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Íja Macár
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 Im Wald da sind die Räuber / K90 (Andreas Götz)
 

Zwei unschöne Erlebnisse im Leben des Dämon Chotis
K111
 von: Rona Sturmreiter
(Zur EMail-Adresse bitte Hinweis am Ende des Kapitels beachten!)

Chotis war sich sicher: Sein Plan würde funktionieren, schließlich war er dieses Mal lückenlos und mit doppeltem Boden.
Kurz vor Wren Medír würde er mit dem Hauptmann oder sogar mit Master Glodkinkle persönlich um seine Freilassung wetten. Nun ja, natürlich auch um die Freilassung von Hragnir und diesem Wicht von Möchtegernmagier. Und würde diese Wette in die Hose gehen, hatte er immer noch eine kleine Überraschung parat. Für diese Überraschung musste er allerdings üben - auch wenn er sich das nur ungern eingestanden hatte. Und so saß er so weit abseits, wie seine Bewacher es erlaubten und murmelte immer wieder die gleichen Worte. Erst tat sich gar nichts, doch nach einiger Zeit, als er müde aufgeben wollte, hatte er einen ersten Erfolg. Morgen ist auch noch ein Tag, dachte er nach einigen weiteren Versuchen und legte sich zu Hragnir und dem Zauberer.

Als sie am nächsten Morgen wieder unterwegs waren - viel zu früh, wie Chotis maulte - nahm Chotis die letzten Wetten an und versuchte, den Hauptmann in ein längeres Gespräch zu verwickeln. Doch bevor er die Wette ansprechen konnte, wurden sie von einem recht kleinen Trüppchen Straßenräuber unterbrochen. Als der Kampf nach kurzer Zeit vorüber war, gelang es Chotis allerdings nicht mehr, an den Hauptmann heran zu kommen, der mit seinen Soldaten die Details des nächsten Reiseabschnitts besprach. Sie würden bald das Gebiet der gefürchteten Räuberbande von Mago Großknock durchqueren müssen und trafen die entsprechenden Vorbereitungen. Auch Master Glodkinkle war nicht ansprechbar und so begann Chotis, seinen Notfallplan zu verbessern und die notwendigen Vorkehrungen zu treffen.
"Was machst du da eigentlich?" fragte Hragnir, dem das ständige Gemurmel Chotis’ langsam auf die Nerven ging.
"Ich kümmere mich um unsere Freilassung. Lass mich also in Ruhe!" herrschte er den Pròlm an und bereute sofort seinen scharfen Ton: Hragnir sah nicht nur beleidigt aus, sondern auch richtig wütend. "Ist schon gut, du hast mich gerade aus meinen Gedanken gerissen."
"Hmm." Der Riese grummelte einige Zeit vor sich hin und begann dann wieder, sich nach etwas Essbarem umzuschauen.
Chotis war erleichtert, dass Hragnir abgelenkt war und übte wieder seinen Zauberspruch: "Krakitou doridam extrum BUMM!"  Er erschrak, als er seine eigenen Worte hörte. Er durfte diese Worte unter keinen Umständen laut aussprechen. Aber es war ja nichts passiert: vielleicht hatte er ja Glück.
Doch im nächsten Moment machte es wirklich BUMM: Eine Explosion riss nicht nur die Soldaten und den alten Magier von den Füßen. Hragnir, der nur wenige Schritt von Chotis entfernt stand, fiel wie ein Sack Mehl um und blieb besinnungslos liegen. Die wenigen Wachleute, die sich noch auf den Beinen halten konnten, verteilten sich sofort mit gezückten Schwerten. Doch als keine Strauchdiebe aus dem Gebüsch stürmten, blieben sie ratlos stehen. Master Glodkinkle, der damit beschäftigt gewesen war, ein durch die Explosion verursachtes Feuer in der Nähe seines Warenkarrens zu löschen, nahm sich nun auch sein Schwert und gesellte sich zu den Wachen. Doch anstatt wie sie nach einem unsichtbaren Feind zu spähen, zeigte er mit dem Schwert auf den durch die Wucht der Explosion paralysierten Chotis und brüllte: "Das ist der Übeltäter! Packt ihn und seine Begleiter und fesselt sie wieder richtig!"
