Die Syn - Die Seelenschmieden von Surat-Celyton
Kapitel 3

Hart fiel Zadem auf den steinigen Boden. "Verdammt!", schrie er und fasste sich an die schmerzende Stelle auf seinem Rücken. Vorsichtig stand er auf und blickte nach oben. "Das ... das gibt es doch nicht!", rief er entsetzt. Die Säule neben ihm war die selbe wie die eben. Sie ragte durch die Decke der Höhle an die Oberfläche. Aber was Zadem so sehr erschrak, war der Wasserring, der an der Höhlendecke um die Säule floss. "Komm doch zu uns.", hallten die sanften Stimmen aus dem Inneren der Höhle. Um ihn herum waren jede Menge Stalagmiten und Stalaktiten und die verschiedensten Felsformen. Nirgends konnte Zadem einen Ein- geschweige denn einen Ausgang sehen. "Oh, du junger Schönling... wir warten auf dich", erklangen die sanften Stimmen wieder. Ihr Echo verwirrte ihn und machte ihn orientierungslos. Die Höhle wurde immer enger. Die felsigen Wände und die dicke Decke färbten sich grünlich. Algenreste verteilten sich über dem Boden. An den Wänden entdeckte Zadem primitive Zeichnungen, die seiner Meinung nach schon uralt sein mussten. Sie erzählten von einer unterirdischen Stadt, die sich mit ihren Tunnelsystemen unter ganz Kera erstreckte. Außerdem war immer diese Säule abgebildet, welche Zadem in die Tiefe gezogen hatte. Eine weitere Stimme hauchte durch den Gang. Sie klang sanft und zugleich bedrohlich. "Ein uralter Wächter ist gekommen uns zu schützen", flüsterte die Stimme. "Ein uralter Wächter geleitet dich ins Grab." Zadem rannte durch den Gang. "Ein uralter Wächter, keine Waffe wird dir nützen." Die Stimmen zischten an seinem Kopf vorbei. Zadem erreichte einen großen runden Raum. Am Ende war eine riesige steinerne Tür. Ein kleiner unterirdischer See lag im Zentrum des Raumes. Ein Gitter schloss sich hinter Zadem. "Ein uralter Wächter, aus dem Wassersarg!" Die Stimme hallte von den Wänden, wurde jedoch nicht leiser. Kleine Wellen bildeten sich auf dem See. Die Höhle erzitterte. Irgendetwas schien sich aus dem Wasser zu erheben. Zadem blickte panisch umher. Nirgendwo gab es etwas, das er als Waffe gebrauchen könnte. Zadem entschied sich zu der steinernen Tür zu rennen. Ohne zum See zu schauen rannte er los. Kurz schaute er auf die felsige Wand. Ein riesiger Schatten war zu erkennen mit undeutlichen Umrissen. Zadem erreichte die steinerne Tür, doch so sehr er sich auch bemühte, die Tür öffnete sich nicht. Hinter sich konnte er das Rauschen und Fließen gewaltiger Wassermassen hören. "Was auch immer aus dem Wasser kommt... es muss verdammt groß sein", fürchtete Zadem zitternd. Ein dunkles und unangenehmes Kreischen füllte den Raum. Jedes einzelne Haar auf Zadems Körper war nun aufgerichtet. Vorsichtig drehte sich der Kriegersohn um. Dann sah er das Ungeheuer, welches zu seinem Unglück geweckt wurde. Ein riesiger, gedrungener und flacher grauer Kopf ragte knapp sechs Fuß über der Wasseroberfläche. Die Haut des Wesens war glatt und nass. Am Kopf besaß die Bestie links und rechts zwei Flossen in Form von Halbmonden, die bedrohlich aufgerichtet waren. Das mit riesigen, gebogenen und spitzen Zähnen besetzte Maul war länglich und nahm damit drei Viertel der Länge des Kopfes ein. Direkt über dem Maul befanden sich drei gelbe, schlitzförmige Augen, deren längliche Pupillen aggressiv auf den hilflosen Zadem starrten.  Zu beiden Seiten des Kopfes ragten unter anderem noch zwei gewaltige, transparente Flossen aus dem Wasser. "Ich glaube, dass Gott mich nicht leiden kann. Warum hat es denn nicht gleich noch zwei Flügel?", fragte Zadem sich leicht säuerlich. Da schossen hinter dem Kopf des Ungeheuer zwei weitere, unbeschreiblich große Flossen aus dem Wasser. Diese krachten mit einer riesigen Wucht gegen die Wände der Höhle. Zadem schlug sich gegen die Stirn. "Flügel... Ich Idiot!" Wieder kreischte das Ungeheuer mit seinen unangenehmen Unterton. "Ich glaube, dass mit dem Wassersarg war indirekt auf mich bezogen", vermutete Zadem nervös.
Dann fing er sich wieder und fasste etwas Mut: "Es gibt nur einen Weg aus diesem Raum: Ich muss in den See und tauchen! Schließlich habe ich nichts zu verlieren!" Entschlossen rannte er auf die Kreatur zu und sprang in den See. Zadem versuchte dieses Ungeheuer einfach zu ignorieren und drang immer tiefer in den Abgrund des Sees. Diese Kreatur tat es ihm gleich und tauchte ebenfalls wieder ab. Zadem konnte besonders gut schwimmen, da sich im Finwee-Wald auch der Gamos-See befand. Früher hatte er dort öfter an heißen Tagen gebadet.
