Predators von T-Bone
Ein Abenteuer vor 65 Millionen Jahren
Kapitel 5

Es war ein grauenvoller Anblick. Sturmblut, Windfeger und Starke Klaue starrten schockiert auf die blutüberströmten Leiber ihrer Clanmitglieder. Einigen waren die Köpfe vom Rumpf abgerissen worden und bei einigen war es so schlimm, daß man kaum noch erkennen konnte, dass es sich hierbei mal um einen Raptor handelte. Selbst ihre Höhle, die so stabil zu sein schien, war eingestürzt. Ein fürchterlicher Kampf mußte hier getobt haben, bei dem Sturmbluts Clan jedoch zu den Verlierern zählte.

"Laßt uns... schauen, ob noch jemand am Leben ist..." Sturmblut schluckte. Schweigend nickte Starke Klaue und wies Windfeger an ihm zu folgen.

Wer auch immer hier wütete, hatte auch kein Erbarmen mit Raptorjungen gehabt. Verzweifelt jagte Sturmblut Aasfresser weg, die sich über einige Kadaver her machten. Sturmblut stieß den vor sich liegenden Raptor mit seiner Schnauze an, doch er regte sich nicht. Das durfte einfach nicht wahr sein! Sie waren alle tot!
Hatte ein feindlicher Clan angegriffen?! Es schien so, aber warum lagen hier keine Körper von fremden Sauriern? 

Völlig aufgelöst brach Starke Klaue in Tränen aus, als er sich vor der eingestürzten Höhle befand. Wer sich auch immer innerhalb der Höhle aufhielt, als sie einstürzte, der war verloren. Starke Klaue versuchte ins Höhleninnere zu gelangen, doch es war zwecklos. Der Eingang war völlig verschüttet.

"Nachttänzer?" fragte Windfeger.
Starke Klaue nickte.
"Vielleicht war sie nicht mehr drin, als die Höhle eingestürzt ist..." sprach Windfeger.
"Doch, sie ist drinen..." antwortete Starke Klaue.

Es schien hoffnungslos zu sein, doch dann hörte Sturmblut plötzlich ein gurgelndes Stöhnen. Zwischen ein paar Felsen regte sich etwas.

"Windfeger! Starke Klaue! Kommt schnell her!" rief er. Sofort eilten die Beiden zu ihm. Als sie näher kamen, entdeckten sie den zerschundenen Körper von Schlitzer. 

"Schlitzer!" rief Sturmblut.
"St...Sturmblut...?!" brachte Schlitzer schwach hervor.
"Ja, ich bin es!" antwortet Sturmblut. "Schlitzer, was ist hier passiert?"
"Ein... Überfall! Er hat uns ohne Vorwarnung angegriffen. W...wir v...versuchten ihn aufzuhalten, aber wir hatten nicht die geringste Chance..."
"Warum sagst du 'ER'? Willst du damit sagen, dass dies hier von nur einem Saurier angerichtet wurde?" fragte Sturmblut. "Das kann ich nicht glauben! Welcher Saurier bringt denn sowas fertig?"
"Terrorclaw!" 
"Der aus den Geschichten!?" sagte Windfeger. "Ich dachte, den gibt es gar nicht."
"Doch, Terrorclaw existiert. Aber wieso sollte uns ein Stacheldrachen angreifen?! Das ergibt doch überhaupt keinen Sinn!" sagte Starke Klaue.
"Ah...wie ich sehe, hast du Windfeger gefunden." sagte Schlitzer und blickte zu Sturmbluts Schwester. "Gib gut auf sie acht, Sturmblut. Sie ist etwas ganz besonderes."
"Schlitzer... ich verstehe nicht", murmelte Sturmblut. "Was hat Terrorclaw mit unseren Clan zu tun?"
"Wir sind einer Verschwörung zum Opfer gefallen..."stöhnte Schlitzer.
"Was?!" fragte Sturmblut.
"Terrorclaw hat uns bewußt angegriffen... Er war nicht auf Nahrung aus!" sprach Schlitzer. "Ich weiß nicht... wie es diese Bastarde fertig gebracht haben..."
"Von wem sprichst du? Wer sind diese Verschwörer?" fragte Sturmblut.
"Narbengesicht und Zerhacker..." erklärte Schlitzer.
"Wieso?!" fragte Sturmblut geschockt.
"Sie w...wollen zurück zur alten Lebensweise ...fürchten Veränderungen. Aber die zwei sind Mittläufer! Jemand anderes steckt hinter allem, aber ich weiß nicht wer..."
"Die alte Lebensweise ist der Untergang! Wir können nur überleben, wenn wir unsere Lebensweise ver..." Sturmblut stoppte und schaute zu Boden. "Aber so wie es aussieht, habe ich versagt! Ich habe meinen eigenen Clan in den Ruin geführt! Verdammt! Wieso war ich nicht hier, als Terrorclaw angegriffen hat?!"

