Magische
Welt
Íja Macár
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 Die Rettung? / K73 (Freddy)
 

Bange machen gilt nicht!
K84
 von: Elfenfeuer

Torsi blieb nicht viel Zeit all den drängenden Fragen weiter nachzugehen. Ein unnachgiebiges Zerren in ihrem Inneren ermahnte sie, nicht zuviel Zeit auf triviale Fragen zu verschwenden. Das Ding tief in ihren Eingeweiden, der Drang zu reißen und zu töten, war nur unterschwellig verschwunden. Torsi war zwar nur ein junges, unerfahrenes Koboldmädchen, aber die magischen Befähigungen ihrer Rasse verliehen ihr die Intuition, ja eine unheimliche Gewissheit, dass dieses Biest, das vor wenigen Minuten Besitz von ihr ergriffen hatte, wieder an die Oberfläche drängen würde. Torsi erkannte, dass die Zeit mit einem Mal ihr größter Feind geworden war. Nicht die bösen Magier der Menschen, vor denen die Koboldmärchen immer gewarnt hatten. Auch nicht Elben, Riesen, Zwerge oder andere Geschöpfe Íja Macárs. Nein, die Zeit bestimmte nun ihr weiteres Schicksal. Unerbittlich, unbezwingbar und unvermeidlich.

Torsi schluchzte auf. Für einen Moment vergaß sie alle Bücher, alle Plattenpanzer, alle Probleme, und setzte sich auf die Überreste eines zerschmolzenen Kamins und weinte bittere Tränen. Wo waren ihre Eltern, die sie liebten? Wo war ihre kleine Sippe, in der sie in Sicherheit war? Wo waren all die anderen Koboldkinder, die jeden Tag damit verbrachten neue Tricks zu lernen, damit sie beim nächsten Feuerruf besser gewappnet waren, den Flammentanz zu zelebrieren? Sie erinnerte sich, wie Qualka, eine alte, weise Kodoldfrau, ihnen immer wieder eingeprägt hat: "Kinder, zögert nicht, wenn das Feuer euch ruft. Verschwendet nicht euren Atem, eure Kraft und eure Gedanken auf das, was sein könnte. Das Feuer ist sein eigener Herr, also versucht nicht es zu kontrollieren. Reitet stattdessen auf seinen Schwingen und gebt euch ganz seiner Kraft hin. Versucht nicht zu verändern, was ihr nicht beherrschen könnt. Werdet sein Freund, und liebt es wie eure Familie, dann wird es euch reich beschenken!" Torsi hatte immer mit weit aufgerissenen Augen den Ausführungen der alten Qualka gelauscht. Zögere nicht! Verschwende keine Zeit! Mach dir den Augenblick zu Nutzen!

Entschlossen richtete Torsi sich wieder auf und ballte ihre zierlichen Hände zu kleinen Fäusten. Sie war zwar nur ein kleines Koboldmädchen, aber jetzt sollten die da draußen sie einmal kennen lernen! Was immer der schreckliche Zauberer mit ihr angestellt hatte, sie würde nicht zulassen, dass es die Oberhand erringen würde. Sie wollte ein Kobold bleiben. Sie wollte Torsi bleiben!

Wieder blickte sie sich in dem zerstörten Haus um. Das Buch war bislang ihr einziger Hinweis gewesen. Doch öffnen konnte sie es leider nicht. Sie musste nach ihrer Sippe suchen. Ihre Leute würden schon wissen, wie sie ihr helfen konnten. Das würde aber nicht einfach werden. Die Märchenbücher berichteten von allen möglichen Schrecken, die in der Welt der großen Völker auf einen Kobold warteten. Magier hatte sie schon kennen gelernt. Elben, Zwerge und Riesen würden auch nicht besser sein. Doch dann gab es noch Dämonen und andere Schreckensgestalten, die ein kleines Koboldmädchen einfach nur so zum Spaß verspeisen würden. Torsi musste schlau sein. Und furchtbar schnell erwachsen werden. Mama und Papa hatten immer davon gesprochen, dass sie viel lernen musste, bis sie eines Tages eine erwachsene Koboldfrau war. Dazu hatte sie jetzt keine Zeit mehr.

