Lortac lachte lauthals los: "Also wenn Ihr mich zu Tode schmeicheln
wollt, so kann ich Euch sagen, dass Euch dieses nicht gelingen wird."
Feiryn verzog das Gesicht und blickte ihn verwundert an. "Wie sollte
ich denn auf solch eine dumme Idee kommen? Solche Ideen haben doch nur
unfähige Barone", versetzte er.
Curtax, der diese Anspielung sofort verstanden hatte, wurde rot.
"Wie könnt Ihr es wagen!?" fauchte er den Lord an. "Bedenkt, dass
Ihr der Gefangene seid! Ich habe Euch in meiner Hand und kann tun, was
ich will! Auch Euch aufhängen lassen!"
So ist das! Lortac hatte verstanden. Er fasste Baron Curtax
ernst in seinen Blick. "Bitte, Baron", beschwichtigte er, "haltet Euch
zurück. Er will Euch nur provozieren, etwas unüberlegtes zu tun!"
Curtax wurde still, doch seine Blicke sprachen Bände.
Lortac wendete sich wieder an Lord Feiryn. "Ihr solltet doch wissen,
dass ich solche Spielchen nicht dulde", tadelte er den Lord, der augenblicklich
beleidigt war. Lortac blickte ihn nur kopfschüttelnd an. "Über
solch ein kindisches Gehabe solltet Ihr doch schon längst hinaus sein",
seufzte er, als der Lord verbissen schwieg. Baron Curtax lachte leise vor
sich hin. Die Rüge, die der Lord erhielt, gefiel ihm.
Schließlich klopfte es an der Tür und Likah trat ein.
Er sah etwas müde aus, doch seine Augen waren gefährlich wie
immer. Lortac lächelte. So ungern er es auch zugab, er hatte doch
Respekt vor diesem jungen Krieger. Likah wirkte immer so abwesend und unaufmerksam,
doch ihm entging nichts. Noch keine zwanzig Jahre und schon so gefährlich
wie ein Drache, dachte Lortac beeindruckt. Doch er zwang sich, sich
nichts anmerken zu lassen. "Ah, Likah!" lachte er. "Wie ich sehe, habt
Ihr auch endlich den Weg hierher gefunden."
"Hm, ich habe mich nur verlaufen." antwortete Likah spitz.
Lord Feiryn betrachtete Likah genau. Er hatte den jungen Krieger
sofort wiedererkannt. Und er merkte sich diesen Namen. Likah war sehr schlank
gebaut, was Feiryn schon zuvor aufgefallen war. Seine Arme und Beine zeigten
die dünnen, doch starken Muskeln der Elben. Aber Likah war kein Elb.
Seine Haare waren tiefschwarz und nur zwei dünne weiße Strähnen
verliefen in kompliziertem Muster über das Haar. Doch das erstaunlichste
an Likah waren seine Augen: schmal, listig und in einem tiefen nachtblau.
Feiryn hatte solche Augen noch nie zuvor gesehen.
Likah bemerkte sehr wohl, dass Lord Feiryn ihn aufmerksam musterte,
doch das durfte ihn nicht stören. Er wendete sich an Lortac. "Regt
sich etwas in der feindlichen Armee?" fragte dieser.
Likah lachte. "Sie sitzen da, wie verängstigte Kaninchen!"
Er griff sich einen Weinkelch. "Ich frage mich, wann sie registrieren,
dass wir ihren Lord haben", kicherte er vor sich hin.
"Das wird noch ein bisschen dauern", vermutete Lortac, "solange
sie es nicht wissen, gehen sie davon aus, dass wir es auch nicht wissen.
Und werden keinen Unterhändler schicken."
"Und wir schicken auch keinen, bevor unser Herr hier nicht einige
Einwilligungen gegeben hat", lachte Likah leise.
"Und wenn sie angreifen?" fragte Curtax.
Likah lachte. "Dann werden sie dumm sterben!" Auch Lortac lachte
bei dieser spitzbübischen Bemerkung.
"Welche Einwilligungen?" fragte Feiryn misstrauisch.
Lortac drehte sich zu ihm um. "Nur ein paar kleine Bedingungen",
lächelte er freundlich. Lord Feiryns Blick wurde finster.
"Was verlangt Ihr?"
Lortac blickte Curtax erstaunt an. "Der ist aber verdammt schnell
bei der Sache", staunte er.
Likah lachte leise und blickte Lortac an. "Dann spannt den armen
Mann doch nicht so auf die Folter", bat er spöttisch.