"D...du hast nichts falsch gemacht. ...quäle dich nicht noch zusätzlich damit." sagte Schlitzer. "Es tut mir so leid, Sturmblut. Ich hätte dir sofort davon erzählen müssen, aber man drohte mir damit, meiner Partnerin und meinem Kind etwas anzutun. Vergib mir..."
"Vergiß es! Du mußt dich nicht dafür rechtfertigen." sagte Sturmblut. "Sag, gibt es noch Überlebende?"
"...ein paar konnten davon kommen." keuchte Schlitzer und spuckte Blut. "Aber hüte dich! Einige würden dir ohne zu zögern in den Rücken fallen!"
"Wir müssen von hier fort." sagte Sturmblut. "Kannst du aufstehen, Schlitzer?"
Schlitzer lachte mit einem Röcheln. "He, he, *keuch!*.... d... du warst noch nie gut im Scherzen, mein Freund. Mit mir geht es zu ende. Mein Körper ist zerschmettert."
Sturmblut wußte es und blickte zu Boden.
"Ich hätte mein Mädchen so gerne aufwachsen sehen... aber wenigstens konnte ich sie und Schatten vor diesem Schicksal bewahren." murmelte Schlitzer, während ihm eine Träne herunter lief. "Kannst du mir noch einen letzten Gefallen tun?"
"Natürlich." antwortete Sturmblut.
"Mach bitte meinem Leiden ein Ende..."
"WAS?!" japste Sturmblut. "Schlitzer, das kann ich nicht!"
"Bitte!" flehte Schlitzer. "Ich sterbe, so oder so. Ich will nicht hier rumliegen und dabei zusehen, wie mich die Aasfresser bei lebendigem Leibe verspeisen. Erspare mir das bitte! Ich möchte wie ein Jäger sterben!"
Sturmblut seufzte schwer und nickte.
"Danke, Sturmblut! Du wirst immer mein Freund sein!"
"Wir sehen uns in einer besseren Welt wieder..." sprach Sturmblut und nahm vorsichtig Schlitzers Nacken in sein Maul. Windfeger schaute weg, als Sturmblut ihm mit einer schnellen Bewegung das Genick brach.
"Mach es gut, mein Freund!" Als Sturmblut wieder aufblickte, liefen ihm die Tränen in Sturzbächen hinunter. Er hob seinen Kopf und stieß einen langen melancholisch klingenden Schrei aus, dem sich nun auch Starke Klaue und Windfeger anschlossen.

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Die Laute der drei Raptoren waren bis ins Tal hinunter zu vernehmen und manch ein Saurier blieb bei diesen Tönen stehen und lauschte ihnen.

"Mutter, was ist das?" fragte Talon und horchte neugierig auf. "Es klingt so... traurig."
"Das sind Trauergesänge von Jägern." sagte sie. "Das machen sie immer so, wenn einer von ihnen gestorben ist. Sie verabschieden sich von ihm auf diese Weise."

