Reno und Lynn blieben noch über Nacht in Zest, obwohl sie eigentlich
noch ein paar Tage dort bleiben wollten, doch der Gedanke an die nahenden
Golems drängte sie zum Aufbruch. Thares kam auch mit seiner Schwester
und Reno, da sie noch an dem mit den Elben befreundeten Feuerdrachen vorbei
mussten, und zwei Halbelben waren ihrer Meinung nach so gut wie ein ganzer.
Die Gruppe wurde mit drei Pferden, vier Maultieren und jeder Menge
Ausrüstung und Verpflegung vollgepackt. Thares nahm sein Runenschwert
Tharandir mit auf die Reise, Reno bekam ein breites, langes Krummschwert,
dessen Griff mit drei kleinen Smaragden geschmückt war, und Lynns
Kampfstab wurde poliert und mit etwas magischer Energie aufgeladen. Die
kräftigen Maultiere trugen den Großteil der Ausrüstung,
Thares, Lynn und Reno den Rest und die Pferde, ein schwarzes, ein geflecktes
weißes und ein braunes, die Reisenden selbst.
Um Punkt elf Uhr durchschritten sie die Tore Zests und betraten
somit den gefährlicheren Teil der Donnerstein-Berge: Den Wolkenberg,
den Krähenberg, den Greifenberg und schließlich den Drachenberg.
Alle diese Berge zeichneten sich durch ihre Kreaturen, die auf ihnen
hausten, aus. Einige Luftdämonen schwebten manchmal die Wege des Wolkenberges
auf und ab, Riesenkrähen umschwärmten den Gipfel des Krähenberges,
zum Glück meist nette Greifen und selten auch kleine, bösartige
Lindwürmer bewohnten die tief in das Herz des Berges reichenden Höhlen
des Greifenberges und in seinem Schatzhort auf dem Drachenberg wachte Xaugon,
der Verbrenner.
Nach zwei Tagen erreichte die Gruppe den Wolkenberg, über dessen
Gipfel ein bedrohlich wirkender Ring aus dunkel schimmernden Wolken kreiste,
und ihnen war noch nichts ungewöhnliches passiert.
"Wir müssen auf die Luftdämonen aufpassen, die hier herumlungern.
Sie können wirklich fies sein", sagte Thares mit einems verängstigt
tönendem Klang ind er Stimme.
"Davon habe ich auch schon gehört. Mein Vater hat angeblich
einmal hier gegen eine ganze Horde gekämpft und ist schwer verwundet
in irgendeine Stadt in der Nähe gekommen, die heute nicht mehr existiert...",
meinte Reno.
Darauf sagte Lynn: "Ich verstehe. Wir sollten aufpassen..."
So gingen sie weiter, und ihre Pferde schienen leicht verstört
zu sein. Auch die Maultiere machten seltsame Geräusche, als hätten
sie Angst vor dem, was bevorstünde. Doch stundenlang passierte nichts,
bis plötzlich ein heftiger Wind aufkam, der den Geruch des Bösen
mit sich trug.
Als später die Nacht hereinbrach, wurde es eisig kalt und finster.
Zum Glück fanden Reno, Lynn und Thares eine kleine, unbewohnte Höhle,
die halbwegs trocken und hoffentlich sicher wahr, um ein Lager aufzuschlagen.
Also taten sie es, und Reno musste Wache schieben.
Er beneidete sogar die Maultiere, die in der warmen Höhle stehen
durften, während er sich auf der Schwelle zur kalten, windigen Finsternis
befand. Schließlich ging er in die Höhle hinein und nahm eine
Wolldecke, wickelte sich in sie ein und trottete wieder zum Höhleneingang,
doch dort stand bereits jemand anderer.
Ein zwei Meter großer, weißgrau schillernder Luftdämon,
der blau glühende Augen hatte, und zwar drei von der Sorte.
"Mennnnschennnn...", zischte er und schwebte auf Reno zu. "Menschennnn
sinnd hier nicht willkommennnnn!!" brüllte er und schlug mit der Kralle
auf ihn ein, worauf die Decke nur noch aus Fetzen bestand, die langsam
auf den kalten Boden plumpsten.
