Last Dragon Warriors von Teufelchen |
Kapitel 8 - Im Einkaufszentrum |
Ich hatte ewig nicht schlafen können. Ich bin ein Mensch, der von seiner Umwelt leicht beeinflußt werden kann. Geht es Freunden gut, bin ich glücklich. Wenn es jedoch zu Auseinandersetzungen kommt, bin ich ein kleines Kind, dem man den Lutscher gestohlen hat. Ich brauche ein zufriedenes und harmonisches Umfeld, sonst gehe ich ein. Ich glaube, mein größter Fehler ist es aber, naiv zu sein. Wenn mir jemand etwas im Ernst erzählt oder mir schwört, dass es die Wahrheit ist, glaube ich ihm, egal was die anderen sagen. Nur wem sollte ich glauben; keiner wollte mich so richtig in die ganze Sache einweihen. Es kam mir so vor, als wenn jeder versuchte, mich aus allem heraus zu halten und das gefiel mir nicht. Ich hatte die Nacht damit verbracht, dem Schattenspiel des Regens zuzusehen. Auch verspürte ich schon seit einiger Zeit ein leichtes Ziehen im Bauch. Irgendwann in der Nacht muß ich trotzdem eingeschlafen sein, denn als ich die Augen öffnete, begann es bereits zu dämmern. Im Grunde war es unvorsichtig nicht zu schlafen. Ich würde meine Kraft brauchen, wenn es wieder einmal Zeit war zu kämpfen. Auch war der Schlafprozeß sehr wichtig für die Wundheilung. Die vielen Kratzer waren zwar nicht tief, taten dafür aber um so mehr weh. Der Nachteil an der Wundheilung ist, dass es zu jucken anfängt. Nur wenn ich mich kratzen würde, würden womöglich erst recht zahlreiche kleine Narben entstehen. Manchmal hatte ich das Gefühl am ganzen Körper riesige Mückenstiche zu haben. Eine regelrechte Folter. Ich beschloß ins Bad zu gehen, um dort eine Salbe gegen den Juckreiz zu holen. Wenn ich alles etwas kühlte würde es vielleicht wieder zu jucken aufhören. Bis zum Morgen konnte ich dennoch nicht schlafen; zu viele Fragen beschäftigten mich. Was hatte das Ding im Wald mit meines Gleichen gemeint? Und warum weihte mich keiner ein? Und was hatte Tarô mit alledem zu tun? Immer wenn er mir begegnete, war er mir so vertraut, es war einfach unlogisch, dass er zu denen gehören sollte. Aber am meisten beschäftigte mich die Frage, warum ich dazu gehörte. Ich, ein Mädchen, sollte ein Kämpfer sein und diese Welt retten. Aber wovor ich sie retten sollte, sagt mir natürlich niemand, und statt Antworten zu bekommen, jagt man mir Monster auf den Pelz. Angenommen ich sterbe, würde es überhaupt jemandem auffallen, von meinen Eltern abgesehen? Und da heißt es immer wir Frauen seien das schwache Geschlecht. Im Laufe der Geschichte habe wir gelernt, das 'starke' Geschlecht um den Finger zu wickeln, ohne dass sie es merken. Da es mir nicht besonders gut ging, behielt mich Mutter zu Hause. In der Schule würde ich sowieso nicht aufpassen können. Ich wollte mich mal wieder so richtig entspannen und erholen. Ich beschloß einen Tag Urlaub zu machen. Ein heißes Bad mit Pflegeölen und eine ausgiebige Mahlzeit wären sicher perfekt, um mich wieder auf Hochtouren zu bringen. Nach den Ereignissen der letzten Tage hatte ich auch ein Recht darauf und stellte mein schlechtes Gewissen ab. Ich begab mich zum Bad und genoß das wunderbar warme Wasser. Die duftenden und heilenden Öle taten ihr übriges. Ich begann mich zu fragen, was ich in diesem Leben eigentlich sollte. Warum sollten wir gegen etwas kämpfen, was eh immer wiedergeboren werden würde. Wem nützte es etwas, wenn wir für Menschen starben, die wir nicht kannten, ja die uns nicht einmal bemerkten. Wer dachte sich nur ein solches Spiel aus? Allmählich machte mich die Wärme des Wassers müde und ich verließ das Badezimmer wieder. Mutter brachte mir das Essen und ich schlang es gierig hinunter; als hätte ich seit Tagen nichts mehr gegessen. Es war bereits Mittag; die Schule war sicher schon aus. Ich war heute schon den ganzen Tag über überaus unruhig gewesen; es war zeit das Haus zu verlassen und nach draußen zu gehen. Innerlich hoffte ich, keinem meiner Mitschüler über den Weg zu laufen, sie würden