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"Was wird denn jetzt aus uns?" fragte Windfeger.
"Wie ich schon sagte, wir werden diesen Ort verlassen!" sagte Sturmblut. "Damit meine ich nicht nur das Vulkangebirge, sondern auch das Tal. Ich will von diesem verwünschten Ort weg!"
"Aber wohin sollen wir gehen?" fragte sie. "Wir sind hier im Tal aufgewachsen!"
"Wir werden dahin gehen, von wo wir ursprünglich her kommen." antwortete Sturmblut und betrat noch einmal seinen Aussichtsfelsen. "Wir werden den Herden der Blattfresser folgen und nach Norden gehen, in die nördliche Ebene."
"Die nördliche Ebene?" fragte Windfeger. "Aber die würden wir doch nie erreichen. Das ist so unendlich weit weg!"
"Das stimmt nicht!" sagte Starke Klaue. "Unsere Vorfahren sind diesen Weg schon einmal gegangen. Es mag vielleicht beschwerlich sein, aber es ist keine unmögliche Reise."
"Wir müssen jetzt stark sein!" sagte Sturmblut und drehte sich zu den beiden um. "So lange wir drei am Leben sind, ist der Sturmblut-Clan noch nicht am Ende. Laßt uns bei unseren Ahnen schwören, daß nichts und niemand mehr einen Keil zwischen uns treiben wird!"
Sturmblut drückte beide an sich. Windfeger und Starke Klaue erwiderten die Geste.
"...und daß Diejenigen, die hierfür verantwortlich waren, teuer bezahlen werden!" ergänzte Sturmblut mit einem bitteren Zischen.

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"Pst...!" machte Talon und stieß seine Schwester an. "Hey!"
"Laß mich, Talon..." murmelte sie. "Ich will schlafen."
"Was ist denn jetzt?" flüsterte Talon. "Sollen wir Mutter nun erzählen, daß wir Terrorclaw gesehen haben?"
"Besser nicht!" antwortete sie. "Wir würden nur noch mehr Ärger bekommen, wenn Mutter es erfährt!"
"Wenn ich was erfahre?" ertönte plötzlich die Stimme ihrer Mutter.
Khara schluckte. "Äh, gar nichts!"
"Das hörte sich aber nicht danach an!" knurrte sie. "Also?! Habt ihr mir etwas zu sagen?"
"Nein!" sagte Khara, während von Talon gleichzeitig ein "Ja!" ertönte.
Khara stieß Talon an. "Verräter!"
"Khara!!" brüllte Mutter. "Bist du jetzt still!"
Khara zuckte zusammen und verstummte augenblicklich.
Mutter Tyrannosaurus neigte ihren riesigen Kopf zu ihrem Sohn hinunter und sprach mit sanfter Stimme.
"Erzähle, Talon. Was habt ihr zwei auf dem Herzen. Keine Angst, ich werde nicht mit dir schimpfen."
"Also..." begann Talon und blickte zu seiner Schwester. "Als wir letztens im Vulkangebirge waren, haben wir dort einen riesigen Dinosaurier gesehen. Er war gewaltig, Mutter! Viel größer als du! Ich glaube, das war ein Stacheldrachen."
"Das ist ausgeschlossen. Terrorclaw war der letzte seiner Art", antwortete sie. "Ich war damals dabei, wie euer Vater und Terrorclaw in den Fluß gestürzt sind. Terrorclaw ist dabei ertrunken. Nur euer Vater ist wieder aufgetaucht."
"Mutter... fehlt Terrorclaw ein Stück aus seinem Rücken?" fragte Talon.
"Wie?!" fragte sie.
"Ich habe es auch gesehen, Mutter!" sprach jetzt auch Khara. "Diesem Saurier fehlte ein Stück aus seinem Rücken."

