Magische
Welt
Íja Macár
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 Fryijo / K7 (Silverwolf)

Zukunftsreigen
K8
 von: Silverwolf

Leicht verwirrt folgte Fryijo den Männern. Der junge Mann konnte das soeben Erlebte immer noch nicht recht begreifen. Zweifelnd tastete er immer wieder seinen Hals ab. Der Junge konnte unter seinen tastenden Fingern genau spüren, wie die Wunde innert Sekunden vernarbte und zu guter Letzt ganz verschwand. In Fryijos Welt war nichts  mehr, wie es sein sollte, sein gewohntes Leben war aus den Fugen geraten! Noch gestern war mit im alles in Ordnung. Er war ein normaler Junge, mit einem durchschnittlichen Leben gewesen. In seiner Vergangenheit hatte nichts auf eine ausserordentliche Begabung hingewiesen. Nichts aussergewöhnliches war in seiner Kindheit vorgekommen - und nun das! Unsterblich! Zumindest nahezu Unsterblich. Fryijo hatte noch nie vergleichbares gehört. Dieses Phänomen war, seines Wissens in der Geschichte Íja Macárs einzigartig. Unsterblichkeit, oder zumindest in diesem gewaltigen Grad unverletzlich - dies bedeutete Macht. Unbegrenzte Macht - und gerade dieser Umstand machte Fryijo die grösste Angst. Der Junge wusste nicht, wie er damit umzugehen hatte. Und die Männer, denen er nun folgte! Wer waren die überhaupt? 
Seine drei Begleiter schienen mehr zu wissen, als Fryijo selbst. War der Mann, den er für seinen Onkel hielt, wirklich sein Onkel. Onkel Fredwald der beleibte Fischhändler! Was wusste Fryijo wirklich über seinen Onkel. 
Der Onkel lebte, soweit der Junge informiert war, stets in Baneju. 
Der kleine, dickliche Mann, welcher kürzlich seinen dreiundvierzigsten Geburtstag feierte, verdiente seinen Lebensunterhalt mit dem Verkauf frischer Fische, welche er jeden Tag direkt bei den Fischern kurz nach Sonnenaufgang fangfrisch einhandelte. Der Fischhändler  war allgemein in der Stadt bekannt und von allen geachtet. Weil er den Fischern faire Preise für ihre Fänge bezahlte, erhielt er auch stets nur einwandfreie Ware. Gerade die Qualität seiner Ware, verschaffte ihm Eintritt in die besten Häuser der Stadt. Alles was Rang und Namen hatte, bezog bei Bedarf die Fische über den Onkel. Dies ermöglichte dem Händler einen guten Lebensstil und Anerkennung an höchster Stelle. Für die Familie der Braut, einer alteingesessenen Kaufmannsfamilie, war es eine grosse Ehre gewesen, als Fredwalds Sohn um die Hand der Tochter anhielt. Die Stadtzeitung berichtete gar halbseitig über dieses Ereignis. Onkel Fredwalds Familie zählte zum Stadtadel, der Bourgeoisie welche immer eine Meldung wert war. Die Familie war genügend bekannt, um das Interesse der Leser zu erreichen. 
Der Junge kannte seinen Onkel bisher nur als gemütlichen, friedfertigen Mann, der am liebsten im Kreise seiner Familie einen kleinen Happen, wie er es nannte, zu sich nahm und einem guten Tropfen unter Freunden nie abgeneigt schien. Ein Mann eben, welcher am liebsten bei einem gewaltigen Mahl, oder friedlich im Wirtshaus bei einem edlen Glase alten, südländischen Weine sass. Im öffentlichem Gespräch verhielt er sich stets neutral und hielt sich möglichst aus allen politischen Händel und Diskussionen heraus. Deshalb verstand Fryijo überhaupt nicht, was sein Onkel in dieser Gruppe zu suchen hatte. Denn wenn der Junge etwas verstanden hatte, war es dies, dass hier etwas gewaltiges und sicherlich auch politisch Bewegendes im Gange war.
Während Fryijo seine Gedanken zu sammeln versuchte, eilte die Gruppe quer durch die Stadt. In Hafennähe betraten die Männer eine Kaschemme. Eine dieser zweifelhaften Spelunken, welche gerne von lichtscheuem Gesindel aufgesucht wird, um dort ungestört ihre Nachtschattengeschäfte auszuhandeln. Eines dieser Häuser, welche für ihre verschwiegenen Hinterzimmer bekannt sind. 
Als die Männer den Schankraum betraten, schienen sie bereits vom Gastwirt erwartet worden zu sein. Ein kurzes Nicken zur Begrüssung und die Gruppe wurde wortlos in eines der Hinterzimmer geführt. Die Männer setzten sich zu Tisch, wo ihnen sogleich von einer drallen Bediensteten ein reichhaltiges Abendmahl serviert wurde. Als die Speisen und Getränke vor den Männern standen, zog sich die Aufwartefrau, die Türe hinter sich zuziehend, diskret zurück.
