Der Prophet und der Totengräber von Matthias Wruck
Kapitel 12

Irgendwann war Joro wohl im Bett gelandet, so genau wußte er das allerdings nicht mehr. Er wachte am frühen Morgen auf und die Kopfschmerzen brachten ihn fast um. Die Stelle am Rücken, wo man ihm höflich empfohlen hatte, sich zu verbeugen, tat höllisch weh, weshalb er zunächst nicht aus den Federn kam.
Aber Liegenbleiben war auch keine Lösung, also kippte er sich selbst irgendwie aus dem Bett und schleppte sich nach draußen und zur Quelle hoch.
Zu seiner Belustigung mußte er anstehen, da noch fünf weitere Drow mit offensichtlich ähnlichen Problemen zugegen waren, die alle ihre Köpfe in das eiskalte Wasser halten wollten.
Als er an der Reihe war und das herrlich frische Wasser über seinen Kopf lief, sah er auch Nalfein, der mehr schlecht als recht den Pfad hochschlurfte. Er mußte unwillkürlich lachen und als die anderen Männer sich umsahen und den total verkaterten Zimmermann sahen, konnten sie ebenfalls nicht anders als in fröhliches Gegröle auszubrechen.
Der kleine, muskulöse Drow war ein Häufchen Elend, sein Gesicht war total zerfurcht und seine sonst immer so ordentlich nach hinten gekämmten Haare hingen ihm lose vom Kopf.
Er sah in Joros Richtung, machte eine ausgesprochen unfreundliche Geste und murmelte ein paar äußerst deftige, dunkelelfische Flüche. Dann ging er wortlos zum Basin und hielt seinen Kopf für eine sehr lange Zeit unter Wasser.
Nachdem er sich frisch gemacht hatte, und wie alle anderen einen großen Schluck getrunken hatte, verzog er das Gesicht zu einem gequälten Grinsen und sagte:
"So, und jetzt geh ich wieder Schlafen!"
Die anderen Drow lachten und nickten alle zustimmend.
So ging ein jeder wieder in seine Hütte.
Aber an Schlaf war nicht zu denken. Joro war aufgewühlt von den Geschehnissen der letzten Nacht. Und ja, Vierna praktisch nackt gesehen zu haben machte alles auch nicht gerade besser. Nachdem er sich eine Weile auf seinem Bett hin und her gewälzt hatte, stand er wieder auf, nahm sich Brot, Schinken und Bier und ging hinter die Hütte auf den Friedhof.
Er begann den Frostbruch von den durch die Sonne aufgeweichten Grabhügeln zu entfernen und sammelte von nahe gelegenen Berghang eine kleine Menge flacher Steine, mit denen er die Wege zwischen den Gräbern auslegte. Diese bestanden nämlich, durch das beginnende Tauwetter bedingt, kaum aus etwas anderem als Schlamm. Als er fertig war, setzte er sich auf die Bank, die er hinter die Hütte geschafft hatte, und nahm erst einmal einen kräftigen Bissen.
Dabei kam er unweigerlich wieder ins Grübeln.
Die Zeremonie war einfach nur schön gewesen. Auch die Tatsache, daß er sich nicht ausgegrenzt gefühlt hatte, fand er äußerst erfreulich. Selbst wenn die Vorbehalte, die zwischen Drow und Menschen existierten, existent waren, so stellten die Dunkelelfen ihre Gastfreundschaft an diesem Ort so oder so über diese.
Trotzdem war alles etwas seltsam.
Vor nicht einmal einem halben Jahr war er ein Tagelöhner, ein heimatloser Bauernjunge auf Wanderschaft gewesen und nun saß er inmitten der nördlichsten Berge Daishan, umgeben von einer Gemeinschaft von Leuten, gegen deren Volk sein Vater und sein Onkel noch Krieg geführt hatten.
Überhaupt, er selbst hatte das Ende des Krieges als Kind ja noch miterlebt und aus erster Hand erfahren, daß diese Animositäten existent waren. Auf die harte Tour.
Er seufzte.
Irgendwie hing sein Leben in diesem Moment völlig in der Schwebe. Die Ungewißheit, was nun geschehen würde, war nahezu unerträglich. Das Einzige, was half, war die Arbeit auf dem Friedhof, also machte er sich weiter daran, die Gräber auf Vordermann zu bringen.
"Wie zur Hölle kannst du nur arbeiten, nach dieser Nacht?"
Unten am Pfad stand Dinin, in einer noch schlimmeren Verfassung als Nalfein es vorher gewesen war.
"Der Anfang war ziemlich hart, aber nach einer Weile ging es mit einem Male entschieden besser!" Joro grinste.
"Ich glaube dir das einfach mal, aber ich werde einen Teufel tun, es selber auszuprobieren."
Dinin streckte sich. "Hat es dir gestern gefallen?"
"Jupp, war wirklich ein wunderbares Fest, vor allem die Tanzeinlage gegen Mitternacht hat Spuren hinterlassen."