Dann trat er zu Chotis, sah ihm fest in die Augen und begann mit leiser, aber gefährlich klingender Stimme zu reden: "Nun zu dir, Freundchen. Ich hatte eigentlich vorgehabt, dich und deine seltsamen Begleiter kurz vor der Stadt laufen zu lassen. Aber daraus wird jetzt nichts. Ich bin mir sicher, dass du hinter dieser Explosion steckst. Wie du das angestellt hast, will ich gar nicht wissen. Es war jedenfalls ein hinterhältiger Angriff auf mich und meine Männer. Zumal du es geschafft hast, innerhalb kürzester Zeit einen Großteil der Wachen auszuschalten - und das im Gebiet von Mago Großknock. Dazu kommt noch das Feuer, dessen Ruß einen Teil der kostbaren Teppiche, die ich in Wren Medír verkaufen wollte, verschmutzt hat. Ich werde dafür sorgen, dass weder du noch einer deiner Freunde heil aus der Sache herauskommt. Wenn ich mit dir fertig bin, wirst du den Henker anflehen, dir ein schnelles Ende zu bereiten!"
Mit diesen Worten drehte sich Master Glodkinkle zu seinen Männern und befahl, Chotis aufs strengste zu bewachen. Dann kümmerte er sich persönlich um einige der verletzten Wachen und gab weitere Anweisungen.
Doch es dauerte eine ganze Weile, bis der Riese wieder zu Bewusstsein kam. Solange konnten sie nicht aufbrechen. Als Hragnir erwachte und die Lage bemerkte, in der er sich befand - seine Hände waren mit festen Stricken gefesselt und zwei Wachleute hielten ihm ihre Schwerter unter die Nase - begann er zu brüllen: "Chotis, du bist wirklich selten dämlich! Was hast du jetzt wieder angestellt?"
Die Wachen zitterten. Sie hätten zu gerne ihre Schwerter fallen gelassen und die Flucht in den Wald angetreten. Doch als sie merkten, dass der Zorn des Riesen sich nicht gegen sie, sondern gegen seinen Begleiter richtete, entspannten sie sich ein wenig und konnten wieder ihre Pflicht erfüllen.
"Aufstehen, wir müssen weiter!"
Der Riese gab ein wütendes Knurren von sich und fügte sich dann in sein Schicksal - nicht ohne dem Dämon ein paar böse Blicke zu zuwerfen.
Zum ersten Mal, seit er in dieser verdammten Gegend war, wusste Chotis nicht weiter. Seine Versuche, sich bei Hragnir zu entschuldigen oder ihm seinen Plan zu erklären, schlugen fehl, weil der Pròlm ihn völlig ignorierte. Und so trottete Chotis hinter den Soldaten her, in dunkle Gedanken gehüllt, die sich damit beschäftigten, wie er den Plänen Master Glodkinkles entgehen konnte. Dieser würde mit seiner Drohung Ernst machen, sobald sie die Stadt erreicht hatten.
Die restliche Reise bis Wren Medír verlief ereignislos. Sie erlebten keinen weiteren Überfall. Vielleicht hatte die Explosion die Räuber vertrieben, vielleicht wurden sie aber auch durch die Gefangenen abgeschreckt. Eine Wachmannschaft, die es schaffte, einen Pròlm festzunehmen, würde mit ein paar kleinen Strauchdieben sicher nicht lange fackeln.

Endlich waren sie in der Stadt. Master Glodkinkle atmete auf. Wegen seines riesigen Gefangenen hatten sie nicht das "Kleine Tor" im Nordosten der Stadt passieren können. Stattdessen hatten sie die Stadt zur Hälfte umrundet und im Westen durch das "Große Tor"  betreten. Die Menschen in Wren Medír waren wirklich sehr einfallsreich mit ihrer Namensgebung. Sie bogen gerade von der "Straße zum Großen Tor" in die "Straße zu den Gefängnissen" ein, als sie von einer jungen Frau aufgehalten wurden.
"Master Glodkinkle, wie schön euch hier zu treffen."
"Oh, Tabea, wir  haben uns eine Weile nicht mehr gesehen."  Der Kaufmann lächelte und hielt seinen Wagen an. "Leider habe ich gerade keine Zeit, denn ich muss ein paar Taugenichtse im Gefängnis abliefern. Aber ich würde zu gerne erfahren, was ihr in Wren Medír macht. Ich hatte gedacht, ihr wärt noch immer in den Ebenen jenseits der Wüste."
Sie seufzte: "Die Angelegenheiten waren der Reinfall des Jahres. Erinnert mich lieber nicht daran. Aber ihr habt euch da ja ein nettes Trüppchen zusammen gefangen." Sie lachte, als sie den Riesen sah: "Und in welchem Gebüsch hat der sich versteckt?"