Die Männer assen schweigend, was Fryijo die Gelegenheit gab, seine neuen Bekannten in Ruhe zu betrachten.
Den, welchen sein Onkel Meister Manilo genannt hatte, war ein Hüne; gut sieben Fuss gross und von kräftiger Statur. Fryijo hatte noch nie einen Menschen dunkler Hautfärbung gesehen, deshalb wäre  ihm der dunkelhäutige Koloss auch unter  normalen Umständen nicht ganz geheuer erschienen. Der braunhäutige etwa dreissigjährige Gigant war auch irgendwie schaurig anzuschauen in seinem dunkelgrünen Mantel, der Kutte, welche ihn klar als Mitglied der Bruderschaft des Ulmvá kennzeichnete. Wenn das Gesicht des Meister Manilo nicht durch seine Kapuze verdeckt war, blickte man in ein paar schwarze Augen, die einen bis in die geheimste Seele durchdringen zu schienen. Sein schulterlanges Haar schimmerte leicht bläulich und glich mehr einer Löwenmähne. Wo immer die schwarze Haut zutage trat, da war sie bemalt mit gelben und grünen Farben, welche fremdartige Symbole darstellten. Wer aber meinte, einen Wilden vor sich zu haben, der irrte. Die Augen verrieten grosse Intelligenz und Weisheit, und seine ganze Haltung war die eines Königs.
Der dritte Mann im Bunde, war der Greis, welcher ihn beim Stadttor abgefangen hatte. Mit seinen fünf Fuss war der magere Alte gut einen Kopf grösser als Onkel Fredwald und deshalb für das menschliche Geschlecht normal Gewachsen. Der greise Warlock, wie der alte Mann genannt wurde, war jedoch der reine Gegensatz des braunen Hünen. Seine Haut war von ungesunder, gelblicher Farbe und schien direkt auf den Knochen aufzuliegen. Kein Fleisch, kein Gramm Fett schien vorhanden zu sein. Nur Haut und Knochen. Die farblosen Augen lagen tief in den Höhlen verborgen und blickten irr und unstet in die Gegend. Der glatzköpfige Greis blickte stets ruhelos in alle Richtungen. Der Alte machte den Eindruck eines Menschen, welcher ewig auf der Flucht zu sein schien. Die Kleider schlotterten an seinem Körper, erschienen an ihm viel zu gross. Die Kleidung machte den Anschein  irgendwie zusammen gebettelt und nicht für den Greis geschaffen zu sein. Der Alte erinnerte stark an die Verkörperung des leibhaftigen Todes, bekleidet mit einem einstmals violetten, jetzt eher grau zu nennenden Umhang, welcher an seinem knöchernen Körper flatterte. Mit viel Phantasie waren die Fetzen, welche der Greis trug, als Kutte der Vanschóe Bruderschaft zu erkennen. Der einzigen kriegerischen Bruderschaft Íja Macárs. Der Alte war jedoch gewiss kein grosser Krieger; im Gegenteil, er machte vielmehr den Eindruck eines nervösen, ängstlichen Mannes, der ständig wirres Zeug vor sich hin brabbelte.
Die Zusammensetzung dieser Truppe verwirrte den Jungen noch viel mehr. Der junge Mann fand keinen gemeinsamen Nenner, welcher die so verschiedenen Männer zusammenbringen mochte. Irgendwie konnte sich Fryijo auf das ganze keinen Reim machen. Deshalb war der Junge erleichtert, als die Gefährten endlich ihre Teller zur Seite schoben, und dadurch das Ende der Mahlzeit signalisierten. Doch der junge Fryijo musste sich noch ein wenig gedulden, bevor seine brennende Neugier endlich gestillt wurde. Zuerst klingelten die Männer nach der Bedienung und bestellten sich einen Krug Wein, derweil der Tisch freigeräumt wurde. 
Wieder alleine gelassen, richtete Meister Manilo das Wort an den Jungen: "Du wunderst dich sicherlich über das Erlebte. Aber wie bereits angedeutet, mussten wir sicher gehen, dass du auch der Richtige bist." Fryijo wurde erst jetzt die Bedeutung dieses Satzes bewusst. "Was wenn ich der Falsche gewesen wäre?" stammelte der Junge. "Dann sässen wir nicht hier", antwortete Meister Manilo gelassen. "Was!" entfuhr es Fryijo entsetzt. "Wenn ich ein Normalsterblicher währe; Ihr hättet meinen Tod in Kauf genommen." Das Entsetzen liess die Stimme des Jungen vibrieren. "Nein", beschwichtigte Meister Manilo, "Wir hätten dich schon zu Retten gewusst." Dies beruhigte Fryijo jedoch auch nicht gerade. "Was wollt ihr überhaupt von mir, und was soll dies alles bedeuten", begehrte der Junge auf. Meister Manilo lächelte, "Du wirst noch alles früh genug erfahren!" beschwichtigte er, "am besten hörst du mir nur zu; Wenn dir etwas unklar ist, kannst du jederzeit unterbrechen und weitere Fragen stellen."