Wie ein Fisch tauchte Zadem in den See. Das Wasser war ungewöhnlich warm. Der Seeboden war felsig. Hinter ihm erschien das Ungeheuer. Es schnappte gierig, doch Zadem zog im letzten Augenblick die Beine weg und tauchte tiefer in den See. In der Mitte des Sees befand sich ein gewaltiger Wasserstrudel. Am Grunde des Sees befanden sich große giftgrüne Selek-Muscheln. Zadem erinnerte sich an eine Geschichte seines Vaters. Die Perle einer Selek-Muschel verfügt über magische Kräfte. Während Zadem nachdachte, griff ihn das Ungeheuer erneut an. Zadem zog den Kopf zurück. Das Ungeheuer machte kehrt und schoss erneut auf Zadem zu. Langsam ging Zadem die Luft aus. Er tauchte zu einer Selek-Muschel und versuchte sie vergeblich zu öffnen. Das Ungeheuer schnappte nach Zadem. Dieser schwamm nach oben weg und so biss das Ungeheuer in die Selek-Muschel. Zadem tauchte nach oben. Er brauchte unbedingt Luft. Irgendwas Glitschiges schlang sich um sein rechtes Bein und zog ihn hinunter. Er schaute hinunter und entdeckte, dass sich die Zunge des Ungeheuers um sein Bein geschlungen hatte. Er trat ziellos nach dem Kopf des Ungeheuers und traf ein Auge. Der Schrei der Bestie ließ das Wasser vibrieren. Schnell tauchte Zadem hinab zur Muschel. Sie war komplett zertrümmert. Zwischen ihren Überresten konnte Zadem keine Perle sehen, jedoch einen schweren armgroßen, rostigen Schlüssel. Währenddessen schwamm die Meeresbestie auf ihn zu. Ihre Augen glühten feuerrot.  Zadem überlegte nicht lange, sondern griff sich sofort den Schlüssel und schwamm mit ihm Richtung Wasseroberfläche. Das Ungeheuer war jedoch schneller und versperrte Zadem mit seinen riesigen Flossen den Weg. Wieder merkte er, wie ihm die Luft ausging. Schnell schwamm Zadem wieder zu der zertrümmerten Selek-Muschel und nahm sich eine der Scherben, die die Überreste der Muschel waren. Dann schwamm er direkt auf die große Flosse, die Zadem für einen Flügel hielt, um sich den Weg an die wertvolle Luft zu erkämpfen. Der riesige, lange Fischschwanz der Kreatur schlug nach Zadem und traf diesen. Der junge Kriegersohn ließ dabei den großen, rostigen Schlüssel los, welcher in die Tiefe sank. Zadem hatte bei dieser Aktion seine gesamte Luft verloren. Hastig schwamm er nun zur Wasseroberfläche. Die Kreatur holte erneut mit seinem Schwanz aus. Zadem hatte es schon fast geschafft. Das Ungeheuer war nun bereit. "Nur noch ein bisschen!", dachte Zadem sich. Der Schwanz raste auf ihn zu. Nur noch zwei Meter... ein Meter... 50 cm... 10... da traf der Schwanz ihn erneut. Zu seinem Glück jedoch wurde Zadem dabei aus dem Wasser geschleudert. Noch im Fluge atmete er tief ein und tauchte wieder in das Wasser ein. Zadem hatte Geschwindigkeit gewonnen und schnellte auf den rostigen Schlüssel zu, welcher auf den felsigen Grund lag. Die Kreatur folgte ihm. Der Kriegersohn hatte den Schlüssel wieder,  drückte sich mit seinen Beinen vom Seegrund ab und schnellte wider zurück zur Wasseroberfläche und damit auf das Ungeheuer, welches ihm entgegen kam, zu. Zadem hielt den Schlüssel vor und das Ungeheuer prallte mit gewaltiger Kraft mit dem Schlüssel zusammen. Es zischte böse, doch keinesfalls ließ es Zadem in Frieden. Es öffnete sein gewaltiges Maul. Ein mächtiger Sog zog Zadem fast ins Maul.
