Trio Infernale von Sylvia und Cancelot |
Die reale Drachental-Satire |
Der Weltenhammer |
Webolo traute sich nicht einmal mehr zu atmen. Die Augen weit aufgerissen starrte er den Drachenmeister an - starrte und starrte - und schien sich aus dieser Erstarrung überhaupt nicht mehr lösen zu können. "Ha ... Menschen! Einmal pusten und sie kippen um vor Angst!" zischte der Dämon, verzog sein Gesicht zu einem fiesen Grinsen und stieß ein lautes Fauchen aus. Doch Webolo regte sich noch immer nicht. Weiß wie ein Mehlsack klebte er an der Wand und blickte dem Dämon stumm ins Gesicht. Menschen sind wohl auch nicht mehr das, was sie mal waren, überlegte der Dämon. Er erinnerte sich daran, daß früher bei seinem Erscheinen sofort alle von panischer Angst getrieben davonliefen und um ihr Leben flehten oder aber wenigstens anstandshalber vor ihm in Ohnmacht fielen. Er wartete ein Weilchen, betrachtete sich das magere Kerlchen und grübelte, was er wohl falsch gemacht hatte. "Hey, du - los, schrei oder erschrick dich gefälligst!" brüllte er Webolo entnervt an. "Sch ... sch ... schrei ... en?" stotterte Webolo mühsam. "Ja, schreien. Das kann doch nicht so schwer sein!" "A ... aber ... dann weiß d.... doch jeder, daß was passiert ist!" antwortete Webolo verständnislos. "Oh ... ja, richtig. Warte, laß mich überlegen ..." Der Dämon rieb sich am Kinn und legte die Stirn nachdenklich in Falten, während er nervös mit den Fingern auf dem Griff des gigantischen Beils herumtrommelte. Plötzlich riß er mit einem wilden Aufschrei das Beil in die Luft, seine Augen begannen gefährlich rot zu glühen und er schlug sich selbst mit der freien Hand gegen die Stirn. "Willst du mich für dumm verkaufen?" kreischte er Webolo an, "das soll doch auch jeder erfahren! UND JETZT SCHREEEEEEI!!!!!" Webolo steckte sich schnell die Finger in die Ohren, denn die Stimme des Dämons schien direkt aus den Tiefen der Hölle zu kommen und schüttelte ihn schrecklich durch. Vielleicht war es ja besser, erst mal zu tun, was er verlangte, sein Meister würde sowieso bald kommen und ihn retten. Also machte er den Mund auf und begann zu schreien - na ja, versuchte es, er fiepste und piepste, so gut er es eben konnte, doch damit schien der Dämon nicht zufrieden. Erschöpft hörte er wieder auf und holte tief Luft. "Geht das nicht lauter?" donnerte ihm die Stimme des Dämons erneut ins Ohr. Nun wurde Webolo langsam stinkig. "Nein", pöbelte er, "es geht nicht lauter. Brüll doch selber, wenn's dir nicht gefällt!" So was, was bildete sich dieser Dämon bloß ein. Befehle nahm Webolo schließlich nur von seinem Herrn entgegen. "Wie? Was hast du eben gesagt?" "Brüll selber! Ich kann nicht lauter schreien, mir tut ja schon der Hals weh", quengelte Webolo und zog ein wehleidiges Gesicht. © by Cancelot
Grübelnd zog der Drachenmeister die buschigen
Brauen zusammen und betrachtete den Winzling da vor sich.
"Mir scheint, ich bin etwas aus der Übung geraten", murmelte er leicht frustriert. "Ich war wohl doch länger in der Verbannung, als ich ursprünglich dachte. Aber das wird schon ..." Er deutete mit seinem riesigen Hackebeil in Richtung Tür. "Nun gut, gehen wir!" "Gehen?" Webolo riss die Augen auf und duckte sich, als die breite Klinge wieder haarscharf an seiner Nasenspitze vorbeisauste. "Wohin?" "Äh ...", machte der Dämon verwirrt, als wundere er sich über die Frage. "Na, zum Torwächter, zum Hüter der Weltentore, zu .... zu diesem Quon La Bing eben - wo steckt der Kerl überhaupt?" "Das weiß ich doch nicht", entgegnete der Knappe. "Den suche ich ja selber." "Du schwindelst", behauptete der Dämon. "Du weißt, wo er ist." "Nein, das tu ich nicht!" Webolo stampfte mit dem Fuß auf. So langsam begann der Typ da, ihm ernsthaft auf die Nerven zu gehen. "Ich schwindle niemals! Ich weiß nicht, wo er ist und ich will's auch gar nicht wissen. Ich will zu meinen Freunden und ... und ... und ich will endlich wieder nach Hause!" Sein kleines Kinn begann zu zittern und ein wilder Schluchzer bahnte sich den Weg nach draußen. Er fühlte sich schrecklich allein in dieser fremden Umgebung, in einem Raum voller merkwürdiger Gerätschaften und Schilder, dessen Fußbodenkacheln mit Glassplittern und den kokelnden Resten verbrannter Schläuche und Kabel übersät war, dazu noch die riesenhafte Gestalt des Dämons, den er unvorsichtigerweise aus seiner Verbannung erlöst hatte - und draußen erstreckten sich kilometerlange Hallen und Gänge, ein einziges Labyrinth, durch das er niemals hindurch finden würde ... Webolo ließ sich mit dem Rücken an der Wand entlang nach unten gleiten und plumpste mit einem lauten Schluchzer auf den Hosenboden. "Ja, nach Hause will ich endlich wieder. Geh und such deinen dämlichen Torwächter alleine, ich bleibe hier und warte, bis mein Meister mich abholen kommt!" "Kommt ja gar nicht in die Tüte!" grollte der Dämon. "Du wirst schön mitkommen und mir den Weg zeigen. Mit diesem Quon La Bing habe ich noch ein Hühnchen zu rupfen!" Webolos Blick fuhr drei Stockwerke hoch zu der hässlichen Fratze, die der Dämon vielleicht Gesicht nennen würde, und er verschränkte beleidigt die Arme vor der Brust. "Glaubst du denn, ich würde hier sitzen, wenn ich den Rückweg kennen würde? Nein, ich warte hier, bis mein Meister ..." Der Dämon vollführte eine gebieterische Handbewegung, wobei seine roten Augen ein wenig zu glühen begannen - und einen Augenblick später saß Webolo in seinem überdimensionalen Eisenhandschuh und gaffte ihn verwundert an. "Für Späße haben wir jetzt keine Zeit! Bring mich zum Torwächter!" © by Sylvia
![]() © by Sylvia *** Unterdes eilten Quon La Bing mit rauschendem
Brokatrock und schiefsitzendem Turban neben dem quietschenden Ritter durch
die langen Gänge auf der Suche nach dem freundlichen kleinen Kerlchen
– Canerio war sich immer noch nicht richtig sicher, ob es sich hierbei
tatsächlich um seinen Knappen handelte, wie ständig behauptet
wurde, aber hier schien sowieso alles ein wenig anders zu sein.
Moordrache rannte los, schubste Quon unsanft
zur Seite und versuchte wütend nach dem Dämon zu greifen, doch
dessen Aura verblasste zusehends und übrig blieb nichts weiter als
ein leicht modrig riechender Luftzug, der den Verbleibenden über die
kalkweißen Gesichter streifte und ein ins Leere rennender Drache.
Quon seufzte tief und wirkte plötzlich sehr müde.
© by Cancelot
|
Denkt bitte daran: auch diese Geschichte nimmt am Drachentaler-Wettbewerb
teil.
.