"Wir kommen alle drei aus der Zukunft!" hob Meister Manilo mit seiner Erzählung an. Fryijo schnappte nach Luft, wollte bereits etwas darauf erwidern. Aber Meister Manilo gebot ihm, durch ein leichtes heben seiner Brauen Schweigen. "Wir kommen alle drei aus der Zukunft!" wiederholte er. 
Und dies ist die Geschichte, welche Meister Manilo an diesem Abend erzählte: "Wir kommen alle drei aus der Zukunft! Dieser Mann hier, den du Onkel Fredwald nennst, ebenso wie der greise Warlock hier an meiner Seite und auch meine Wenigkeit. Jedoch kommen wir nicht aus der selben Zukunft. Ein jeder von uns kommt aus einer anderen Zukunft. Einer möglichen Zukunft der jetzigen Gegenwart Íja Macárs. Ich werde dir sogleich erklären, wie es dazu kommen konnte. 
Alles begann auf meiner Zeitachse, so denke ich jedenfalls. Doch ist es nicht sicher ob dies wirklich so gegeben sein wird. Wie du unschwer an meiner Kleidung erkennen kannst, gehöre ich der Bruderschaft des Ulmvá an. Um das Folgende auch richtig verstehen zu können, werde ich dir zuerst wohl etwas über das Wesen der Bruderschaften erzählen müssen! 
Schon in der gegenwärtigen Zeit ist die Bruderschaft des Ulmvá nur eine kleine Gemeinschaft. Jedoch sind wir nicht so unbedeutend wie es den Anschein hat. Einst war unsere Gemeinschaft die grösste und mächtigste Bruderschaft des Landes. Die Bruderschaft des Ulmvá war die erste Vereinigung dieser Art. Sie wurde schon Tausende von Generationen vor unserer Zeitrechnung gegründet. In einer Zeit, als die Menschen noch nichts von der Existenz anderer humanoider Lebensformen wie Zwerge oder Elben ahnten.  Als die Völker sich jedoch näher kamen, und uns dadurch die neuen Götter gebracht wurden, splitterten sich schnell einmal eine Gruppe ehrgeiziger Schüler von der Bruderschaft ab um ihre eigene Vereinigung zu gründen. 
Es gab in der Vergangenheit mehrere Gründe, wieso sich die Bruderschaften spalteten. Die meisten Gründe, welche zur Gründung einer neuen Vereinigung führten, waren jedoch, wie bereits angedeutet, ehrgeiziger Natur. Junge Männer, welche nicht warten wollten, bis ihre Zeit gekommen war, traten aus der Bruderschaft aus, um ihre eigene Vereinigung zu gründen. Es gab damals sicherlich auch ideologische Gründe, welche zur Gründung einer neuen Bruderschaft führten. Doch im Wesentlichen unterscheiden sich die einzelnen Bruderschaften kaum voneinander. Die Bruderschaften sind hierarchisch gegliedert. Das höchste Oberhaupt der Vereinigung ist der "Zen á Yama". Ein "Zen á Yama" erhielt seinen Rang auf Lebzeiten. Nach dem "Zen á Yama" kommen die Meister, welchen die Tutors unterstellt sind. Die untersten in der Hierarchie sind nach wie vor die Schüler. Das Volk kennt die Bruderschaften als Hort der Wissenschaft. Gelehrte Männer und Frauen welche den Geheimnissen der Natur nachspüren und die besten Schulen und Universitäten für Naturwissenschaften und Allgemeinbildung im Lande stellen. Was weniger bekannt ist, ist die geheime Seite der Bruderschaften. Diese Vereinigungen bilden eine zweite Macht im Lande. In der Geschichte der Vergangenheit und Zukunft, haben die Bruderschaften manchen König oder Fürst abgesetzt, oder einem Mächtigen auf dem Thron verholfen. Ohne das Wohlwollen der Bruderschaft geschieht nichts. Doch werden die Bruderschaften selten offen politisch tätig, sie operieren lieber im Geheimen. 
