Die Syn - Die Seelenschmieden von Surat-Celyton
Kapitel 1

Dunkle Wolken erstreckten sich über dem Himmel. Die Burg wurde in ein dunkles Licht getaucht. Ab und zu zuckten Blitze am Horizont und erhellten kurzzeitig den Burghof.
Mit schweren Schritten stampften die Burgwachen durch den matschigen Boden. Sie bezogen Stellung vor dem riesigen Burgtor. Ein Späher hatte einen Trupp sonderbarer Gestalten gesehen, die sich auf die Burg zu bewegten. "Speere vor!" schrie der Hauptmann durch die schleppende Stille. Die Soldaten gehorchten aufs Wort. "Laut dem Späher ist es nur ein kleiner Trupp. "Wir werden sehen, was sie vorhaben!" Kianek, einer der Soldaten, hörte plötzlich ein Rumsen.
"Was ist das?" fragte er den Hauptmann, als Kianek merkte, dass das
Rumsen nicht verstummte, sondern immer lauter wurde. "Was denn?" fragte der Hauptmann. "Das Donnern, Hauptmann!" sagte Kianek. Mit jeder Sekunde wurde das Donnern lauter. Auch die anderen Soldaten wurden ungeduldig. Das Donnern war nicht mehr weit von der Burg entfernt. "Das sind Kriegstrommeln!", rief der Hauptmann panisch. "Alle Mann in Deckung!" "Kommando halt!", rief eine andere Stimme hinter dem Tor und das Donnern verstummte. Kianek hörte noch wie "Pfeile los!" gebrüllt wurde, als er in die Burg rannte. Es begann zu regnen. Der gesamte Burghof war mit Pfeilen übersät. Das Trommeln setzte wieder ein. Frauen mit ihren Kindern rannten schreiend und weinend umher. Einige Raben kreisten gierig über der Burg. Ein gewaltiges Knacken in dem Burgtor ließ die Burg erzittern. Noch liefen die Soldaten wie hilflose Ameisen im Burghof herum. "Formiert euch!", rief der Hauptmann. Die Soldaten gehorchten. Einer rutschte aus und fiel in eine schlammige Pfütze. Er stand sofort wieder auf, um die Lücke des aus Soldaten bestehenden Vierecks zu füllen. Der Hauptmann blickte zu den auf dem Burgwall platzierten Bogenschützen. "Feuer einstellen! Wartet auf mein Zeichen!" Die meisten der Bogenschützen hatten noch keine siebzehn Sommer gesehen und waren daher ziemlich nervös. Bogenschützen waren in Kera immer gern gesehene Krieger.
Kera war ein großes Land, das im Osten bis an den Luva-Fluss grenzte. Im Norden, Süden sowie im Westen war das Land vom Sakra-Gebirge umgeben. 
Nun betrat eine Person in einer mit Gold verzierten Rüstung den Hof. Es war eine sehr teure Rüstung, das konnte man sehen. Auf dem Brustpanzer war ein Pfeil abgebildet, der das Wappen in Kera ist.
Zudem trug die Person noch einen purpurnen Umhang. Um den linken Arm hatte sie einen fein verzierten Schild, auf dem ebenfalls das keraianische Wappen abgebildet war, geschnallt. Sein Schwert, welches einen mit Gold und Edelsteinen besetzten Griff hatte, steckte in der Schwertscheide auf der linken Seite seiner Hüfte. Sein langes graues Haar schlug im Wind wie wild um sich. Sein kurzgeschorener Bart regte sich gar nicht. "König Lutar!", sagte der Hauptmann überrascht und verbeugte sich leicht.
König Lutar herrschte schon seit 38 Jahren über das Land Kera. Er behandelte sein Volk besser als manch anderer König und er besaß eine der besten Armeen. "Schon wieder diese metallenen Kröten?", fragte der König leicht grimmig. Sein Haar war bereits vom Regen durchtränkt und Tropfen fielen nacheinander über sein Haar auf den Boden. "Ja, Majestät!", antwortete der Hauptmann. 