Schnell sprang er zur Seite, zog sein Krummschwert und hielt es
fest in seinen Händen. Sofort entbrannte zwischen Reno und dem Dämon
ein wilder Kampf.
Dadurch wurden auch Lynn und Thares wach, und als sie den Luftdämon
sahen, standen sie schnell auf und stürzten sich ins Gefecht.
Thares und Reno schlugen wie wild und doch kunstvoll auf das Wesen
ein, und Lynn ließ hell schimmernde Feuerbälle auf den Dämon
prasseln. Nach einiger Zeit hatten sie ihn in die Ecke gedrängt. Ein
blitzschneller Schwertstreich von Thares´ Tharandir versetzte seinem
Gegner den Todesstoß, worauf nur noch eine Dunstwolke von ihm zu
sehen war.
Nach dem Kampf hatte man sich leider nicht so schnell wieder beruhigt,
denn Renos Arm, der zwei mächtige Hiebe von dem Luftdämon aushalten
musste und stark blutete, musste mit Heilkräutern behandelt und verbunden
werden. Lynns Kampfstab wurde um ein paar Zentimeter kürzer und Thares
hatte eine leichte, doch stark schmerzende Schnittwunde im Gesicht.
Und die Pferde und Maultiere waren so erschrocken, dass eines der
Maultiere vor Aufregung fast gestorben wäre.
Am nächsten Morgen reisten sie weiter, und Renos Arm brannte
wie Feuer.
Ein weiterer Tag verstrich, in dem sie oft auf breiten Pfaden oder
wieder in kleinen Höhlen lagern mussten, bis sie endlich den Wolkenberg
überwunden hatten.
Und drei Tage später war auch schon das nächste Hindernis
erreicht: Der Krähenberg, dessen Anblick so unheimlich wirkte, dass
selbst der mutigste Abenteurer am liebsten umgekehrt und schnell nach Hause
gerannt wäre.
Überall schwirrten große, schwarze Krähen mit dunkelgelben
Schnäbeln und graugrünen Augen herum, die die drei Wandernden
anblickten, als wären sie nicht willkommen. Was man nicht sah, war,
dass auf dem spitzen Gipfel eine gigantische, graublaue Krähe saß,
die so laut krächzte, dass man sie bis ins Tal hinunter hören
konnte.
Der Krähenberg war außerdem der höchste Berg im
Donnerstein-Gebirge, weshalb es normalerweise circa fünf Tage brauchte,
um ihn zu überwinden.
Nach drei Tagen Wanderschaft und Ritt über die eng verschlungenen
Pfade und durch die tiefen Stollen des Krähenberges gingen die Vorräte
langsam zur Neige, und Thares, Reno und Lynn hingen sie sich über
die Schulter oder auf die Gürtel, und die Maultiere hatten bloß
noch wenig zu schleppen.
Der Krähenberg wurde immer unheimlicher, weshalb die drei ihn
schnell hinter sich lassen wollten und beschlossen, die ganze Nacht durchzureiten.
Doch das war ein großer Fehler, denn nachts flog etwas umher. Etwas
Unheimliches, Mächtiges, Brutales und Monströses.
"In der Dunkelheit ist es hier noch unheimlicher und alles wirkt
so bedrohlich", meinte Lynn.
"Pah. Hier leben doch nur große Krähen", sagte Reno.
"Wenn wir Pech haben, leben hier zu große Krähen...",
wandte Thares ein mit einer Betonung auf dem Wort "zu".
Sie ritten schnell weiter, denn ein kalter Wind kam auf und fegte
ihnen Sand in den Rücken.
Plötzlich sahen sie irgendetwas wie einen schwarzen Feuerball
auf sie zu schießen.
Sie hörten ein lautes Krächzen und hörten Flügelschlagen.
"Ducken!" rief Reno, und das Etwas schoss knapp über ihren
Köpfen vorbei, und beinah wären sie vom Pferd und vielleicht
in eine der tiefen Erdspalten des Berges gefallen.