nur unnötige Fragen stellen und ich hatte keine Lust diese zu beantworten. Ich wollte ins Kaufhaus jedoch nicht um einzukaufen sondern einfach nur dem beschäftigten Treiben der Leute dort zu zusehen. Vielleicht konnte mir Asuka ja die Hausaufgaben geben; auch wenn ich nicht wirklich vor hatte diese auch zu erledigen. Das Einkaufszentrum lag am anderen Ende vom Park. Ein strahlend blauer Himmel mit kleinen weißen Wolken bildete einen herrlichen Kontrast zu den gelb grünen Bäumen. Es war wunderschön. Alles erinnerte an meinen Traum. Der Park lag nur ein paar Straßen von mir entfernt, und selbst noch von hier konnte man seine ganze Pracht erkennen. Das Kaufhaus war nur etwa fünf Minuten vom Park entfernt. Viele Schüler hatten seit einigen Minuten Schulschluß und tummelten sich jetzt im Park. Die Mädchen hatten es sich auf der Wiese gemütlich gemacht, während der Großteil der Jungs etwas abseits im Schatten stand, um sich dort zu unterhalten. Ich setzte mich an den Rand des Sees auf einen kleinen Mauervorsprung und öffnete meine Tasche. Ich war erstaunt als ich darin die Schatulle mit dem Drachen fand. Nachdenklich betrachtete ich sie. Sie hatte sich verändert, auch wenn es mir nicht gleich auffielt hatte der Drache eine andere Position eingenommen. Nach einer Weile stand ich auf und wollte weiter gehen als mich plötzlich jemand an der Schulter packte. "Ah!" Beim Anblick seines Gesichtes verlor ich das Gleichgewicht und drohte ins Wasser zu fallen. Ich konnte mich gerade noch an einem herab ragenden Ast festhalten. Dennoch hatte zu allem Überfluß Reika etwas von dem Mißgeschick mitbekommen. Das schlimme war, dass sie zu mir herüber kam. "Entschuldige, ich wußte nicht, dass du so schreckhaft bist. Tut mir ehrlich Leid." Der Junge streckte mir seine Hand entgegen um mir so den kleinen Abhang hinauf zu helfen. "Keiko, ich dachte Seehexen wie du gehörten auch ins Wasser? Müßtest du denn nicht eigentlich krank zu Hause im Bett liegen?" Als Reika jetzt auch noch ans Ufer trat um mir zuzusehen, wie ich wieder hinauf kletterte, wurde ich wütend. Meinen Helfer mit den braunen Haaren konnte ich nicht anschreien; dazu war er zu lieb und zu höflich gewesen. Ich ergriff seine Hand und stieg wieder hinauf. "Ich gehe jetzt den anderen Bescheid sagen, dass du geschwänzt hast. Schönen Tag noch." Sie ging lachend davon. Manchmal habe ich das Gefühl, dass sie aus der Hölle auf die Erde geschickt wurde, nur um mir das Leben zu erschweren. In ein paar Jahren würde ja alles überstanden sein und wir würden endlich getrennte Wege gehen. "Warum hast du mich vorhin eigentlich an die Schulter getippt?" "Ich wollte dich begrüßen, oder hast du mich etwa nicht wieder erkannt?" "Sollte ich dich denn kennen?" "Ich habe dir die Kette geschenkt damit du wieder fröhlicher drein guckst." Jetzt erkannte ich ihn wieder. "Entschuldige, dass ich es nicht gemerkt habe. Ich konnte mich noch gar nicht für die Kette bedanken. Danke!" "Solange sie ihren Zweck erfüllt. Ich habe noch andere, ich kann sie also getrost entbehren." "Bist du dieses mal nicht in Begleitung?" "Wen meinst du?" "Das Mädchen, das letztes Mal bei dir war." "Ach so, nein sie ist nicht da. Ich treffe mich um zwei Uhr mit ihr im Kaufhaus." "Wenn du willst gehen wir gemeinsam hin, ich will dort meine Freunde suchen und mir die Hausaufgaben geben lassen." Wir verließen die Wiese und liefen zum Einkaufszentrum hinüber. Ich mochte diesen Ort. Das Gebäude ist mehrstöckig und beinhaltet eine große Buchhandlung, in der ich mich meistens aufhalte. Aber auch einige Kleidergeschäfte sind bemerkenswert. Leider ist vieles entsprechend teuer, und wie gesagt, für ein Kleid bietet sich mir einfach keine Gelegenheit und in der Schule müssen wir sowieso eine Schuluniform tragen. Besonders Weihnachten ist es hier sehr schön, da der große Springbrunnen im Erdgeschoß zu einer Eisbahn umfunktioniert wird und es im ganzen Gebäude nach Weihnachtsplätzchen