Mit letzter Kraft gelangte er an die Wasseroberfläche. Hinter ihm sprang das Ungeheuer aus dem Wasser und richtete sich zu seiner vollen Größe auf. Mit seinem riesigen Kopf biss es nach Zadem, der untertauchen musste, damit ihn das Maul nicht zerfetzte. Immer wieder biss das Ungeheuer zu, doch Zadem schaffte es bis zum Rand und lief dann zur riesigen steinernen Tür. Er drückte den Schlüssel in das große Schlüsselloch. Die Tür schlug nach innen auf und Zadem rannte eilig hindurch. Er schaute sich kurz um. Dort wo vorher die Bestie aufgetaucht war, sprudelten jetzt nur noch einige Blubberblasen hervor. Hinter der Tür war ein breiter Gang, dessen Wände aus Sandstein bestanden. Der Boden war ebenfalls sehr sandig. Am Ende des Ganges kam er in eine gewaltige Höhle, in der sich so viele Ruinen befanden, dass Zadem schnell klar wurde, dass sich hier einmal eine Stadt befunden hatte. Zadem traute seinen Augen nicht. Die Ruinen waren aus massivem Stein. Grüne Algen hatten sich auf den Steinen festgesetzt und Muscheln und kleine Krabben nutzten sie als Unterschlupf. Zadem kletterte über die Mauerreste der Ruinen. Die Mauern glitzerten geheimnisvoll. Gewaltige grüne, fleischige Schlingpflanzen wickelten sich um die alten Marmorsäulen eines alten zerfallenden Hauses. Langsam ging Zadem eine von Wasser durchtränkte alte Straße entlang, die zwischen den Ruinen lag. "Beeindruckend.", entfuhr es ihm. Da ließ ein Donnern die gesamte Stadt erzittern. Es wiederholte sich und wurde immer stärker, bis ein krachendes letztes Donnern das Ganze beendete. Tief in der Stadt weiter hinten, konnte Zadem einen Turm einstürzen sehen. Anschließend war es wieder still. Als Zadem weitergehen wollte, fing sein Magen auf einmal heftig an zu knurren. "Uhh... Ich hab Hunger!", jammerte er. "Ich sollte so schnell wie möglich hier raus." Also ging er etwas schneller die Straßen entlang. Erschöpft lehnte Zadem sich gegen eine Säule, die als einzige von einem Haus stehen geblieben war. "Ich will hier raus! Verdammt und verflucht nochmal!", fluchte er wütend und trat nach einem Stein. Zadem hörte mit einem male mehrere Schritte, die auf ihn zukamen. Dem Klang nach musste es sich um Soldaten handeln, da die Schritte metallisch klangen. Sie kamen immer näher. Erst glaubte er, dass er schon halluzinieren würde, merkte dann aber, dass es real war. Schnell suchte er sich ein Versteck unter den Trümmern und wartete ab. Schon etwas später marschierte ein Trupp gepanzerter, schwarzer Soldaten an ihm vorbei, erkannte er, als er die Füße sah. Es dauerte eine ganze Weile, bis der Zug aus schwarzen Kriegern vorbei marschiert war. "Ein Heer? Hier? Wozu?", schoss es Zadem durch den Kopf. "Aber dann muss es hier auch einen Ausgang geben.", stellte er fest und verließ vorsichtig sein Versteck. Es waren mehr Krieger als Zadem erwartet hatte. Zadem entdeckte, dass zwei von ihnen König Lutar am linken und am rechten Arm festhielten und ihn durch die Ruinen schleiften. Zadem sah, dass die Rüstungen der Krieger blutverschmiert waren. Er erschrak, als ihm klar wurde, dass diese Krieger es waren, die König Lutars Burg angegriffen hatten. Zadem konnte König Lutar nicht helfen. Gegen diese Streitmacht hatte er keine Chance und außerdem besaß er keine Waffe. Zadems Hass gegen die Krieger wuchs. "Es sind die Mörder meines Vaters.", flüsterte er mit zitternder Stimme in der Hoffnung, jemand würde ihn hören und sich seiner annehmen. Voller Hass starrte er auf die Soldaten. "Verdammt seid ihr.", fluchte er leise. In diesem Moment begannen einige Männer in vorderster Reihe zu schreien. Zadem schaute auf. Dünne kleine grüne Pfeile schossen durch die Luft und töteten einige der schwarzen Krieger. Zielsicher trafen sie in die schwachen Stellen der Rüstungen. Ein Pfeil schoss knapp an Zadems Kopf vorbei. Ein grünes Gift tropfte an der Einstichstelle. Dann hörte Zadem seltsame Stimmen. Sie klangen, als würde jemand Wasser gurgeln. Gewaltige Flutwellen entstanden aus dem Nichts, rissen einige Soldaten um und verschwanden dann wieder. Die gut formierte Streitmacht hatte sich in einen Haufen ziellos umher rennender Krieger verwandelt. "Ja!", schrie Zadem, als ein schwarzer Krieger tot neben ihm zu Boden fiel. Plötzlich hörte er einige gurgelnde Stimmen direkt hinter sich. Mehrere Pfeilspitzen wurden ihm an die Kehle gehalten. Eine olivgrüne Hand, die schimmerte, als hätte man sie mit Öl eingerieben, legte sich auf seine Schulter. Als er sich umdrehte, sah er was sie waren. Vom Grundbau sahen diese Wesen den Menschen sehr ähnlich, aber sie waren grün, hatten Kiemen am Hals, große Mäuler mit nadelartigen Zähnen und große gelbe Augen, mit linienförmigen Pupillen. Am Hinterkopf sowie am Rücken und an den Gelenken besaßen sie Flossen und zwischen ihren krallenbesetzten Fingern und Zehen hatten sie Schwimmhäute. Zudem trugen sie alle blaue,  gut geschmiedete Rüstungen. "Keine Bewegung, Bodenläufer", gurgelte das Wesen, welches seine Hand auf Zadems Schulter gelegt hatte. Dann ertönten einige Schreie, und Zadem sah, wie ein schwarzer Krieger ohne Helm mit seltsamen Zeichen auf seiner Stirn mehrere dieser Wasserwesen mit seinem Zweihänder tötete. Er hatte etwas dunklere Haut und zudem eine Glatze. Keiner der Wesen konnte nahe genug an ihn heran kommen und ihre Pfeile trafen ihn merkwürdigerweise kein einziges Mal. "Formiert euch!", schrie der schwarze Krieger. Langsam sammelten sich die Krieger und bildeten einen Kreis. Das Wesen neben Zadem sagte etwas in seiner Sprache zu einem Krieger neben ihm, der eine Arte Muschel in der Hand hielt. Der Krieger blies in die hell-rosa Muschel, die Zadem als Flöte erkannte. Wenig später brach der Boden auf, und ein Ungeheuer, welches Zadem schon vor kurzem ungewollt begegnet war, kam heraus. Die Kreatur wütete umher und fraß jeden schwarzen Soldaten, den sie erblickte. "Was für ein Gemetzel.", dachte Zadem sich, und musste einen riesigen Kloß runterschlucken. Der schwarze Krieger mit der Glatze floh und verschwand zwischen den Ruinen. Zadem schlug sofort die gespannten Bögen zur Seite und lief ihm hinterher. Aber schon spürte er einen stechenden Schmerz in seiner Wade und fiel in Ohnmacht.