"Ich habe jeden Moment damit gerechnet, daß du umfällst und nicht wieder aufstehst. Das muß ganz schön hart für dich gewesen sein." Dinin kicherte kurz, hörte dann aber sofort damit auf, weil es seine Kopfschmerzen nicht zuließen.
Eine Stimme erscholl.
"Was war hart?"
Vierna war um die Ecke gekommen, wieder bekleidet, wobei Joro nicht wußte ob ihn das erleichterte oder enttäuschte.
Dinin und Joro sahen sich an und mußten beide lachen.
Die Priesterin setzte ein schmollendes Gesicht auf und schaute beide tadelnd an.
Dinin japste.
"Da war so einiges hart, was Joro?"
"Jau, bis heute morgen, haha!"
Vierna schüttelte nur den Kopf, setzte ein Lächeln auf und sah sich um.
"Trotz der verhärteten Situation bin ich ganz schön erstaunt, daß du heute arbeitest, Joro."
Dieser stutzte, immernoch Tränen des Lachens in den Augen.
"Das ist doch erlaubt, oder? Ich meine, des Feiertages wegen?"
"Naja, der war gestern. Ich hätte eigentlich eher gedacht, daß du heute so verkatert bist, daß du kaum aufstehen würdest. Die meisten meiner Volksgenossen lassen sich heute erst einmal auskurieren."
Joro entspannte sich.
"Gut, ich hatte schon Angst, wieder ein Fettnäpfchen erwischt zu haben... Es hat mir gestern wirklich sehr gut gefallen, Vierna."
"Dankeschön, das freut mich. Habt ihr das Faß noch leer gemacht?"
"Äh...", Joro sah fragend zu Dinin.
Dieser machte eine abwägende Handbewegung.
"Nun ja... In Anbetracht der Tatsache, daß Nalfein irgendwann in das Faß geschaut hat und dann den Grabgesang der Könige angestimmt hat, nur um kurz danach zu versuchen, hereinzuklettern um noch das letzte Bißchen vom Boden zu schlürfen, würde ich erst einmal "ja" sagen."
Joro kamen ein paar Erinnerungen, wenn auch stark verschwommen.
"Sag mal, hat er mich nicht kurz darauf gebeten, seinen 'ehemals besten Freund' zu begraben?"
Dinin lachte.
"Ja, ich glaube schon. Er hat dann behauptet, es gebe einen besonderen 'zwergischen Biersegen', den er persönlich über das Grab sprechen wolle."
Die drei kicherten und Joro schüttelte den Kopf.
"Wieviel war ursprünglich in dem Faß drin? Fünfzehn Liter? Zwanzig?"
"Auf jeden Fall war es viel zu viel für zwei Drow und einen Menschen, das ist mal sicher."
Da konnte er nur zustimmen. Die Kopfschmerzen waren etwa vier Stunden nach dem Aufstehen immernoch nicht fort.
Vierna ergriff das Wort.
"Joro, darf ich dich um einen Gefallen bitten?" 
"Natürlich!"
"Wir wollen morgen in die Stadt gehen um ein paar Dinge einzukaufen und ich hätte dich gerne dabei."
"Nach Bargum? Das halte ich nicht wirklich für eine gute Idee..."
"Nein, es ist ein kleinerer Handelsposten namens Noth."
"Welch illustrer Name..."
Vierna lächelte.
"Die Leute da kennen uns zwar schon, aber ich denke es würde helfen, wenn wir einen menschlichen Daishani dabei haben. Das Misstrauen uns gegenüber ist immer wieder wenig hilfreich."
Joro nickte.
"Ja, kein Problem, ich komme mit."
"Außerdem denke ich, daß du vielleicht Lust hast, einmal wieder andere Gesichter zu sehen..."
Der Priester hob eine Augenbraue, doch sie lachte.
"Das sage ich nicht, weil ich denke, daß du dich hier einsam fühlst. Aber vielleicht ist es ja eine Abwechslung."
Joro konnte sich zwar kaum einen Grund vorstellen, warum er eine Abwechslung brauchte, immerhin war er ja erst ein paar Tage hier, aber vielleicht gab es ja einen, der ihm nicht auffiel. Also nickte er zustimmend.
Sie schien sich über seine Entscheidung zu freuen.
"Gut, dann treffen wir uns bei Sonnenaufgang morgen oben am Portal."
Sie wandte sich um und ging davon.
Dinin sah Joro erstaunt an.
"Die ist dir gegenüber ja wirklich wie ausgewechselt. Hast du sie irgendwie verhext, mit deinen bösen, gemeinen, menschlichen Superkräften?"
Er wich dem Stein aus, der haarscharf an seinem Kopf vorbeiflog und rannte lachend Richtung Quelle den Berg hoch.
Joro arbeitete noch bis kurz vor Sonnenuntergang, dann entschloß er sich auch, ins Bett zu gehen, und zu seiner Überraschung war er auch so müde, daß er sofort einschlief.

Er schlief die ganze Nacht durch, und wurde von ziemlich lauten Klopfen an seiner Hüttentür geweckt.
Eine dumpfe Stimme hinter der Tür rief:
"Aufwachen, du Siebenschläfer, wir müssen los!"