"Was war das??" fragte Lynn, drehte sich um und sah, wie eines der
Maultiere von dem Etwas gepackt und verschlungen wurde.
"Ist die Legende war??" dachte sich Thares und sagte schließlich
laut zu seinen Freunden: "Weg hier! Ich glaube, der Krähenkönig
hat uns entdeckt!"
"Was??!" fragten die beiden anderen und begannen, wie der Blitz
zu reiten.
Hinter ihnen wurde das Etwas langsamer und begann, die Gestalt einer
unglaublich großen Krähe anzunehmen, die ein zweites Maultier
auffraß.
"Oh mein Gott!!" rief Lynn erschrocken.
Sie ritten in eine Höhle hinein, um vor dem Monster sicher
zu sein, doch sie waren es auch dort nicht. Reno hätte nie gedacht,
dass eine Krähe, die mindestens fünf bis zehn Tonnen wog, so
elegant fliegen und durch einen derart kleinen Höhleneingang kommen
konnte.
Nun begann eine wilde Hetzjagd, die durch eine unzählbare Anzahl
an Höhlengängen führte. Doch der Krähenkönig war
ihnen immer so dicht auf den Fersen, dass sie seinen fauligen, kalten Atem
spüren konnten. Manchmal gewannen sie etwas Zeit, als die Krähe
gegen Stalagmiten krachte.
Nach einiger Zeit, als die Pferde schon müde waren, ritten
sie aus der Höhle hinaus in die Nacht.
Plötzlich kamen fünf andere Objekte auf sie zugeschossen,
doch sie glänzten golden, rot und blau.
Von dem Anblick dieser Dinger waren Thares, Lynn und Reno leicht
gelähmt, und der Krähenkönig packte sie und wollte sie hoch
in die Luft heben, als die goldenen Feuerbälle ihn streiften und er
alle drei fallen ließ. Sie krachten auf den harten Boden auf und
ihnen wurde schwarz vor Augen...
Reno erwachte und richtete sich auf. Er befand sich in einer großen,
warmen Höhle, in der überall Kristalle aus den Wänden ragten.
Er sah, dass Thares und Lynn auch hier waren und auf dem Boden saßen,
und neben ihnen befanden sich fünf große Vögel, wahrscheinlich
Greifen.
Da waren zwei kleine goldene, ein großer goldener, ein mittelgroßer
roter und ein großer blauer.
"Der Langschläfer ist erwacht", sagte Thares lachend.
"Na endlich", meinte Lynn.
"Wo sind wir hier?" fragte Reno verwundert und rieb sich den schmerzenden
Kopf und die Augen.
"Darf ich vorstellen", sagte Thares, "das hier sind unsere Retter:
Zhoss, Zheloss, Zhakoss, Tenet und Myduriel, einige Greifen, die in dieser
Höhle wohnen."
Reno ging zu dem blauen Greifen hin.
"Vielen Dank, ähm... Tenet?"
"Nichts zu danken, Reno. Außerdem bin ich Myduriel, der Anführer.
Das hier ist meine rechte Hand, Tenet." Mit diesen Worten zeigte er auf
den roten Greifen neben ihm. "Und dies hier sind die Gebrüder Zhoss,
Zheloss und Zhakoss." Er zeigte auf die drei goldenen Greifen, die neben
Thares und Lynn standen.
"Sehr erfreut", sagte Reno zu den anderen vier Greifen.
Zheloss, Zhakoss und Tenet machten ein fröhliches Gesicht,
doch Zhoss blieb grimmig und stumm.
"Was ist denn eigentlich passiert, Myduriel?" fragte Reno.
"Nun, wir waren wie jede Nacht auf Patrouille auf dem Krähenberg,
als wir euch von dem Krähenkönig gejagt sahen. Leider fielt ihr
alle bei unserer Attacke auf den Boden und verlort das Bewußtsein,
doch es gelang uns, die blöde Krähe zu töten. Ich muss sagen,
der Krähenkönig war ganz schön zäh, was das Kämpfen
betrifft, doch er war nach einigen Hieben mausetot, um nicht zu sagen,
krähentot." Myduriel lachte.