Zadem erwachte in einer kleinen runden Höhle. Er lag auf einer Art Bett aus Stein, das mit Wasserpflanzen gepolstert war. Die vergrünten Felswände glitzerten, als würden in ihnen tausende kleine Kristalle stecken. Das eine Ende der Höhle bestand aus reinem Fels, während das andere Ende von einer Tür verschlossen wurde. Zadem sah, dass auf einem Algenbett König Lutar lag. Jedoch schlief dieser noch. Zadem wollte aus der Höhle raus. Er schlug mit der Faust gegen die eiserne Tür und rief: "Hallo, ist da jemand?" "Bleib wo du bist, Bodenläufer!", rief eine gurgelnde Stimme zurück. "Ich will hier aber raus.", antwortete Zadem trotzig. "Bodenläufer wollen immer so viel!", gurgelte die Stimme mit einem vorwurfsvollen Ton. "Ich will hier nur raus.", antwortete Zadem. "Ach, jetzt will Bodenläufer auch noch raus. Bodenläufer haben nur Extrawünsche. Bodenläufer gehen mir gewaltig auf die Kiemen!", gab die gurgelnde Stimme noch vorwurfsvoller zurück. "Ich gebe es auf!", erwiderte Zadem genervt. "Zadem?", rief jemand. König Lutar war aufgestanden. Noch etwas unbeholfen schritt er leicht torkelnd auf Zadem zu. "Ich denke, es ist ein Gefängnis dieses merkwürdigen Wasservolkes.", antwortete Zadem. "Ich wünschte, es würde hier irgendwo einen Ausgang geben!" "Du wünschst dir zuviel!", gurgelte eine Stimme hinter der Tür zurück. "Hey!", flüsterte plötzlich eine Person hinter König Lutar und Zadem. "Ich weiß, wo es nach draußen geht!" Zadem und König Lutar drehten sich um. Es handelte sich um einen Menschen. Die Person hatte ihren Kopf mit einem blauen Tuch verschleiert, so dass man nur noch ihre grünen Augen erkennen konnte. Ihr Körper war in einen saphirblauen Umhang gehüllt. Zadem wusste sofort, dass es sich um ein Mädchen handelte. "Wie... Wie bist du hier rein gekommen?", fragte König Lutar leise. Die Stimme hinter der Tür gurgelte in einem lehrhaften Ton: "Bodenläufer lügen immer, wenn sie flüstern." Das in blau gehüllte Mädchen trat einen Schritt zur Seite. Hinter ihr war ein Loch im Boden. Daneben lag ein zum Loch passender Stein. König Lutar ging zu diesem und hockte sich hin. "Aber da ist ja Wasser!", sagte er erschrocken. "Hat der Bodenläufer etwa eine schwache Blase?", gurgelte die Stimme hinter der Tür höhnisch. Lutars Kopf wurde bei dieser Bemerkung rot wie eine Tomate und Zadem konnte sich nur knapp einen Lachanfall verkneifen. Von draußen brüllten und lachten andere Wasserbewohner. "Ja, wir müssen tauchen!", antwortete das Mädchen. König Lutar wirkte misstrauisch. "Wie weit ist es?", fragte Zadem nach. Das Lachen von draußen verstärkte sich. "Nicht allzu weit.", antwortete sie. "Ich kann aber weder schwimmen, noch tauchen.", jammerte der König. "Es war schließlich bisher nicht von Nöten", rechtfertigte er sich. Jetzt war von draußen nur noch lachhaftes Gebrüll zu hören. "Wir werden euch dabei helfen!", versprach das Mädchen. "Ich kann nicht!", wimmerte er. "Sie müssen mitkommen! Sonst bleibe ich hier!", erklärte Zadem. "Rede keinen Stuss, Junge. Spiel hier nicht den Helden! Verschwinde jetzt von hier!", befahl Lutar laut. Von draußen konnte man einen Befehl hören und das Lachen verstummte. Dann hörte man, wie das Schloss der Tür geöffnet wurde. Das in blau gehüllte Mädchen wurde nervös. "Nun macht schon!", drängte sie die beiden. Die Tür wurde geöffnet und Soldaten des Wasservolkes traten mit jeweils einem gewellten Schwert in der Hand in die Zelle. Das Mädchen zog sofort ein leicht gebogenes Schwert. "Wenn ich mich nicht irre, dann ist das ein Schwert von dem Volk der..." König Lutar blieben seine Worte im Hals stecken. Das Mädchen nickte. "Ihr wollt also fliehen!", gurgelte einer der Soldaten wütend. Lutar griff nach dem Schwert des Mädchens und riss es an sich. Anschließend stürmte er auf die Soldaten zu. Das Mädchen holte nun einen Dolch hervor. "Bist du ein wandelndes Waffenarsenal?", fragte Zadem sie. Sie entgegnete jedoch: "Jetzt müssen wir einen anderen Weg hier raus finden! Im Wasser holen sie uns im Nu ein!" Sie eilte zum König um ihm zu helfen. Einer der Soldaten fiel mit gespaltenem Kopf zu Boden. Zadem griff sich dessen Schwert, bevor die rote Blutlache es erreichte. Einer der fischigen Krieger drang zu ihm durch und attackierte ihn mit Schwerthieben. Dem Kriegersohn blieb nichts anderes übrig, als sich mit Mühe zu verteidigen. Nicht nur, dass er das erste Mal ein Schwert in der Hand hielt, das Serum, mit dem die Wasserbewohner ihn betäubt hatten, war noch in seinem Blut und machte ihm zu schaffen. Da Zadem im Schwertkampf nicht geübt war, hatte sein Gegner ein leichtes Spiel. Er drängte Zadem an die Wand. Mit zwei schnellen Schwertschlägen wurde er entwaffnet. Ein kleiner Pfeil bohrte sich in seinen Hals. Geschwächt sank er an der Wand zusammen. Bevor er die Augen schloss, sah er noch, dass auch König Lutar und die junge Frau nach einem Pfeilhagel zusammenbrachen.