Lortac seufzte leise. Dann richtete er sich auf und hob die Stimme:
"Erstens: Ihr werdet ohne weitere Kämpfe aufgeben! Zweitens: Ihr werdet
Baron Curtax eine Entschädigung zahlen, die den entstandenen Verlusten
entsprechen! Drittens: Ihr werdet geloben, dass Ihr Eure Hand nicht mehr
gegen Baron Curtax erhebt! Viertens: Ihr werdet einen Vertrag unterzeichnen,
der diese Punkte beinhaltet! Fünftens: Ihr zahlt die Hälfte des
Geldes, das Baron Curtax uns versprach – extra."
Lord Feiryn war bei jedem Punkt ein wenig bleicher geworden. Zum
Schluss keuchte er entgeistert. "Ihr wollt mich wohl verarmen!?" schrie
er aus. "So etwas werde ich nicht unterzeichnen!"
Lortac lächelte kalt. "Der Krieg war, ist und bleibt ein teures
Geschäft. Vor allem wenn man der Verlierer ist. Aber wenn Ihr nicht
unterzeichnen wollt, so werden wir uns an Eure Generäle wenden. Sie
sind schließlich auch dazu berechtigt."
"Sie werden niemals unterzeichnen!" höhnte Feiryn. "Sie sind
mir treu ergeben und werden eher angreifen."
Likah hob den Blick. Er lächelte gefährlich: "Dann möchte
ich wissen, was Euer König zu diesem Krieg sagt, wenn er die Gründe
erfährt!"
Lord Feiryn wurde bleich. "Ihr werdet Seine Hoheit nicht erreichen",
stammelte er.
"Seid Ihr Euch da wirklich sicher?" fragte Likah zweifelnd. Lord
Feiryn schwieg. Likah lachte leise. "Es ist ganz einfach", erklärte
er, "wenn Ihr und Eure Generäle nicht unterschreibt, dann werden wir
einen Mann aussenden, der den König informiert. Ihr wisst ja: Wir
kommen aus der Stadt heraus."
Lord Feiryn schwieg lange Zeit. "Also gut", zischte er schließlich,
"ich werde unterzeichnen."
"Aber glaubt nicht, dass Ihr hinterher behaupten könntet, Ihr
wäret dazu gezwungen worden!" warf Lortac ein. "Wir haben Euch die
Wahl gelassen. Ihr hättet auch ablehnen können. Die Götter
sind unsere Zeugen." Lord Feiryn schürzte die Lippen und schwieg.
Lortac wendete sich an Likah: "Ich glaube, Ihr könnt die Armee
von Lord Feiryn nun in Kenntnis setzten." Likah nickte nur und verschwand.
Likah trat an das Tor und blickte seine Männer an. "Denkt daran",
warnte er sie. Arton nickte und versprach Likah aufzupassen. Likah gab
den Wachen am Tor nun das Zeichen, die kleine Tür zu öffnen und
schlüpfte durch den Spalt.
Er hob die Stadtflagge mit dem königlichen Wappen darauf als
Zeichen, dass er ein Unterhändler war. Langsam ging er auf die Reihen
der Soldaten zu. Auf halbem Weg kamen ihm die beiden übrig gebliebenen
Generäle in Begleitung von zwei Soldaten entgegen. Sie hielten ihre
Pferde einen Meter vor Likah an.
"Was wollt Ihr?" fragte einer der Generäle gereizt.
Likah lächelte. "Wir haben etwas, oder besser jemanden, der
eigentlich zu Euch gehört", antwortete er freundlich. Die Soldaten
legten ihre Hände auf die Griffe ihrer Schwerter.
Doch der General hob die Hand und sie verharrten. "Wen?" fragte
er misstrauisch.
Likahs Lächeln wurde noch breiter. "Als ob Ihr das nicht wüsstet",
seine Stimme war sehr zuvorkommend, "Euren Lord natürlich."
"So? Wieso sollten wir das glauben?"
Likah schüttelte den Kopf. "Tststs", tadelte er und hob den
Ring des Lords empor. "Beweis genug?"
Der General zischte. "Wie...?" keuchte der andere.
"Das 'Wie' lassen wir mal außen vor", schlug Likah vor, "kommen
wir besser gleich zum Wesentlichen."
"Und das wäre?"
"Der Lord unterschreibt in Kürze ein Dokument, das den Krieg
beendet. Euch wird nahegelegt, Eure Männer zusammenzuholen, damit
Ihr gleich gehen könnt, sobald der Lord die Stadt verlässt."
"Hund!" zischte der General.
"Nicht doch!" warnte Likah. "Vergesst nicht: Ich bin Unterhändler.
Wenn mir etwas geschieht, wird Eurem Lord das gleiche widerfahren." Er
zwinkerte dem Mann zu. Dieser knurrte leise vor sich hin. Likah grinste
triumphierend. "Euer Lord wird die Stadt noch am Mittag verlassen", tröstete
er die beiden Generäle. "Also, Eile wäre doch geboten." Und mit
diesen Worten drehte er sich um und ging zur Stadt zurück.
