Das Schattenkind vom Schattenkind |
Der schattige ;-) Fortsetzungs-Roman |
4. Akt - Die andere Seite |
"Noch Hunger Kleines?" fragte Holodmer.
Ich schüttelte den Kopf. Nein Hunger hatte ich nicht mehr. Obwohl unser Mahl nicht sonderlich üppig ausgefallen war. Wir hatten auf dem Weg ein paar wilde Gänse gefangen und ließen sie uns jetzt schmecken. Ich war wieder einigermaßen zu Kräften gekommen. Tialk hatte sich meine Wunde am Arm angeschaut und sie dann mit einer widerlich stinkenden, grünen Masse, die er aus einigen Pflanzen zubereitet hatte, versorgt. Ich wunderte mich etwas über das wohlige Gefühl, das mehr und mehr den Schmerz in meinem Arm vertrieb. Dankend lächelte ich ihn an. Der Wagen den wir dem Clan gestohlen hatten stand als unser Witterungsschutz in der Richtung aus der der kalte Wind kam. Auf ihm hatten wir noch einige Decken und etwas Werkzeug gefunden, die uns jetzt sehr nützlich waren. Die Pferde hatten wir von ihrem Geschirr befreit und in die Nähe einiger Büsche gebracht, damit sie ein wenig grasen konnten. Yerum sah heute etwas blasser aus. Er schien zarter besaitet zu sein. Ich mochte die Leute, die mit mir unterwegs waren. Dennoch fühlte ich mich von Tag zu Tag allein gelassener. Diese fremde Welt war so riesig und ein starkes Gefühl der Einsamkeit nagte immer mehr an meinem Gemüt. An diesem Abend saß ich etwas abseits des Feuers. Wir hatten am Rande einer ausgetrockneten, riesigen Ebene angehalten und dort ein notdürftiges Lager, mit den Sachen die wir gefunden hatten, errichtet. Gedankenverloren starrte ich auf die weite Ebene. Die Sonne ging gerade unter und der klare Himmel erstrahlte in allen Farben. Wie schön das doch war. Früher hätte ich nie auf so etwas geachtet. Aber was war schon früher? Was ist jetzt? Hatte ich eine Vergangenheit, wenn ich nicht mal eine Gegenwart hatte? Wieder quälte mich die Frage, wer ich war. Ich seufzte tief und sah der Sonne weiterhin bei ihrem herrlich, leuchtendem Schauspiel zu. Der Tag starb und mit ihm die Sonne, mit all ihrem Glanz, den Farben, der Wärme..... um am nächsten Tage wiedergeboren zu werden und aufs neue Farben, Licht und Wärme auf die Erde zu senden und Leben zu schenken. Und dennoch machte sie blind, wenn man zu lange hinsah... Meine Nasenspitze war kalt geworden. Ich nahm die Hände vor mein Gesicht und hauchte hinein, um sie zu wärmen. Weiche Stiefel bahnten sich hinter mir einen Weg durch das Gestrüpp. Yerum legte mir eine Decke um die Schultern, lächelte scheu und ging wieder. Ich war froh, dass er nicht geblieben war. Ich wollte mit meinen Gedanken alleine sein. Am Feuer hörte ich die anderen lachen und scherzen. Ihnen schien es wieder einigermaßen gut zu gehen, was mich wirklich sehr freute. Ich jedoch konnte nicht lachen. Eine seltsame Traurigkeit überzog meine Seele und ließ das Lachen in mir verstummen. Meine Blicke wanderten über den Himmel und die Ebene. Hoch oben flog ein riesiger Schwarm kleiner Vögel, die mit dem Wind spielten. Ich sog die kalte Luft tief ein und genoss den frischen Duft. Es wurde mittlerweile immer dunkler und das Farbenspiel am Himmel neigte sich langsam seinem Ende. Ich schloss die Augen und spürte wie der Wind sanft meine Beine umspielte und mir durch das Haar strich. Leise flüsterte er mir einen Namen ins Ohr. So leise und sanft, daß ich ihn kaum hören konnte. Ich war etwas verwirrt, legte den Kopf aber schief und hörte dem Winde weiterhin zu. Wieder und wieder flüsterte er den gleichen Namen, streichelte meine Wangen und küsste meine Stirn. Abrupt verstummte das Lachen der Anderen. Ich konnte ihre Blicke im Nacken spüren und drehte mich um. Erschrocken stellte ich fest, das sie mich alle ansahen. Auf ihren Gesichtern lag eine Mischung aus Verblüffung und Bestätigung. Ich wusste nicht was passiert war. Hatten sie den Wind auch hören können? Stille.... Sie sahen mich einfach alle nur an und gaben
keinen Ton von sich.
Holodmers mitleidsvoller Blick fiel mir wieder
ein.
In dieser Nacht tat ich kein Auge zu. Als die
anderen schon schliefen und die nächtliche Stille längst die
Ebene und ihre Bewohner in das Reich der Träume geführt hatte,
lag ich noch wach.
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