Als Zadem erwachte, spürte er einen drückenden Schmerz. Er war mit riesigen Eisenketten an eine Steinsäule gekettet. Links und rechts von ihm stand jeweils auch eine Säule. An der linken war König Lutar angekettet und an der rechten die junge Frau. Beide waren noch betäubt. "Kein Wunder!", dachte sich Zadem.
"Die haben ja mehr als einen Pfeil abgekriegt!" Die drei Säulen standen in einer kleinen runden, aber turmhohen Höhle. Eine gewaltige Stahltür war der einzige Ausgang. Zadem hörte ein Plätschern. Er drehte seinen Kopf so weit es ging nach rechts. Er sah, dass ein Wasserschwall aus einem Felsspalt quoll. Es dauerte nicht lange und der ganze Höhlenboden war mit Wasser überflutet. Zadems Füße standen bereits im Wasser. Es war eiskalt. "Die wollen uns ersaufen!", dachte Zadem. Nach kurzer Zeit erreichte der Wasserstand seine Knie. Zadem hörte plötzlich Gebrüll hinter der Stahltür. Plötzlich wurde eine riesige Delle in die Stahltür geschlagen und kurz darauf noch eine. Ein dritter Schlag zertrümmerte die Tür. Das Wasser quoll durch die Tür. Dann hörte Zadem einen gurgelnden Schrei. Gewaltige Felsspalten in der Höhle schossen plötzlich dicke Wasserschwalle in die Höhle. Es floss nicht genügend Wasser aus der Tür ab. Der Wasserstand erreichte Zadems Hals. Zadem blickte panisch umher. Nebenbei sah er zu dem Mädchen. Er konnte sie jetzt genau sehen. Ihr Gesicht war zart und hübsch. Ihr langes blondes Haar schwamm auf dem Wasser. "Es wäre schade um sie, wenn sie sterben würde.", dachte er sich bitter. Mit einem Schlag hatte Zadem auf einmal ganz andere Probleme. "Die Tür hat sich wohl kaum von selbst geöffnet.", sagte er leise. Dann rammte etwas gegen die Wand, welche vom Türrahmen der Stahltür übrig geblieben war. Ein weiteres Rammen zerstörte die Wand. Der Wasserstand hielt eine Weile seinen Stand, als mehr Wasser aus dem Raum durch die zerstörte Wand floss. Dann stieg es weiter an. Zadem konnte eine Bewegung unter dem Wasser ausmachen. Das Wasser stand ihm nun bis über sein Kinn. Ein lautes krachendes Knacken ertönte. Zadem kippte mitsamt der Steinsäule in das Wasser. Irgendetwas hatte die Säule, an die er angekettet war, zerbrochen. Da lag er nun, angekettet an den Resten der Säule unter dem Wasser. Etwas bohrte sich direkt neben seinen Kopf in den Felsboden. An der Wasseroberfläche schwamm eine völlig zertrümmerte und zerquetschte Leiche eines Fischmenschen. "Irgendetwas muss die Wache zum Einschlagen der Tür benutzt haben.", dachte Zadem ängstlich. Ihm ging langsam die Luft aus. Mühsam blickte er auf. Das Ding, welches sich neben seinen Kopf in den Boden gerammt hatte, war das Bein eines riesigen Hummers. Er war gut sieben Meter lang und zweieinhalb Meter groß. Seine rechte größere Schere kam auf den jungen Kriegersohn zu. Sie erfasste die Reste der Steinsäule und zerbrach sie. Zadem war nun frei, auch wenn die Ketten noch an seinen Handgelenken lagen. Hastig schwamm er zur Wasseroberfläche. Er schnappte nach Luft und sah, dass König Lutar und das Mädchen bereits unter der Wasseroberfläche waren. Die andere Schere des Hummers kam geöffnet auf ihn zu. Zadem griff nach dem Wellenschwert des toten Fischmenschen. Er wich der herannahenden Schere im letzten Moment aus und antwortete auf den Angriff mit einem Schwertschlag. Dieser zeigte jedoch keine Wirkung. Der riesige Hummer holte mit der zweiten Schere aus. Zadem konnte nicht mehr ausweichen. Die Schere raste auf ihn zu. Kurz vor Zadem erstarrte der Hummer plötzlich. Das laute Rauschen des hereinbrechenden Wassers verstummte. Die ganze Welt schien still zu stehen. "Du kannst den Hummer nicht besiegen.", sagte eine dunkle freundliche Stimme. "Was?", antwortete Zadem. "Du kannst König Lutar und das Mädchen nicht retten.", sagte die Stimme tonlos. "Was soll ich jetzt machen?", fragte Zadem verzweifelt. "Du  kannst sie nicht retten!", wiederholte die Stimme. "Du kannst den Hummer nicht besiegen!" Das wusste Zadem und er wurde nervös. "Aber ich kann es!", sagte die Stimme plötzlich, ohne dabei erfreut oder traurig zu klingen. Plötzlich hörte Zadem wieder das Rauschen des Wassers. Der riesige Hummer begann sich zu regen, doch bevor er Zadem attackieren konnte, brachen plötzlich die anderen beiden Säulen zusammen und stürzten auf den Hummer. Der dicke Panzer des Hummers knackte laut. Zadem schwamm schnell zu König Lutar und dem Mädchen. Zuerst schnappte er sich das Mädchen und schwamm mit ihr durch den zerstörten Ausgang. Er kam in einen langen Gang aus algengrünem Stein. Er legte das Mädchen auf dem Boden nieder und schwamm erneut zu den zerbrochenen Säulen und schleppte Lutar aus dem überschwemmten Höhlenturm. Das Wasser versickerte schnell im sandigen Boden des angrenzenden Ganges. Er hörte ein Husten. König Lutar erwachte. Das Mädchen jedoch zeigte keine Regung. Zadem tastete nach ihrem Puls. Er spürte ihn nicht.