Reno lachte ebenfalls, doch unterdrückt, da er Myduriels Witz
nicht richtig lustig fand und sein Humor auch nicht gerade grandios war.
"Jedenfalls, danke für die Rettung", meinte Reno.
"Können wir irgendetwas für euch tun?" fragte Thares im
Hintergrund.
"Nun ja...", sagte Zhakoss, "vielleicht könntet ihr uns mit
den Lindwürmern helfen?
"Genau. Die Lindwürmer, die uns ständig angreifen und
ausrauben. Alleine kommen wir nicht gegen sie an", warf Tenet ein.
Zhoss grummelte nur.
"Was hat der große goldene denn?" fragte Lynn Zheloss.
"Nun, mein Bruder ist stumm und immer grimmig", antwortete Zheloss.
"Doch jetzt zurück zu den Lindwürmern. Wir müssten
es nur schaffen, ihren Herrscher Aoal zu töten, dann würden sie
fliehen und nie mehr wiederkehren", erzählte Myduriel.
"Du meinst die Lindwürmer des Aoal? Ich habe gehört, dass
sie das schrecklichste Lindwurm-Volk auf Domm sind", meinte Reno schaudernd.
"Genau. Aoal der Kalte hat viel von seinem Vater gelernt: Zýptor
der Eisige hat mit seinem Volk einen Großteil der Greifen auf diesem
Berg getötet. Früher lebten hier dreimal so viele Greifen. Und
wegen dem Lindwurm-Volk von Aoal gibt es nur noch eine große Greifenhöhle
mit circa hundert Exemplaren hoch oben auf dem Berg, einige vereinzelte
Gruppen und uns. Mein Großvater Thatbin hat mir immer erzählt,
wie schön und friedlich es früher auf diesem Berg war, bis Zýptors
Truppen einfielen und alles vernichteten."
"Furchtbar...", meinten Thares und Lynn.
"Jedenfalls...", warf Tenet ein, "Aoal hat angekündigt,
uns heute Nacht anzugreifen, also vermutlich in einigen Stunden. Auch wenn
ihr es nicht geschafft habt, mit dem Krähenkönig fertig zu werden,
wissen wir, dass ihr großartige Kämpfer und Magier seit, und
bitten euch, uns in der Schlacht zu unterstützen. Denn wenn wir fünf
fallen, könnte das bedeuten, dass Aoal der Kalte die Herrschaft über
den Greifenberg erlangt, da Myduriel der mächtigste Greifenkrieger
ist, und wir anderen vier sozusagen seine Unterstützung, denn auch
wir sind starke und tapfere Kämpfer, was von Kaiser Quetarec, dem
Silbergreifen, bestätigt wurde. Und er ist weise, denn er ist mit
2366 Jahren eindeutig der älteste existierende Greif auf diesem Berg."
"Gut. Wir helfen, so gut wir können. Schließlich haben
wir euch unser Leben zu verdanken, und nach dem Kampf werden wir hoffentlich
quitt sein", sagte Reno stolz.
"Also...", meinte Myduriel, "wir fünf werden euch einen Weg
durch die Lindwürmer bahnen, und ihr stürmt nach vorne und vernichtet
Aoal. Doch seit gewarnt, denn er hat eine starke Leibwache, die aus ungefähr
zehn übergroßen Lindwürmern besteht. Ach ja, außerdem
wird noch die Armee des Kaisers kommen, das sind nochmals fünfzig
Greifen, die uns unterstützen werden gegen die Horde von Ungeheuern."
"Wir werden es schaffen! Ja, wir werden Aoal schlagen!" rief Reno
laut, und seine Stimme schallte durch die Höhle, während die
Kristalle, die aus den harten Wänden ragten, rosa und himmelblau funkelten.
"Genau. Mein Freund hat Recht", sagte Thares.
"Wir stehen tief in eurer Schuld", meinte Zheloss.
"Genau, wir sind euch zu größtem Dank verpflichtet",
krächzte Zhakoss leise.