"Und?" fragte Arton Likah neugierig, als er durch die Tür eintrat.
"Was sagen die Generäle?"
"Sie waren am Ende sprachlos", grinste Likah, "sie werden sich an
die Abmachungen halten." Arton murmelte enttäuscht vor sich hin. Likah
hob eine Augenbraue. "Gefällt dir etwas nicht?"
"Hm. Ich weiß nicht", murmelte Arton, "kein richtiger Kampf.
Und das bei dem Lord Feiryn."
Likah lachte. "Fürwahr," bestätigte er, "leicht verdientes
Geld."
"Schon, aber wo bleibt die Herausforderung?" Likah blickte Arton
seltsam an.
"In der Kneipe!" mischte sich Cullyn frech ein. Die Männer
lachten.
"Wir sollten uns freuen, dass wir noch ein paar Monate zu leben
haben", grinste Likah, doch es war nicht wirklich ernst gemeint. Sie hatten
schon so viele Schlachten überstanden, dass es sie gar nicht mehr
interessierte, ob die nächste Schlacht ihre letzte war.
Als der Lord am frühen Nachmittag die Stadt verließ,
waren seine Soldaten bereits fertig zur Abreise. Baron Curtax blickte der
abmarschierenden Armee erleichtert nach. "Endlich hat der Schrecken ein
Ende", seufzte er erleichtert.
Doch Lortac sah ihn warnend an. "Ich würde mich nicht darauf
verlassen, dass dieses lange währt." Seine Worte waren düster.
"Ihr solltet am besten gleich einen Reiter zum König schicken, damit
dieser den Vertrag schnellstmöglich zu lesen bekommt."
Baron Curtax nickte. Er wendete sich an einen seiner Männer:
"Bringt mir den besten Kurier!" Der Mann eilte davon. Baron Curtax forderte
Lortac auf, ihm in die Burg zu folgen. Likah blickte den beiden Männern
nachdenklich nach.
"Jetzt gibt es endlich wieder Geld." Cullyns Worte sprühten
vor Habgier.
Likah blickte ihn an, wie er seine Hände rieb. "Und für
was gebt Ihr es dieses Mal aus?" fragte er spöttisch. "Wein? Huren?
Oder etwas Vernünftiges?"
Cullyn starrte Likah erschrocken an. "Was denkt Ihr von mir? Ich
kaufe mir erst einmal eine ordentliche Kriegsaxt!"
Likah verzog beeindruckt das Gesicht. "Das ist ja absolut untypisch
für Euch!"
"Tja, man muss auch einmal etwas weiter denken."
"Denken!" lachte Arton, "dieses Wort aus Eurem Mund!"
"Was?" zischte Cullyn.
"Das klingt genauso, wie wenn eine Priesterin der Friedensgöttin
Asrin sagen würde, sie wolle einen Krieg anzetteln!"
Die umstehenden Männer lachten. Cullyn aber stürzte sich
auf Arton. Ein paar Augenblicke schaute Likah den beiden beim Ringen zu,
schließlich brachte er sie mit einen scharfen Wort auseinander. Doch
die beiden lachten bereits wieder und gaben einander die Hand.
Likah schüttelte den Kopf. "Kindsköpfe!" murmelte er im
Weggehen.
"Auf ein Wort noch", hörte er Cullyn sagen und blieb stehen.
"Ja?"
"Wegen gestern...", begann Cullyn.
"Nicht jetzt!" zischte Likah.
"Wann dann?" fragte Cullyn.
Likah blickte starr nach vorne. "Dann, wenn ich es sage." Und damit
ging Likah davon.
Cullyn schüttelte den Kopf. "Ist er immer so?" fragte er Arton.
"Nein," antwortete dieser, "nur wenn es um dieses Thema geht."
"Nicht sehr gesprächig."
"Dann solltet Ihr ihn erleben, wenn man nach seiner Vergangenheit
fragt", lachte Arton. Cullyn blieb mit einem verdutzten Gesicht stehen,
als Arton ihn verließ.
"Wann bekommen wir endlich unseren Teil?" murrte Tellarh an Lortac.
"Heute Abend." versetzte dieser scharf. Murrend ließ Tellarh
sich zurückfallen und berichtete den anderen von seinem erfolglosen
Versuch. Lortac seufzte. "Einige sind nun schon zehn Jahre Söldner
in meiner Gruppe. Aber alle versuchen es nach jedem Einsatz aufs Neue,
mich umzustimmen. Erfolglos. Aber lernen sie es?" Er blickte Likah fragend
an.
"Nein," grinste Likah, "oder - doch. Aber man kann es ja versuchen."