Mutter T-Rex war schockiert. Wie konnten die Beiden das wissen? Sie hatte ihnen bisher noch nie davon erzählt.

"Mutter?" sprach Talon.
"Ja, Talon! Ich war gerade in Gedanken", antwortete sie. "Es ist wahr! Terrorclaw fehlt ein Stück aus seiner Rückenfinne. Euer Vater hat ihm während des Kampfes das Stück heraus gebissen." 
Beide Dinojungen blickten sich mit großen Augen an.
"Er hat also doch überlebt und nun ist er hier in unserem Tal!" dachte sie und erkannte die drohende Gefahr, in der sie schwebten. "Kinder! Ich möchte, daß ihr von nun an immer in meiner Nähe bleibt! Wagt es nicht nochmal, euch von alleine aus dem Nest zu bewegen! Wenn Terrorclaw sich hier im Tal niedergelassen hat, sind wir in allergrößter Gefahr!"

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Für die drei Geschwister war es inzwischen Zeit zu gehen. Sturmblut blickte mit klaren Augen nach vorne und marschierte voraus, wie von einer unbekannten Kraft angetrieben. Dies durfte einfach nicht das Ende gewesen sein! Er mochte zwar im Moment geschlagen sein, doch er war noch lange nicht am Ende seiner Kräfte. Windfeger bewunderte Sturmbluts Stärke und die Willenskraft nicht aufzugeben. Sie war sich nicht sicher, ob sie an seiner Stelle ebenso stark wäre. Wie dumm war sie bloß, jemals zu glauben, sie könne ohne die Hilfe eines Clans zurechtkommen.

Starke Klaue blickte noch einmal zurück. Dies war also der Abschied ihres alten Lebens. Der Verlust seiner Partnerin Nachttänzer schmerzte tief in seinem Herzen. Wer war nur dieser Feigling, der es noch nicht einmal wagte, sich seinem Alpha selbst zum Kampf zu stellen? Warum mußten nur so viele treue und ehrenhafte Raptoren sterben? Starke Klaues Hoffnungen lagen nun ganz bei Sturmblut. Viele Alphas hätten den Verlust ihres Rudels nicht verkraftet und währen daran zugrunde gegangen. Doch Sturmbluts Herz war unglaublich tapfer und ungebrochen.

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"Seid vorsichtig!" sprach Sturmblut plötzlich, als sie den Gebirgspaß hinter sich ließen. "Wir kommen gleich an dem Nest der Spitzzähne vorbei!"

Sie wußten selbstverständlich sehr gut, daß ein Tyrannosaurus-Weibchen am Rande ihres Territoriums lebte und auch daß sie Junge hatte. Sturmblut hatte seinem Clan daher angeordnet, immer Distanz zu wahren, da besonders Muttertiere extrem gefährlich waren.

Vorsichtig schlichen sie an ihr vorbei und achteten besonders auf den Wind, um nicht von dem riesigen Raubsaurier entdeckt zu werden, denn Tyrannosaurier hatten einen unglaublich stark ausgeprägten Geruchsinn. Doch zu ihrem Glück war das T-Rex Weibchen offensichtlich viel zu sehr mit dem Nachwuchs beschäftigt, um auf die drei Winzlinge zu achten.

"Ok, alles klar! Wir werden dem Flußlauf folgen!" sagte Sturmblut, als sie sich in Sicherheit befanden. "Es gibt da eine Abkürzung, um aus dem Tal zu gelangen."
"Oh, Mann! Das bedeutet also, wir müssen mitten durch das Rotschuppen-Territorium! Ich hatte da extra einen großen Bogen drum gemacht, als ich alleine im Tal unterwegs war..." sagte Windfeger.
"Sehr vernünftig!" antwortete Sturmblut. "Nur bleibt uns in diesem Fall keine andere Wahl."
 

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Und schon geht's hier weiter zum 6. Kapitel!

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