Magische
Welt Íja Macár |
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vorheriges Kapitel:
Feuer! Feuer! / A01 (Moordrache)
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von: Uriel
Sakarhim
(Zur EMail-Adresse bitte Hinweis am Ende des Kapitels beachten!) |
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Das Haus am Ende der Gasse verteilte sich gleichmäßig und in ziemlich großen Stücken, davon einige der tödlicheren Fryijo um nicht viel mehr als haaresbreite verfehlend, in die Umgebung. Fenster brachen, wo nicht vom Druck, da weil ein Trümmerstück sie durchschlug, Staub wirbelte, Krater wurden in die Straße geschlagen und erst, nachdem er dies mitangesehen hatte, wurde Fryijo selbst von einem faustgroßen Mauerstück in die Magengegend getroffen und zu Boden geworfen. Zu seinem Glück, denn als er die Augen wieder öffnete, überquerte ihn gerade ein Schwarm schwerer Eisenkugeln, mit Ketten daran. Dies alles geschah im Bruchteil eines Herzschlages. Als der Staub sich zur Stille gesellte, pfiff es Fryijo noch immer in den Ohren, ein hoher, beinahe schmerzhaft stechender Ton. Ein hysterisches Lachen erhob sich über den Platz. Auch Stolz und Zufriedenheit waren darin. Hatte irgendein Überlebender in der Nähe den Verstand verloren? Der Alte, der ihn hergeholt hatte, vielleicht? Aber nein, das Lachen kam von da, wo nun kein Haus mehr war. Aus dem Krater. Als er sich unter Protest seines misshandelten Magens erhob und sich vorsichtig dem Lachen näherte, erkannte Fryijo, dass das Gebäude unterkellert gewesen war. Die unterirdischen Räume waren wie durch ein Wunder unversehrt geblieben. Das Lachen dauerte an, vermischte sich jedoch allmählich mit Husten. Als Fryijo sich von oben in den Kellern umsah, lähmte ihn Entsetzen. Obwohl durch die Explosion kein Schaden angerichtet worden war, war von den - er schätze fünfzig - menschlichen Gestalten da unten nur noch eine am Leben, der irre Lacher. Er stand genau unter Fryijo und starrte vergnügt nach oben. Die anderen lagen merkwürdig verrenkt und zumeist in sich immer noch ausbreitenden Blutlachen auf dem Boden, zu weit weg, als dass er hätte ihre Gesichter erkennen können. Dort hätte Fryijo die Panik vor der Hölle erkannt. "Was ist nun? Willst du mir nicht nach oben helfen, Herr Retter?" Zu perplex um zu überlegen, holte Fryijo sein Tau für den Notfall aus der großen Tasche - bei stürmischer See hatte es ihm bereits mehrfach den Hals gerettet - und ließ es herab. Als er den Fremden hochzog, bemerkte er, dass dieser viel zu leicht für einen Erwachsenen war. Dann standen sie voreinander. Das auffälligste an seinem Gegenüber war wohl dessen blanke Existenz. Er war gut eineinhalb Köpfe größer, als die meisten Menschen, die Fryijo bisher begegnet waren, hatte ein schmales Gesicht, dessen hohe Stirn leicht gerötet war, und Augen, die in ihrer grau-grünen Bläue eine eigenartige geistige Klarheit verrieten. Seine Kleidung bestand aus schwarzem, mit Silberfiligranen verziertem Leder, doch trotz der Hitze stand ihm nicht der Schweiß auf der Stirn. Wieder war es der Fremde, der das Wort ergriff. "Was starrst du mich an wie ein Schweinehirt einen Araberhengst? Hat der alte Wächter mir einen Stummen als Retter ausgesucht, oder einen Idioten?" Ob dieser lässigen Reden trotz der soeben hereingebrochenen Verheerung sammelte sich bei Fryijo genug Entrüstung, um antworten zu können. "Weder bin ich blöde noch stumm, aber, bei aller Höflichkeit, scheint Eure geistige Gesundheit fraglich zu sein. Seht Ihr nicht die Zerstörung ringsum, über die Ihr gelacht habt? Wer seid Ihr überhaupt? - Und was ist bitte ein Araberhengst?" Beschwichtigend hob der Mann in Schwarz die Hände - auch sie steckten in schwarzen Lederhandschuhen, auf denen die Finger als Knochen mit Silber nachgezeichnet waren. "Viel ist es, was du wissen willst. Es ist schwer begreiflich zu machen, wer ... was ich bin. Nenn mich Eryk. Oder Loki. Oder Mithatan. Oder denk dir einen Namen für mich aus, ich habe so viele, dass es auf einen mehr oder weniger nicht ankommt. Willst du mich verurteilen, dass ich lache, wenn ich sehe, dass ich meine Künste noch beherrsche?" Er lachte