"Der stand ausnahmsweise mitten auf der Straße herum. Erst dachten wir, er und seine Freunde" - Master Glodkinkle zeigte auf Chotis und Ziranubishath - "seien vielleicht nur harmlose Wanderer, aber dann hat der Kerl da" - er warf Chotis einen wütenden Blick zu - "meine halbe Mannschaft mit einer Explosion ausgeschaltet und auch noch einige meiner besten Teppiche ruiniert. Ich habe noch nicht raus, mit wem sie unter einer Decke stecken, aber das wird sicher nicht mehr lange dauern, wenn wir erstmal im Gefängnis sind."
Die junge Frau betrachtete den Riesen und den Magier mit einem kurzen Blick, der dann bei Chotis hängen blieb. Der Dämon kam sich unwohl vor, als sie ihn von oben bis unten musterte. Sie trat zu ihm, zerrte an seinen Haaren und griff ihm ans Ohr. Ein heißer Schmerz durchfuhr ihn. Sie betrachtete aufmerksam seinen Ohrring.
"Was soll das?" Er wollte protestieren, doch der kurze Blick, den sie ihm zuwarf, ließ ihn verstummen. Mit eiskaltem Blick hielt sie ihm die Nase zu. Als er den Mund zum Luftschnappen öffnete, legte sich ihre Hand wie eine Zange um seinen Unterkiefer und stach mit den Fingernägeln von Mittelfinger und Daumen in seine Wangen. Er musste seinen Mund weiter öffnen und sie zog seinen Kopf unerbittlich zu sich herunter, bis sie in seinen Rachen schauen konnte. Was sie dort gesehen hatte, musste ihr gefallen haben, denn nachdem sie ihn noch in den Oberarm gezwickt hatte, nickte sie befriedigt und schien kaum ihre Aufregung verbergen zu können, als sie sich an Master Glodkinkle wandte: "Ich weiß, ihr seid auf eure Rache aus, aber meint ihr, ihr könnt diese an mich delegieren?" Mit großen Augen schaute sie den Kaufmann an, der laut lachen musste.
"Tabea, was ist los? Was willst du von dem Strauchdieb?"
Sie grinste verschmitzt und sagte: "Regel Nummer eins, wenn man mit einem Kaufmann verhandelt: Sage nie, wie viel dir das Gut, das du beabsichtigst zu kaufen, wert ist. Das habt ihr mir selbst beigebracht."
"Ihr wisst doch, dass ich euch kaum einen Wunsch abschlagen kann. Das war schon so, als ich eure Eltern besuchte, ihr auf meinem Schoß saßt und ich kaum zum Essen kam, weil ihr immer neue Geschichten hören wolltet." Beide lachten hell und klar, doch dann wurden ihre Mienen wieder ernst.
"Gut, ich will ehrlich mit euch sein. Ihr scheint nicht zu wissen, was euch da ins Netz gegangen ist." Sie warf dem Dämon einen kurzen Blick zu, der ihm das Blut in den Adern gefrieren ließ. "Ihr denkt sicherlich, dass dieser junge Mann hier neben dem Riesen und dem Magier nichts Besonderes darstellt, aber da täuscht ihr euch. Um es kurz zu sagen: Das ist ein Dämon. Und dazu noch einer aus dem Hause des Elfax. Von denen habe ich bisher noch keinen in meiner Sammlung."
Bei dem Wort "Sammlung" stellten sich Chotis die Nackenhaare auf. Sofort kam ihm ein abscheuliches Bild in den Kopf: Dämonen und andere Wesen, die eingesperrt in winzige Käfige trübsinnig auf den Boden starrten. Manche liefen wie irrsinnig umher, immer drei Schritte von der linken Seite des Käfigs zur rechten und drei Schritte von der rechten Seite zur linken. Andere wiegten ihren Kopf langsam hin und her, und eine paar kauten stumpf an den Gitterstäben. Verzweifelt versuchte er, den Gedanken aus seinem Kopf zu schütteln, aber die schrecklichen Bilder blieben in seinem Hirn kleben.
Tabea blitzte ihn aus den Augenwinkeln frech an. Ihre eisblauen Augen verrieten, dass sie wusste, woran er denken musste. Sonnenstrahlen brachten ihre blonden Locken zum Funkeln. Sie war nicht gerade schön, dafür war ihre Haut zu braungebrannt und ihr Körper zu eckig. Ihr einfaches, aber hübsches blaues Kleid konnte nicht verbergen, dass ihr Busen etwas zu flach und ihre Schultern etwas zu breit waren, um den in Wren Medír gängigen Schönheitsidealen zu entsprechen. Aber man spürte ihre Lebendigkeit und ihren unbändigen Willen. Sie hatte sich etwas in den Kopf gesetzt und war bereit zu kämpfen.