Lortac seufzte resigniert. "Würde ich auch", grinste er dann.
"Es könnte ja sein, dass ich irgendwann so entnervt bin, dass ich
nachgebe. Und wisst Ihr was?" Er blickte starr nach vorne. "Ich bin nahe
dran, das auch zu tun."
Likah schaute ihn von der Seite an. Doch er sagte nichts. In den
Augen las Likah, was Lortac nicht aussprach: Denn ich werde alt.
Die Söldner hatten die Stadt am Morgen des Tages verlassen.
Sie waren den nächsten Tag nach Abzug der Armee losgeritten. Und seitdem
sie unterwegs waren, fragten die Männer jede halbe Stunde nach ihrem
Anteil. Am Abend würden sie Rast machen und ein Nachtlager aufschlagen.
Und Lortac wollte wie immer erst dann das Geld verteilen.
Likah seufzte leise. Die Männer konnten wirklich gut nerven,
das musste er ihnen eingestehen. Er erlebte dieses nun schon seit zwei
Jahren – seit er Söldner war. Zwei Jahre als Söldner und er sehnte
sich nach der Ruhe, die sein früheres Leben innegehabt hatte. Doch
es war vergangen. Er konnte die Zeit nicht mehr zurückdrehen, so sehr
er es sich auch wünschte.
Sie erreichten eine Lichtung, auf der ein breiter See lag. Lortac
wies die Männer an, das Lager aufzuschlagen. Und so herrschte die
nächste Stunde reges Treiben. Doch als die Sonne hinter dem Wald verschwand,
versammelten sich die Männer in der Lagermitte, um ihren Sold abzuholen.
Lortac war ein gerechter Mann und so konnte sich am Ende niemand beschweren.
Likah hatte sich, nachdem er seinen Sold bekommen hatte, an das
Seeufer einige hundert Meter vom Lager entfernt zurückgezogen. Er
saß unbeweglich da und schaute dem Mond Thard beim Aufgehen zu. Als
er ein leises Knirschen hörte, drehte er sich nicht um. "Was wollt
Ihr, Cullyn?" fragte er schlicht. Er hörte ein erstauntes Keuchen
hinter sich.
Doch dann trat Cullyn ganz zu ihm heran. "Wieso seid Ihr nicht im
Lager?" fragte er.
Likah seufzte. Doch statt eine Antwort zu geben, murmelte er: "Seht
Euch Thard an."
"Was?" Cullyn begriff gar nichts.
Likah lächelte nur. "Wisst Ihr, was 'Thard' bedeutet?"
"Ähm... nein?"
"Ich habe mir so etwas gedacht", antwortete Likah gedankenverloren.
"Die alte Sprache ist in Vergessenheit geraten. Thard bedeutet 'der Silberne'."
Cullyn pfiff leise. "Können alle Esthar die alte Sprache? Oder
können es die Magier?" fragte er.
Likah ließ bei dem Wort Magier ein Zischen hören. "Weder
– Noch", antwortete er dennoch.
"Wie!?"
Likah lachte leise. "Die Welt hat viele Geheimnisse", murmelte er
andächtig. "Die Monde wurden nach ihren Farben benannt", fuhr er plötzlich
fort, "Rajn, 'der Goldene', und Fouwra, 'der Brennende'. Nur Wasrai wurde
nicht nach diesem Schema benannt. Er heißt 'der Mordende'."
"Warum?" fragte Cullyn erstaunt.
Likahs Lächeln wurde traurig. "Laut einer alten Geschichte
heißt es, dass Wasrai einst Teile seinerselbst auf die Welt fallen
lies und damit ganze Völker vernichtete." Cullyn schwieg. "Es heißt
weiter, dass dasselbe passieren wird, wenn er sich wieder schwarz verfärbt,
wie damals."
Cullyn pfiff wieder. "Faszinierend", bemerkte er. "Und stimmt das?"
Likah lächelte plötzlich nicht mehr. "Leider."
Cullyn stieß erschrocken die Luft aus. "Wie!?"
"Fragt bitte nicht warum, aber ich weiß es einfach."
Cullyn nickte und drehte sich langsam um. "Ich glaube, meine Frage
wegen Eurer magischen Begabung hat sich erledigt."
Likah lächelte nachsichtig. "Es ist eine Begabung, die ich
nicht wollte. Und die mein ganzes Leben zerstört hat." Er fasste Cullyn
fest in seinen Blick. "Darum rede ich nicht darüber."
"Nun ja." murmelte Cullyn. "So gesehen sind wir doch alle Ausgestoßene.
Niemand ist Söldner, weil er eine Wahl hatte."
© Dragonsoul
Lianth
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bitte das unmittelbar am @ angrenzende "NO" und "SPAM" entfernen!
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