Was jetzt kommt, hat sich laut Geschichtsbüchern, so wie ich sie kenne in deiner näheren Zukunft zugetragen. Wie dir sicherlich bekannt sein sollte, ist die Hochburg der Bruderschaft des Ulmvá im südlichen Teil Schradus zu finden. Eine weitere Bruderschaft, um welche es sich dabei genau handelte, ging aus unseren Geschichtsquellen nicht so genau hervor, wir vermuten die des Hith, wollte sich nun ebenfalls auf  der reichen Insel breit machen. Deshalb werden dem Fürsten Sanchos Verleumdungen über unsere Vereinigung zugetragen. Um was es sich hierbei genau handelt, ist mir unbekannt, und auch unwesentlich für die nun folgenden Begebenheiten. Nur soviel, der Fürst erlässt in der Folge ein Dekret, welches allen  Bruderschaften verbietet, jemals wieder einen Fuss auf die Insel zu setzen. Die ansässigen Bruderschaften müssen das Land sofort verlassen. Diese Weisung war für unsere Bruderschaft fast der Todesstoss. Da wir in der Vergangenheit viel an unseren Besitztümern verloren hatten, war es nicht leicht für uns, irgendwo wieder Fuss fassen zu können. Dank unseres Schutzpatrons Ulmvá wurden wir, wie sich nun herausstellte, schon längstens von der Bevölkerung ein wenig Argwöhnisch beäugt. Wir mussten uns immer weiter zurückziehen, bis wir weit oben im Norden, nahe des ewigen Eises, auf der Insel Wak  eine neue Heimat fanden. Die Mutter und Begründerin aller Bruderschaften, die älteste und traditionsreichste Bruderschaft musste ihr Dasein als Verbannte auf einer trostlosen und kargen Felseninsel fristen. 
Die Zeit, von der ich dir nun berichte, liegt in etwa 1000 Jahre in deiner Zukunft. Die Völker lebten vor allem in Frieden und Eintracht miteinander. Die Fähigkeiten und das Wissen der Völker, hat sich bis dahin verständlicherweise stark weiterentwickelt. Neue Technologien sind deshalb allgemein im Einsatz. Kunst und Wissenschaften haben Hochkonjunktur. Maschinen und magische Artefakte, welche heutzutage noch unbekannt sind, gehören zum täglichen Leben. Woran in deiner Zeit noch vorsichtig herum experimentiert wird, gilt in meiner Zeitepoche bereits als überholt. 
Vor allem die Dimensionsprünge sind für uns kein unbekanntes Gebiet mehr. Wir besuchen nicht nur andere Dimensionen, sondern springen auch durch die Zeiten und Orte. Wir führen schon lange regen Kontakt und Handel mit allen Völkern und Epochen der diesseitigen sowie anderer Dimensionen. Dimensions- und Zeitreisen gelten zu meiner Zeit als grösster Wirtschaftszweig. Dies erzähle ich dir nur so am Rande, damit auch alles für dich verständlich ist, was noch folgen wird." 
Nach dieser langen Einleitung, nippte Meister Manilo nachdenklich an seinem Wein. Fryijo dachte bereits, der Hüne hätte seine Zuhörer vergessen, gefangen in seiner eigenen Gedankenwelt. Doch nach einem letzten kräftigen Schluck, fuhr Meister Manilo mit seiner Erzählung fort. 
"Wir, die Bruderschaft des Ulmvá, waren zu diesem Zeitpunkt immer noch auf der felsigen Insel Wak beheimatet. Nach der Vertreibung aus der Stadt Arngram im südlichen Schradu, konnten wir  in Íja Macár nie mehr recht Fuss fassen. Unsere Anhängerzahl nahm rapide ab. Von Generation zu Generation wurden wir immer weniger. Waren wir nach der Spaltung in die sieben Bruderschaften, auch keine bedeutende Vereinigung mehr, brachten wir es dennoch  immer noch auf über tausend Mitglieder. Unsere Schulen hatten stets einen guten Ruf. Aber jetzt war bald der Tiefstpunkt erreicht. Wir zählten damals keine einhundert Mitglieder mehr. Somit war das Ende der ältesten Bruderschaft Íja Macárs absehbar. Vielleicht würde unsere Gemeinschaft auf der Insel Wak noch drei-, vierhundert Jahre überstehen. Doch waren wir zu weit vom Geschehen entfernt, um wirklich noch eine ernsthafte Alternative darzustellen. Die traditionsreichste Bruderschaft Íja Macárs schaute somit ihrem Ende entgegen.
