Magische
Welt Íja Macár |
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vorheriges Kapitel:
Bange machen gilt nicht! / K84 (Elfenfeuer)
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von: Elfenfeuer | ||
Noch bevor Torsi die hochgewachsene Person am Wegesrand überhaupt sah, spürte sie, dass sich ihr seltsames Gefährt jemandem näherte. Auch wenn die Magie bei einem so jungen Koboldmädchen noch nicht vollständig ausgeprägt war, und Torsi einen großen Teil ihrer Kraftreserven bereits ausgeschöpft hatte um überhaupt bis hierher zu kommen, so merkte sie dennoch erschöpft, wie eine sanfte, magische Brise über sie hinwegstrich, kurz bei ihr verharrte und sich dann vorsichtig zurückzog. Nur ein naher Beobachter konnte einen solchen Hellsichtzauber so präzise durchführen. Nur jemand, der den Zugwagen sehen konnte. Torsi erschrak und riss ihre Augen weit auf, um durch eine Lücke zwischen den Heuballen, die auf der Ladefläche transportiert wurden und zwischen denen Torsi sich versteckt hatte, nach dem Sucher zu schauen. Schnell hatte sie die einsame Gestalt erspäht, die erwartungsvoll dem Zuggespann entgegensah. Ein Elb! Torsi hatte noch nie zuvor einen Elben gesehen, aber viele Geschichten über sie gehört. Sie waren übellaunige, unnahbare Zauberer, die aufgrund ihrer eigenen, magischen Fähigkeiten, die angeblich jeder von ihnen besaß, die Streiche und Neckereien der Kobolde sowohl erkennen und leicht unterbinden konnten. Auch berichteten die Geschichten von geheimnisvollen Elbenwäldern, die kein Kobold bei Lebensgefahr betreten durfte, selbst wenn der Feuerruf aus ihnen erklang. Torsi erinnerte sich an die Geschichte von Murmak, dem Wanderer, und wie er, einem Feuerruf folgend, eine Koboldmaid aus den Fängen der bösen Elben befreite, in dem er einen Pakt mit einem mächtigen Waldgeist einging, was ihm zwar seine magische Kraft kostete, aber seine Liebe rettete. Es war eine von Torsis Lieblingsgeschichten gewesen. Und nun bewegte sie sich selber unaufhörlich auf einen dieser gefährlichen Elben zu. Torsi kniff die Augen zusammen und wünschte sich woanders hin. Das hatte aber vorher auch nicht wirklich geklappt und nur dazu geführt, dass seltsame Dinge geschahen, wie zum Beispiel auch vorgestern an der Turmruine. Als sie die Ruine verlassen hatte, und sich in einem ihr unbekannten Wald wiederfand, hatte sie all ihre Koboldmagie gerufen, und sich nach hause gewünscht. Man sagte, dass alte und weise Kobolde dazu in der Lage waren. Natürlich hatte es nicht funktioniert, aber dafür war ein netter Waldgeist aufgetaucht, der sich zwar erschrocken hatte - vermutlich weil er das Ding in Torsis Leib spürte - ihr dann aber immerhin soweit geholfen hatte, dass er ihr zunächst eine ganze Handvoll leckerer Beeren gebracht hatte, und sie anschließend zu dem Ochsenfuhrwerk geführt hatte, welches herrenlos auf einer nahen Wiese stand. Torsi hatte zunächst nicht gewusst, was sie mit dem Fuhrwerk anfangen sollte. Kobolde benutzten so etwas nicht, aber der Waldgeist hatte einige Freunde herbeigerufen, die im Austausch für ein wenig Koboldmagie - Torsi hatte mit ein wenig Levitationszauberei einige Gefallen für die immateriellen Wesenheiten erledigt - ihr erklärten, wozu so ein Karren mit zwei Ochsen gut war. Nun war Torsi nicht groß genug, um die Ochsen vom Kutschbock aus zu lenken, aber dann war ihr die Geschichte vom verzauberten Esel eingefallen, der mit einer vor seiner Nase tanzenden Mohrrübe dazu gebracht worden war, in den Zauberwald zu gehen, wo er von einem Flammentänzer wieder entzaubert werden konnte. Also hatte Torsi die Ochsen mit einer Illusionsmöhre - das war echt schwierig gewesen - geködert, und siehe da, sie hatten sich tatsächlich täuschen lassen. Auf diese Art und Weise hatte sie schließlich diese breite Landstraße erreicht. Torsi hatte keine Ahnung wo sie hinführte, aber vielleicht traf sie ja auf andere Kobolde. Außerdem hatte sie die Möhrenillusion nicht weiter aufrecht halten können. Ihre eigene Magie war völlig aufgebraucht und den letzten Rest musste sie bewahren, um das Ding in ihr zu unterdrücken. Da war es ihr recht, dass diese behäbigen Tiere offensichtlich wussten, wo sie hintraben mussten. Also hatte Torsi es sich bequem gemacht und die Ochsen einfach ziehen lassen. Leider war das Resultat ein gemein aussehender Elb. Aus ihrem Versteck zwischen dem Heu beobachtete sie den Elb. Eigentlich sah er gar nicht so gefährlich aus. Er war riesig, größer als die Menschen, die sie bislang gesehen hatte, aber auch schlanker. Seine langen Haare fielen ihm in einer