Also, was war in den Märchenbüchern immer geschrieben gewesen? Es gab keine Fallusis, so nannte man die Gärtner der Kobolde, die dafür sorgten, dass im Dorf immer genug zum Essen und zum Trinken da war. Also musste Torsi selber für Nahrung sorgen, wenn sie überleben wollte. Nahrung, die nicht die Gier des Dinges in ihr weckte. Außerdem gab es keine Armanis, die Röcke, Hosen und Gewänder für alle Kobolde webten, und Torsi brauchte dringend neue Kleider. Und schließlich gab es keine Pixies, die Suchenden, die als Späher in der Welt der großen Völker unterwegs waren, um geheime Pfade zu erkunden, die einen Kobold sicher zur Quelle eines Feuerrufes bringen würden. Das erschien Torsi das größte Problem. Nur einmal war sie über die Grenzen des kleinen Kobolddorfes hinaus gekommen. Damals hatten ihre Eltern sie mitgenommen, als der Feuerruf eines nahen Buschbrandes die Kobolde des Dorfes erreicht hatte. Schon das war ein großes Abenteuer gewesen. Und nun befand sie sich ganz alleine, die Götter mögen wissen wo, in den Trümmern eines Magierturms. Wie war das noch einmal? Mach dir den Augenblick zu Nutzen! Bah, Erwachsene konnten immer so einfach reden...

Torsi nahm ihre Suche wieder auf. Dieses Mal etwas methodischer. Was konnte ihr in naher Zukunft nützlich sein? Die Explosion am Ende der Beschwörung hatte nicht viel übrig gelassen. Immerhin fand das Koboldmädchen in einer Ecke eine Truhe, die unversehrt geblieben war. In ihr waren die Kleidungsstücke eines Menschenmagiers. Was waren das für feine Stoffe? So etwas hatte sie noch nie im Kobolddorf gesehen. Ein violettes Hemd war aus einem hauchzarten Material, das sich wie die Flügel eines Schmetterlings in ihrer kleinen Hand anfühlte. Eine dunkelgrüne Hose war aus einem dichten, ganz weichen Stoff, der sich wundervoll flauschig anfühlte. Herrlich, wenn sie nur mehr Zeit gehabt hätte. Zudem waren alle Kleidungsstücke zu groß für sie, aber immerhin ein Anfang. Dann fiel ihr Blick auf die Leiche der Frau. In ihrem Gürtel steckte ein Messer! Scharf schien es auch noch zu sein. Klasse! Es war für Torsi zwar so groß wie ein Zweihänder, aber das Mädchen war immer schon eine geschickte Bastlerin gewesen und so schneiderte sie sich einige der schönsten Stücke auf ihre Größe zu. Voilà! Nicht perfekt, aber ausreichend. So konnte es ruhig weitergehen.

Als nächstes nahm sie der toten Frau den Gürtel ab. Mit dem Messer sägte sie genug ab, dass der Gürtel nun angenehm um ihre winzige Hüfte lag. Dann nahm sie das Säckchen, das ebenfalls am Gürtel gewesen war. Als sie es öffnete, kullerten mehrere metallische runde Scheiben heraus, die fast so groß waren, wie Torsis Hand. Was immer das auch war, einige von ihnen glänzten golden, und Torsi beschloss die größte von ihnen zu behalten, ebenso wie das Säckchen, das sie als Schultertasche verwenden konnte. Torsi wurde immer zuversichtlicher, auch wenn sie einige Gewissensbisse hatte, dass sie die tote Frau, die ihr ja eigentlich nichts angetan hatte, beraubte. So ging man nicht mit denjenigen um, deren Geist den Körper für immer verlassen hatte. Götter, verzeiht mir!

Jetzt brauchte Torsi nur noch Lebensmittel für ihren weiteren Weg. Kobolde sind genügsam. Sie zehren mehr von der Magie des Feuers, als von irdischen Gaben, doch ein Koboldmädchen wie Torsi, das selber noch nie wirklich den Flammentanz getanzt hatte, war auf Nahrung aus Vanschóes Reich angewiesen. Immerhin wollte sie ja auch noch ein wenig wachsen, damit sie eines Tages so groß wie Papa war. Der ging einem kleinen Menschen immerhin fast bis zum Gürtel! Beim Gedanken an ihren Vater kullerte eine einsame Träne über ihre Wange. Bange machen gilt nicht! Torsi seufze noch einmal auf und entschied sich, mal draußen nachzusehen.