Er stand auf, zog sich seine dicke Robe über und torkelte, noch schlaftrunken, zur Tür.
Draußen standen Vierna, Dinin und Nalfein, alle in voller Kampfmontur.
"Äh..."
"Leg’ deine Rüstung an und nimm deine Waffe mit!" Vierna schien das sehr wichtig zu sein.
"Öh, ist das notwendig? Ich dachte wir gehen nur einkaufen."
"Hast du schon die goldene Legion vergessen? Außerdem kannst du dir sicherlich vorstellen, daß wir Drow so oder so immer in Gefahr sind, wenn wir uns unter Menschen bewegen..."
Joro konnte nicht verneinen, daß sie da durchaus Recht hatte.
Also ging er wieder hinein und nahm die Kriegsrobe vom Ständer. Dinin und Nalfein kamen und halfen ihm, sie anzulegen.
Als sie fertig waren, nahm er den Schild, hängte ihn auf seinen Rücken und ergriff den Hammer.
"Wir können los!"

Auf dem Weg zum Portal hin hatten die drei Dunkelelfen schon kaum ein Wort von sich gegeben, aber als sie die andere Seite erreichten, spannte sich ihre Körperhaltung sehr stark an. Außer kurzen Kommandos, wie "hier links" und ähnlichem sagte keiner was.
Nachdem sie das Tal mit der Dorfattrappe durchquert hatten kamen sie auf eine Bergstraße, die nach Nordosten führte. Joro erinnerte sich, sie auf dem Hinweg zur Enklave kurz gesehen zu haben.
Ohne eine Pause zu machen marschierten sie ganze vier Stunden durch, bis am Ende eines der unzähligen Täler ein Dorf zu sehen war. Eine nicht allzu kleine Menge an gedrungener Steinhäusern stand um einen schon aus der Ferne zu sehenden, sehr großen Platz.
Joro schätzte, daß dort etwa eintausend Menschen leben mußten.
Eigentlich traute er sich nicht, etwas zu fragen, immerhin sprachen die drei anderen fast gar nicht, aber seine Neugier siegte.
"Wieso heißt das überhaupt 'Noth'?" 
Dinin verzog das Gesicht.
"Es war ursprünglich ein kleines Dorf mit Fallenstellern, die hier oben in den Bergen Pelztiere fingen. Aber das Angebot war riesig, so ist das Dorf zu einer richtigen Stadt gewachsen. Tja... und dann war nicht mehr genug Wild da, um die Leute zu ernähren, und Getreide wächst hier oben eben nicht ganz so gut. Da sind viele verhungert."
"Menschen sind so dämlich..." Nalfein bleckte die Zähne.
Joro runzelte die Stirn. "Und darum heißt der Ort so?"
Der Zimmermann grunzte verächtlich. "Ja, kreativ sind sie auch."
Er fragte nicht weiter.
Als sie fast angekommen waren, reckte sich Vierna, nahm eine bestimmende Körperhaltung an und sagte:
"Gut, ihr wißt, wie das läuft. Nalfein hält die Klappe und Dinin schaut sich um, ob es Ärger geben wird. Joro?"
"Ja?"
"Wir gehen auf den Markt, sieh du bitte zu, daß du nicht selber in Schwierigkeiten gerätst. Die Leute hier sind manchmal ein bißchen ruppig."
Dinin drückte ihm einen Beutel mit Münzen in die Hand.
"Amüsier dich gut."

Der Markt von Noth war bei näherer Betrachtung noch wesentlich größer, als er von Weitem so oder so schon ausgesehen hatte. Und es gab weitaus mehr zu kaufen als nur Felle und Trapperzubehör. Vierna und Nalfein waren losgezogen, um Werkzeuge zu besorgen und Dinin hatte sich recht schnell selber in der Menge verschwinden lassen.
Joro selbst interessierten anderen Dinge. Als Kind hatte er schon unglaublich viel gelesen, obwohl sein Vater in seiner eher drögen und praktischen Art als Zeitverschwendung angesehen hatte. Doch sein Großvater hatte ihn immer ermutigt, alles Wissen zu sammeln, was zu sammeln war. Sein Leitspruch war immer "Wer weiß, ob es nicht irgendwann einmal nützlich sein kann."
Auf einigen Ständen gab es Bücher und Kultgegenstände, Talismane von Religionen, die ihm gänzlich unbekannt waren.
"Alles Ramsch!", meinte die Stimme in seinem Kopf, "die meisten davon sind nicht einmal so heilig wie dein rechter Fuß."
"Wenn du das sagst...", gab Joro zurück und sah sich weiter um.
Sein Blick fiel auf einen recht großen Stand mit landwirtschaftlichem Gerät, an dem Vierna gerade mit einem der Betreiber um zwei Handbeile verhandelte.
An einem Ende der Auslage fand er eine alte, sehr rostige Sichel, die zwar in keinem guten Zustand war, aber ihm so gut gefiel, daß er sich spontan entschloß, sie zu kaufen.