Ein noch lauteres Knacken ertönte. Ein riesiger Rammbock hatte das Tor durchbrochen. "Feuer!", befahl der Hauptmann. Einige schwer gepanzerte Männer stürmten durch das Tor. Ihre Rüstungen bestanden aus schwerem, hartem Stahl. Ihre Helme waren mit Hörnern besetzt. Ihr Gesicht war unter einem großen Helm versteckt. Sie hatten in der rechten Hand Morgensterne und in der linken große viereckige Schilde, die kein Banner trugen. Wie Berserker stampften sie auf die Männer des Hauptmanns los. Man hörte das Klirren der Rüstungen. Die meisten Pfeile prallten einfach ab. Erst als einer der Pfeile in den Augenschlitz des Helmes traf, fiel einer der gepanzerten Männer. Die erste Angriffswelle unterlag den Bogenschützen, doch sofort marschierte ein neuer Schwall Soldaten durch das Tor. Sie trampelten einfach über die toten Körper ihrer Mitstreiter rüber. König Lutar hob sein Schwert. "Männer, im Namen Keras! Schlagen wir sie zurück!" "Für König Lutar! Für Kera!", riefen die Männer im Chor. "Angriff!", rief König Lutar und rannte auf die gepanzerten Gegner zu. Seine Männer liefen ihm mit lautem Gebrüll hinterher. Die zweite Angriffswelle wurde förmlich überrannt. Die gepanzerten Ritter waren plötzlich verwirrt. Sie hatten nicht mit solch einer Gegenwehr gerechnet. Nach einigen Minuten war das Tor wieder gesichert und die Feinde besiegt. "Ja!", rief der Hauptmann und lächelte. König Lutar blieb kalt. Er schaute über die Trümmer zum Horizont.
Der gesamte Horizont war bedeckt von einer gewaltigen Armee, die auf die Burg zustürmte.
Nach mehreren gefolgten, aber fehlgeschlagenen Angriffen der gepanzerten  Gegner, zogen diese sich vorerst zurück. "Mein König, wir haben sie geschlagen!", sagte der Hauptmann stolz. Jetzt fing es an stärker zu regnen. "Hauptmann, ich glaube, dass ihr eine Beförderung verdient habt!", sagte König Lutar und wischte das Blut, das aus einer Wunde an der Stirn hinunterlief, ab. "Majestät... ich...", begann der Hauptmann, doch dann wurde er von einem der Bogenschützen unterbrochen: "Kriegsmaschinen!"
"Was?!", rief der Hauptmann und fuhr wild umher. "Alle runter von der Mauer!", rief ein weiterer Schütze. Auf einmal zerbarst ein Teil des Burgwalls mit einem lauten Donnern. Tote Bogenschützen und Trümmer fielen in den Burghof. Die Bogenschützen warfen ihre Waffen weg und suchten einen Fluchtweg von der Mauer. Mit einem weiteren Donnern wurde ein weiteres Stück des Burgwalls weggerissen und mit ihm dutzende Bogenschütze. "Was sollen wir jetzt tun?", fragte der Hauptmann nervös seinen König. Plötzlich hörte man ein eigenartiges Rumpeln, das seinen Ursprung unter der Erde hatte. "Was zum...", begann Lutar. Der halbe Burgwall fiel unter einem Donnern, Rumpeln und Beben in sich zusammen. "Sie haben Tunnel gegraben!", sagte der König zornig. Der nächste Gesteinsbrocken, der von den Kriegsmaschinen abgefeuert wurde, fiel direkt in die formierten Krieger und riss viele von ihnen in den Tod. Nun stürmte eine weitere gepanzerte und schwarze Horde über den zerstörten Burgwall in die Burg. Ein Turm der Burg brach ein und schlug in den Innenhof ein. Ein merkwürdiges Fauchen ließ den Verteidigern das Blut in den Adern gefrieren. König Lutar schaute in den Himmel. Die  Männer taten es ihm gleich. Mehrere Drachen kreisten über der Burg. "Isper-Drachen!", rief der Hauptmann panisch. "Geht in Deckung!" Die Soldaten versteckten sich unter den Trümmern.