Auch Zhoss nickte und schaffte es sogar, seinen Mund zu einem breiten
Lachen zu formen, das zwar nicht sehr fröhlich, doch sehr erfreut
aussah.
Schließlich war es Mitternacht, und die Greifen, Reno, Lynn
und Thares verließen die Höhle und wanderten kurz herum, bis
sie zu einem großen Felsvorsprung kamen. Dieser Felsvorsprung war
wirklich riesig, und es hätten locker hundert Greifen und hundert
Menschen darauf Platz gehabt.
"Wo bleiben sie denn? Jetzt ist es schon achtzehn Minuten nach Mitternacht...",
sagte Myduriel ungeduldig.
Zhoss grummelte verärgert.
"Auf wen wartet ihr denn?" fragte Lynn.
"Auf die Truppen des Kaisers", antwortete Zheloss.
"Achso..."
Auf einmal wurde die Dunkelheit der Nacht durch heransausende Objekte,
die zusammen wie ein beweglicher Regenbogen aussahen, durchbrochen und
grell erleuchtet. Die kleine Armee des Kaisers war gekommen. Dreiundfünfzig
kampferprobte Greifen in allen möglichen Farben landeten nacheinander
auf dem Felsvorsprung und stellten sich schnell in einer Viererreihe auf.
Als letztes landete ein sehr großer, weißer Greif mit
einem breiten, glänzenden Schnabel und weiten, wolkenweißen
Schwingen. Er stellte sich an die Spitze der Reihe und somit genau vor
Myduriel und Reno.
"Willkommen, Sir Khrotwar", sagte Myduriel zu dem weißen Greifen,
der ihn fast schon überragte.
"Sehr erfreut, Sir Myduriel. Tut mir Leid wegen der Verspätung,
doch es gab noch Probleme in der kaiserlichen Höhle. Doch nun sind
wir da, bereit für den Kampf mit den Lindwürmern", antwortete
Khrotwar.
Er sah Reno und seine beiden Freunden an, blickte verdutzt und fragte
Myduriel: "Wer sind diese Menschen?"
"Dies sind Krieger, die uns im Kampf gegen Aoal den Kalten unterstützen
werden."
"Ich dachte schon, es wären Späher der Lindwürmer."
Am Horizont erschien eine große Staubwolke, die sich auf einem
breiten Pfad auf die Greifen zubewegte.
"Die Lindwürmer kommen!" rief Zhakoss laut, und die Krieger
stellten sich in Kampfposition.
Die Staubwolke entpuppte sich als eine wütende Horde von überdimensionalen
Schlangen, mit zwei langen Beinen, großen Füßen, zwei
langen Armen und riesigen Händen, Köpfen wie Drachen und eine
Schuppenrüstung: Lindwürmer!
Einige sehr schnelle stürmten vereinzelt vor, was jedoch ein
Fehler war, da sie von den Greifen, die sich nicht in die Lüfte erhoben,
gepackt und mit Hieben erledigt oder den Berg heruntergeworfen wurden.
Doch als die versammelten Angreifer auf der Bildfläche erschienen,
wurde es für beide Seiten gefährlich. Lindwürmer wurden
von Greifen den Berghang hinuntergefegt, und die Greifen erstarrten durch
den Atem ihrer Gegner zu Eis oder wurden gebissen. Auch die Krallenhiebe
der Lindwürmer waren mächtige Angriffsvarianten.
Lynn schaffte es mit magisch erzeugten Energiebällen, sieben
Lindwürmer ins Jenseits zu befördern, und Thares feuerte ununterbrochen
Lichtstrahlen aus seinem Schwert Tharandir. Reno schoss wie eine Rakete
durch die Reihen der Monster, hackte wild mit seinem Krummschwert um sich
und stürmte immer weiter. Innerlich konnte er die Anwesenheit von
Aoal bereits spüren.
Myduriel und Zhoss standen wie Statuen da und setzten jedesmal zu
einem vernichtendem Schlag an, wenn sich ein Lindwurm näherte. Zhakoss,
Zheloss und Khrotwar flogen herum und erzeugten magische Blitze. Tenet
flog über Reno her und half ihm, die Lindwürmer aus dem Weg zu
räumen, die den Weg blockierten. Schließlich landete Tenet neben
Reno, und beide blieben stehen.