noch einmal triumphierend auf. "Wie lange musste ich schweigen? Ich weiß es selbst nicht mehr, solange sperrten sie mich in Finsternis und Schweigen. Aber einer von ihnen hat einen Fehler gemacht et voílà - da bin ich wieder. Der Alte hatte mir jeden Tag die Ration gebracht, die ich mühsam mit Spucke aufweichen musste, um sie zu mir nehmen zu können, weil sie mir einen Maulkorb verpasst haben. Weiß der Geier, warum, aber heute hatte er Mitleid und nahm mir das verdammte Ding ab. Meine Stimme ist es nämlich, meine Sprache, die mich dahin gebracht hat. Und da hinaus, wie du siehst." Mit einer großen Geste ergriff der Namenlose Fryijo so, dass er sich nicht bewegen konnte, als der andere sich zu seinem Ohr neigte und flüsterte: "Worte sind Macht, ... Fryijo. So heißt du doch!" Fryijo staunte ungläubig. "Woher...?" "Nein, ich habe ihn nicht speziell nach DIR geschickt. Ich brauchte bloß jemanden, der in der Lage war, mich aus diesem Kellerloch herauszuholen. Und die Wahl des Alten war ja nicht schlecht. Aber um auf deine Frage zurückzukommen: Vor dem Reden steht das Zuhören, das Hineinhören in sich selbst und in die anderen. Wie herrlich ist mir doch, zu sehen, dass ich nichts verlernt habe. Selbst die Explosion war ein voller Erfolg" Beinahe mit dem Stolz eines Kindes, das den Eltern ein selbstgemaltes Bild präsentiert, schaute der Namenlose sich auf dem Trümmerplatz um. Fryijo platzte fast vor Wut. "Wie könnt Ihr so kaltherzig sein? Ihr habt Menschen getötet, die Euch nichts getan haben, die gar nichts von Euch wussten!" Ein Haus im Umkreis stürzte ächzend in sich ein. Der in Schwarz seufzte. "C’est la vie, mein kleiner Retter..." "Was heißt das?" Jetzt erinnerte Fryijo sich auch wieder an die vorherige Erwähnung eines Araberhengstes. "Woher kommt Ihr, dass Ihr Euch solch merkwürdiger Worte bedient?" "Bedauerliche Angewohnheiten... Ich vergesse immer wieder, dass ich nicht zu hause bin. Obwohl ich auch dort nirgends wirklich zu hause gewesen bin..." Melancholisch starrte der Fremde an Fryijo vorbei in eine unbestimmte Unendlichkeit, die irgendwo, weit weit hinter den Häuserfassaden begann und endete. Fryijo wusste immer weniger, was er von diesem - ja, war es denn ein Mensch? - halten sollte. Er schien ein eiskalter Mörder zu sein, aber der ein wenig empathisch veranlagte Fryijo spürte auch eine tiefe Traurigkeit heraus. "Aber so ist das Leben. Ich habe nicht darum gebeten, hierher zu kommen, jetzt müssen wir miteinander klarkommen, Íja Macár und ich..." Nach einer kleine Weile nachdenklichen Schweigens, die Fryijo nicht zu unterbrechen wagte, sprach er leise Worte, die klangen, wie aus einem fremden Gedicht: Macht über Puppen Zu viel der Kraft Zu wenig Nutzen Keine Freude an Macht Flucht in die Nacht ... Also gut. Der Fremde war wirr im
Kopf. Wie sein Haupthaar, das wild nach allen Seiten abstand. Fryijo spürte
einen Kloß im Hals. Wenn der andere wieder einen Ausraster wie vorhin
bekam, als er das Haus in die Luft gejagt hatte... Na dann gute Nacht!
Er versuchte sich rückwärts davonzuschleichen. Er war gerade
weit genug, dass er sich umdrehen und schnurstracks davonlaufen wollte,
als der Namenlose sich umdrehte und Fryijo so fest ansah, dass dieser sich
nicht mehr bewegen konnte. Eine Ausrede...
Katastrophe. Diesen merkwürdigen Was-Auch-Immer konnte Fryijo unmöglich mit zu seinem Onkel nehmen, geschweige denn mit zurück nach Dráau. Die Dorfbewohner hatten von jeher eine gesunde Abneigung gegen solch abenteuerliche Gestalten gepflegt und waren dabei sehr gut gefahren. Wenn er jetzt so einen mit anschleppte, der noch nicht einmal bei Verstand war, aber mitunter ausdauernd brutal... Doch verborgen in seinem tiefsten
Innere begann - ohne dass Fryijo es auch nur ahnte - der Widerstand des
Dörflers gegen das Abenteuer zu bröckeln, abzufallen und in Staub
zu zergehen...
© Uriel
Sakarhim
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... und so setzt sich das Abenteuer fort: Hochzeitsglückwünsche und Fersengeld -K107 (Uriel Sakarhim) ... wenn Ihr aber noch weitere Fortsetzungen kennt, dann
mailt
mir diese bitte!
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