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Íja Macár
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zum zweitbesten Íja Macár-Kapitel 2001 im Drachental gewählt!

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 vorheriges Kapitel:

 Familienbande / K3 (Moon)
 

Aufbruch
K16
 von: Sylvia

Obwohl es ihn danach drängte, wandte Zarit sich nicht ein einziges Mal mehr nach seiner Familie und seinem Zuhause um. Mit verzweifelter Entschlossenheit zwang er sich, den Blick unbeirrt nach vorne zu richten auf den schmalen, steinigen Pfad unter seinen Stiefeln - und auf den langen Weg, den er zu gehen hatte und dessen Ende er nicht kannte.
Es schmerzte ihn sehr, Aniyyée so verbittert zurückzulassen, doch ihm blieb keine andere Wahl.
Wut stieg in ihm auf – maßlose Wut auf sich selbst, weil er durch seine leichtfertigen Bemerkungen seine Familie erst in diese Lage gebracht hatte. Was war nur in ihn gefahren, als er den Dorfbewohnern von diesen seltsamen Lichtern im Norden der Insel berichtet hatte? Er hätte wissen müssen, wie sie reagieren würden - schließlich lebte er schon lange genug hier. 

Zarits Schritte wurden härter, ausgreifender. Und die Wut in seinem Inneren verwandelte sich in blanken Zorn, als er an den Spott der Dorfbewohner dachte, den Aniyyée hatte erdulden müssen. Die verächtlichen Worte und das höhnische Gelächter der Menschen hörte er noch immer deutlich in seinen Ohren. 
Ihm machte es nichts aus - schon lange nicht mehr. Mit der Zeit hatte er sich daran gewöhnt, daß sie ihn einen "Spinner" oder den "verrückten Schafhirt" nannten, es bedeutete ihm nichts. Aber seine Familie bedeutete ihm etwas, und schon allein aus diesem Grund mußte er nach Norden ziehen - um den Dingen auf den Grund zu gehen. Und um zu beweisen, daß er nicht gelogen hatte.
All das trieb ihn unaufhaltsam durch die Dunkelheit voran, und er setzte seinen Weg entlang der Küste fort, obwohl er nicht wußte, was ihn an seinem Ziel erwarten würde.

Die ganze Nacht über wanderte Zarit ohne Unterbrechung, und die Sonne stand bereits hoch am Himmel, als er endlich den Wald durchquert hatte und seine Schritte ein wenig verlangsamte. Die Gegend war ihm bekannt, obwohl er mit seiner Schafherde selten so weit nach Norden zog. Für ihn lohnte es sich kaum, hier herauf zu kommen, denn das Weideland unten im Süden der Insel war wesentlich besser und das Gras reichlicher. 
Hier oben im Norden der Insel wurde die Landschaft karg, die üppigen Wiesen und Wälder verwandelten sich allmählich in eine dürre, von niedrigem Gestrüpp überwucherte Hochebene. 
Hier und da ragten windzerzauste Büschel braunen, ausgedörrten Grases zwischen einzelnen Felsbrocken hervor und nur noch wenige verkrüppelte Bäume säumten den Pfad, der inzwischen kaum noch zu erkennen war.
Seit dem Morgen zog sich der Weg langsam aber stetig bergauf. Eine Weile nachdem Zarit den Wald verlassen und die staubige Ebene überquert hatte, fiel das Land vor ihm steil zum Meer hin ab und verengte sich zu einer schmalen, felsigen Landzunge, die die Südhälfte der Insel mit der Nordhälfte verband. Von oben betrachtet sah dieser Damm wie das endlose, steinerne Rückgrat eines riesenhaften Fisches aus, der sich behäbig durch das Meer schlängelte. 