und Lebkuchen duftet. Ich vermutete die anderen in einem Eiskaffee und fuhr mit einer der Rolltreppen nach oben. Mein Begleiter folgte mir. Oben blieb ich stehen und blickte auf die Menschen unter mir hinunter. Alles wirkte so friedlich, am liebsten hätte ich die Zeit angehalten. "Anscheinend sind deine Freunde nicht hier, das Eiskaffee ist leer." "Ja, aber wo sollten sie sonst sein? Vielleicht kommen sie ja noch." "Wir könnten ja hier auf sie warten. Ich hätte jetzt nichts gegen einen schönen großen Eisbecher." Er lächelte lieb zu mir herüber. "Vielleicht später. Paßt du bitte mal auf meine Tasche auf? Ich will runter zum Brunnen laufen und dort nachsehen. Ich komm dann wieder hoch, also nicht weg laufen!" Diesmal nahm ich die Treppe, um schneller unten zu sein. Als ich den Brunnen erreichte, mußte ich zu meiner Enttäuschung feststellen, dass sie auch hier nicht waren. Das Gebäude bestand im Grunde aus zwei Hälften welche durch einen Glasüberbau mit einander verbunden waren. In diesen Glasüberbau waren kleine Kaleidoskope und bunte Glasbilder eingelassen, welche nun durch die Sonne farbenfrohe Schatten auf dem Boden bildeten. Das Kaufhaus war relativ leer und ich setzte mich einen Moment lang auf den Rand des Brunnens. Durch sein Wasserspiel wurde es im Gebäude nicht zu warm, sondern blieb angenehm kühl. Alles war so wunderbar friedlich, ich wäre am liebsten sofort eingeschlafen, so sicher fühlte ich mich. Ich beobachtete das Lichtspiel auf dem Fußboden, als plötzlich ein immer größer werdender Schatten die Farben nach und nach verschlang. Mein Begleiter schrie mir etwas zu, doch ging es in dem Klirren von Glas unter. Nur etwa zehn Schritte von meinem Sitzplatz aus, stand ein ähnlich wie ein Käfer gepanzertes Wesen. Ich nahm nur halbwegs die schreiend wegrennenden Zivilisten wahr. Alles, was ich tun konnte, war, es anzustarren. Es drehte den Kopf in meine Richtung und starrte zurück und erst jetzt war ich wieder in der Lage, normal zu denken. Ich wunderte mich nur, warum mich keiner der vielen kleinen Glassplitter getroffen hatte. Es wollte einen Schritt auf mich zu machen, als ein verängstigter Wachmann einen Schuß auf dieses Ding abfeuerte. Dadurch galt seine Aufmerksamkeit vorerst dem Wachmann und ich konnte mich hinter einem Pflanzenkübel vorerst in Sicherheit bringen. Ich konnte sehen, wie ein Teil seines Panzers sich anhob. Ein Tentakel schoß hervor und schleuderte den Wachmann davon. Der Tentakel verschwand genauso schnell wie er gekommen war wieder unter dem Panzer. Langsam drehte es sich wieder in meine Richtung und begann auf mich zu zugehen. Ich hatte kaum eine Verteidigungsmöglicheit und beschloß daher lieber zum Angriff über zu gehen. Der Tentakel hatte ein paar Betonstücke heraus gebrochen. Zwischen ihnen sah ich die Waffe des Wachmanns liegen und kurz entschlossen wollte ich darauf zuspringen. Jedoch wurde ich durch den Schrei einer mir nur allzu gut bekannten Stimme abgelenkt. Asuka stand im zweiten Geschoß und blickte entsetzt in meine Richtung auf das Monster. Das war die Gelegenheit. Da es für die nächsten Sekunden abgelenkt war, würde ich vielleicht genug Zeit haben, die Waffe zu erreichen und es damit zur Strecke zu bringen, oder zumindest einige Zeit aufzuhalten. Ich rannte los und griff im Sprung nach der Waffe, wobei ich bezweifelte, dass eine 9 Millimeter etwas ausrichten konnte. Das Wesen hatte Asuka gerade erreicht als ich einen Schuß auf es abfeuerte. "Los, lauf weg! Hau ab!" Erst jetzt löste sich Asuka aus ihrer Erstarrung und rannte davon. Meine Sorge bestand nicht in der Tatsache, dass ich es nicht überleben würde, sondern viel mehr darin, dass sie sterben könnte. Sie rannte und brachte sich somit in Sicherheit. Vielleicht hätte ich das auch tun sollen, aber dann würde es auf die Stadt losgehen und so wie es aussah schien es mich zu suchen. Mir fiel meine Tasche wieder ein und der, der auf sie hatte aufpassen sollen. Ich blickte