Diese Entwicklung wollte einer meiner langjährigen Tutors nicht akzeptieren. Drau, ein junger, hitzköpfiger Ehrgeizling, welcher durch Protektion an diese Position gekommen war, und mit einer bedeutenden Kariere gerechnet hatte, war schon lange von unserer Gemeinschaft enttäuscht. Da wir nur noch eine kleine Bruderschaft darstellten, mussten ausserordentliche Fähigkeiten vorhanden sein, oder Aussergewöhnliches geleistet werden, um den Titel eines Meisters zu erhalten. Drau war ein Emporkömmling. Seine Position erhielt er durch Beziehungen, und nicht dank seiner Fähigkeiten. Tutor konnte noch schnell einer werden. Doch Drau wollte mehr! Er wollte höher hinauf. Am liebsten würde er als politischer Berater unter den Mächtigen mitmischen. Doch dazu war ein guter Titel, wie der Meister einer Bruderschaft ihn darstellte, vonnöten. Denn den Meistern stand es nach wie vor frei, die Bruderschaft zu verlassen und sein eigenes Einkommen zu suchen. In einer bedeutenderen Bruderschaft hätte Drau vielleicht sein ehrgeiziges Ziel bereits erreicht. Doch in unserer Bruderschaft hatte er keine Chance seinem Traum um nur einen Schritt näher zu kommen. Denn der Tutor war schlicht ungeeignet um den Rang eines Meisters zu erhalten. 
Eines meiner Spezialgebiete war die Geschichte Íja Macárs. Aus diesem Grund verbrachte ich mit meinen Tutoren und den wenigen Schülern, welche sich für dieses Gebiet interessierten, viel Zeit in der Bibliothek. Eines Tages waren wir, wie so oft, wieder einmal mit den Studien der alten Aufzeichnungen beschäftigt. Wir nahmen gerade die Periode deiner Zeit durch, was ja für uns tausendjährige Vergangenheit und somit  Geschichte war. Unerwartet zog Drau die Luft pfeifend durch seine Schneidezähne. Ein Blitz der Erkenntnis zuckte über sein Gesicht. Erstaunt blickte ich zu dem jungen Tutor hinüber. Ein grausames Lächeln spielte für einen kurzen Augenblick um seine Lippen. Doch er hatte sich sehr schnell wieder unter Kontrolle. Nichts war ihm mehr anzumerken. Er legte die Aufzeichnung zu Seite und verliess wortlos den Raum. Das ganze beunruhigte mich. Drau musste in der Schriftrolle etwas entdeckt haben, was er für seine ehrgeizigen Ziele ausnützen konnte. Ich hatte eine ungute Ahnung. Deshalb schaute ich mir die Aufzeichnung, in welche Drau sich den halben Vormittag vertieft hatte etwas genauer an. Ich konnte jedoch nichts Aussergewönliches feststellen, was solch ein Ehrgeizling wie Drau, nutzbringend einsetzen konnte. 
Die Schrift berichtete von einer Begebenheit auf der Südinsel Schradu. Von einem Zwist zwischen dem Fürsten Sandches und einem Ritter Grauhaar war die Rede. Es soll sich da um eine Steuerschuld gehandelt haben. Der junge Fürst, Prinz Orlando Sandches, ein junger besonnener Mann, derselbe übrigens, der später einmal die Bruderschaften aus seinem Reich verbannen sollte, um den Frieden auf der Insel zu erhalten, dieser Prinz versuchte nun zwischen den Konfliktparteien zu vermitteln. Aus diesem Grunde, suchte er den Ritter Grauhaar auf seiner Burg auf. Der junge Fürst setzte all sein diplomatisches Geschick ein, um eine friedliche Einigung zu erzielen. Doch leider erwiesen sich seine Bemühungen als erfolglos. Dieser Ritter Grauhaar zeigte sich als unnachgiebig. Er bestand darauf, dass sich der alte Fürst persönlich bei ihm zu entschuldigen hätte, wozu sich dieser nicht mal im Traum herab lasen würde. Nach einer Woche erfolglosen Verhandelns verliess der junge Fürst die Burg des Ritters, um einer Einladung aufs Festland folge zu leisten, und in diesem Zusammenhang eine ausgedehnte Studienreise durch Íja Macár zu machen.
Dies war in etwa, grob wiedergegeben, was diese Schriftrolle beinhaltete. Ich erkannte nicht, was Drau mit diesem Bericht anzufangen wusste. Aber mein ungutes Gefühl blieb, deshalb folgte ich Drau nach draussen. Vorsichtigerweise steckte ich die Schriftrolle ein, um sie bei Gelegenheit nochmals genauer unter die Lupe nehmen zu können. Mit der Absicht, dem jungen Tutor ins Gewissen zu reden, bevor er eine unverzeihliche Dummheit begann, suchte ich den jungen Mann. Ich musste unbedingt wissen, was der Tutor vorhatte, bevor es zu spät war. 