Als er bezahlte, sah er, wie Vierna ihn kurz ansah und lächelte. Da zupfte ihn jemand am linken Ärmel seiner Robe.
Eine alte, gebückte Frau stand neben ihm. Sie sah sehr ernst aus und rang nach Worten.
"Kann ich dir irgendwie helfen?", fragte Joro freundlich.
"Ihr, Ihr seid ein Totengräber des Celestus, nicht wahr?"
"Ja, bin ich."
"Mein Mann ist vorgestern gestorben, könntet Ihr ihn vielleicht... äh..." 
"Soll ich ihn begraben?"
Die Frau nickte heftig.
"Aber ich kann Euch dafür kaum etwas geben, ich habe nichts..."
"Das macht überhaupt nichts. Laß´ uns zu deinem Haus gehen."
Das 'Haus' war eine wacklige, alte Holzhütte am Rand des Dorfes. Hinter ihr lag, auf einem Brennholzstapel unter einem Unterstand, eine eingewickelte Leiche.
"Hast du einen Spaten?", fragte Joro.
Die Frau rang verzweifelt die Hände.
"Mein Mann hatte einen, aber der Idiot hat ihn irgendwo hingelegt und ich kann ihn nirgendwo finden..."
Joro schmunzelte innerlich. Ein Mensch, der sich nach dem Tod seines Lebenspartners noch immer so echauffieren konnte, ohne dabei komplett haßerfüllt zu wirken, hatte mit ziemlicher Sicherheit eine sehr enge Bindung zu ihm gehabt, auch wenn das zunächst nicht so schien.
"Kein Problem, ich werde einfach einen vom Markt holen."
Nachdem er das getan hatte, begann er, hinter der Hütte ein Grab auszuheben. Die Frau lamentiere anfänglich noch darüber, daß ihr Mann selbst nach seinem Ableben noch Ärger und Unbillen verursachte, wurde aber zusehends ruhiger. Als Joro den Leichnam in das Grab gelegt hatte und den Segen sprach, fing sie leise an, zu weinen. Er ging zu ihr herüber und nahm sie fest in den Arm, woraufhin sie völlig die Fassung verlor. Nach einer Weile schluchzte sie nur noch leise und sackte auf den nahestehenden Hackklotz nieder. Joro machte sich daran und schüttete das Grab zu.
"Ich weiß gar nicht, was ich ohne ihn tun soll", sagte sie mit erstickter Stimme, "Ich habe kein Geld und auch keine Kinder."
Joro hielt kurz inne und überlegte. Dann nahm er den Beutel mit den Münzen unter seinem Brustharnisch hervor und gab ihn ihr.
Sie starrte ihn fassungslos an.
"Für mich? Das kann ich unmöglich annehmen!"
"Doch, kannst du. Und das mußt du auch."
"Aber..."
"Nichts aber. Sieh’ zu, daß du dir einen schönen Lebensabend damit machst. Bewahre das Andenken deines Mannes, aber vergesse nicht, zu leben."
"Ich..."
"Ich werde hin und wieder nach dir schauen, wie ist eigentlich dein Name?"
"Hanna."
"Gut!" Joro schaufelte das letzte Bißchen Erde in das Loch und lächelte sie an. "Dann laß als erstes einmal dein Haus reparieren und nimm dir den Tod deines Mannes nicht so zu Herzen. Dort wo er jetzt ist, wird es ihm gut gehen und dir soll es doch nicht schlechter gehen, oder?"
Hannas Augen füllten sich erneut mit Tränen, dieses Mal allerdings vor Glück.
"Ich danke Euch so sehr, hoher Herr! Aber das ist doch viel zu viel für mich allein. Da wird noch einiges für die anderen Armen hier übrig sein."
Joro mußte unwillkürlich grinsen. Er hatte sich nicht im Geringsten in ihr getäuscht, als er annahm, daß sie niemals alles für sich behalten würde.
Er sah in Richtung Dorfmitte.
"Ich denke, ich sollte mich jetzt wieder auf den Weg machen, meine Begleiter warten sicher schon auf mich."
"Du bist mit den Dunkelelfen gekommen, nicht wahr?"
"Genau."
Hanna drugste herum.
"Wie... wie kommt es, daß du dich mit ihnen abgibst?"
Er schaute sie prüfend an.
"Warum 'gibst du dich mit Menschen ab'? Sie sind sehr teure und gute Freunde. Nicht alle Drow sind zwangsläufig böse, weißt du?"
"Soll das heißen, daß sie wirklich deine Freunde sind?"
"Ist das so abwegig? Ich lebe sogar bei ihnen..." Joro lachte.
Hanna starrte ihn fassungslos an. In ihrem Kopf schien es zu rattern und zu knarren, als sich Vorurteile und Realität irgendwie versuchten, in Einklang zu bringen.
Ein Arm schob sich unter seinen.
"Joro ist ein besonderer Mensch, werte Hanna. Er hat wie alle deiner Landsleute seine persönlichen Probleme mit unserem Volk gehabt, dennoch ist er bei uns geblieben, als die Zeit kam, sich zu entscheiden, ob er hassen soll oder nicht."