nach oben, aber es war niemand mehr zu sehen. Er hatte sich sicher auch in Sicherheit gebracht und so war ich mit dem Wesen, zumindest schien dies der Fall zu sein, allein. Ich mußte davon ausgehen, dass diese Waffe sechs Schuß beinhaltete. Einen hatte der Wachmann abgegeben und einen ich, blieben also noch vier. Vier simple Kugeln für mein Leben. Das gepanzerte Ungetüm kam näher auf mich zu. Ich feuerte einen Schuß ab. Die Kugel pralle einfach so an seinem Panzer ab, ohne auch nur einem Kratzer zu verursachen. Vielleicht mußte ich sein Inneres treffen, das, was unter dem Panzer lag. Im selben Moment öffnete sich ein Teil des Panzers und ein Tentakel schoß mir entgegen. Ich feuerte erneut, verfehlte den Arm aber. Kaum hatte die Kugel den Lauf verlassen traf mich auch schon die Wucht des Armes. Durch dich Wucht des Aufpralls wurde ich nach hinten geschleudert. Aber ich fiel nicht zu Boden da mich der Arm umschlungen hatte und begann mir dir Luft aus der Lunge zu pressen. Einer meiner Arme befand sich in der Umarmung des Tentakels, zum Glück jedoch war der mit der Waffe frei. Ich biß die Zähne zusammen und hob die Waffe Stück für Stück an. Es fiel mir schwer, richtig zu zielen, da mir immer mehr schlecht wurde. Deshalb feuerte ich die Waffe ab bevor ich ganz die Kraft verlor. Die Kugel verfehlte ihr Ziel. Meine Beine schwebten in der Luft und der Schweiß nahm mir die Sicht, da er mir in die Augen tropfte. Ein zweiter Arm kam aus einer anderen Öffnung geschossen und packte meine noch frei Hand. Anscheinend bestanden diese Arme aus reinen Muskeln und brachen mir fast den Arm bis ich endlich die Waffe losließ. Zwei weitere Arme umschlossen meine Beine und machten mir ein entkommen unmöglich. Wo waren die Jungs, wenn man sie einmal brauchte? Mit einem Geräusch, welches entsteht, wenn man auf einen Käfer getreten ist, löste sich der Panzer vollständig und fiel zu Boden. Beim Anblick dessen, was sich darunter verbarg, wünschte ich mir sehnlichst, er hätte ihn nicht abgeworfen. Dieses Monster sah aus wie ein riesiges Knäuel aus Tentakeln mit riesigen Krampfadern, zwei Augen und einen mit rassiermesserscharfen Zähnen bestücktes Maul. Ich rang nach Luft, ja ich hechelte sogar, nur um die aufsteigende Übelkeit nieder zu boxen. Ich versuchte mich in den Krieger zu verwandeln. Es mißlang. Warum wußte ich auch nicht, aber ich war geschockt, dass sich meine Befürchtungen bewahrheitet hatten. Seine Arme holten mich langsam näher in Richtung Rachen. Sein Atem war äußerst unangenehm und beißend. Über eine aufsteigende Ohnmacht wäre ich sogar froh gewesen. Hoffentlich würde es an mir ersticken. Als ich nur noch wenige Meter von ihm entfernt war erfaßte uns ein Windstoß und hüllte uns in Staub und herum fliegende Betonstücke ein. Röchelnd erhob das Ding aus Krampfadern den Kopf. Im selben Moment traf ihn ein Blitz und er ließ mich fallen. Während ich mich in einiger Entfernung in Sicherheit brachte blickte ich ebenfalls nach oben. Auf dem Geländer des zweiten Geschosses stand eine in eine weiße Robe gekleidete Person. Ich konnte fühlen wie sich die Person auf dem Geländer und die riesige Krampfader anstarrten und blieb stehen. "Ich schicke dich dahin zurück, wo du hergekommen bist!" "Das kannst du gerne versuchen, du erbärmlicher Windelementar!" Das Knäuel röchelte, vielleicht ein Lachen. In dem Moment als ich stehen blieb richtete sich seine Aufmerksamkeit wieder auf mich. Ein Tantakel schoß hervor, doch bevor er mich erneut festhalten konnte, traf den Arm ein Feuerball und setzte ihn in Brand. "Oh nein, nicht auch noch der Feuerelementar!" Es knurrte. "Nun, dann erledige ich euch eben beide." Ich nahm alles nur noch sehr undeutlich wahr, aber ich glaube mich zu erinnern, dass sie ihn vernichtet haben. Langsam sank ich zu Boden, erst auf die Knie und dann kippte ich ganz um. Was danach passierte, weiß ich nicht. © Teufelchen
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