"Nun, was ist? Was wollt ihr dafür haben, dass ich euch eure Rache nehme?"
Der Kaufmann überlegte kurz und sagte dann: "Eigentlich bin ich ebenfalls nur an diesem Dämon interessiert. Die anderen halte ich immer noch für harmlos. Zudem frage ich mich, ob ich den Riesen im Gefängnis unterkriege. Der Oberwärter wird sicher befürchten, dass er die Zellen zerstört - falls er überhaupt in einer Platz findet. Der alte Mann ist zwar der Vater eines Feindes von mir, aber sein knauseriger Sohn wird sicher keinen Pfifferling für den Alten rausrücken. Wenn ihr mir für die zwei zahlt, was sie auf der Reise an Vorräten vernichtet haben, könnt ihr sie haben."
"Ich wüsste nicht, was ich mit diesem Magierknirps und dem Pròlm anstellen soll." Tabea verzog ihr Gesicht. "Ich will eigentlich nur den Dämon."
"Den will ich auch, liebe Tabea." Der Kaufmann lächelte.
"Master Glodkinkle", Tabeas Stimme wurde weich, "ihr kanntet meine Eltern und habt ihre Forschungen immer sehr geschätzt. Wären sie noch am Leben, würden sie euch um dasselbe bitten wie ich jetzt. Kann euch der Dämon euren Schaden bezahlen? Außer eurer Rache werdet ihr nichts haben, wenn ihr stur bleibt. Ich kann euch mehr Geld geben als der gesamte Schaden beträgt, den er euch verursacht hat. Und ich denke, ihr wisst, dass er bei mir nicht auf Daunen gebettet wird." Sie lächelte gewinnend.
"Also gut, Tabea. Aber ihr bekommt ihn nur, wenn ihr mir auch den Riesen und den Magier abnehmt und mir meine Ausgaben für die beiden ebenfalls bezahlt."
Tabea seufzte, doch sie willigte ein: "Wartet hier kurz. Ich werde euer Geld holen."
"Sollen wir sie nicht bei dir zu hause abliefern?"
"Nein, danke. Es ist ja nicht weit und ihr habt schon genug für mich getan. Mit den dreien werde ich schon alleine fertig."

Sie blieb nicht lange weg. Chotis hoffte, dass sie es sich im letzten Augenblick anders überlegen würde. Viel zu schnell war Tabea zurückgekehrt und überreichte Master Glodkinkle einen prall gefüllten Lederbeutel. Dann holte sie etwas Seltsames aus der Tasche. Es sah aus wie ein geflochtenes Armband an einer langen Schnur. Als sie das Armband Chotis um das Handgelenk legte, wurde der Dämon fast wahnsinnig: Ein brennender Schmerz fuhr ihm von dem Band aus durch den Arm und verteilte sich im ganzen Körper. Chotis konnte kaum atmen. Tränen traten aus seinen Augen. Sein Rückgrat krümmte sich unter dem Feuer, das seinen Rücken hinabflackerte. Sein Magen verkrampfte und er erbrach das dürftige Frühstück, mit Säure vermischt. Er würgte auch noch, als sein Magen sich vollständig entleert hatte. Dann sackten seine Beine zusammen und er schlug mit den Knien auf die Pflastersteine. Einer seiner Flügel durchbrach im Krampf sein Hemd und stieß mit voller Wucht gegen eine Hauswand. Knochen knirschten, mindestens einer brach. Er hustete und würgte mühsam weitere Magensäure hervor. Blut rann aus seiner Nase und tropfte auf den Boden. Er nahm seine Umgebung nur durch einen Schleier wahr und hörte die Geräusche gedämpft und gleichzeitig schrill und dröhnend. Er sah Master Glodkinkle, der zufrieden schien und Tabea lobte: "Ihr wisst anscheinend, wie ihr mit dieser Dämonenbrut umzugehen habt. Mit dieser Vorstellung habe ich doch noch einen Teil meiner Rache gehabt."
Dann spürte Chotis, wie sich eine Hand auf seine Schulter legte. Er wusste, dass es Tabeas war und wollte sie wegstoßen, doch er hatte keine Kraft.