Wohin ich mich jedoch auch wandte, Drau war nicht auffindbar. Auf der gesamten Insel war kein Lebenszeichen des jungen Mannes zu finden. Er musste einen Dimensionssprung gemacht haben. Wer das Wissen dazu hatte, konnte den Weg eines Dimensionsreisenden ziemlich genau verfolgen. Ich besitze diese Fähigkeit, deshalb nahm ich sogleich die Verfolgung auf. Die Spur führte mich in die gegenwärtige Zeitperiode. Meine schlimmsten Befürchtungen schienen sich zu bewahrheiten. Ich war nun davon überzeugt, dass Drau gegen das oberste Gesetz der Dimensionsreisenden verstossen wollte. Er beabsichtigte in die Geschichte einzugreifen, um bewusst die Vergangenheit zu verändern. Ich ahnte damals noch nicht, was Drau genau vor hatte, aber es musste um jeden Preis verhindert werden. Ein Eingriff in die Vergangenheit könnte katastrophale Folgen für die Zukunft haben. 
Um es kurz zu machen: Ich fand Drau in der Provinz Banatal. Ich hatte ihn eingeholt, und kam doch zu spät! Hämisch lachend erklärte mir der Tutor: `Was getan werden musste, ist bereits getan! Keine Macht der Welt, kann meine Tat rückgängig machen. Ich bin der Meister aller Meister!´ Während er diese Worte hasserfüllt auf mich niederprasseln liess, griff mich der Wahnsinnige auch schon an. Ich musste um mein Leben kämpfen. Drau war besser als ich erwartet hatte. Heimlich musste er sich mit Kampfmagie auseinandergesetzt haben. Der Wahn wird seine Kräfte noch zusätzlich verstärkt haben. Ich hatte alle Hände voll zu tun. Der Kampf dauerte mehrere Stunden. Zuguterletzt blieb mir nichts anderes übrig, als meinen ehemaligen Tutor zu töten."
An dieser Stelle unterbrach Meister Manilo seine Geschichte. Lange grübelte er, von seinen bedrückenden Erinnerungen gequält vor sich hin. Fryijo schwieg, ebenso die anderen Zuhörer. Keiner wagte es, den Dunkelhäutigen zu stören. Meister Manilo sass lange, mit leerem Blick  in Gedanken versunken da. Fryijo wartete geduldig. Der Junge wusste, dass dies noch nicht das Ende der Geschichte war.
Nach einem schweren Seufzer, nahm Meister Manilo seine Erzählung wieder auf. "Als ich mich von dem schweren Kampf erholt hatte, und genügend Energie vorhanden war, machte ich mich auf den Weg zurück in meine Zeit. Doch da, wo einst meine Heimat war, war alles wüst und leer! Kein Leben existierte mehr auf Íja Macár. Kein Baum, kein Strauch, keine noch so kleine Pflanze gedieh mehr. Nur nackter Fels und riesige Sandwüsten bedeckten das Land. Draus Werk zeigte mir seine verheerende Auswirkung. Ich denke nicht, dass dies Draus Ziel war. Doch seine Tat hatte alles Leben auf Íja Macár zerstört. 
Das Schicksal haderte mir, der frevelhaften Tat mitschuldig. Ich war nicht dazu ausersehen, Draus schreckliches Werk zu verhindern oder rückgängig zu machen. Wenn ich versuchte, in die Vergangenheit zu springen, in eine Zeitperiode kurz vor Draus Tod, wurde ich sogleich in die Ausgangszeit zurückgeworfen. Eine mir unbekannte Kraft, verweigerte mir einen bestimmten Zeitraum aufzusuchen. Es handelte sich um einen Bereich von zehn Tage, welchen ich nicht betreten konnte. Auch nicht auf natürliche Weise. Wenn ich mich in den Zeitraum vor diese Zehn Tage Periode begab, um auf das natürliche Vergehen der Zeit zu warten, übersprang ich die bewussten Tage unbemerkt.
Im Zeitkontinium existierte nun ein Ungleichgewicht. Es musste einen Weg geben, um das Schicksal zu versöhnen, und die Götter milde zu stimmen. Ein Weg, welcher das unabwendbare Ende aufhalten könnte. Eine ungewöhnliche Tat, musste das nötige Gleichgewicht wieder herstellen können. Und den Lauf der Zeit wieder gerade biegen. Zuerst galt es, einmal herauszufinden, was Drau getan hatte, was solch fatale Folgen zeitigen sollte. Mit meinen Nachforschungen begann ich etwa hundert Jahre nach deiner Zeit. Wie ich schnell herausfand, war dies die Zeit, als noch vereinzelt Leben auf Íja Macár vorhanden war. Es war die Zeit, nach dem grossen Krieg. Die letzten Menschen vegetierten nur noch so dahin.
Einer der wenigen Menschen die ich da vorfand, war Fredwald, der Mann den du als deinen Onkel kennst. Er erzählt dir aber am besten selbst seine Geschichte." Mit diesen Worten, beendete Meister Manilo vorerst seinen Bericht. 
Onkel Fredwald räusperte sich kurz, und nahm den Faden der Erzählung sogleich auf.