"Du musst impulsiv auf ihre Lunge drücken. Nach fünf Stößen musst du dann Mund-zu-Mund-Beatmung machen. Diesen Vorgang musst du mehrmals wiederholen.", keuchte Lutar. "Ich soll was?", fragte Zadem verlegen und wurde rot. Er wollte das Mädchen nicht vor König Lutar Mund zu Mund beatmen. "Ja, los! Sonst stirbt sie!", rief Lutar ungeduldig. Zadem zögerte eine Weile. Dann jedoch tat er, was König Lutar ihm erklärt hatte. Er fragte sich, woher der König das wusste. Er konnte nicht schwimmen oder tauchen, aber er wusste wie man
jemanden wiederbelebte, der zu lange Wasser geschluckt hatte. Während er ihr auf die Lungen drückte, suchte Lutar das Schwert der Wache. Als er es fand, begann er damit, im Schloss seiner eisernen Fesseln herum zu stochern.  Schließlich hatte er sich mit einem Klack befreit. Das Wasser war bereits über den langen Gang des Gefängnisses abgelaufen. Jedoch war es noch vier cm
hoch. Zadems Lippen berührten die Lippen des Mädchens. Sie waren eiskalt. Zadem blies warme Luft in ihren Körper. Zadem wiederholte diesen Vorgang einige Male, doch das Mädchen regte sich  nicht. "Gib es auf. Du kannst nichts mehr für sie tun.", sagte König Lutar. "Aber sie hat ihr Leben für uns riskiert. Es wäre nicht fair, wenn sie jetzt stirbt", sagte Zadem verzweifelt. Tränen rollten ihm die Wange runter. "Ich lasse sie nicht sterben!", beschloss er halb wütend. Er machte mit seinen Wiederbelebungsversuchen weiter. Da hustete sie und spuckte Wasser aus. "Ist ja gut. So schnell sterbe ich nicht", sagte sie erschöpft. Sprachlos stand der junge Kriegersohn auf und half ihr beim Aufstehen. "Wollt ihr eure Ketten vielleicht auch loswerden? Ich hätte hier einen Schlüssel.", sagte Lutar leicht grimmig. "Warum bist du denn so schlecht gelaunt?", fragte Zadem ihn. "Weil ich eben erst auf die Idee gekommen bin, den Schlüssel des toten Fischenmenschen zu benutzen", erklärte er und hielt eine silberne, feine Kette hoch, an der ein blauer rundlicher Schlüssel hing. "Für dich bin ich aber immer noch dein König. Also spreche mich wenigstens mit "Ihr" an.", fügte er noch hinzu. Sobald sie sich ihrer Ketten entledigt hatten überlegten sie sich einen Ausweg. "Ich schien dir ja sehr wichtig zu sein", sagte das Mädchen schließlich und lächelte unschuldig. Jetzt wurde Zadems Kopf knallrot. König Lutar grinste und sagte: "Dieses Thema können wir behandeln, wenn wir hier raus sind."