silbernen Kaskade weit über die Schultern und vorne baumelten je zwei dünne, geflochtene Zöpfe links und rechts von seinem falkengleichen Gesicht. Das sah irgendwie lustig aus. Überhaupt machte der Typ einen sympathischen Eindruck. Seine Kleidung war farbenfroh und passte perfekt zu seinem majestätischen Gesicht. Dann sah sie das große Langschwert an seiner rechten Seite. Soweit zur Illusion eines ungefährlichen Elben. Als das Fuhrwerk den Elben erreicht hatte, stellte dieser sich den Ochsen einfach in den Weg und ergriff die Zügel die lose von den Zuggurten baumelten. Torsi hörte, wie er besänftigend zu den Tieren sprach. Das war bestimmt ein finsterer Beherrschungszauber, denn die Ochsen blieben in der Folgezeit einfach stehen und kauten zufrieden auf ihren Zähnen. Dann wandte sich der Elb der Ladefläche zu. Torsi verdrückte sich tief in den Heuballen. Sie hörte wie der Elf leichtfüßig auf den Kutschbock sprang. Einige Augenblicke passierte nichts, doch dann spürte sie wieder diese fledermausartige Berührung die ihren Geist sondierte. Torsi duckte sich zusammen und bereitete ihren letzten Zauber vor. Das Tier in ihr begehrte auf, und Torsi konnte nur mit Mühe ein gepeinigtes Aufkeuchen unterdrücken. Mit letzter Kraft schleuderte sie ihre schwache Koboldmagie auf die scheußliche Präsenz, die nur darauf lauerte sie zu überwältigen. Heuballen wurden zur Seite geschoben und Tageslicht drang in Torsis Sichtfeld. Schon sah sie die schlanke Hand des Elben, wie sie geschickt den letzten Heuballen, der sie vor seinem Blick verbarg, ergriff und anhob. Bitte, lass es klappen! flehte Torsi, denn es gab einen Trick, den jedes Koboldkind als aller erstes lernte. Der Heuballen wurde hochgehoben und Torsi wurde unsichtbar. Der Elb schüttelte verwirrt den Kopf und blinzelte mit den Augen. Torsi verhielt sich mucksmäuschenstill. Sie wagte weder sich zu bewegen noch auszuatmen. Der Elb starrte irritiert auf das Loch zwischen den Heuballen, und Torsi sah, wie sein Blick direkt über sie hinwegglitt. Er sah sie nicht. Es hatte funktioniert! Für einen Moment war Torsi das glücklichste neunjährige Koboldmädchen auf ganz Íja Macár. Begeistert sah sie, wie der Elb sich abwendete. Vielleicht hatte er genug! Wenn er jetzt noch die Heuballen wieder aufschichtete, konnte sie die Unsichtbarkeit sogar wieder aufheben, denn sie wusste nicht, wie lange es noch halten würde. Doch leider geschah das nicht. Stattdessen hörte sie, wie der Elb es sich auf dem Kutschbock bequem machte und in seinem Rucksack zu wühlen begann. Gespannt lauschte Torsi auf jedes noch so kleine Geräusch. Was sie dann allerdings vernahm, hatte sie ganz und gar nicht erwartet. Die junge Maid sprang frohgemut
Verzaubert lauschte Torsi den lieblichen
Klängen des Harfenspiels bis zum letzten Ton und verzückt hörte
sie der wundervollen Stimme des Elben zu. Sie seufzte auf, als sie das
glückliche Ende vom Prinzen und der Maid hörte. Die Maid, die
nicht mehr unsichtbar war. Moment einmal!
* * * Aerendíl schüttelte fassungslos seinen Kopf. Das war ihm schon lange nicht mehr passiert. Ein weibliches Wesen, das bei seinem Anblick ohnmächtig wurde! Nun gut, es handelte sich zwar bloß um ein junges, vermutlich eingeschüchtertes Koboldmädchen - dennoch, es wurmte ihn. Vorsichtig beugte er sich zu der zusammengekauerten Gestalt hinab. Ursprünglich hatte er dem Kobold lediglich einen Streich spielen wollen - Kobolde verdienten es nicht besser. Sie waren zwar meistens vollkommen harmlos, doch ihre magischen Tricks und Spielereien, speziell im Antlitz eines großen Feuers, konnten sehr lästig und nervtötend sein. Als er die Signatur eines dieser kleinen Wichte bei der magischen Sondierung des herrenlosen Ochsenwagens erkannt hatte, war ihm die Gelegenheit, einem Kobold eine kleine Dosis seiner eigenen Medizin zu verabreichen, als willkommene Ablenkung auf seinem ziellosen Ausflug erschienen. Doch nun, wo er das kleine, bewusstlose Koboldmädchen sah, überkam ihn ein hilfloses Gefühl der Reue. Die Kleine sah elendig aus. Schon
auf den ersten Blick wiesen die seltsamen Kleidungsstücke - ungeschickt
auf passende Größe geschnitten, farblich willkürlich zusammengestellt
und absolut ungeeignet für eine Überlandreise - auf eine gewisse
Notlage hin. Als Aerendíl vorsichtig den erschlafften Körper
hoch hob, merkte er außerdem wie ausgemergelt das Koboldmädchen
war. Sie fühlte sich unter seinen sanften Händen wie ein junges
Kätzchen an, mit leichtem Körperbau und verhältnismäßig
wenig Masse zwischen der weichen Koboldhaut und den zerbrechlichen Knochen.