Vierna stand neben ihm, hatte sich untergehakt und lächelte ein so zuckersüßes Lächeln, daß es weh tat.
Die alte Frau sah sie mißtrauisch an.
"Hast du ihn irgendwie verhext, damit er tut, was du willst?"
"Davon abgesehen, daß ich das nicht einmal könnte, wenn ich wollte, wäre das so oder so nicht notwendig. Joro ist von sich aus so, wie du ihn erlebt hast."
Hanna sah sehr nachdenklich auf den Beutel mit Geld in ihrer Hand. Dann lächelte sie Joro und Vierna an.
"Was soll ich sagen... Mein Leben hat heute einen Sprung in eine Richtung gemacht, die ich niemals erwartet hatte. Also warum soll es nicht einen Menschen geben, der Drow als Freunde hat. Oder Drow, die nicht jeden töten wollen."
Ihr Gesicht wurde wieder etwas ernster.
"Das hätte meinem alten Herren gefallen, ich wünschte, er hätte das noch erlebt..."
"Hat er dich geliebt?", fragte Vierna.
"Er war zwar ein bißchen langsam, aber er hatte ein Herz aus Gold. Ja, ich weiß, daß er mich geliebt hat."
"Ich glaube, dann hätte er sich über diesen Moment sehr gefreut. Vielleicht sieht er ja jetzt gerade auf dich herab und tut das."
"Glaubst du wirklich...?"
"Ja, da bin ich mir sicher."
Irgendwie schien Hanna die Vorstellung zu gefallen.
"Naja, ich muß mir langsam etwas kochen, mein Magen knurrt schon. Ihr seid beide herzlich eingeladen."
Daraus wurde nichts, denn Dinin kam ziemlich hektisch um eine Häuserecke gerannt.
"Wo zum Teufel seid ihr beiden denn?! Ich suche euch schon die ganze Zeit, ihr müßt unbedingt mitkommen! Sofort!"
Joro lächelte Hanna noch einmal flüchtig an und sagte:
"Bis bald. Ich werde bald wiederkommen und schauen, wie es dir geht." Da zog ihn Vierna schon mit sich fort.

Während sie die Straße entlanghasteten gesellte sich auch Nalfein zu ihnen, der offensichtlich auch nach ihnen gesucht hatte. Er hatte einen eiskalten Glanz in den Augen.
"Hast du es ihnen schon gesagt, Dinin?"
"Nein, das müssen sie sich schon selber ansehen."
"Was ist denn los?", fragte Joro besorgt.
"Wir haben hier etwas gefunden, was alles andere als beruhigend ist." Dinin machte ein sehr ernstes Gesicht.
Sie bogen um die Ecke und blickten auf den Marktplatz.
"Da!"
Etwa einhundert Schritt von ihnen entfernt standen eine Reihe von Legionären, Joro zählte sechs, hinter ihnen waren drei Lindwürmer am Boden festgemacht.
Ihr Anführer zeigte vorbeigehenden Einwohnern ein Pergament und stellte knappe Fragen.
"Und was machen wir jetzt?" Joro runzelte die Stirn.
Dinin überlegte kurz und schien dann eine Idee zu haben. Er ging recht zielstrebig auf einen Mann zu, der sich das Pergament angesehen hatte und wechselte ein paar Worte mit ihm. Dann nickte er und ging direkt zu den Hochelfen.
"Was macht er denn da?!", Nalfein ballte seine Faust so stark, daß die Knöchel grau wurden.
Vierna schien abzuwägen, was sie tun sollte, dann meinte sie:
"Laßt uns abwarten, ich wette er würde kein Risiko eingehen. Trotzdem hätte ich gerne vorher gewußt, was er vorhat."
Zu Joros Überraschung sprach der Assassine nur kurz mit den Legionären, sah sich das Pergament an und zeigte dann in eine Richtung. Der Hochelf sah ihn prüfend an, Dinin zuckte mit den Schultern und ging dann.
Mit großem Umweg durch die Marktreihen kam er schließlich wieder bei den anderen an.
Er machte ein sehr besorgtes Gesicht.
"Wir sollten zusehen, daß wir auf der Stelle von hier verschwinden!"
"Was genau hast du erfahren?", fragte Vierna.
"Die suchen nicht mehr nur nach dem Grab, sondern sind auch außergewöhnlich interessiert an der Frage, wo ihr Suchtrupp hin ist."
"Verdammt!"
Joro holte seinen Piwafwi aus seinem Bündel und warf ihn über.
"Wenn die auch nur einen Schimmer hätten, wie nahe sie ihrem Ziel sind. In beiden Punkten. Mit dem Umhang sehen sie zumindest die Rüstung nicht sofort."
Nalfein nickte.
"Wenn wir wieder zurück in der Enklave sind, müssen wir uns dringend Gedanken machen, was wir als Nächstes unternehmen."
Plötzlich drang Geschrei von einer Seite des Marktes zu ihnen herüber.