Ein Lichtblitz erhellte den Himmel. Die Augen der Drachen waren kalt und blutunterlaufen. Ihre Köpfe waren lang gestreckt und krokodilsähnlich. Die Schuppen der Drachen waren giftgrün und sie hatten extrem große Flügel und einen langen zackigen Schwanz. Auf jedem Drachen saß ein gepanzerter Reiter mit einem doppelhändigen Langschwert. Eine merkwürdige magische Stimme durchdrang die Luft. Es war eine Sprache, die man in Kera nicht kannte. Der Wind verteilte sie. Wie auf Befehl setzten die Drachen zum Sturzflug an. Schreiend rannten die Männer von König Lutar davon. "Ihr dummen Bauern!", sagte König Lutar mit ruhiger Stimme. "Ihr hättet in euren Verstecken bleiben sollen!" Die ersten Soldaten wurden von den riesigen Mäulern der Drachen gepackt und tot gebissen. Ein enthaupteter Soldat fiel tot neben König Lutar zu Boden. König Lutar saß zwischen den Trümmern und beobachtete das Geschehen. Seine Männer wurden abgeschlachtet und seine Burg brach mit jedem weiteren Schuss der Belagerungswaffen in sich zusammen. Plötzlich erschien ein Helm vor dem Spalt, durch den König Lutar schaute.  Ein gepanzerter Krieger hatte ihn entdeckt. Schnell befreite sich König Lutar aus den Trümmern und erstach den Krieger. Er rannte wie der Teufel über die Trümmer hinweg und erschlug jeden, der sich in seinen Weg stellte. Ein Drachenreiter hatte ihn entdeckt. Mit weit ausgebreiteten Flügeln segelte er flach über dem Erdboden auf König Lutar zu. Neben sich konnte Lutar einige grausame und kurze Kämpfe erhaschen, während er vor seinem Verfolger floh. Plötzlich stieß sein Kopf gegen etwas Hartes und er fiel bewusstlos zu Boden. 
Als er die Augen wieder öffnete, spürte er noch immer den pochenden Schmerz, der ihm durch den Kopf fuhr. Regungslos lag er auf seinem Rücken da, während es auf ihn niederregnete. Er hörte Stimmen. Aber es waren keine menschlichen Stimmen. Es waren die seiner Feinde. Lutar wagte es nicht sich zu bewegen, da sie ihn vermutlich töten würden. Schon bald änderte sich seine Meinung, als er sah, dass einige der gepanzerten Ritter zwischen den Leichen der Soldaten Keras hindurchgingen und jedem mit dem Schwert den Kopf abschlugen, um ganz sicher zu sein, dass sie auch wirklich tot waren. Mit seiner rechten Hand tastete er vorsichtig nach seinem Schwert. Er fand es zu seinem Pech jedoch nicht. Seine Gegner waren schon zu nah. Schnell sprang er auf und erspähte dabei ein einfaches Schwert eines Soldaten, welches er sich schnell griff. Aber erst jetzt sah König Lutar, wie viele dieser gepanzerten Soldaten wirklich im Innenhof seiner zerstörten Burg standen. Sie umzingelten ihn. "Mich unterwerft ihr nicht!", dachte sich der stolze König. Der Kreis um ihn wurde immer enger. "Halt!", ertönte es. "Bringt ihn zu mir!", befahl die Stimme. Zwei Soldaten lösten sich aus den Kreis und flankierten Lutar. Aus dem Kreis wurde eine Art Gang gebildet. An seinem Ende stand ein kräftig gebauter Mann. Dieser trug eine pechschwarze Rüstung, an der keine Lücken oder Schwachstellen zu erkennen waren. Das einzige, was ungeschützt war, war sein Haupt. König Lutar ging auf ihn zu, begleitet von den beiden Rittern. Sein Gegenüber hatte eine etwas dunklere Haut, stellte der König beim Betrachten des Kopfes fest. Zudem besaß er eine Glatze und auf seiner Stirn war eine gelbe, sonnenähnliche Tätowierung. Er mochte ungefähr 31 Sommer alt sein. "König Lutar, welch Ehre euch zu begegnen. Und dazu noch so lebendig.", sagte er ruhig und mit etwas Ironie, wobei er seinen Kopf neigte. Jetzt sah Lutar, dass sein muskulöser Gegenüber ein schwarzes, großes und etwas breites Schwert auf dem Rücken geschnallt hatte. Grimmig antwortete König Lutar: "Euer Sieg wird nur vorübergehend sein! Ihr habt nur einen kleinen Teil meiner Armee besiegt!" "Ist das so? Na dann hoffe ich doch sehr, dass der Rest eurer Armee sich besser zu verteidigen weiß", entgegnete der Krieger