"Wie hast du uns eigentlich befreien können?", fragte das Mädchen. "Da war ein Riesenhummer. Er hat die Säulen gerammt, an denen wir gefesselt waren und er hat uns so befreit. Dann sind die Säulen auf ihn gefallen und haben ihn getötet.", schilderte der Kriegersohn. "Ein ... riesiger Hummer?", fragte Lutar ungläubig. "Junge, du weißt doch, dass man nicht lügen soll!", schimpfte er belehrend. "Das war nicht gelogen! Und reden Sie nicht mit mir, als ob ich ein kleines Kind wäre!", rechtfertigte sich Zadem säuerlich. "Ich war in dem unter Wasser stehenden Verließ als du das Mädchen wieder belebst hast! Da war kein riesiger Hummer!", schrie Lutar wütend. Zadem erschrak. "Dann muss er noch am Leben sein." "Du bist wie ein Chamäleon. Erst warst du rot und jetzt wirst du ganz weiß.", bemerkte das Mädchen belustigt. "Haha!", lachte Zadem ironisch und fragte sich, was ein Chamäleon sei. Plötzlich erstarrten die Gesichtszüge des Mädchens. "Was ist denn jetzt schon wieder?", fragte Zadem genervt. "Sehe ich so schlimm aus?" Das Mädchen schüttelte mit aufgerissenen Augen den Kopf. Zadem drehte sich um. Ein großes dunkles Auge starrte ihn an. Der gewaltige Hummer zögerte nicht lange und schlug mit seinen Scheren auf Zadem ein. Zadem rollte sich nach vorne weg. Jetzt befand er sich unter dem Hummer. Die Beine des Hummers bewegten sich sehr schnell und Zadem rannte hakenschlagend zwischen ihnen durch, um nicht zerstrampelt zu werden. Der Hummer hatte es jetzt auf das Mädchen abgesehen. Sie hatte einen lächerlich kleinen Dolch gezogen und hielt diesen schützend vor sich. "Das bringt nichts!", schrie Zadem sie an. Der Hummer holte zum horizontalen Schlag aus. König Lutar riss das Mädchen im letzten Moment zu Boden. Benommen von dem Sturz merkten sie nicht, wie sich die Schere ihnen näherte. Die Schere schloss sich um König Lutar. Dieser hämmerte mit seinem Schwert auf die Schere ein, doch den Hummer schien das nicht zu stören. Derweil gelang es Zadem über den Schwanz des Hummers auf ihn rauf zu klettern. Der Hummer führte seine "Mahlzeit" gerade zu seinem Mund. Zadem zog wie ein Verrückter an einem Fühler des Hummers. Er hatte eine empfindliche Stelle des Hummers getroffen, denn dieser begann wild mit seinen Scheren umherzufuchteln. König Lutar blieb jedoch immer noch in der festen Umklammerung gefangen, die ihm langsam die Luft aus den Lungen presste. Zadem zog noch kräftiger an dem Fühler. Die Scheren schlugen wild um den Kopf herum, doch Zadem duckte sich unter ihnen hinweg. Dann entdecke er die Rückenwunde des Hummers, die die Säulen geschlagen hatten. Der Rückenpanzer war an der Stelle aufgebrochen und darunter lag weiches weißes Fleisch. "Majestät, ich brauche ihr Schwert!"
"Hier, fang!", keuchte Lutar und warf Zadem das Schwert zu. Zadem konnte es nur knapp fangen. Der Hummer schien zu ahnen, was Zadem vor hatte und versuchte ihn abzuschütteln. In der rechten Hand hielt Zadem das Schwert, während er sich mit der linken Hand am Fühler festhielt. Zadem rammte das Schwert zwischen zwei Panzerplatten, um einen besseren Halt zu haben, doch dann gelang es dem Hummer den Kriegersohn abzuschütteln. Das Schwert blieb im Panzer stecken. Zadem fiel hart auf den felsigen Boden. Das Mädchen zielte auf das Auge des riesigen Hummers und schleuderte ihren Dolch auf das Ziel. Der Dolch verfehlte das Auge und prallte am Panzer des Schalentiers ab. Der Hummer warf König Lutar gegen die Wand, worauf dieser reglos zu Boden fiel, und wendete sich dem Mädchen zu. Fluchend griff Zadem nach dem
Dolch und rannte auf den Hummer zu. "Das ist genauso, als wenn ich versuchen würde mit einer Nähnadel in einen Stein zu stechen.", murmelte er grimmig. Er stach mit dem Dolch in das Bein des Hummers. Dieser antwortete mit einem Schwanzhieb, welchem Zadem ausweichen konnte. Er versuchte auf den Rücken des Hummers zu springen, glitt jedoch immer an dem glatten Panzer ab.
Der Hummer holte erneut mit seinem Schwanz aus. Auch diesem Hieb konnte Zadem ausweichen. Da traf ihn die Schere des Hummers und ließ ihn gegen die Wand schleudern. Benommen stand Zadem wieder auf. Dann hörte Zadem plötzlich Gebrüll. Er sah, wie ein Trupp Fischmenschen mit langen hakenartigen Speeren auf den Hummer zulief. Der Hummer verlor das Interesse an Zadem und bewegte sich auf die Fischmenschen zu. Diese rannten unter den Hummer und stießen ihre Speere dann in seinen Bauch. "Natürlich!", sagte Zadem. "Der Bauchpanzer eines Hummers ist viel dünner!" Der Hummer reagierte wütend auf die Angriffe. Rotes Blut lief an den im Bauch steckenden Speere runter.
Ohne die Fischmenschen zum Mund zu führen, packte er sie nun mit der Schere und schnitt sie krachend entzwei. Immer mehr Fischmenschen fielen den Scheren des Hummers zum Opfer. Blut und Innereien klebten an den Scheren. In dem Getümmel kletterte Zadem auf den Rücken des Hummers. Er zog das Schwert aus den Panzerplatten und rammte es dann tief in die Stelle, an der der Panzer aufgebrochen war. Bis zum Schwertknauf versank das Schwert im weißen weichen Hummerfleisch. Der Hummer fing plötzlich an zu torkeln. Er rannte gegen die Höhlenwand und brach dann zusammen. Drei Fischmenschen hatten überlebt. Sie starrten Zadem bewundernd an. Dieser zog das Schwert aus dem Fleisch und sprang dann von dem Rückenpanzer. Dann ging er zu dem Mädchen. Sie kniete neben König Lutar. "Wie geht es ihm?", fragte er besorgt. "Hm", antwortete sie nachdenklich. "Er hat eine große Wunde am Hinterkopf!"