Als sie sich umdrehten, konnten sie erkennen, daß zwei der Hochelfen, der Hauptmann und einer der anderen, sich mit einem Händler anlegten. Dieser hielt einen Gegenstand in der Hand, den Joro nicht erkennen konnte, aber der Hauptmann schien darauf zu bestehen, ihn ausgehändigt zu bekommen. Der Streit verschlimmerte sich, denn der Händler trat einen Schritt zurück und nahm eine abwehrende Haltung ein, während der Hochelf sein Schwert zog.
Noch bevor Joro den eigentlichen Impuls bekam, vorzustürzen, hatte er die breite Pranke des Zimmermannes auf der Brust.
"Nein!"
Der Hauptmann holte zum Schlag aus und Joro drückte mit einem plötzlichen Kraftimpuls den Drow beiseite.
"Doch!"
Wie genau er so schnell an den Ort des Streites kam, wußte er nicht so genau, selbst als er schon da stand.

Der Schlag des Elfen wurde plötzlich von einem Kriegshammer aufgefangen, just bevor er den Händler traf.
"Was ist hier los?" Joros Stimme und ihr geradezu herrischer Unterton erschien ihm selber fremd.
Der Legionär funkelte ihn an.
"Was mischst du dich da ein, Mensch?"
Joro schaute ihm mit einem ebenso harten Blick in die Augen.
"Was fällt dir ein, diesen Mann zu attackieren?"
"Das geht dich überhaupt nichts an. Und wenn du nicht auf der Stelle verschwindest, wird es dir nicht anders ergehen als ihm!"
"Du bist hier auf einem Marktplatz, Legionär! Dies ist weder ein Hafenbordell oder eine Arena, also steck’ auf der Stelle dein Schwert weg!"
Mit einer ärgerlichen Bewegung wischte Joro das Schwert aus der Luft, das immernoch auf seinem Hammer lag. Es segelte dem Elfen aus der Hand und blieb einige Schritte entfernt im Boden stecken.
Das Gesicht des Hochelfen verzerrte sich zu einer wut- und haßerfüllten Fratze.
"Ich bin Ereniel, Hauptmann der goldenen Legion und Diener des Corellon Larethian."
Er zog einen Dolch aus seinem Gürtel.
"Und du wirst jetzt sterben, ungläubiger Abschaum!"
Der Zorn, der in Joros Geist erbrannte, war definitiv nicht nur sein eigener, da war er sich sicher.
"Ich bin Joro Macun, Totengräber des Celestus. Und wenn du nicht sofort deinen Dolch dahin zurücksteckst, wo er herkommt, wirst du dafür bezahlen, das ist die letzte Warnung!"
Es schien fast so, als sei der Hochelf überrascht, aber dann fiel sein Blick auf Joros Hammer. Seine Augen weiteten sich zunächst vor Furcht, dann wich diese und eine brennende Mordlust nahm ihren Platz ein.
"STIRB!"
Der Dolch schoß mit großer Geschwindigkeit vorwärts, prallte aber am Panzer unter Joros Umhang ab. In einer kreisenden Bewegung landete Joros Hammer direkt auf der Schulter des Hauptmannes. Als er ihn traf, schrie der Hochelf laut auf, denn auf seiner Rüstung bildete sich ein großer Kreis aus Reif. Der Dolch fiel ihm aus der Hand und der Arm schien gelähmt. Sein Begleiter hatte sein Schwert gezogen und drang nun auf Joro ein, der dessen Schläge knapp parierte, während er mit der linken Hand seinen Umhang entfernte. Aus den Augenwinkeln sah er, wie die vier anderen Hochelfen mit gezückten Waffen auf ihn zugestürmt kamen. Er machte eine ruckartige Bewegung und sein Schild glitt von seinem Rücken, direkt auf seinen linken Arm. Zwischen den beiden Haken befand sich eine Schiene, die das ermöglichte, er hatte eine Weile gebraucht, um das Prinzip zu verstehen und freute sich nun, daß es so gut klappte.
Ein heftiges Nicken und das Visier seines Helmes fuhr herunter.
Der Hauptmann hatte sich abgerollt und sein Schwert ergriffen.
'Wenn jetzt nicht bald die Kavallerie kommt, bin ich geliefert', dachte Joro.
Sie kam.
Als der Anführer der Hochelfen gerade ausholte um ihn zu schlagen, bekam er einen gewaltigen Schlag in den Rücken, der ihn nach vorne fallen ließ. Er blieb bewußtlos liegen.
Hinter ihm stand Nalfein, der ihn mit der stumpfen Seite seiner Axt geschlagen haben mußte. Der Dunkelelf grinste böse, drehte seine Axt und hieb noch einmal zu.
Während Joro einen der angreifenden Legionäre mit seinem Schild zurückstieß, schmetterte er einen anderen mit seinem Hammer nieder. Der Aufprall der Waffe schien dieses Mal irgendwie stärker auszufallen, denn als er auftraf, gab es eine weiße Explosion, die den gesamten Torso des Hochelfen mit einer Eisschicht überzog. Als er auf dem Boden aufschlug brach sein Körper in tausend Teile auseinander.
Dinin und Vierna hatten sich um die anderen Angreifer gekümmert.