* * *

Aerendíl schritt nachdenklich über die Landstraße nach Gundabad, einer belanglosen Ortschaft im Osten von Baneju. Es war ihm schon seltsam erschienen, dass Anastasya ihn nach Baneju beordert hatte. Nur noch selten suchten die Elben des Sá-Yé in diesen Tagen die großen Städte der Menschen auf. Die meisten seines Volkes hatten sich in die Wälder oder an die Gestaden des geliebten Meeres zurückgezogen, auch wenn es anderswo noch immer etliche Elben gab, die unter den Menschen lebten. Doch auch diese wandten sich immer öfters von den Ländern der Menschen und ihrem trivialen Leben ab. Die Banalität, mit der die Masse der Menschen mit den Aufgaben des Alltags umgingen, war für die Elben schon immer unverständlich gewesen - und würde es vermutlich auch immer sein. Aber wer konnte sich auch schon mit den Kindern Sinvés und Ings vergleichen, und wer verstand die unermesslichen Mysterien der Magie besser als sie? Aerendíl schüttelte betrübt den Kopf. Er mochte die Menschen im Gegensatz zu vielen seiner Brüder und Schwestern und genoss den Aufenthalt in ihrer Mitte. Sie lebten den Tag mit einer viel größeren Intensität als die Elben, und hatten seiner Meinung nach einfach nicht die Zeit, sich mit den großartigen wissenschaftlichen und magischen Fragen in einem Ausmaß zu beschäftigen, wie es den langlebigen Elben gegeben war.

Doch das war hier nicht das Problem. Viel mehr beschäftigte ihn die Frage, wieso in den drei Wochen seit seiner Ankunft in Baneju nichts Außergewöhnliches geschehen war.

Wieso also hatte seine Schwester ihn in die große Hafenstadt beordert? Anastasya tat niemals etwas ohne Grund, schon gar nicht eine Gedankensendung über viele Tagesreisen hinweg. Du musst in vier Tagen in Baneju sein, Bruderherz. Kannst Du das schaffen? Nach kurzem Zögern hatte er ihr bejahend geantwortet. Aerendíl liebte seine ehrgeizige Schwester zwar, aber er mochte dennoch nur ungern ihr Lakai sein. Aber ihrer Bitte hatte eine gewisse Dringlichkeit beigewohnt und so war er schon drei Tage später in Baneju eingetroffen. Die nächsten Tage hatte er in den Gaststätten und auf den Marktplätzen der großen Stadt verbracht. Um Unterkunft und Verpflegung brauchte er sich keine Sorgen zu machen. Aerendíl war ein begnadeter und durchaus bekannter Spielmann, der jede Gaststätte bis in den letzten Winkel füllen konnte und auch entsprechend entlohnt wurde. Nicht dass Aerendíl das Geld wirklich brauchte, aber es tat seiner Eitelkeit gut, wenn die Wirte ihr bestes Essen für ihn auftischten und das beste Zimmer für ihn richteten. Meistens brauchte er letzeres auch nicht, denn Aerendíl eroberte nicht nur seine Zuhörerschaft in Windeseile sondern auch die Herzen der schönsten und attraktivsten Maiden. Und auch das schmeichelte seinem Stolz nicht wenig - und was das weitere anging... nun, Aerendíl war auch darin nicht ganz ungeschickt.

Dennoch vergingen die Tage in Baneju quälend langsam, denn Aerendíl wartete unaufhörlich auf ein Zeichen seiner Schwester. Mit jedem weiteren Tag des Wartens wuchs seine Unruhe, und als Aerendíl am letzten Abend, auf dem Bankett des Barons Stauffensee, sich tatsächlich dabei ertappte, wie er nur ungeduldig die Tändeleien der beiden zweifelsohne hübschen Töchter des Gastgebers ertrug, hatte er erkannt, dass er dringend - wenn auch nur für einen Tag oder zwei - aus den erdrückenden Mauern der Stadt heraus musste.