"Ich komme aus der Zeit nach dem grossen Krieg. Keiner wusste eigentlich noch, wie und warum der Krieg überhaupt anfing. Doch der Krieg dauerte über 100 Jahre. Er wurde der hundertjährige Krieg genannt, und währe wohl mit diesem Namen auch in die Geschichtsbücher eingegangen. Doch zu meiner Zeit interessierte sich niemand mehr für Bücher und Geschichtsschreibung. 
Der Krieg wütete schrecklich unter den Völkern. Jede Familie hatte Opfer zu beklagen, Männer und Frauen, Töchter und Söhne, welche nicht mehr aus dem Krieg nach Hause zurück kehren würden. Ganze Völker wurden ausradiert, ganze Dörfer und Städte dem Erdboden gleich gemacht. 
Die Elben waren die ersten, welche vom Antlitz Íja Macárs getilgt wurden. Zusammen mit ihren Wäldern wurde das stolze Volk verbrannt und vernichtet. 
Die Chrúms waren die nächsten, welche daran glauben mussten; nicht dass ich mit denen Mittleid hätte! Zu guter Letzt blieben nur noch die Zwerge und Menschen übrig. Das kleine Volk, zog sich in ihre unterirdischen Städte zurück und wart nie mehr gesehen. Kein lebendes Wesen konnte mit Bestimmtheit sagen, ob die Zwerge überhaupt noch existierten. Es war auch unwichtig. Denn es war nur noch eine Frage der Zeit, bis das letzte Leben auf Íja Macár vergehen würde. 
Ich wurde in eine sterbende Welt hinein geboren. Die Menschheit vegetierte nur noch dahin. Der blutgetränkte Boden trug keine Frucht mehr, nicht einmal das notwendigste war vorhanden, um das tägliche Überleben zu garantieren. Wenn jemand eine halbtote Ratte erwischte, konnte er von Glück reden, wenn niemand diesen Fang bemerkte. Für einen Bissen dieses Leckerbissens, musste manch glücklicher Jäger sein Leben lassen. Die Mütter hatten kaum genug Nahrung, um sich selber am Leben zu erhalten. Die Brüste der Frauen waren oft ausgetrocknet und konnten meist nicht genügend Milch für die Säuglinge produzieren. Der grösste Teil der Kinder starb schon wenige Stunden nach der Geburt. Und diejenigen, welche das erste Jahr überlebten, hatten kaum eine Chance ihr zwanzigstes Altersjahr zu erreichen. Ein Kind musste sehr früh lernen, sogleich loszurennen und sich in einem sicheren Versteck zu verbergen, wenn er nicht als letztes Abendmahl an einem Bratspiess enden wollte. Meine ersten Lebensjahre bestanden aus dem täglichen Kampf um Nahrung und einem Schluck Wasser aus einem schmutzigen Tümpel. Wasser war überhaupt das grösste Gut auf Íja Macár. Für das reine Nass, zerfleischten sich die Menschen gegenseitig. 
Als zusätzliche Geisel, wurden die, welche nicht verhungerten oder verdursteten, von den schrecklichsten Epidemien heimgesucht. Ich war bereits vom Tode gezeichnet, als Meister Manilo in mein Leben trat. Unzählige Geschwüre wucherten auf meinen Körper, in den Eingeweiden wütete der Typhus und zusätzlich wahr ich von der Ruhr geschwächt. Aus allen Ritzen lief  mir eitrig der Lebenssaft davon und aus meiner Lunge quälte sich hustend blutiger Schleim. Schon seit Tagen hatte ich nichts mehr gegessen. Die meiste Zeit war ich im Delirium weg getaucht. So las mich Meister Manilo auf, und er pflegte mich gesund. Ich würde vielleicht noch ein paar Stunden gelebt haben, wenn mich Meister Manilo nicht im letzten Moment gerettet hätte, dabei war ich damals gerade 15 Jahre alt."
An dieser Stelle übernahm Meister Manilo wieder das Wort. "Ich fand ein entsetzliches Elend vor. Die meisten Menschen waren von schwerer Krankheit gezeichnet oder  lagen bereits im Sterben. Es musste verhindert werden, dass es zu diesem Elend kommen konnte. Wie ich unterdessen herausgefunden hatte, war ein jahrzehntelanger Krieg der Auslöser für das Ende von Íja Macár. Ein Krieg den es meines Wissen nach, gar nie gegeben hatte. Drau musste irgend etwas getan haben, was diesen Krieg zur Folge hatte. Aber was? Was konnte nur der Auslöser für diesen furchtbaren Krieg sein. Wenn es mir gelang diesen Krieg zu verhindern, konnte sich Íja Macár wieder friedlich entwickeln und gedeihen. 