Joro stand keuchend und gebückt da und blickte sich um. Sie waren umringt von mehreren hundert Personen, die alle mit einer Mischung aus Staunen und Neugier zusahen, was geschah.
Zu seiner Überraschung lebte der Hauptmann noch, wenn er auch stark aus der klaffenden Wunde in seinem Rücken blutete.
Nalfein sah das ebenfalls, kniete in seinen Nacken und zog ein Messer, um ihm die Kehle durchzuschneiden, doch Joro hob die Hand.
"Warte!"
Er ging vor dem Hochelfen in die Hocke und betrachtete ihn nachdenklich. Der Hochelf blickte ihn bitter an.
"Und? Schaut der Sieger auf sein erbärmliches Opfer?" Er hustete Blut.
"Das mag deine Art sein, zu denken, Legionär, nicht meine. Ich frage mich allerdings, wieso es hier zu einem Blutvergießen kommen mußte. Eigentlich habe ich sogar den Impuls, deine Wunden zu heilen, aber ich fürchte, daß dich das wieder zu einer Gefahr für mich werden ließe."
Der Hauptmann lachte böse, unterbrochen von weiterem blutigen Husten.
"Wer sagt dir denn, daß ich nicht noch einen Dolch versteckt habe, den ich dir gleich in den Unterleib ramme?" 
"Mach dich doch nicht lächerlich. Du liegst auf dem Bauch, dein rechter Arm ist immernoch gelähmt und du hast schon so viel Blut verloren, daß du fast tot bist. Außerdem bezweifle ich, daß du mit deiner momentanen Verfassung auch nur einen Kratzer in meinen Harnisch bekommen würdest."
Der Hochelf lächelte gequält.
"Du hast Recht. Auch wenn ich das bedaure."
"Warum hast du einen derartigen Haß auf die ganze Welt?"
"Weil ihr alle nichts wert seid. Ihr seid nur unzivilisierte, ungläubige Barbaren! Bald schon wird der Prophet über dich und deinesgleichen herrschen!"
Joro faßte sich resignierend an die Stirn. Fanatismus und die damit einhergehenden Ignoranz stießen ihm seit jeher auf, spätestens das Faktum, daß er in ein Land geboren war, in dem ein Drowkönig einen Genozid versucht hatte, wäre dafür Grund genug gewesen.
"Also werdet ihr einen Krieg gegen den Rest der Welt führen, ja?"
"Unzweifelhaft ist das der einzige Weg, diese Welt in das glorreiche Licht des Corellon zu führen."
Das Gesicht des Elfen veränderte sich mit einem Mal zu einem nachdenklichen Ausdruck.
"Ich frage mich nur, was für eine Rolle du in diesem Krieg spielen wirst, Mensch. Hoffentlich hast du auch nur den Hauch einer Idee, wessen Rüstung und wessen Waffe du da bei dir hast."
"Das weiß ich ganz genau, Legionär."
"Dann wünsche ich dir noch ein schönes Leben", mit einem lachenden Husten bäumte sich der Hauptmann ein letztes Mal auf, dann brach er endgültig tot zusammen.
Joro sah zu Nalfein auf, der spuckte aus.
"Verdammte Schweine. Also wollen sie auch in Daishan einfallen, ja?"
Der Priester sah ihn mit einem harten Blick an.
"Das muß verhindert werden. Wir müssen uns überlegen, was wir tun werden."
Vierna kam zu ihnen herüber, während sie ihr Schwert mit dem Umhang eines der Toten abwischte. Sie ging auf den Händler zu und nahm ihm den Gegenstand aus der Hand, den er dem Hochelfen nicht hatte geben wollen. Dieser wehrte sich nicht.
Es war ein aus Leder genähte Rolle, vermutlich zum aufbewahren von Schriftstücken.
"Woher hast du das?", fragte sie ihn.
"V...von einem Abenteurer. Er hat sie mir verkauft, er sagte es sei ein Relikt von einem toten König aus der Gegend hier."
Joro baute sich vor ihm auf. Mit geschlossenem Visier mußte das einen ziemlichen Eindruck machen, denn der dicke Mann sank total in sich zusammen.
"Glaubst du an Celestus?" fragte er böse.
Der Mann schien noch mehr zu schrumpfen.
"Ich weiß, daß man Grabräubern kein Geld gibt, Herr. Aber er hat mich dazu überredet, er sagte es sei sehr wertvoll. Irgendwas mit einer Prophezeiung oder so." 
"Hast du es gelesen?"
"Nein, es ist versiegelt und ich dachte es sei unbeschädigt mehr Geld wert..." 
"Also weißt du nicht genau, was drin ist?"
"Nein, er sagte nur, daß sich darin eine magische Rolle mit einem uralten Text befindet."
Joro musterte abwechselnd die Lederröhre in Viernas Hand und den Händler.
"Soll ich ihn verhauen?", fragte er die Stimme in seinem Kopf.
"Nein. Er hat seine Lektion mehr als gelernt. Das macht er nicht wieder."
