Magische
Welt
Íja Macár
So fing alles an auf Ija Macar...Prolog Zur Übersicht... was bisher geschah.Übersicht Die Karte von Ija MacarKarte Die Spielregeln... für alle, die es ganz genau wissen wollen.Spielregeln zur drachental-EMail (für allgemeine Fragen, Anregungen etc.)EMail für allgemeines

EMail (nur) für neue Kapitel (Subject bitte nicht ändern!)EMail für neue Kapitel


 
 vorheriges Kapitel:

 Vom Regen in die Traufe / K5 (Zauberfee)
 

Liákes Spielzug
K35
 von: Andreas Rabenstein

Seit etwa drei Tagen irrte Graham durch diese völlig fremde und dazu zu allem Überfluß ganz und gar nicht urbane Wildnis. Anfangs hegte er die wage Hoffnung vielleicht doch zu viel getrunken zu haben und sich in einer Art Rauschzustand zu befinden, der verhinderte, daß er den Stadtpark verließ. Nach der ersten Nacht im Freien glaubte er jedoch selbst nicht mehr so recht an diese Erklärung, da er sich eigentlich stocknüchtern fühlte und alles sehr klar wahrnahm. Es fühlte sich außerdem alles sehr echt und gegenständlich an. Die Wurzeln über die er stolperte, die dornigen Ranken, die seine Kleidung zerschlissen, das klare Wasser, das er aus hiesigen Bächen trank. An sich eigentlich ein Einzelgänger wurde ihm diese Wildnis zunehmend unheimlich, da er nicht die kleinste Spur eines menschlichen Wesens erspähen konnte, kein Haus, keine Straße, keine Telefonzelle.  Eine weggeworfene Getränkedose hätte wahrscheinlich schon Tränen der Erleichterung in seine Augen steigen lassen. Am zweiten Tag hatte Graham sich zurechtgelegt, daß er Opfer eines geheimen Forschungsprojektes geworden war. Er stellte sich vor, dies hier nicht wirklich zu erleben, sondern nur in seinem Kopf. Sein Körper läge verdrahtet und voller Schläuche in einer Nährlösung, von Geheimdienst-Wissenschaftlern überwacht. Die Frage war nur, warum sie ihn durch diese öde Bergwelt stapfen ließen, anstatt ihn durch Science Fiction-Cyber-Abenteuer zu schicken, um seine Reflexe oder sonst irgend etwas zu testen. An ein Computer-Fantasy-Rollenspiel erinnerte schon eher, wie er zu seiner Nahrung kam. Immer wenn er Hunger verspürte, stieß er recht bald auf etwas Essbares. Oft waren es Beeren oder Nüsse, auch mal schmackhafte Pilze, die er ohne Gedanken an eine Vergiftung verspeiste. Manchmal war die Ignoranz eines technologiegläubigen  Großstädters von Vorteil. Einmal fand Graham an einem Baum, der wohl von einem Blitz entzündet worden war, die Reste eines etwa hühnergroßen Vogels. Das Vieh war anscheinend vom Feuer getötet worden und verbrannt, jedoch gerade so stark, daß das Fleisch unter einer dünnen Kruste gut durchgebacken war. Der köstliche Geruch des gebackenen Fleisches wischte einen leichten Ekel und Zweifel an der Genießbarkeit des Kadavers - und das war er bei genauerer Betrachtung ja - sehr schnell beiseite. Das Geflügel schmeckte köstlich und bekam Graham hervorragend. 

In einem war Graham sich absolut sicher, daß er nämlich keinerlei Ahnung hatte, wo und wann er sich befand. Nachdem auch die zweite Nacht verstrichen war, resignierte Graham. Vielleicht war er ja einfach wahnsinnig geworden, eine beunruhigende, aber plausible Erklärung. Auf den ersten Blick jedenfalls. Eher ungewöhnlich für diesen Zustand war jedoch, daß man sich Gedanken darüber machen und ihn mit klarem Verstand überdenken konnte. Jeder vernünftigen Erklärung entzog sich für Graham, daß bestimmte Gegenstände, die er bei sich trug, innerhalb von zwei Tagen praktisch zu Staub zerbröselten, darunter sein Feuerzeug, seine Kreditkarten, seine Schlüssel und zu allem Überfluß die Reißverschlüsse seiner Jacke und seiner Jeans. Kurz, bevor Graham wirklich wahnsinnig wurde, entdeckte er diese kleine Hütte in der Mitte eines Kreises uralter Bäume.

***

Wovon Graham nichts wußte, war, daß er nicht wirklich umherirrte. Es kam ihm natürlich so vor, da es keinerlei bekannte Merkmale in diese Landschaft gab, an denen er sich orientieren konnte, schon gar nicht als Mensch, der praktisch sein ganzes Leben in einer Großstadt des ausgehenden zwanzigsten Jahrhunderts auf der Erde verbracht hatte. Hätte man Grahams Weg durch die Berge im Osten Conogals auf einer  Karte verzeichnet, wäre man zu der erstaunlichen Erkenntnis gelangt, daß der junge Mann nahezu geradlinig nach Nordwesten strebte. Tatsächlich wurde Grahams Weg sogar verzeichnet, nicht auf einer Landkarte, sondern vielmehr auf einem imaginären Spielbrett. An diesem Spielbrett standen zwei Götter. Sie waren es auch, die dafür sorgten, daß ihre neue Spielfigur immer etwas zum Essen oder einen klaren Bach frischen Wassers fand, wenn dies vonnöten schien. Sie hielten auch unangenehme Zeitgenossen und Wesen von ihm fern; eine kleine Horde sehr weit nach Westen vorgedrungener Chrúms, denen Graham unweigerlich in die Fänge gelaufen wäre, verschwanden zum Beispiel in einem Erdrutsch. Die beiden Götter waren sich sicher, daß solcherlei kleine Manipulationen niemandem auffallen würden. Außerdem schummelten alle ein wenig. Dieses Privileg sollte einem Gott doch zustehen. 