"Hei, steh auf." Tabeas muntere Stimme klang in seinen Ohren wie blanker Hohn. Trotzdem schien sie sein Gehirn zu erreichen. Langsam fühlte er sich besser. Er spürte, wie sich eine warme Energie von ihrer Hand aus in seinem Körper ausbreitete. Einen Teil seiner Qualen wurde weggesaugt, aber es blieb mehr als nur die Erinnerung zurück. Er konnte langsam aufstehen und, auf die Frau gestützt, ein paar Schritte gehen. Sobald er sich kräftig genug fühlte, stieß er sich von ihr ab und wankte, hielt sich aber aufrecht. Immer noch zuckte hin und wieder ein Muskel unkontrolliert. Seine Gedanken schienen wie durch einen leichten Nebel verborgen und unwirklich dunstig wirkte auch das, was er sah.
Tabea packte ihn an den Oberarmen und redete langsam und überdeutlich auf ihn ein: "Solltest du auch nur den kleinsten Versuch unternehmen, mich zu hintergehen, wirst du dasselbe erleben wie gerade eben. Und wage es nicht, auch nur daran zu denken, das Armband loszuwerden. Solche Gedanken kann es gar nicht haben." Dann wandte sie sich an den Magier und den Pròlm: "Ich habe keine solchen Bänder für Menschen und Riesen. Aber ich denke, wir können uns auch so einig werden. Wie ich eure Lage einschätze, habt ihr kein Geld und damit ein ziemliches Problem. Ich habe mehr als genug Arbeit für einen Riesen, und auch für dich, Magier, finde ich sicher etwas zu tun. Wenn ihr also Interesse an guter, ehrlicher Arbeit habt, dann könnt ihr gerne mit mir kommen und euch ein paar Talerchen verdienen. Na, wie wäre das?" Als sie die unentschlossenen Gesichter der beiden sah, fügte sie hinzu: "Ihr müsst natürlich nicht. Ich habe euch zwar ausgelöst, aber für mich war das nur ein kleiner Aufpreis für den Dämon. Aber dann kriegt ihr auch kein Geld - und wer einem Riesen hier eine Arbeit geben will, weiß ich wirklich nicht." Sie lächelte die beiden an.
Hragnir dachte angestrengt nach. Man konnte fast den Rauch sehen, der aus seinem Kopf aufstieg. Er konnte Chotis jetzt verlassen. Sie hatte gesagt, dass er gehen durfte. Aber er wollte zurück. Und Chotis war der einzige, der ihm dabei vielleicht helfen konnte. Auch wenn der Dämon eine verdammt große Klappe hatte, kam man manchmal doch ganz gut mit ihm aus. Die Chancen standen zwar schlecht, dass sie ihren Fang gehen ließ, aber vielleicht konnte Chotis ihm trotzdem helfen. Zudem schien die Frau sich mit Dämonen auszukennen. Vielleicht war sie ja bereit und fähig, sogar einem Riesen dabei zu helfen, wieder nachhause zu kommen. Es waren eine Menge "Vielleichts" in seinen Überlegungen, aber er beschloss, es zu riskieren.
Auch Ziranubishath zögerte. Er war hier, um es sich gut gehen zu lassen. Endlich hatte er die Burg verlassen und war in der Stadt gelandet. Und wozu? Um zu schuften? Er, ein Fürst? Nun ja, wenn er es zugab, war er einmal ein Fürst gewesen. Aber jetzt, da sein Sohn regierte, blieben ihm nur noch die Erinnerungen an Vergangenes. Er dachte an seine Hoffnungen, die er in die Stadt gesetzt hatte: Er wollte auf seine alten Tage noch einmal so richtig auf den Putz hauen. Aber dafür brauchte er Geld. Und die junge Frau hatte ihm versprochen, ihn für seine Arbeit zu bezahlen. Er kicherte. Das würde wirklich eine interessante Erfahrung werden, für Lohn zu arbeiten.
"Abgemacht." Der Riese und der Zauberer schlugen beide ein.
Master Glodkinkle verabschiedete sich mit einer langen Umarmung von Tabea. "Wir müssen uns unbedingt einmal in der "Kleinen Schenke am  Großen Tor" treffen und miteinander plauschen, solange ich in der Stadt bin."
Tabea lächelte. "Gerne, Master Glodkinkle. Sobald ich etwas Zeit habe."
Dann nahm sie das lange Ende der an dem Armband befestigten Schnur in die Hand und zog mit dem Dämon im Schlepptau los. Der Riese und der Magier folgten ihr mit etwas Sicherheitsabstand.
Chotis, der seinen gebrochenen Flügel hinter sich her zog, kämpfte mit seinen düsteren, im Unklaren schwebenden Gedanken. In was, zu allen feurigen Höllen, war er da hinein geraten?
 

© Rona Sturmreiter
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