Zum Händler gewandt sagte er:
"Gut, betrachte das Rohr als beschlagnahmt. Geh, richte deinen Stand wieder auf und sieh’ zu, daß du dich nie wieder an den Toten versündigst!"
Der Mann schien erleichtert, daß ihm nicht doch noch mehr blühte, also bewegte er sich, so schnell er konnte, demütigen Unsinn murmelnd nach hinten davon.
Nalfein schmunzelte.
"Mann, Joro, du kannst dich ja wirklich wie eine boshafte Ehefrau anhören."
Vierna blickte den Zimmermann spöttisch von der Seite an.
"Da kennst du dich gut aus, nicht wahr?"
Nalfeins Schmunzeln wich einem gequälten Lächeln.
"Danke, jetzt fühle ich mich gleich wieder besser."
Die Priesterin wandte sich wieder Joro zu.
"Wir nehmen das Ding mit. Ich kann die Schriftzeichen auf der Röhre selbst zwar nicht entziffern, aber vielleicht kann da einer unserer Magier helfen."
Das hörte sich nach einem Plan an.
"Haben wir alles, was wir brauchen?", Joro blickte fragend in die Runde.
"Ja, laßt uns gehen." Nalfein schulterte einen Sack und setzte sich in Bewegung.
"Wo ist eigentlich Dinin?"
Sie schauten sich um und sahen Dinin, wie er aus der Richtung der immernoch am Boden festgepflockten Lindwürmer kam und aufgeregt ein Pergament las.
Als er zu ihnen kam, hielt der Vierna das Schriftstück hin.
"Lesen. Wichtig."
Sie überflog das Blatt und schüttelte dann ungläubig den Kopf.
"Marschbefehle, und nicht nur das."
Joro sah sie fragend an.
"Sondern?"
Sie las noch weiter und nickte dann.
"Aha! Also haben sie durchaus Verdacht geschöpft, weil ihre Patrouille nicht wiederkam. Diese Streife hier hatte den Befehl, mit allen nötigen Mitteln dafür zu sorgend, daß die Ursache für deren Verlust gefunden und ausgemerzt wird."
Nalfein kicherte.
"Na, das hat ja nun nicht ganz so geklappt wie es aufgetragen war, nicht wahr?"
"Nicht wirklich."
"Aber was wollten die denn nun mit der seltsamen Röhre?"
Joro dämmerte etwas.
"Kann ich sie noch einmal sehen?"
Vierna nahm die Rolle unter ihrem Umhang hervor und reichte sie ihm.
Der Priester schloß die Augen, konzentrierte sich und wandte sich an die Stimme in seinem Kopf.
'Hilf’ mir, zu erkennen, Celestus!'
Und er erkannte.
Er warf die Röhre zu Boden, holte mit beiden Händen zum Schlag aus und schmetterte seinen Hammer auf das Behältnis.
Eine gewaltige Explosion warf ihn nach hinten und ließ ihn in einen Marktstand krachen, während eine geballte Menge magischer Energie frei wurde.
Über den verkohlten Überresten des Rohrs manifestierte sich ein wage humanoider Schatten, der sich schnell umsah und dann verschwand.
Dinin fegte wie ein schwarzer Blitz am immernoch verdutzt auf dem Hintern sitzenden Joro vorbei und seine Dolche beschrieben zwei violette Lichtkreise in der Luft. Es gab ein lautes Zischen, offensichtlich hatte er etwas getroffen. Der Schemen wurde wieder sichtbar, teilte sich in der Mitte und fiel zu einem Haufen glitzernden Staubes zusammen.
Dinin stand da und atmete sichtlich erleichtert aus.
"Verdammt, Joro! Das nächste Mal sag’ uns doch bitte vorher, was du vor hast!"
Vierna sah den Priester, der sich wieder aufrappelte, entgeistert an.
"Woher wußtest du das?"
"Was, daß der Container eine Falle war?"
"Nein, daß Orks statt Gehirnen Klumpen aus Hasenkötteln haben. Natürlich!"
"Ich...ich hatte so ein Gefühl, daß damit was nicht in Ordnung sein kann. Hat sich ja auch bestätigt, oder nicht?"
Dinin keuchte, immernoch aufgeregt.
"Zu unserer aller Wohl und Gesundheit, Joro: In Zukunft wirst du bitte, um Nerven und Kraft zu sparen, deine Gefühle rechtzeitig und ausführlich mit uns teilen. Bitte!"
Nalfein sah sich um.
"Wo ist dieser Abschaum von einem 'Händler'?"
Die Frage erübrigte sich. Der Mann hatte sich aus dem Staub gemacht.
Vierna zuckte mit den Schultern.
"Das sollte nun nicht unser Problem sein, laßt uns unsere Einkäufe nehmen und von hier fort gehen. Das war genug Aufsehen und Streß für einen Tag, wenn ihr mich fragt."
Die anderen drei stimmten ihr zu, also packten sie ihre Einkäufe und machten sich, durch die Reihen der immernoch staunenden Leute, auf den Rückweg zur Enklave.
 

© Matthias Wruck
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Und schon geht es hier weiter zum 13. Kapitel...

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