Zarit hielt einen Augenblick inne, nahm seinen Rucksack ab und ließ sich im Schatten eines Felsens nieder, um sich eine Pause zu gönnen. Die Luft war drückend und heiß, und obwohl es noch nicht einmal Mittag war, brannte die Sonne schon unbarmherzig herab. Seinen wollenen Umhang streifte er ab und rollte ihn sorgfältig zusammen. 
Er aß ein Stück Schafskäse und trockenes Fladenbrot, das ihm Aniyyée eingepackt hatte, und versuchte dabei, nicht an ihre dunklen Augen zu denken, die ihn so vorwurfsvoll angesehen hatten. 
Während er noch einen Schluck aus seinem Wasserschlauch nahm und den salzigen Wind, der vom Meer herüber wehte, auf seinem verschwitzten Gesicht genoß, wanderten seine Gedanken jedoch schon voraus nach Norden, in das unbekannte Gebiet, das vor ihm lag. 
Schon oft war er hier oben auf dieser kahlen Fläche gestanden und hatte versucht, einen Blick auf die andere Seite der Insel zu erhaschen. Aber selbst bei klarem Wetter konnte man das andere Ende der Landzunge nicht erkennen. Ein immerwährender, undurchdringlicher Dunstschleier schien das, was sich dort befand, vor allzu neugierigen Augen beinahe magisch abzuschirmen. 
Nur in sternklaren Nächten konnte man jenseits des Dammes diese geheimnisvollen Lichter erkennen. Und genau von diesem Platz aus hatte er sie auch zum ersten Mal gesehen.

Weiter als bis zu dieser Stelle, an der er jetzt stand, hatte sich Zarit jedoch noch nie gewagt, obwohl eine kaum zu bezähmende Neugier ihn immer wieder hierher zurückkehren ließ. Und auch jetzt konnte er den Blick nicht abwenden.
Was befand sich dort auf der Nordhälfte der Insel? Was?
Zarit wußte es nicht. Niemand schien es zu wissen. 
Bis auf ein paar vage Gerüchte, die gelegentlich in der Dorftaverne laut wurden, hatte er nie etwas Konkretes über die Gegend oben im Norden erfahren. Auch nicht über Cornab, den Magier, der dort sein Unwesen getrieben hatte. Die Bewohner von Áma machten einen großen Bogen um das ganze Gebiet und schienen peinlich genau darauf zu achten, nicht einmal in die Nähe des Dammes zu kommen, der die beiden Hälften der Insel verband. 
Über all die Dinge, die dort vor Jahren passiert waren, schwiegen sie sich beharrlich aus. Je mehr Zarit fragte und nachbohrte, um so verschlossener wurden ihre Gesichter. Niemand im Dorf war bereit, darüber zu reden - so als hätten sie Angst, mit ihren Worten dunkle, lange vergessene Ereignisse wieder heraufzubeschwören. Fast war es, als hätte Cornab nie existiert.

Der Blick des Schafhirten ruhte nachdenklich auf der schmalen Landzunge, deren Ende irgendwo weit draußen im Dunst verschwand. 
Sie war so breit, daß bequem zwei Fuhrwerke aneinander vorbei gepaßt hätten und ragte ein paar Fuß hoch aus dem Meer. Der Boden war felsig und an einigen Stellen, die gelegentlich von den Wellen überspült wurden, glitschig und von grünschimmernden Algen bedeckt. 
Seevögel tauchten ab und zu kreischend aus den blassen Nebelfetzen auf, drehten ihre Runden über dem bleigrauen Wasser und verschwanden wieder. Nichts Ungewöhnliches also.
Eigentlich sah die Gegend überhaupt nicht gefährlich aus - eine ganz normale, harmlose Küste.

Und doch machte sich ein ungutes Gefühl in Zarit breit, als er dort hinunter sah.
Irgend etwas lauerte hinter diesen Nebelschwaden, kaum greifbar, kaum wahrnehmbar - doch er spürte es so deutlich, daß es ihm einen Augenblick lang die Kehle zuzuschnüren drohte.
Er würde herausfinden, was dort vor sich ging. Er mußte es einfach herausfinden.
 


...und so setzt sich das Abenteuer fort:
Schmales Land -K17 (Sylvia)

... wenn Ihr aber noch weitere Fortsetzungen kennt, dann mailt mir diese bitte!
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