Liáke hatte Tóth etwas von dem verraten, was er mit seinem neuen Spielzeug zu tun gedachte. Es hatte das Interesse des Svalten geweckt und er beschloß, Liáke ein wenig zuzusehen, woran der Kudtré offenbar nichts auszusetzen hatte. In dieser Sache gab es für die beiden keinerlei Reibungspunkte. Tóth hegte zudem die Hoffnung, vielleicht doch aus diesem neuen Zug des Gottes der Feuer und Vulkane provitieren zu können. Zumindest der Unterhaltungswert dürfte hoch sein. 

"Was bringt dich dazu, den Mullsróm-Menschen gerade mit dem Kräuterkocher zusammenzuführen?" fragte Tóth, mit einer Hand versonnen durch seinen perfekt gestutzten Bart streichend, sein Gegenüber. Liáke sah auf, zog eine Augenbraue hoch und sagte in einem leicht belustigten Verschwörerton: 

"Du wirst schon sehen! Der Druide hat einige interessante Eigenschaften, die man nur durch aufmerksame Beobachtung ausmachen kann. Das macht ihn zu einem vielseitig einsetzbaren und schnell unterschätzten Spielstein."

Tóth hatte zwar nicht ganz verstanden, was ihm Liáke damit sagen wollte, nickte aber dennoch verständig, um sich ja nicht die Blöße zu geben. Er würde einfach weiter beobachten. Ein paar Feuerkobolde brachten Wein und Leckereien.

***

Die Geister hatte es Armáran bereits in seinen Träumen angekündigt; es würde jemand kommen, ein Fremder aus einer anderen Welt. Er würde weder die Sprachen Conogals noch die der angrenzenden Länder sprechen. Der Druide wußte zunächst nicht, was er von diesen Träumen zu halten hatte, oft, eigentlich sogar in den meisten Fällen, zeigten sie die Wahrheit, jedoch meist in einer verwirrend verschlüsselten Form, so daß Armáran  sie häufig erst begriff, wenn alles vorbei war. Zugleich stand der Druide stark unter Druck, da Wargrov die Frist zur Lieferung des Elixiers verkürzt hatte. Er wußte, daß Éroch seiner Wut freien Lauf lassen würde, wenn er die Lieferungen nicht rechtzeitig  fertigstellen könnte. Diese Wut würde nicht Armáran treffen; davor hätte er nicht so große Angst. Nein, Armárans Tochter, die Éroch als Faustpfand auf seiner Burg festhielt , würde leiden. Der Druide würde alles tun, Leid von ihr fernzuhalten, und das wußte der Graf. Seit mehreren Monden befand Kani sich schon in der Gewalt Érochs auf Schloß Wabe und Armáran hatte nur Wargrovs Wort, daß es ihr gut ergehe, ...solange der Druide sich den Forderungen des Grafen beugte. 

Armáran verließ gerade seine Hütte, um in den naheliegenden Wäldern nach Kräutern und anderen Ingredienzen zu suchen, die er für die Herstellung des Elixiers benötigte, da erblickte er die seltsame Erscheinung. Es war ein Mensch zweifelsohne, doch seine Kleidung war seltsam, schmutzig und zerschlissen zudem. Der Mann kam winkend auf ihn zugelaufen, gleichzeitig lachend und unverständliches Zeug vor sich hin brabbelnd. Trotz seines ungewöhnlichen Äußeren und, obwohl er direkt  auf Armáran zulief, empfand der Druide den Fremden nicht als bedrohlich. Der blieb vor Armáran stehen, gestikulierte überschwenglich mit seinen Armen und überschwemmte den Druide mit einem für diesen völlig unverständlichen Wortschwall. Sein Gesicht spiegelte Freude und Erleichterung wider. 

In diesem Augenblicke signalisierten  die Geister dem Druiden, daß er diesem Mann helfen solle. Eine Lerche stieg über dem Kreis der heiligen Bäume auf, die sein Haus umgaben, und ihr Lied schwemmte Hoffnung in sein Herz. Ein Lächeln glättete sein von Sorgenfalten durchzogenes Gesicht. Er reichte dem Fremden die Hand. 

***

Tóth war erstaunt, wachsende Verwirrung im Gesicht seines Gegenüber zu entdecken.

"Was ist?", fragte der Gott der Stürme. "Es lief doch genauso, wie du es vorgesehen hattest."

Liáke nickte. Grübelnd zog er seine Augenbrauen zusammen, während er nervös an seinem Finger herumknabberte. Nach einer kurzen Pause sagte er sinnierend:

"Ja, es sieht so aus, als sei alles richtig . Aber - es ging zu glatt. So, als habe jemand anderes ebenfalls Fäden gezogen." Er blickte Tóth in die Augen, der ob des Eingeständnisses Liákes, die gerade ablaufende Situation nicht vollständig zu kontrollieren, erstaunt die Augenbrauen hochzog. Noch mehr verwunderte den Gott der Stürme, daß der Herr der Vulkane plötzlich auflachte und - belustigt zu sein schien. Mit funkelnden Augen rief Liáke aus:

"Ha! Ohne einen Gegner ist ein Spiel langweilig!"
 


... und so setzt sich das Abenteuer fort:
Die Tränen der Elben -K42 (Andreas Rabenstein)
 

... wenn Ihr aber noch weitere Fortsetzungen kennt, dann mailt mir diese bitte!
.