Der junge Fredwald tat mir Leid, als ich ihn so liegen sah. Ich hätte gerne allen geholfen, doch hatte ich nicht die nötigen Mittel dazu. Wenn ich den Verlauf der Zeit nur ändern könnte, wäre allen gedient. Keiner müsste Leiden. Warum ich diesem Jungen dennoch geholfen habe, kann ich heute noch nicht sagen. War es, weil ich ihn in einer verlassenen Gegend fand, wo sonst niemand meine Hilfe in Anspruch nehmen konnte. Oder war es, weil er von all den Sterbenden, welche ich gesehen habe, weitaus der jüngste war. Ich kann es nicht sagen. Jedenfalls kümmerte ich mich um den Todkranken. Ich setzte alle meine magischen Kräfte ein und benutzte die Kräuter und Getränke, welche ich jederzeit bei mir trug, um den Jungen zu versorgen und sein Leben zu erhalten. 
Nachdem ich Fredwald versorgt hatte, und auch alles nötige getan war, um ihn zu stabilisieren und seine Genesung einzuleiten, nahm ich die Schriftrolle hervor, welche ich seit diesem unglückseligen Tage immer noch bei mir trug. Seit dem verfluchten Tag, als der elende Drau die Rolle in Händen hilt, habe ich nicht mehr die Zeit gefunden, einen weiteren Blick auf die Schrift zu werfen. Doch nun nahm ich die Rolle hervor, in der Hoffnung des Rätsels Lösung in der Aufzeichnung zu finden. Ich staunte jedoch nicht schlecht, als ich den Bericht diesmal las. Wie sich die gesamte Geschichte Íja Macárs geändert hatte, wandelte sich auch der Inhalt der Schriftrolle.
Folgendes verriet mir nun die Schrift: `Beim Vermittlungsversuch im Konflikt zwischen Ritter Grauhaar und Fürst Sandches von Arngram auf Südschradu, erboste sich Ritter Grauhaar, den unter seinem Schutze stehenden Vermittler, Prinz Orlando Sandches, auf seiner Burg einem Attentat zum Opfer fallen zu lassen. Dies erzürnte den Fürsten solcherart, dass er die sofortige Festnahme und Hinrichtung des Ritter Grauhaar befahl. Ritter Grauhaar verschanzte sich daraufhin in seiner Burg, welche in der Folge wochenlang vom fürstlichen Heer belagert wurde. Bei Nacht und Nebel, gelang es dem Ritter Grauhaar, nachdem seine Burg beinahe schon geschliffen war, zu entkommen. Die Flucht führte den Ritter auf die Burg Hohen Adlerstein, zu Graf Tséfux, welcher mit der Schwester des Grauhaar verheiratet war. Der Graf gewährte seinem Schwager Asyl. Woraufhin Fürst Sandches der Grafschaft den Krieg erklärte. 
Somit wusste ich nun, wie es zu diesem Krieg gekommen war. Auch war mir nun klar was Drau beabsichtigte. Da der spätere Fürst Orlando Sandches, während seiner Amtsperiode die Ausweisung sämtlicher  Bruderschaften aus Süd-Schradu per Dekret erlassen wird und somit indirekt für das Ende unserer Bruderschaft schuldig zeichnet, beschloss Drau; bevor dieses Dekret überhaupt zur Sprache käme, den jungen Prinzen zu beseitigen. Somit könnte die Bruderschaft des Ulmvá in Arngram verbleiben. Dadurch wäre die Bruderschaft in unserer Zeit immer noch eine bedeutende Vereinigung. Drau wäre somit dem Rang eines Meisters näher. Irgendwo wartete deshalb ein manipulierter Mörder auf seinen Tag. Es galt nun, den Mord zu verhindern. 
Als es Fredwald einigermassen besser ging, reiste ich wieder in die jetzige Zeit zurück. Den kranken Jungen nahm ich mit, da ich sowieso einen treuen Verbündeten gebrauchen konnte. Auch wollte ich mich von seiner vollständigen Genesung überzeugen. Sollte in der Vergangenheit zwar alles gut laufen, würde Fredwald mit grosser Wahrscheinlichkeit in seinem zukünftigen Leben ein bedeutend besseres Leben führen und deshalb gar nicht erkranken. Doch mit Bestimmtheit dies zu Prognostizieren, fiel mir im Traum nicht ein. Ebensogut, konnte es sein, dass Fredwald gar nie auf die Welt kommen würde."
Hier schwieg Meister Manilo wieder. Fryijo nahm es nun doch langsam Wunder: "Was habe ich denn überhaupt  mit dieser Geschichte zu tun?"


...und so setzt sich das Abenteuer fort:
The Key of Future! -K9 (Silverwolf)
 

... wenn Ihr aber noch weitere Fortsetzungen kennt, dann mailt mir diese bitte!
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