Zadem nickte bestürzt. "Zadem, pass auf!", rief das Mädchen plötzlich panisch. Zadem hob sein Schwert. Die drei Fischmenschen liefen auf König Lutar zu. Zadem wollte zum Schlag ausholen, doch das Mädchen hielt ihn auf. "Nicht! Sie wollen helfen!" Die Fischmenschen legten König Lutar sanft auf eine Liege, die aus kompliziert verflochtenen Wasserpflanzen bestand. Dann trugen sie ihn mit der Liege den Gang entlang. Zadem merkte, dass das Mädchen leicht humpelte. Sie hatte eine Wunde am Schienbein. "Kannst du...?", fragte sie leise. Zadem nickte. Er hob sie hoch und trug sie. Dann folgte er den Fischmenschen. "Ob wir jetzt die Chance haben, mit ihnen zu verhandeln?", fragte sie unsicher. "Ich schätze schon. Aber du hast mir noch nicht mal deinen Namen genannt.", entgegnete er ihr nervös. "Silvia.", sagte sie lächelnd. "Silvia?", fragte er. "Das ist ja ein komischer..." "Was?", unterbrach Silvia ihn. "Äh... nichts.", stotterte er nervös. Skeptisch sah sie ihn mit ihren grünen Augen an. "Ich bin Zadem.", sagte er schnell. "Zadem?", fragte sie kichernd. "Das ist ja ein komischer Name.", stellte sie lächelnd fest. "Stimmt gar nicht.", widersprach er leise beleidigt. "Das sollte nur ein Scherz sein. Und außerdem hast du vorher..." Sie unterbrach sich. "Ach so!", sagte Zadem. "Du bist wirklich ein komischer Kerl", bemerkte sie leicht schmunzelnd. "Ach so?", fragte er beleidigt. "Das sollte ein Kompliment sein.", gab Silvia an. Schließlich betraten sie eine große Halle, die von einer riesigen Glaskuppel umgeben war und in der sich viele Fischmenschen befanden. Diese Glaskuppel wurde von einem Netz aus Stahl gestützt. Rund herum um die Kuppel war Wasser und die seltsamsten Fische schwammen darin herum. "Ich dachte, Glas sei ein so teures Material?", fragte Zadem ungläubig. "Wir befinden uns unter Wasser. Genauer gesagt unter dem Palcan-Ozean. Dieses Volk ist sehr reich. Denen mangelt es an nichts", erklärte Silvia. An einer Stelle der Glaskuppel befand sich eine gewaltige Stahlplatte, die gerade anmontiert wurde. Auf  dem Boden direkt neben der Stahlplatte lagen viele Glassplitter und Stahlstücke. Zudem befand sich dort viel Wasser. "An dieser Stelle muss der Riesenhummer eingebrochen sein", vermutete Zadem.
Am Ende der Glaskuppel war ein Gang aus demselben Glas. Zadem folgte den Fischmenschen durch den Gang. Am Ende des Ganges lag eine gewaltige Glaskuppel, die die Größe der vorherigen Glaskuppel weit übertraf. Nur mit zugekniffenen Augen konnte Zadem das Ende der Glaskuppel erkennen. Unter der Glaskuppel befand sich eine riesige Stadt. Die Häuser bestanden aus Stein und hatten keine Türen. Sie ähnelten Höhlen. Auf diesen Höhlen lagen meistens Muscheln in den schönsten Formen und Farben. "Die Muscheln stellen den Reichtum  der jeweiligen Familie dar!", erklärte Silvia, während Zadem sie durch die Straßen trug. Die meisten Fischmenschen starrten sie unsicher an. Zadem sah, dass die Höhlen kleine runde Fenster hatten, die teilweise algenartige Gardinen besaßen. "Die Stadt heißt Sempre-Maag!", erklärte Silvia weiter. "Hier ließen sie sich nieder, als ihre Stadt Aroch Ren zerstört wurde." "Ich habe die Ruinen gesehen!", antwortete Zadem. "Wer war das?" "Ich weiß nicht!", antwortete Silvia. "Sie wollen nicht darüber reden." In der Stadt gab es Fischmenschen, von denen viele unterschiedliche Hautfarben hatten. Einige besaßen kleinere Flossen, andere größere. Zwischen ihnen liefen Soldaten in schillernden Rüstungen. An den Straßenrändern waren Stände, die hauptsächlich aus Treibholz gebaut waren. Fische und andere Meerestiere hingen dort zum Verkauf. Zadem knurrte der Magen. Er lauschte den Klängen einiger Trommeln. Zadem merkte, dass Silvia ihn schon die ganze Zeit anstarrte. Zadem tat so, als würde er es nicht merken. Dennoch würde es ihm nichts ausmachen, sie stundenlang durch diese Stadt zu tragen und das nicht nur, weil sie so leicht war. In der Mitte der Stadt stand ein besonders großes Höhlenhaus und genau dorthin wurde König Lutar getragen. "Die ist der Palast. Dort thront Kaiser Nechor!", sagte Silvia weiterhin. Auf einmal durchfuhr ein Schreck Zadems Körper und ihm wurde nun etwas klar. "Sie weiß soviel über dieses Volk", ging es ihn durch den Kopf.
Sie passierten nun ein gewaltiges Torhaus, das man mittels eines riesigen und schweren Steinblocks schließen konnte.
"Wie heißt dieses Volk eigentlich?", fragte er schließlich. "Lawachen. So nennt man wenigstens die Bewohner hier.", erklärte sie Zadem. "Führen die Lawachen und diese schwarzen Soldaten Krieg gegeneinander?", fragte er weiter. "Nein.", antwortete sie. "Diese schwarzen Krieger interessieren sich nur für diese monströsen Ungeheuer und wollen sie einfangen.", fuhr sie fort. "Um sie für ihre eigenen Zwecke zu benutzen, oder?", vermutete Zadem. "Natürlich, du Dummkopf!", lachte Silvia los. "Wofür denn sonst?"
Sie kamen nun durch einen großen Eingang und betraten das große Gebäude.
 

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Und schon geht es hier weiter zum 4. Kapitel...

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