Sie sahen eine Mauer aus übergroßen, feuerroten Lindwürmern,
die die Sicht nach hinten blockierten. Bei dem Anblick des Mannes und des
grünen Greifen stampften sie laut grölend nach vorne.
Selbst der tapfere Tenet schauderte bei diesem Anblick, und schnell
flog er in die Luft. Reno sah noch zu ihm nach oben, dann umklammerte er
seine Waffe und machte sich kampfbereit.
Eine innere Stimme sagte ihm, dass er niemals allein gegen diese
Riesen unter den Lindwürmern gewinnen konnte. Er war bereits vollkommen
eingekreist, und die Monster setzten zum Angriff an, als sie plötzlich,
einer nach dem anderen, tot umfielen.
Weiß glühende Feuerbälle wurden von hinten in ihren
Rücken geschossen, und Lindwürmer, die an Kälte gewöhnt
waren, konnten Feuerzauber solcher Kraft nicht überleben. Niemand
hätte jemals gedacht, dass Tenet die Formel der Flammen von Arkholoss
beherrschen könnte.
"Vielen Dank, mein Freund!" rief Reno.
"Keine Ursache, Reno", meinte Tenet und wandte sich um.
Vor den Augen von Tenet und Reno erhob sich Aoal, der Kalte.Der
Anblick dieses Ungeheuers ließ den Mut schmelzen und die Tapferkeit
bersten. Eine mindestens zehn Meter lange Schlange mit Beinen und Armen
wie aus Edelstahl und gleißend blauen Augen wie Kometen. Aoal hatte
goldene Krallen, die Schärfer waren als fünf Schwerter aus einer
Zwergenschmiede.
"Jetzt geht es los...", meinte Reno voll Furcht vor dem wahrscheinlich
bevorstehenden grausamen Tode durch die Hand des Herrschers der Lindwürmer.
"Ihr kleinen frechen Würmer! Ihr Pestbeulen! Ihr Abschaum!!"
brüllte Aoal wütend. "Meine wunderbare Leibwache! Macht euch
für euren qualvollen Tod bereit!"
"Das werden wir ja sehen, du Riesenbaby...", meinte Tenet.
"Groaarrrr!!!" knurrte Aoal und feuerte sein erstes Geschoss: Eine
Sphäre aus leuchtendem Eis, die knapp neben Reno auf den Boden traf
und ein tiefes Loch in den Berg bohrte.
Reno lief nach vorne, sprang irrsinnig hoch und schlug mächtig
zu. Er traf Aoals Bauch mit voller Wucht.
"Au. Das hat ja fast geschmerzt", sagte Aoal grinsend.
"Tenet, mach den gleichen Zauber wie vorhin noch einmal! Aber mit
voller Kraft!"
"Gut, Reno. Halte dein Schwert bereit und weich Aoals Geschossen
aus!" rief Tenet seinem kämpfenden Freund zu.
"Quado Zhator Theflemis Tanth..."
"Beeile dich!" schrie Reno als er einer weiteren Eiskugel auswich.
"Ihr werdet mich niemals besiegen!" sagte Aoal laut und böse.
"Ufghanwe Rerrefer Lutania Ixo Honwex Qui..."
Reno rannte schnell herum.
"Nanona Xypalona Sreddor Jhatsche Limpor..."
"Stirb, Menschenwurm!!!" brüllte der Riesenlindwurm und machte
sich zum finalen Schuss bereit, denn Reno lag wehrlos auf dem Boden.
"Khoto Zhubirix Dentasyca... Ich beschwöre euch, oh Flammen
von Arkholoss, die ihr alles verbrennt, was euch im Wege steht, und die
ihr wie Drachenfeuer alles vernichtet, das ihr wollt... Lasst den Krieger
die Mächte des Feuers erhalten und seinen Feind besiegen!" Mit diesen
Worten erzeugte er ein rotes Licht um sich, das schnell auf Renos Schwert
überging und es wie reines Feuer leuchten ließ.