Ihr Gesicht war eingefallen, das rote Haar strähnig und ungewaschen,
doch am erschreckendsten waren die Spuren getrockneten Blutes unter ihren
zersprungenen Fingernägeln.
Sorgsam bettete Aerendíl das bewusstlose Kind auf einen Heuballen, und sammelte dann die wenigen Gegenstände ein, die das Koboldmädchen mit sich geführt hatte. Ein ungleichmäßig zugespitzter Stock, welchen er zunächst in seinen eigenen Hirschledergürtel schob, und ein kleiner Sack, der wohl die wenigen Habseligkeiten des Mädchens beherbergte. Der Elb war versucht einen neugierigen Blick in den Sack zu werfen, besann sich dann aber eines besseren. Er hatte eigentlich keine Veranlassung und das Recht schon gar nicht, in dem provisorischen Rucksack herumzuschnüffeln. Also verstaute Aerdendíl zuerst die Mondharfe, warf sich dann den kleinen Sack über seine linke Schulter, und nahm das bewusstlose Kind in seine Arme. Geschickte sprang er von dem Kutschbock herab und ging nach vorne zu den Ochsen, die noch immer gelassen auf eine weitere Anweisung von ihm warteten. Das Koboldmädchen auf dem linken Arm haltend, berührte er mit der rechten Hand die Stirn des stärkeren der beiden Ochsen. Schnell hatte er das magische Band zu dem tumben Geschöpf wieder errichtet. Folgt weiter dem erdigen Band festen Bodens. Kein Ausflug in das frische Gras, welches so verführerisch duftet. Kein Halt, wenn das, was ihr zieht, zu schwer auf euren Schultern lastet. Immer geradeaus, bis ihr wieder auf Zweibeiner stoßt! Dann ist euer Auftrag beendet. Der Ochse rollte mit den Augen und schnaubte gleichgültig. Er war ein gelassener Zeitgenosse, der schon viele seltsame Erlebnisse mit Zweibeinern hatte. Am besten war, dass man einfach tat, was die Zweibeiner von einem wollten. Aerendíl lächelte. Ein einfaches Gemüt, und doch so unerschütterlich. Beeindruckt von der Ruhe des Ochsen, legte er seine flache Hand auf die Flanke des Ochsen, ertastete mit seinen Sinnen den steten Herzschlag des alten Zugtiers, und wob mit seiner Willenskraft eine mystische Verbindung zwischen ihm und dem dumpf pochenden Herzen des Ochsens. Es war stark, aber auch nicht mehr das jüngste. Aerendíl öffnete sich für einen Bruchteil dem vor Lebenskraft strotzendem Herzen und übernahm für einen kurzen Augenblick den Pulsschlag des betagten Säugetiers. Das war nicht ganz ungefährlich, denn bei einer solchen Verbindung bestand immer die Gefahr, dass der Organismus des Initiaten aufgrund des plötzlichen, fremden Einflusses eines anderen Organismus in Aufruhr versetzt wurde. Deshalb verzichtete Aerendíl auch auf eine eingehendere Erforschung des Blutkreislaufes des alten Ochsen. Diese kurze Zeitspanne genügte aber immerhin, um einige verkalkende Arterien nahe des Ochsenherzens zu säubern. Sanft zog Aerendíl seine Wahrnehmung wieder zurück und entspannte sich. An Herzversagen würde dieser alte Recke mit Sicherheit nicht sterben. Das hatte er sich durch seine freundliche Kooperation wahrlich verdient. Zufrieden entließ Aerendíl die beiden Ochsen, die sich auch sogleich wieder in ihr Geschirr legten und zu ziehen begannen. Die Räder knarrten und die Achsen zeterten als sich das Fuhrwerk in Bewegung setzte. Aerendíl blickte dem Ochsengespann
einige Zeit noch hinterher und wandte seine Aufmerksamkeit dann dem kleinen
Körper in seinen Armen zu. In ihrer Bewusstlosigkeit wirkten die Gesichtszüge
des Koboldmädchens seltsam verzerrt und die Muskeln fühlten sich
steif und verkrampft an. Die Augenlider zuckten, als ob das Mädchen
soeben einen hektischen Traum erlebte. Mitfühlend legte Aerendíl
seine freie Hand auf die Stirn des Mädchens. Kalter Schweiß
hatte sich auf ihr angesammelt. Traurig strich der Elb über die Augen
des Mädchens und weiter hinab über das ganze Gesicht.
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... und so setzt sich das Abenteuer fort: Mondharfe -K86 (Elfenfeuer) ... wenn Ihr aber noch weitere Fortsetzungen kennt, dann
mailt
mir diese bitte!
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