mit einer noch immer ruhigen Stimme. "Eure Zeit ist vorbei! Sterbt!", rief der Hauptmann, der aus einem Haus, das nur noch eine Ruine war, auf den schwarzen Ritter zustürmte. Dieser jedoch nahm sein Schwert vom Rücken und führte einen horizontalen Schlag aus. Er traf dabei das Schwert des Hauptmanns, welches drei bis vier Meter wegflog. Der Hauptmann stolperte dabei und fiel hin. Sofort eilten die gepanzerten Ritter zu ihm, um ihn festzuhalten. "Nun, wie wollt ihr sterben? Durch das Schwert, welches euer König in der Hand hält, oder als Drachenfutter?", fragte der schwarze Ritter, wobei er sich sein Schwert wieder auf den Rücken schnallte, während die Isper-Drachen gierig zum Hauptmann spähten. Der Hauptmann antwortete nicht, sondern sah den schwarzen Ritter nur zitternd an. Der Schweiß stand ihm auf der Stirn. "Nun, ihr müsst euch entscheiden!", sagte der schwarze Ritter und packte den Hauptmann mit einer Hand und hob ihn hoch. "Hier, König Lutar!", rief der Hauptmann und warf dem König mit letzter Kraft einen silbernen Ring zu. König Lutar fing den Ring und eine weiße Aura legte sich um ihn. Plötzlich war König Lutar verschwunden. "Elender!", fauchte der schwarze Ritter und warf den Hauptmann in die Luft. Die Isper-Drachen schnappten ihn aus der Luft und zerfetzten ihn. Ein großer dunkler Bluttropfen klatschte auf die Rüstung des schwarzen Ritters. Dieser sank schweißgebadet in sich zusammen. "Ich habe versagt! Das wird er mir nie verzeihen! Nie!"
Er rammte seine Hände in den matschigen Boden. "Ihr müsst ihn finden!", schrie er seine Männer an. "Los, beeilt euch! Er kann nicht weit weg sein!" Die gepanzerten Ritter gehorchten.

König Lutar öffnete seine Augen. Der Geruch von frischem Gras stieg ihm in die Nase. Leises Vogelgezwitscher war zu hören. Lutar lag im Gras und schaute in die dicken Baumkronen. Er befand sich zweifellos in einem Wald. Die Bäume waren groß und alt. Nur wenige Sonnenstrahlen durchbrachen das Geäst. Noch etwas benommen stand König Lutar auf. "Ach, verdammt, das war der letzte Syn-Ring!"
Der silberne Ring in seiner Hand löste sich langsam in einen weißen Nebel auf. König Lutar tastete den Boden nach seinem Schwert ab. Plötzlich spürte er einen beißenden Schmerz in der linken Hand. Er hob die Hand hoch. Ein hellbraunes Frettchen mit sehr spitzen Zähnen hatte sich in seiner linken Hand festgebissen. König Lutar sah, dass es um sein Leben, um seine "Beute" kämpfen würde. Er schlug seine Hand viele Male auf den Boden. Das Frettchen ließ jedoch nicht los. Es knurrte böse und biss noch fester zu. König Lutar verzog vor Schmerz das Gesicht. "Du blödes Viech!", schimpfte König Lutar, während er mit seiner rechtem Hand nach seinem Schwert tastete. Nach einer Weile hatte er es gefunden. "So jetzt zieh ich dir das Fell über die Ohren!", brüllte König Lutar das Frettchen an, als ob es ihn verstehen würde. Doch dann hörte er ein Plätschern. Lutar grinste, denn ihm war eingefallen, dass Frettchen kein Wasser mochten. Nach kurzer Zeit fand er eine kleine Quelle. Mit großem Vergnügen tauchte er das Frettchen ins eiskalte Wasser. Er ignorierte das böse Fauchen des Frettchens und tauchte es gemein grinsend immer wieder ins Wasser. Nach einer Weile ließ das Frettchen los und verschwand hakenschlagend im Wald. "Das kommt so schnell nicht wieder!", dachte er sich und begann sich durch das Gestrüpp zu schlagen. Sein Umhang zerriss an den Dornenbüschen und langsam ging ihm das überglückliche Vogelgezwitscher auf die Nerven und er begann damit Steine auf vorbei fliegende Vögel zu werfen. "Blöde Viecher!", schimpfte er. Nach einigen Stunden begann die Dämmerung. Der Wald war noch dunkler als zuvor. Erschöpft legte er sich in das Moos.
 

© Surat-Celyton
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Und schon geht es hier weiter zum 2. Kapitel...

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