Frühmorgens hatte der Elb sich reisefertig gemacht. Ganz gleich, wo und wie lange er unterwegs sein würde, Aerendíl führte immer die Mondharfe und Šoltahan, sein magisches Langschwert, mit sich, ebenso wie einen kleinen Reiserucksack, in dem er nebst der Zauberharfe, die speziell in der Nacht wundersame Kräfte entwickelte, auch immer einige hilfreiche Kräuter aufbewahrte. Der liebenswerte Wirt des Lustigen Winzers, ein rundlicher Mensch Mitte fünfzig, hatte ihm noch mitgeteilt, dass er die Suite für ihn freihalten würde, aber Aerendíl hatte sich lediglich höflich bedankt und den Zeitpunkt seiner Rückkehr offen gelassen. Wahllos hatte er an diesem Morgen eines der drei Stadttore angepeilt und die Stadt landeinwärts verlassen.

Nun fragte der Elb sich, wieso er ausgerechnet diesen öden und äußerst langweiligen Weg gewählt hatte. Aerendíl glaubte nicht an Zufälle, schon gar nicht wenn Anastasya ihre Finger mit im Spiel hatte. So ähnlich sich die beiden Zwillinge waren, so verschieden waren ihre Gemüter. Aerendíl lebte vornehmlich in den Tag hinein und genoss die Vorzüge eines sorglosen Lebens dank seiner beträchtlichen Sangeskünste und magischen Kräfte, während seine wunderschöne Schwester ambitioniert und berechnend war. So hatte sie ihre magischen Talente weitaus stärker voran getrieben, als ihr musizierender Bruder. Aerendíl wusste auch, was der Antrieb dafür war. Schon als junges Mädchen wollte Anastasya immer die Beste sein. Allerdings hatte sie unter den Elben von Sá-Yé eine gleichrangige Konkurrentin gefunden: Der Stern von Shannaya to Moonlight-Shadow, Kriegerin und Tochter des dortigen Elbenfürsten, strahlte mindestens genauso hell unter dem Elbenvolk, wie Anastasyas, Tochter von Guranhir dem Lichtfänger und Aeruandia der Weisen. Und als bekannt wurde, dass ausgerechnet er, Anastasyas geliebter Zwillingsbruder, eine Liebschaft mit der Fürstentochter hatte, war der Ehrgeiz seiner Schwester, Shannaya auszustechen, ins Unermessliche gewachsen. Die Liebschaft war intensiv aber auch sehr kurz gewesen, und Aerendíl hegte keinerlei Ambitionen mehr in bezug auf Shannaya, aber Anastasya pflegte weiterhin diese irritierende Eifersucht auf die Elbenprinzessin. Frauen! Aerendíl hatte oft genug erfahren, wie eifersüchtig Männer reagierten, wenn ihre Frauen, Schwestern oder Töchter - uhm, meistens konnte er wirklich nichts dafür - seine Nähe suchten. Aber Frauen? Süße Dinéa, ihr Svalten und Kudtré, die Eifersucht einer mächtigen Frau wetteifert sogar mir eurer göttlichen Macht! Und genau jetzt befand er sich auf dieser öden Landstraße gewissermaßen im Auftrag einer solchen Frau. Kannst Du das schaffen, Bruderherz? äffte Aerendíl seine Schwester nach. Verflucht, drei Wochen habe ich in dieser Stadt verbracht, mich ein wenig amüsiert, aber nichts, rein gar nichts, ist wirklich passiert.

Aerendíls Gedanken wurden unterbrochen, als ihm aus der entgegengesetzten Richtung ein Fuhrwerk entgegenkam. Dank seiner scharfen Elbenaugen hatte er das Gefährt schon von weitem entdeckt. Nichts Aufregendes, aber hoffentlich eine nette und gesprächige Menschenseele auf diesem kaum befahrenen Weg. Aerendíl bereitete sich vor, einige Floskeln mit dem Kutscher auszutauschen - Höflichkeit und Informationsaustausch unter Reisenden ist schließlich Tradition! - als er bemerkte, dass auf dem Kutschbock gar kein Fahrer saß!
 


... und so setzt sich das Abenteuer fort:
Verborgen und gar unsichtbar -K85 (Elfenfeuer)
 

... wenn Ihr aber noch weitere Fortsetzungen kennt, dann mailt mir diese bitte!
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