Reno spürte die Flammen von Arkholoss in sich, fasste wieder
Mut und warf sein Schwert hoch in die Luft. Es löste den heransausenden
Eisstrahl auf und kehrte in Renos Hand zurück.
"Oh nein, die Flammen...", wisperte Aoal und ging ein paar Schritte
zurück.
"Stirb, Ungetüm!" rief Reno, sprang auf und bewegte sich wie
Fliegend auf Aoals Kopf zu.
In den Augen des Lindwurms spiegelte sich das Feuer, und einen Moment
später wurde Aoal durch einen unglaublichen Schwertstreich enthauptet.
Der Kopf fiel zu Boden und rollte den Berg hinunter. Der leere Körper
kippte um, plumpste seinem Kopf nach und erzeugte eine blau schimmernde
Explosion am Fuß des Berges, die die Erde erzittern ließ.
Als die restlichen Lindwürmer Wind vom Tod ihres Herrschers
bekamen, gerieten sie in Panik. Nur wenigen gelange es zu fliehen, doch
die meisten wurden erledigt oder gefangen genommen.
Die Schlacht war geschlagen, die Greifen hatten gewonnen. Die Schreckensherrschaft
der Lindwürmer über den Greifenberg war beendet.
Nach dem Kampf flogen die Greifen, zusammen mit den drei Helden,
unter großem Gejubel über Reno und Tenet zurück in die
kaiserliche Höhle...
"So, so. Ihr habt es also geschafft", murmelte der Kaiser, der auf
seinem hohen, goldenen Thron saß.
"Genau, Majestät. Wir haben die Lindwürmer besiegt, und
das haben wir Großteils Reno und Tenet zu verdanken, denn sie haben
Aoal enthauptet und somit die Schlacht gewonnen", sagte Myduriel.
"Genau, sie erwiesen außerordentliche Tapferkeit", meinte
Khrotwar.
"Tretet vor, Reno Starduum und Sir Tenet. Ich will euch für
eure Tapferkeit belohnen."
Reno trat vor die Füße des überdimensionalen, silbernen
Greifen, der aussah, als wäre er eine Million Jahre alt. Vor seinen
Füßen schwebte ein rotgolden leuchtendes, blitzendes Schwert
mit einem Griff aus Ogergold und Rubin herum, in dem die Buchstaben Arkholoss
eingraviert waren.
"Dir, oh edler Krieger, überreiche ich Arkhora, die Klinge
des Arkholoss, das Schwert des Feuers, die Waffe der Flammen und die mächtigste
Klinge, die ich kenne. Führe das Schwert gut, Reno."
Mit diesen Worten schwirrte das Schwert in Renos Hand.
"Ich danke euch tausend mal, oh edler und weiser Quetarec, Kaiser
der Greifen."
Reno verbeugte sich und machte einige Schritte zurück.
"Und nun tritt du vor, Tenet", sagte Quetarec.
Der grüne Greif trottete zum Kaiser hin und verbeugte sich.
"Dich, oh Tenet, Bändiger der Flammen von Arkholoss, ernenne
ich zu meinem Nachfolger, falls ich sterbe. Du hast Reno geholfen, Aoal
zu vernichten, und deshalb wirst du nach meinem Tode der neue Kaiser der
Greifen."
"Dies ist mir eine unwahrscheinlich große Ehre, oh weiser
Quetarec, doch ich möchte lieber mit Reno und seinen Freunden auf
die Suche nach dem Götterbaum Óga-Lem gehen", sagte Tenet mit
einem Funkeln in den Augen.
"Nun, so zieht von dannen, Sir Tenet, Bändiger der Flammen
von Arkholoss. Doch wenn ihr wiedergekehrt, werdet ihr mein Nachfolger."
"Wie ihr wünscht, Majestät", sagte Tenet stolz und überglücklich
zugleich.
Drei Tage später reisten Reno, Lynn, Thares und Tenet ab, in
Richtung Drachenberg, ohne den Gedanken an ihre dämonischen Verfolger...
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